Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ball, Hugo: Zur Kritik der deutschen Intelligenz. Bern, 1919.

Bild:
<< vorherige Seite
Idealismus" vorbereiten? -- Hier übrigens auch einige Sätze von
Herrn Lagarde:
"Die Christenlehre des 20. Jahrhunderts wird keine Dog-
matik sein, sondern eine Heimatkunde."
"Dass jeder Nation eine nationale Religion notwendig ist,
ergibt sich aus folgenden Erwägungen."
"Aber eins kann der Staat. Er kann der Religion den Weg
bereiten. Und er muss es."
"Unsere Aufgabe ist nicht, eine nationale Religion zu
schaffen, wohl aber, alles zu tun, was geeignet scheint, einer
nationalen Religion den Weg zu bereiten."
"Ein Leben auf Du und Du mit dem allmächtigen Schöpfer
und Erlöser, Königsherrlichkeit und Herrschermacht gegenüber
allem, was nicht göttlichen Geschlechtes ist."
"Nicht human sollen wir sein, sondern Kinder Gottes."
63) "Deutscher Glaube", S. 35.
64) Mignet, "Geschichte der französischen Revolution
1789-1814", Reclam-Verlag, Leipzig. S. 174/175.
65) Ebendort. S. 153.
66) "Geschichte der französischen Revolution", S. 287.
67) Es ist bemerkenswert, dass keiner der grossen Partei-
doktrinäre der Revolution, diese überlebt hat.
68) "Goethe in vertraulichen Briefen seiner Zeitgenossen",
David Veit an Rahel Levin, S. 477/78.
69) In der "Kritik der Urteilskraft" (§ 23). 1795 eroberte
dann Pichegru Holland und setzte eine Batavische Republik ein.
Preussen, durch Entziehung der englischen Hilfsgelder und durch
die feindselige Haltung Russlands und Englands in die Enge
getrieben, trat vom Koalitionskriege zurück und musste im Frieden
von Basel seine linksrheinischen Besitzungen Frankreich über-
lassen.
70) Vergl. Nicolai, "Die Biologie des Krieges", Der Miss-
brauch Kants, S. 439/42. Es wird die deutschen Republikaner
schmerzen, dass meine Darstellung der von Nicolai widerspricht,
aber ich glaube, sie ist die Richtigere. Unsere Klassiker beweisen
nicht viel. Sie sind zweideutig. Wir müssen eine neue Tradition
schaffen.
71) "Im Mittelalter nannte eine Stadt sich frei und Republik,
nachdem sie von dem Reiche, das in der Entfernung nie schützte,
aber dennoch zuweilen lästig wurde, sich losgerissen hatte. Der
ganze Erfolg dieser Befreiungen lief in der Regel darauf hinaus,
dass man, anstatt ein Glied der grossen Anarchie zu bleiben,
Idealismus“ vorbereiten? — Hier übrigens auch einige Sätze von
Herrn Lagarde:
„Die Christenlehre des 20. Jahrhunderts wird keine Dog-
matik sein, sondern eine Heimatkunde.“
„Dass jeder Nation eine nationale Religion notwendig ist,
ergibt sich aus folgenden Erwägungen.“
„Aber eins kann der Staat. Er kann der Religion den Weg
bereiten. Und er muss es.“
„Unsere Aufgabe ist nicht, eine nationale Religion zu
schaffen, wohl aber, alles zu tun, was geeignet scheint, einer
nationalen Religion den Weg zu bereiten.“
„Ein Leben auf Du und Du mit dem allmächtigen Schöpfer
und Erlöser, Königsherrlichkeit und Herrschermacht gegenüber
allem, was nicht göttlichen Geschlechtes ist.“
„Nicht human sollen wir sein, sondern Kinder Gottes.“
63) „Deutscher Glaube“, S. 35.
64) Mignet, „Geschichte der französischen Revolution
1789-1814“, Reclam-Verlag, Leipzig. S. 174/175.
65) Ebendort. S. 153.
66) „Geschichte der französischen Revolution“, S. 287.
67) Es ist bemerkenswert, dass keiner der grossen Partei-
doktrinäre der Revolution, diese überlebt hat.
68) „Goethe in vertraulichen Briefen seiner Zeitgenossen“,
David Veit an Rahel Levin, S. 477/78.
69) In der „Kritik der Urteilskraft“ (§ 23). 1795 eroberte
dann Pichegru Holland und setzte eine Batavische Republik ein.
Preussen, durch Entziehung der englischen Hilfsgelder und durch
die feindselige Haltung Russlands und Englands in die Enge
getrieben, trat vom Koalitionskriege zurück und musste im Frieden
von Basel seine linksrheinischen Besitzungen Frankreich über-
lassen.
70) Vergl. Nicolai, „Die Biologie des Krieges“, Der Miss-
brauch Kants, S. 439/42. Es wird die deutschen Republikaner
schmerzen, dass meine Darstellung der von Nicolai widerspricht,
aber ich glaube, sie ist die Richtigere. Unsere Klassiker beweisen
nicht viel. Sie sind zweideutig. Wir müssen eine neue Tradition
schaffen.
71) „Im Mittelalter nannte eine Stadt sich frei und Republik,
nachdem sie von dem Reiche, das in der Entfernung nie schützte,
aber dennoch zuweilen lästig wurde, sich losgerissen hatte. Der
ganze Erfolg dieser Befreiungen lief in der Regel darauf hinaus,
dass man, anstatt ein Glied der grossen Anarchie zu bleiben,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <note xml:id="id62b62b" prev="id62b" place="end" n="62)"><pb facs="#f0263" n="255"/>
Idealismus&#x201C; vorbereiten? &#x2014; Hier übrigens auch einige Sätze von<lb/>
Herrn Lagarde:<lb/><hi rendition="#et">&#x201E;Die Christenlehre des 20. Jahrhunderts wird keine Dog-</hi><lb/>
matik sein, sondern eine Heimatkunde.&#x201C;<lb/><hi rendition="#et">&#x201E;Dass jeder Nation eine nationale Religion notwendig ist,</hi><lb/>
ergibt sich aus folgenden Erwägungen.&#x201C;<lb/><hi rendition="#et">&#x201E;Aber eins kann der Staat. Er kann der Religion den Weg</hi><lb/>
bereiten. Und er muss es.&#x201C;<lb/><hi rendition="#et">&#x201E;Unsere Aufgabe ist nicht, eine nationale Religion zu</hi><lb/>
schaffen, wohl aber, alles zu tun, was geeignet scheint, einer<lb/>
nationalen Religion den Weg zu bereiten.&#x201C;<lb/><hi rendition="#et">&#x201E;Ein Leben auf Du und Du mit dem allmächtigen Schöpfer</hi><lb/>
und Erlöser, Königsherrlichkeit und Herrschermacht gegenüber<lb/>
allem, was nicht göttlichen Geschlechtes ist.&#x201C;<lb/><hi rendition="#et">&#x201E;Nicht human sollen wir sein, sondern Kinder Gottes.&#x201C;</hi></note><lb/>
            <note xml:id="id63b63b" prev="id63b" place="end" n="63)"> &#x201E;Deutscher Glaube&#x201C;, S. 35.</note><lb/>
            <note xml:id="id64b64b" prev="id64b" place="end" n="64)"> Mignet, &#x201E;Geschichte der französischen Revolution<lb/>
1789-1814&#x201C;, Reclam-Verlag, Leipzig. S. 174/175.</note><lb/>
            <note xml:id="id65b65b" prev="id65b" place="end" n="65)"> Ebendort. S. 153.</note><lb/>
            <note xml:id="id66b66b" prev="id66b" place="end" n="66)"> &#x201E;Geschichte der französischen Revolution&#x201C;, S. 287.</note><lb/>
            <note xml:id="id67b67b" prev="id67b" place="end" n="67)"> Es ist bemerkenswert, dass keiner der grossen Partei-<lb/>
doktrinäre der Revolution, diese überlebt hat.</note><lb/>
            <note xml:id="id68b68b" prev="id68b" place="end" n="68)"> &#x201E;Goethe in vertraulichen Briefen seiner Zeitgenossen&#x201C;,<lb/>
David Veit an Rahel Levin, S. 477/78.</note><lb/>
            <note xml:id="id69b69b" prev="id69b" place="end" n="69)"> In der &#x201E;Kritik der Urteilskraft&#x201C; (§ 23). 1795 eroberte<lb/>
dann Pichegru Holland und setzte eine Batavische Republik ein.<lb/>
Preussen, durch Entziehung der englischen Hilfsgelder und durch<lb/>
die feindselige Haltung Russlands und Englands in die Enge<lb/>
getrieben, trat vom Koalitionskriege zurück und musste im Frieden<lb/>
von Basel seine linksrheinischen Besitzungen Frankreich über-<lb/>
lassen.</note><lb/>
            <note xml:id="id70b70b" prev="id70b" place="end" n="70)"> Vergl. Nicolai, &#x201E;Die Biologie des Krieges&#x201C;, Der Miss-<lb/>
brauch Kants, S. 439/42. Es wird die deutschen Republikaner<lb/>
schmerzen, dass meine Darstellung der von Nicolai widerspricht,<lb/>
aber ich glaube, sie ist die Richtigere. Unsere Klassiker beweisen<lb/>
nicht viel. Sie sind zweideutig. Wir müssen eine neue Tradition<lb/>
schaffen.</note><lb/>
            <note xml:id="id71b71b" prev="id71b" place="end" n="71)"> &#x201E;Im Mittelalter nannte eine Stadt sich frei und Republik,<lb/>
nachdem sie von dem Reiche, das in der Entfernung nie schützte,<lb/>
aber dennoch zuweilen lästig wurde, sich losgerissen hatte. Der<lb/>
ganze Erfolg dieser Befreiungen lief in der Regel darauf hinaus,<lb/>
dass man, anstatt ein Glied der grossen Anarchie zu bleiben,<lb/></note>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[255/0263] ⁶²⁾ Idealismus“ vorbereiten? — Hier übrigens auch einige Sätze von Herrn Lagarde: „Die Christenlehre des 20. Jahrhunderts wird keine Dog- matik sein, sondern eine Heimatkunde.“ „Dass jeder Nation eine nationale Religion notwendig ist, ergibt sich aus folgenden Erwägungen.“ „Aber eins kann der Staat. Er kann der Religion den Weg bereiten. Und er muss es.“ „Unsere Aufgabe ist nicht, eine nationale Religion zu schaffen, wohl aber, alles zu tun, was geeignet scheint, einer nationalen Religion den Weg zu bereiten.“ „Ein Leben auf Du und Du mit dem allmächtigen Schöpfer und Erlöser, Königsherrlichkeit und Herrschermacht gegenüber allem, was nicht göttlichen Geschlechtes ist.“ „Nicht human sollen wir sein, sondern Kinder Gottes.“ ⁶³⁾ „Deutscher Glaube“, S. 35. ⁶⁴⁾ Mignet, „Geschichte der französischen Revolution 1789-1814“, Reclam-Verlag, Leipzig. S. 174/175. ⁶⁵⁾ Ebendort. S. 153. ⁶⁶⁾ „Geschichte der französischen Revolution“, S. 287. ⁶⁷⁾ Es ist bemerkenswert, dass keiner der grossen Partei- doktrinäre der Revolution, diese überlebt hat. ⁶⁸⁾ „Goethe in vertraulichen Briefen seiner Zeitgenossen“, David Veit an Rahel Levin, S. 477/78. ⁶⁹⁾ In der „Kritik der Urteilskraft“ (§ 23). 1795 eroberte dann Pichegru Holland und setzte eine Batavische Republik ein. Preussen, durch Entziehung der englischen Hilfsgelder und durch die feindselige Haltung Russlands und Englands in die Enge getrieben, trat vom Koalitionskriege zurück und musste im Frieden von Basel seine linksrheinischen Besitzungen Frankreich über- lassen. ⁷⁰⁾ Vergl. Nicolai, „Die Biologie des Krieges“, Der Miss- brauch Kants, S. 439/42. Es wird die deutschen Republikaner schmerzen, dass meine Darstellung der von Nicolai widerspricht, aber ich glaube, sie ist die Richtigere. Unsere Klassiker beweisen nicht viel. Sie sind zweideutig. Wir müssen eine neue Tradition schaffen. ⁷¹⁾ „Im Mittelalter nannte eine Stadt sich frei und Republik, nachdem sie von dem Reiche, das in der Entfernung nie schützte, aber dennoch zuweilen lästig wurde, sich losgerissen hatte. Der ganze Erfolg dieser Befreiungen lief in der Regel darauf hinaus, dass man, anstatt ein Glied der grossen Anarchie zu bleiben,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Schulz, Dienstleister (Muttersprachler): Bereitstellung der Texttranskription nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-02-17T09:20:45Z)
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Akademiebibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-02-17T09:20:45Z)

Weitere Informationen:

  • Nach den Richtlinien des Deutschen Textarchivs (DTA) transkribiert und ausgezeichnet.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ball_intelligenz_1919
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ball_intelligenz_1919/263
Zitationshilfe: Ball, Hugo: Zur Kritik der deutschen Intelligenz. Bern, 1919, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ball_intelligenz_1919/263>, abgerufen am 21.11.2024.