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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837.

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bryonenlebens erkannt zu haben, und bei einigen war die Communication sehr
weit, ja ich sah sogar einmal deutlich Dottersubstanz im Afterdarme *).

Der Inhalt des Nabelbläschens ist nämlich Dottersubstanz, die man freilich
in sehr verschiedenem Grade, bald mehr bald weniger verdünnt findet. Zuwei-
len ist sie ganz eben so dick und gelb als der Dotter des Vogel-Eies, und ich weiss
noch nicht, wovon diese Verschiedenheit abhängt. Es scheint keine regelmässige
Progression hierin Statt zu finden, denn zuweilen sieht man in sechs- bis sieben-
wöchentlichen Eiern diese Blase mit ganz gelbem Inhalt und dann ist sie meist
zusammengedrückt und länglich, in andern Fällen ist ihr Inhalt hell und dann
ist sie eine kugelförmige Blase. Diese Verschiedenheit, welche auch Velpeau
fand, lässt aber mit ziemlicher Sicherheit schliessen, dass das Nabelbläschen sehr
bald seine Wichtigkeit verliert. Ein wesentlich einwirkender Theil würde nicht
solchem Wechsel unterworfen seyn und in der That ist in früher Zeit der Dotter
eben so verflüssigt als bei andern Säugethieren. Ich glaube, dass der wesentliche
Einfluss des Nabelbläschens sich auf den ersten Monat beschränkt, ja vielleicht
nur auf etwas mehr als die erste Hälfte desselben.

Da es ein Dottersack ist, so hat es dieselben Gefässe, die dem Dottersacke
aller Säugethiere, Amphibien und Vögel zukommen. Diese Gefässe bilden ein
Gefässnetz auf dem Nabelbläschen, welches schon von vielen Anatomen gesehen
und beschrieben ist. Doch hat noch keiner eine Grenzvene zu erkennen ver-
mocht **). Ich fand ein Gefässnetz in einer etwa fünfwöchentlichen Frucht das
ganze Nabelbläschen umspinnend und auf der innern Fläche des Dottersackes
besonders an den Gefässen äusserst kleine Zotten, denen des Dottersackes der Vö-
gel ähnlich ***). Man nimmt gewöhnlich an, dass das Nabelbläschen im dritten
Monate schwindet, doch scheint es, wenigens zuweilen, viel länger als ein über-
flüssig gewordener Theil des Eies fortzubestehen, ohne ganz aufgelöst zu
werden.

q. Amnion.

Dagegen wächst das Amnion ungemein rasch, viel rascher als in allen an-
dern Thieren. Nur in dem Ei von 14 Tagen fand ich es so eng anliegend, wie ich
es bei andern Säugethieren, so lange der Leib noch offen ist, gesehen habe +),
in allen übrigen Eiern dagegen schon sehr gross. Ja andere Beobachter, wie

Vel-
*) S tudien No. 6.
**) Freilich hat man diese auch auf den Eiern unserer Hausthiere, mit Ausnahme des Kaninchens,
übersehen.
***) Stud. N. 9. Taf. VII. Fig. 18.
+) Wie eng das Amnion in der ersten Zeit bei Säugethieren ist, deren Leib noch der ganzen
Länge nach offen steht, kann man in der Epistola de ovigenesi Fig. VII. sehen.

bryonenlebens erkannt zu haben, und bei einigen war die Communication sehr
weit, ja ich sah sogar einmal deutlich Dottersubstanz im Afterdarme *).

Der Inhalt des Nabelbläschens ist nämlich Dottersubstanz, die man freilich
in sehr verschiedenem Grade, bald mehr bald weniger verdünnt findet. Zuwei-
len ist sie ganz eben so dick und gelb als der Dotter des Vogel-Eies, und ich weiſs
noch nicht, wovon diese Verschiedenheit abhängt. Es scheint keine regelmäſsige
Progression hierin Statt zu finden, denn zuweilen sieht man in sechs- bis sieben-
wöchentlichen Eiern diese Blase mit ganz gelbem Inhalt und dann ist sie meist
zusammengedrückt und länglich, in andern Fällen ist ihr Inhalt hell und dann
ist sie eine kugelförmige Blase. Diese Verschiedenheit, welche auch Velpeau
fand, läſst aber mit ziemlicher Sicherheit schlieſsen, daſs das Nabelbläschen sehr
bald seine Wichtigkeit verliert. Ein wesentlich einwirkender Theil würde nicht
solchem Wechsel unterworfen seyn und in der That ist in früher Zeit der Dotter
eben so verflüssigt als bei andern Säugethieren. Ich glaube, daſs der wesentliche
Einfluſs des Nabelbläschens sich auf den ersten Monat beschränkt, ja vielleicht
nur auf etwas mehr als die erste Hälfte desselben.

Da es ein Dottersack ist, so hat es dieselben Gefäſse, die dem Dottersacke
aller Säugethiere, Amphibien und Vögel zukommen. Diese Gefäſse bilden ein
Gefäſsnetz auf dem Nabelbläschen, welches schon von vielen Anatomen gesehen
und beschrieben ist. Doch hat noch keiner eine Grenzvene zu erkennen ver-
mocht **). Ich fand ein Gefäſsnetz in einer etwa fünfwöchentlichen Frucht das
ganze Nabelbläschen umspinnend und auf der innern Fläche des Dottersackes
besonders an den Gefäſsen äuſserst kleine Zotten, denen des Dottersackes der Vö-
gel ähnlich ***). Man nimmt gewöhnlich an, daſs das Nabelbläschen im dritten
Monate schwindet, doch scheint es, wenigens zuweilen, viel länger als ein über-
flüssig gewordener Theil des Eies fortzubestehen, ohne ganz aufgelöst zu
werden.

q. Amnion.

Dagegen wächst das Amnion ungemein rasch, viel rascher als in allen an-
dern Thieren. Nur in dem Ei von 14 Tagen fand ich es so eng anliegend, wie ich
es bei andern Säugethieren, so lange der Leib noch offen ist, gesehen habe †),
in allen übrigen Eiern dagegen schon sehr groſs. Ja andere Beobachter, wie

Vel-
*) S tudien No. 6.
**) Freilich hat man diese auch auf den Eiern unserer Hausthiere, mit Ausnahme des Kaninchens,
übersehen.
***) Stud. N. 9. Taf. VII. Fig. 18.
†) Wie eng das Amnion in der ersten Zeit bei Säugethieren ist, deren Leib noch der ganzen
Länge nach offen steht, kann man in der Epistola de ovigenesi Fig. VII. sehen.
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[272/0282] bryonenlebens erkannt zu haben, und bei einigen war die Communication sehr weit, ja ich sah sogar einmal deutlich Dottersubstanz im Afterdarme *). Der Inhalt des Nabelbläschens ist nämlich Dottersubstanz, die man freilich in sehr verschiedenem Grade, bald mehr bald weniger verdünnt findet. Zuwei- len ist sie ganz eben so dick und gelb als der Dotter des Vogel-Eies, und ich weiſs noch nicht, wovon diese Verschiedenheit abhängt. Es scheint keine regelmäſsige Progression hierin Statt zu finden, denn zuweilen sieht man in sechs- bis sieben- wöchentlichen Eiern diese Blase mit ganz gelbem Inhalt und dann ist sie meist zusammengedrückt und länglich, in andern Fällen ist ihr Inhalt hell und dann ist sie eine kugelförmige Blase. Diese Verschiedenheit, welche auch Velpeau fand, läſst aber mit ziemlicher Sicherheit schlieſsen, daſs das Nabelbläschen sehr bald seine Wichtigkeit verliert. Ein wesentlich einwirkender Theil würde nicht solchem Wechsel unterworfen seyn und in der That ist in früher Zeit der Dotter eben so verflüssigt als bei andern Säugethieren. Ich glaube, daſs der wesentliche Einfluſs des Nabelbläschens sich auf den ersten Monat beschränkt, ja vielleicht nur auf etwas mehr als die erste Hälfte desselben. Da es ein Dottersack ist, so hat es dieselben Gefäſse, die dem Dottersacke aller Säugethiere, Amphibien und Vögel zukommen. Diese Gefäſse bilden ein Gefäſsnetz auf dem Nabelbläschen, welches schon von vielen Anatomen gesehen und beschrieben ist. Doch hat noch keiner eine Grenzvene zu erkennen ver- mocht **). Ich fand ein Gefäſsnetz in einer etwa fünfwöchentlichen Frucht das ganze Nabelbläschen umspinnend und auf der innern Fläche des Dottersackes besonders an den Gefäſsen äuſserst kleine Zotten, denen des Dottersackes der Vö- gel ähnlich ***). Man nimmt gewöhnlich an, daſs das Nabelbläschen im dritten Monate schwindet, doch scheint es, wenigens zuweilen, viel länger als ein über- flüssig gewordener Theil des Eies fortzubestehen, ohne ganz aufgelöst zu werden. Dagegen wächst das Amnion ungemein rasch, viel rascher als in allen an- dern Thieren. Nur in dem Ei von 14 Tagen fand ich es so eng anliegend, wie ich es bei andern Säugethieren, so lange der Leib noch offen ist, gesehen habe †), in allen übrigen Eiern dagegen schon sehr groſs. Ja andere Beobachter, wie Vel- *) S tudien No. 6. **) Freilich hat man diese auch auf den Eiern unserer Hausthiere, mit Ausnahme des Kaninchens, übersehen. ***) Stud. N. 9. Taf. VII. Fig. 18. †) Wie eng das Amnion in der ersten Zeit bei Säugethieren ist, deren Leib noch der ganzen Länge nach offen steht, kann man in der Epistola de ovigenesi Fig. VII. sehen.

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Zitationshilfe: Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1837/282>, abgerufen am 22.11.2024.