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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837.

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Reife treten sie gegen die innere Fläche des Eierstockes oder in den halben Eier-
stöcken gegen die Bauchhöhle vor, und wenn sie gross sind, so verlängert sich der
Kelch auch in einen Stiel.

Die
und dann erst der Dotter. Es ist mir merkwürdig, dass der erste Widerspruch gegen diese
Ueberzeugung, in der ich seitdem befestigt bin, von einer Seite kommt, von der ich ihn am we-
nigsten erwartet hatte, von meinem Freunde Rathke, der den Eierstock der Fische und Krebse
genau untersucht hat. Rathke sagt (Meckel's Archiv 1832. S. 396.) von Lachs-Eiern: "Das
Purkinje'sche Bläschen entsteht, wie es mir schien, viel später als der Dotter." -- Leider
werden die speciellen Beobachtungen, auf denen diese Ansicht beruht, nicht mitgetheilt. --
Meine Ueberzeugung ist die entgegengesetzte, und ich will mich für jetzt grade nur auf die Krebse
und Fische berufen und auf eine Weise, der auch der ungeübteste Beobachter folgen kann, da-
mit man um so leichter nachweisen könne, worin ich geirrt habe. Vorher aber müssen wir dar-
über einig seyn, dass nie ein Theil ganz fertig und absolvirt seyn kann, hevor ein anderer er-
scheint. In dem entgegengesetzten Sinne könnte man nicht einmal sagen, dass das Auge des
Hühnchens früher da sey, als sein Eierstock, obgleich jener Theil in seiner Ausbildung am
schnellsten und dieser am langsamsten fortschreitet, denn das Augs des zehntägigen Küchleins
ist immer noch nicht das Auge des jährigen Huhns. Wenn wir vom Früher- oder Später-Er-
scheinen in der Entwickelungsgeschichte sprechen, so meinen wir damit doch nur, was sich von
selbst versteht, wie früh ein Theil so viel von seiner Individualität habe, um sich als solchen zu
beurkunden. Diess vorausgeschickt, sehen wir uns einen weiblichen Krebs im Herbste an, wenn
nach vollendeter Häutung die reifern Dotterkugeln sich vergrössern und färben. Nichts ist leich-
ter, als aus ihrer Dottersubstanz das Keimbläschen herauszubringen. Man kann's mit dem er-
sten besten Schwefelhölzchen thun. So lernen wir das reifende Keimbläschen kennen, das in
einer grossen Menge Dotter enthalten ist. Allein ausser den reifenden Eiern sieht man eine
Menge anderer, welche weiss bleiben und, von den Nachbarn gedrückt, sehr unregelmässig
sind. In allen wird man dasselbe Keimbläschen nur wenig kleiner auch ohne feine Zergliederung
finden. Dagegen ist die Dottermasse sehr viel geringer, aus einer ganzen Masse weisslicher Kör-
ner bestehend. Ja, nimmt man die kleinsten Eier, die wahrscheinlich erst nach zwei Jahren
reif werden sollen, und die oft ganz flach sind, so erkennt man an dem Keimbläschen nur wenige
Körnchen, die, wie der Vergleich mit den mittlern und den reifenden lehrt, die Masse bilden,
welche das Keimbläschen zunächst umgiebt und nicht wahrer, gelbbraun werdender Dotter ist.
Ausser dieser Masse ist nur noch etwas Flüssigkeit und hie und da ein Körnchen. Hier wird doch
Niemand sagen wollen, die Dottermasse sey früher da, als das Keimbläschen. Ja es wäre sehr
viel wahrer, und vielleicht recht eigentlich die Wahrheit, wenn man behauptete, die Dottermasse
würde erst, wenn das Ei der Zeugung entgegenreift; denn die Dottermasse sey ein unmittelbarer
Absatz aus dem Blute, durch offene Mündungen ergossen, die man wenigstens im Huhn deutlich
sieht. -- Nehmen wir nun den ersten besten weiblichen Fisch, nur keinen, der eben laichen
will, weil es einige Mühe macht, aus reifen Eiern der Fische das Keimbläschen auszuschälen,
so sehen wir mit jeder Loupe in jedem Ei ein Bläschen, und je jünger das Ei ist, um so grösser
ist im Verhältniss zu demselben das Bläschen und um so geringer die Substanz, die dasselbe um-
giebt. Zuletzt kommt man freilich auf Eier, an denen man nicht eine Blase in der andern, oder
was dasselbe ist, an denen man nur eine Hülle erkennt. Entweder muss man nun annehmen,
dass hier die Haut des Keimbläschens an der äussern und der Kapsel so dicht anliegt, dass man
sie nicht unterscheiden kann, oder dass aus der undeutlich gekörnten Masse Keimbläschen und
meinetwegen auch eine schwache Umhüllung von Dotter wird -- immer wird man sagen müssen,
das Keimbläschen bilde sich früher als der Dotter; denn wie soll man glauben, die jetzt gesehene
Blase enthalte nur den Dotter, in ihm bilde sich später das Keimbläschen, werde aber plötzlich
sehr gross. Ich bedaure, dass ein Beobachter wie Rathke nicht angegeben hat, worauf sich

Reife treten sie gegen die innere Fläche des Eierstockes oder in den halben Eier-
stöcken gegen die Bauchhöhle vor, und wenn sie groſs sind, so verlängert sich der
Kelch auch in einen Stiel.

Die
und dann erst der Dotter. Es ist mir merkwürdig, daſs der erste Widerspruch gegen diese
Ueberzeugung, in der ich seitdem befestigt bin, von einer Seite kommt, von der ich ihn am we-
nigsten erwartet hatte, von meinem Freunde Rathke, der den Eierstock der Fische und Krebse
genau untersucht hat. Rathke sagt (Meckel’s Archiv 1832. S. 396.) von Lachs-Eiern: „Das
Purkinje’sche Bläschen entsteht, wie es mir schien, viel später als der Dotter.” — Leider
werden die speciellen Beobachtungen, auf denen diese Ansicht beruht, nicht mitgetheilt. —
Meine Ueberzeugung ist die entgegengesetzte, und ich will mich für jetzt grade nur auf die Krebse
und Fische berufen und auf eine Weise, der auch der ungeübteste Beobachter folgen kann, da-
mit man um so leichter nachweisen könne, worin ich geirrt habe. Vorher aber müssen wir dar-
über einig seyn, daſs nie ein Theil ganz fertig und absolvirt seyn kann, hevor ein anderer er-
scheint. In dem entgegengesetzten Sinne könnte man nicht einmal sagen, daſs das Auge des
Hühnchens früher da sey, als sein Eierstock, obgleich jener Theil in seiner Ausbildung am
schnellsten und dieser am langsamsten fortschreitet, denn das Augs des zehntägigen Küchleins
ist immer noch nicht das Auge des jährigen Huhns. Wenn wir vom Früher- oder Später-Er-
scheinen in der Entwickelungsgeschichte sprechen, so meinen wir damit doch nur, was sich von
selbst versteht, wie früh ein Theil so viel von seiner Individualität habe, um sich als solchen zu
beurkunden. Dieſs vorausgeschickt, sehen wir uns einen weiblichen Krebs im Herbste an, wenn
nach vollendeter Häutung die reifern Dotterkugeln sich vergröſsern und färben. Nichts ist leich-
ter, als aus ihrer Dottersubstanz das Keimbläschen herauszubringen. Man kann’s mit dem er-
sten besten Schwefelhölzchen thun. So lernen wir das reifende Keimbläschen kennen, das in
einer groſsen Menge Dotter enthalten ist. Allein auſser den reifenden Eiern sieht man eine
Menge anderer, welche weiſs bleiben und, von den Nachbarn gedrückt, sehr unregelmäſsig
sind. In allen wird man dasselbe Keimbläschen nur wenig kleiner auch ohne feine Zergliederung
finden. Dagegen ist die Dottermasse sehr viel geringer, aus einer ganzen Masse weiſslicher Kör-
ner bestehend. Ja, nimmt man die kleinsten Eier, die wahrscheinlich erst nach zwei Jahren
reif werden sollen, und die oft ganz flach sind, so erkennt man an dem Keimbläschen nur wenige
Körnchen, die, wie der Vergleich mit den mittlern und den reifenden lehrt, die Masse bilden,
welche das Keimbläschen zunächst umgiebt und nicht wahrer, gelbbraun werdender Dotter ist.
Auſser dieser Masse ist nur noch etwas Flüssigkeit und hie und da ein Körnchen. Hier wird doch
Niemand sagen wollen, die Dottermasse sey früher da, als das Keimbläschen. Ja es wäre sehr
viel wahrer, und vielleicht recht eigentlich die Wahrheit, wenn man behauptete, die Dottermasse
würde erst, wenn das Ei der Zeugung entgegenreift; denn die Dottermasse sey ein unmittelbarer
Absatz aus dem Blute, durch offene Mündungen ergossen, die man wenigstens im Huhn deutlich
sieht. — Nehmen wir nun den ersten besten weiblichen Fisch, nur keinen, der eben laichen
will, weil es einige Mühe macht, aus reifen Eiern der Fische das Keimbläschen auszuschälen,
so sehen wir mit jeder Loupe in jedem Ei ein Bläschen, und je jünger das Ei ist, um so gröſser
ist im Verhältniſs zu demselben das Bläschen und um so geringer die Substanz, die dasselbe um-
giebt. Zuletzt kommt man freilich auf Eier, an denen man nicht eine Blase in der andern, oder
was dasselbe ist, an denen man nur eine Hülle erkennt. Entweder muſs man nun annehmen,
daſs hier die Haut des Keimbläschens an der äuſsern und der Kapsel so dicht anliegt, daſs man
sie nicht unterscheiden kann, oder daſs aus der undeutlich gekörnten Masse Keimbläschen und
meinetwegen auch eine schwache Umhüllung von Dotter wird — immer wird man sagen müssen,
das Keimbläschen bilde sich früher als der Dotter; denn wie soll man glauben, die jetzt gesehene
Blase enthalte nur den Dotter, in ihm bilde sich später das Keimbläschen, werde aber plötzlich
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[296/0306] Reife treten sie gegen die innere Fläche des Eierstockes oder in den halben Eier- stöcken gegen die Bauchhöhle vor, und wenn sie groſs sind, so verlängert sich der Kelch auch in einen Stiel. Die *) *) und dann erst der Dotter. Es ist mir merkwürdig, daſs der erste Widerspruch gegen diese Ueberzeugung, in der ich seitdem befestigt bin, von einer Seite kommt, von der ich ihn am we- nigsten erwartet hatte, von meinem Freunde Rathke, der den Eierstock der Fische und Krebse genau untersucht hat. Rathke sagt (Meckel’s Archiv 1832. S. 396.) von Lachs-Eiern: „Das Purkinje’sche Bläschen entsteht, wie es mir schien, viel später als der Dotter.” — Leider werden die speciellen Beobachtungen, auf denen diese Ansicht beruht, nicht mitgetheilt. — Meine Ueberzeugung ist die entgegengesetzte, und ich will mich für jetzt grade nur auf die Krebse und Fische berufen und auf eine Weise, der auch der ungeübteste Beobachter folgen kann, da- mit man um so leichter nachweisen könne, worin ich geirrt habe. Vorher aber müssen wir dar- über einig seyn, daſs nie ein Theil ganz fertig und absolvirt seyn kann, hevor ein anderer er- scheint. In dem entgegengesetzten Sinne könnte man nicht einmal sagen, daſs das Auge des Hühnchens früher da sey, als sein Eierstock, obgleich jener Theil in seiner Ausbildung am schnellsten und dieser am langsamsten fortschreitet, denn das Augs des zehntägigen Küchleins ist immer noch nicht das Auge des jährigen Huhns. Wenn wir vom Früher- oder Später-Er- scheinen in der Entwickelungsgeschichte sprechen, so meinen wir damit doch nur, was sich von selbst versteht, wie früh ein Theil so viel von seiner Individualität habe, um sich als solchen zu beurkunden. Dieſs vorausgeschickt, sehen wir uns einen weiblichen Krebs im Herbste an, wenn nach vollendeter Häutung die reifern Dotterkugeln sich vergröſsern und färben. Nichts ist leich- ter, als aus ihrer Dottersubstanz das Keimbläschen herauszubringen. Man kann’s mit dem er- sten besten Schwefelhölzchen thun. So lernen wir das reifende Keimbläschen kennen, das in einer groſsen Menge Dotter enthalten ist. Allein auſser den reifenden Eiern sieht man eine Menge anderer, welche weiſs bleiben und, von den Nachbarn gedrückt, sehr unregelmäſsig sind. In allen wird man dasselbe Keimbläschen nur wenig kleiner auch ohne feine Zergliederung finden. Dagegen ist die Dottermasse sehr viel geringer, aus einer ganzen Masse weiſslicher Kör- ner bestehend. Ja, nimmt man die kleinsten Eier, die wahrscheinlich erst nach zwei Jahren reif werden sollen, und die oft ganz flach sind, so erkennt man an dem Keimbläschen nur wenige Körnchen, die, wie der Vergleich mit den mittlern und den reifenden lehrt, die Masse bilden, welche das Keimbläschen zunächst umgiebt und nicht wahrer, gelbbraun werdender Dotter ist. Auſser dieser Masse ist nur noch etwas Flüssigkeit und hie und da ein Körnchen. Hier wird doch Niemand sagen wollen, die Dottermasse sey früher da, als das Keimbläschen. Ja es wäre sehr viel wahrer, und vielleicht recht eigentlich die Wahrheit, wenn man behauptete, die Dottermasse würde erst, wenn das Ei der Zeugung entgegenreift; denn die Dottermasse sey ein unmittelbarer Absatz aus dem Blute, durch offene Mündungen ergossen, die man wenigstens im Huhn deutlich sieht. — Nehmen wir nun den ersten besten weiblichen Fisch, nur keinen, der eben laichen will, weil es einige Mühe macht, aus reifen Eiern der Fische das Keimbläschen auszuschälen, so sehen wir mit jeder Loupe in jedem Ei ein Bläschen, und je jünger das Ei ist, um so gröſser ist im Verhältniſs zu demselben das Bläschen und um so geringer die Substanz, die dasselbe um- giebt. Zuletzt kommt man freilich auf Eier, an denen man nicht eine Blase in der andern, oder was dasselbe ist, an denen man nur eine Hülle erkennt. Entweder muſs man nun annehmen, daſs hier die Haut des Keimbläschens an der äuſsern und der Kapsel so dicht anliegt, daſs man sie nicht unterscheiden kann, oder daſs aus der undeutlich gekörnten Masse Keimbläschen und meinetwegen auch eine schwache Umhüllung von Dotter wird — immer wird man sagen müssen, das Keimbläschen bilde sich früher als der Dotter; denn wie soll man glauben, die jetzt gesehene Blase enthalte nur den Dotter, in ihm bilde sich später das Keimbläschen, werde aber plötzlich sehr groſs. Ich bedaure, daſs ein Beobachter wie Rathke nicht angegeben hat, worauf sich

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Zitationshilfe: Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1837/306>, abgerufen am 17.05.2024.