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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837.

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Die Dotterkugeln werden auch nach dem Austritte von einer Schicht Eiweiss
in der Höhle des Eierstockes und im Eileiter übergossen, und die Befruchtung er-
folgt meistens, wie bei den Fröschen, im Augenblicke des Austretens; bei einigen,
welche lebendige Junge zur Welt bringen, wie die Aalmutter (Blennius vivi-
parus
), das Doppelauge (Anableps), einige Welse, scheint der männliche Zeu-
gungsstoff nach Art der Salamander in die Geschlechtsöffnung des Weibchens zu
dringen, bei den Selachiern endlich scheint, nach Art der Säugethiere, dieser Stoff
durch das männliche Glied, das diesen Fischen nicht fehlt, eingeführt zu werden.

Das Eiweiss der Fisch-Eier muss von anderer chemischer Beschaffenheitw. Bau des
abgegange-
nen Eies.

seyn, als das Eiweiss der Batrachier und Vögel. Zwar saugt es wie das erstere
begierig Wasser ein, doch bekommt es im Wasser einen festen Ueberzug. Dieser
Ueberzug ist entweder eine blose Oberhaut mit kleinen Körnchen, oder fester,
wobei auch das äussere Eiweiss selbst so consistent wie ein weicher Knorpel ist
(so in den Barschen); in andern Fällen erhält es eine ziemlich dicke hornige
Schaale mit 4 Spitzen, wie in denjenigen Selachiern, deren Junge sich nicht im
Eie der Mutter entwickeln. Die letztern, die sogenannten lebendig gebärenden
Haye, haben dünne Eihäute, woraus wieder nochmals bemerklich wird, dass nur
bei dünnen Eihäuten das längere Verweilen im Leibe der Mutter möglich ist.

Die Dotterkugel hat einen so zarten Ueberzug, dass man meistens keine ge-
sonderte Dotterhaut unterscheiden kann. Die Keimschicht nimmt einen Raum auf
der Dotterkugel ein, der wenigstens in denjenigen Fischen, welche ich untersu-
chen konnte, beschränkter ist als in den Batrachiern, doch ausgedehnter als in
den Vögeln. Das Keimbläschen ist in den abgehenden Eiern nicht mehr vorhan-
den *).

Da der Eiweiss-Ueberzug der gewöhnlichen Fisch-Eier ausserordentlichx. Erste
Bildung des
Embryo.

klebrig ist, und sehr schnell eine feste Oberhaut bekommt, so bleiben sie an je-
dem Gegenstande sogleich haften, den sie in den ersten Secunden nach dem Ab-
gange berühren. Trotz der Oberhaut saugt das Eiweiss doch noch rascher Wasser

seine Ueberzeugung gründe. Dass das Keimbläschen in sehr früher Zeit eine gewisse Consistenz
hat, darf nicht dagegen sprechen, es dafür zu halten, was es ist. Ich habe deutlich gesehen,
dass in Fröschen, sogar kurz vor der Paarung, ein Theil des Keimbläschens noch eine feste Masse
hildet. -- Oder sollte die Hülle, welche ich in unreifen Eiern für Hülle der Keimbläschen gehal-
ten habe, die Körnerhaut der Dottersubstanz seyn? Da die Geschichte der Keimbläschen für die
Zeugungs-Theorie wichtig ist, so wäre die Untersuchung von mehreren Seiten zu wünschen.
*) In der Dottersubstanz sind immer Oeltropfen, besonders im Umkreise der Keimschicht, entwe-
der in kleine Tröpfchen vertheilt, wie gewöhnlich, oder wie in den Barschen, in einen einzigen
Tropfen gesammelt, oder endlich so, wie nach Rathke im Schleimfische, dass zuerst zer-
streute Tropfen sind und diese dann bei fortschreitender Entwickelung in Einen grossen Tropfen
sich sammeln
II. P p

Die Dotterkugeln werden auch nach dem Austritte von einer Schicht Eiweiſs
in der Höhle des Eierstockes und im Eileiter übergossen, und die Befruchtung er-
folgt meistens, wie bei den Fröschen, im Augenblicke des Austretens; bei einigen,
welche lebendige Junge zur Welt bringen, wie die Aalmutter (Blennius vivi-
parus
), das Doppelauge (Anableps), einige Welse, scheint der männliche Zeu-
gungsstoff nach Art der Salamander in die Geschlechtsöffnung des Weibchens zu
dringen, bei den Selachiern endlich scheint, nach Art der Säugethiere, dieser Stoff
durch das männliche Glied, das diesen Fischen nicht fehlt, eingeführt zu werden.

Das Eiweiſs der Fisch-Eier muſs von anderer chemischer Beschaffenheitw. Bau des
abgegange-
nen Eies.

seyn, als das Eiweiſs der Batrachier und Vögel. Zwar saugt es wie das erstere
begierig Wasser ein, doch bekommt es im Wasser einen festen Ueberzug. Dieser
Ueberzug ist entweder eine blose Oberhaut mit kleinen Körnchen, oder fester,
wobei auch das äuſsere Eiweiſs selbst so consistent wie ein weicher Knorpel ist
(so in den Barschen); in andern Fällen erhält es eine ziemlich dicke hornige
Schaale mit 4 Spitzen, wie in denjenigen Selachiern, deren Junge sich nicht im
Eie der Mutter entwickeln. Die letztern, die sogenannten lebendig gebärenden
Haye, haben dünne Eihäute, woraus wieder nochmals bemerklich wird, daſs nur
bei dünnen Eihäuten das längere Verweilen im Leibe der Mutter möglich ist.

Die Dotterkugel hat einen so zarten Ueberzug, daſs man meistens keine ge-
sonderte Dotterhaut unterscheiden kann. Die Keimschicht nimmt einen Raum auf
der Dotterkugel ein, der wenigstens in denjenigen Fischen, welche ich untersu-
chen konnte, beschränkter ist als in den Batrachiern, doch ausgedehnter als in
den Vögeln. Das Keimbläschen ist in den abgehenden Eiern nicht mehr vorhan-
den *).

Da der Eiweiſs-Ueberzug der gewöhnlichen Fisch-Eier auſserordentlichx. Erste
Bildung des
Embryo.

klebrig ist, und sehr schnell eine feste Oberhaut bekommt, so bleiben sie an je-
dem Gegenstande sogleich haften, den sie in den ersten Secunden nach dem Ab-
gange berühren. Trotz der Oberhaut saugt das Eiweiſs doch noch rascher Wasser

seine Ueberzeugung gründe. Daſs das Keimbläschen in sehr früher Zeit eine gewisse Consistenz
hat, darf nicht dagegen sprechen, es dafür zu halten, was es ist. Ich habe deutlich gesehen,
daſs in Fröschen, sogar kurz vor der Paarung, ein Theil des Keimbläschens noch eine feste Masse
hildet. — Oder sollte die Hülle, welche ich in unreifen Eiern für Hülle der Keimbläschen gehal-
ten habe, die Körnerhaut der Dottersubstanz seyn? Da die Geschichte der Keimbläschen für die
Zeugungs-Theorie wichtig ist, so wäre die Untersuchung von mehreren Seiten zu wünschen.
*) In der Dottersubstanz sind immer Oeltropfen, besonders im Umkreise der Keimschicht, entwe-
der in kleine Tröpfchen vertheilt, wie gewöhnlich, oder wie in den Barschen, in einen einzigen
Tropfen gesammelt, oder endlich so, wie nach Rathke im Schleimfische, daſs zuerst zer-
streute Tropfen sind und diese dann bei fortschreitender Entwickelung in Einen groſsen Tropfen
sich sammeln
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[297/0307] Die Dotterkugeln werden auch nach dem Austritte von einer Schicht Eiweiſs in der Höhle des Eierstockes und im Eileiter übergossen, und die Befruchtung er- folgt meistens, wie bei den Fröschen, im Augenblicke des Austretens; bei einigen, welche lebendige Junge zur Welt bringen, wie die Aalmutter (Blennius vivi- parus), das Doppelauge (Anableps), einige Welse, scheint der männliche Zeu- gungsstoff nach Art der Salamander in die Geschlechtsöffnung des Weibchens zu dringen, bei den Selachiern endlich scheint, nach Art der Säugethiere, dieser Stoff durch das männliche Glied, das diesen Fischen nicht fehlt, eingeführt zu werden. Das Eiweiſs der Fisch-Eier muſs von anderer chemischer Beschaffenheit seyn, als das Eiweiſs der Batrachier und Vögel. Zwar saugt es wie das erstere begierig Wasser ein, doch bekommt es im Wasser einen festen Ueberzug. Dieser Ueberzug ist entweder eine blose Oberhaut mit kleinen Körnchen, oder fester, wobei auch das äuſsere Eiweiſs selbst so consistent wie ein weicher Knorpel ist (so in den Barschen); in andern Fällen erhält es eine ziemlich dicke hornige Schaale mit 4 Spitzen, wie in denjenigen Selachiern, deren Junge sich nicht im Eie der Mutter entwickeln. Die letztern, die sogenannten lebendig gebärenden Haye, haben dünne Eihäute, woraus wieder nochmals bemerklich wird, daſs nur bei dünnen Eihäuten das längere Verweilen im Leibe der Mutter möglich ist. w. Bau des abgegange- nen Eies. Die Dotterkugel hat einen so zarten Ueberzug, daſs man meistens keine ge- sonderte Dotterhaut unterscheiden kann. Die Keimschicht nimmt einen Raum auf der Dotterkugel ein, der wenigstens in denjenigen Fischen, welche ich untersu- chen konnte, beschränkter ist als in den Batrachiern, doch ausgedehnter als in den Vögeln. Das Keimbläschen ist in den abgehenden Eiern nicht mehr vorhan- den *). Da der Eiweiſs-Ueberzug der gewöhnlichen Fisch-Eier auſserordentlich klebrig ist, und sehr schnell eine feste Oberhaut bekommt, so bleiben sie an je- dem Gegenstande sogleich haften, den sie in den ersten Secunden nach dem Ab- gange berühren. Trotz der Oberhaut saugt das Eiweiſs doch noch rascher Wasser *) x. Erste Bildung des Embryo. *) In der Dottersubstanz sind immer Oeltropfen, besonders im Umkreise der Keimschicht, entwe- der in kleine Tröpfchen vertheilt, wie gewöhnlich, oder wie in den Barschen, in einen einzigen Tropfen gesammelt, oder endlich so, wie nach Rathke im Schleimfische, daſs zuerst zer- streute Tropfen sind und diese dann bei fortschreitender Entwickelung in Einen groſsen Tropfen sich sammeln *) seine Ueberzeugung gründe. Daſs das Keimbläschen in sehr früher Zeit eine gewisse Consistenz hat, darf nicht dagegen sprechen, es dafür zu halten, was es ist. Ich habe deutlich gesehen, daſs in Fröschen, sogar kurz vor der Paarung, ein Theil des Keimbläschens noch eine feste Masse hildet. — Oder sollte die Hülle, welche ich in unreifen Eiern für Hülle der Keimbläschen gehal- ten habe, die Körnerhaut der Dottersubstanz seyn? Da die Geschichte der Keimbläschen für die Zeugungs-Theorie wichtig ist, so wäre die Untersuchung von mehreren Seiten zu wünschen. II. P p

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Zitationshilfe: Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1837/307>, abgerufen am 22.11.2024.