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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837.

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es zweifelhaft ist, ob das Gesehene wirklich ein Ei war, und dass es im Be-
jahungsfalle wenigstens sehr verletzt war. Hiernach kann man wenigstens sagen,
dass alle unverletzten Eier, welche man aus sehr früher Zeit kennt, eine zottige
Oberfläche hatten. Man darf daher nicht zweifeln, dass sie alle eine äussere Ei-
haut besassen. Velpeau konnte zwar in den Eiern von 10 -- 12 Tagen, die
er untersuchte, nur einen einfachen Sack finden, allein die Analogie spricht zu
laut dagegen, da bei allen Säugethieren ausser der Zotten tragenden äussern Haut
auch in der frühesten Zeit wenigstens noch Eine innere ist, welche die Dotter-
masse zunächst umgiebt. Da aber bei allen Thieren, welche einen wahren Frucht-
kuchen haben, beide Häute in früher Zeit und vor dem Auftreten des Embryo
ziemlich nahe an einander liegen, so ist es sehr leicht möglich, dass man bei der
Untersuchung nur einen Sack zu finden glaubt. Ob aber die äussere Haut sich
erst später über der innern bildet, hat bei Menschen, da man ein ursprünglich
glattes Ei nicht kennt, noch weniger ausgemacht werden können, als bei Raub-
thieren.

Unzweifelhaft scheint es mir aus der eigenen Beobachtung des Eies vonp. Nabel-
bläschen.

14 Tagen und dem von Pockels beschriebenen Ei von 13 Tagen, welches der-
selbe freilich anders deutet *), dass auf dem innern Sacke oder vielmehr aus ei-
nem Theile desselben, wie bei allen andern Säugethieren, der Embryo sich zu
bilden beginnt (nach diesen Beobachtungen etwa 11 oder 12 Tage nach der Be-
fruchtung), dass dieser Embryo sich abschnürt und so der übrige Theil des
Sackes Dottersack wird, oder diejenige Blase, welche wir im Menschen das Na-
belbläschen
nennen.

Ich glaube in derselben Beobachtung mit Sicherheit erkannt zu haben, dass
die Keimhaut sich in ein animalisches und vegetatives Blatt trennt und dass das
erstere den Embryo umhüllend ihm ein Amnion und eine seröse Hülle giebt, wel-
che letztere den Embryo mit dem Dottersacke an die äussere Eihaut anheftet.

Diese Vorgänge sind wie in allen übrigen Säugethieren, nur fiel es mir auf,
dass der Embryo schon so früh sich auf die Seite gedreht hatte **).

Durch diese Bemerkung aber wird es verständlich, wie schon sehr bald
der Dottersack bedeutend vom Embryo absteht und mit ihm nur durch einen dün-
nen Stiel, den Dottergang, verbunden ist. Dass dieser Dottergang ein offener
Kanal ist, glaube ich in fast allen Eiern aus den sechs ersten Wochen des Em-

*) Die wegen der zahlreichen Beobachtungen aus sehr früher Zeit merkwürdigen Beobachtungen
von Dr. Pockels finden sich in der Isis 1825.
**) Studien No. 2.

es zweifelhaft ist, ob das Gesehene wirklich ein Ei war, und daſs es im Be-
jahungsfalle wenigstens sehr verletzt war. Hiernach kann man wenigstens sagen,
daſs alle unverletzten Eier, welche man aus sehr früher Zeit kennt, eine zottige
Oberfläche hatten. Man darf daher nicht zweifeln, daſs sie alle eine äuſsere Ei-
haut besaſsen. Velpeau konnte zwar in den Eiern von 10 — 12 Tagen, die
er untersuchte, nur einen einfachen Sack finden, allein die Analogie spricht zu
laut dagegen, da bei allen Säugethieren auſser der Zotten tragenden äuſsern Haut
auch in der frühesten Zeit wenigstens noch Eine innere ist, welche die Dotter-
masse zunächst umgiebt. Da aber bei allen Thieren, welche einen wahren Frucht-
kuchen haben, beide Häute in früher Zeit und vor dem Auftreten des Embryo
ziemlich nahe an einander liegen, so ist es sehr leicht möglich, daſs man bei der
Untersuchung nur einen Sack zu finden glaubt. Ob aber die äuſsere Haut sich
erst später über der innern bildet, hat bei Menschen, da man ein ursprünglich
glattes Ei nicht kennt, noch weniger ausgemacht werden können, als bei Raub-
thieren.

Unzweifelhaft scheint es mir aus der eigenen Beobachtung des Eies vonp. Nabel-
bläschen.

14 Tagen und dem von Pockels beschriebenen Ei von 13 Tagen, welches der-
selbe freilich anders deutet *), daſs auf dem innern Sacke oder vielmehr aus ei-
nem Theile desselben, wie bei allen andern Säugethieren, der Embryo sich zu
bilden beginnt (nach diesen Beobachtungen etwa 11 oder 12 Tage nach der Be-
fruchtung), daſs dieser Embryo sich abschnürt und so der übrige Theil des
Sackes Dottersack wird, oder diejenige Blase, welche wir im Menschen das Na-
belbläschen
nennen.

Ich glaube in derselben Beobachtung mit Sicherheit erkannt zu haben, daſs
die Keimhaut sich in ein animalisches und vegetatives Blatt trennt und daſs das
erstere den Embryo umhüllend ihm ein Amnion und eine seröse Hülle giebt, wel-
che letztere den Embryo mit dem Dottersacke an die äuſsere Eihaut anheftet.

Diese Vorgänge sind wie in allen übrigen Säugethieren, nur fiel es mir auf,
daſs der Embryo schon so früh sich auf die Seite gedreht hatte **).

Durch diese Bemerkung aber wird es verständlich, wie schon sehr bald
der Dottersack bedeutend vom Embryo absteht und mit ihm nur durch einen dün-
nen Stiel, den Dottergang, verbunden ist. Daſs dieser Dottergang ein offener
Kanal ist, glaube ich in fast allen Eiern aus den sechs ersten Wochen des Em-

*) Die wegen der zahlreichen Beobachtungen aus sehr früher Zeit merkwürdigen Beobachtungen
von Dr. Pockels finden sich in der Isis 1825.
**) Studien No. 2.
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[271/0281] es zweifelhaft ist, ob das Gesehene wirklich ein Ei war, und daſs es im Be- jahungsfalle wenigstens sehr verletzt war. Hiernach kann man wenigstens sagen, daſs alle unverletzten Eier, welche man aus sehr früher Zeit kennt, eine zottige Oberfläche hatten. Man darf daher nicht zweifeln, daſs sie alle eine äuſsere Ei- haut besaſsen. Velpeau konnte zwar in den Eiern von 10 — 12 Tagen, die er untersuchte, nur einen einfachen Sack finden, allein die Analogie spricht zu laut dagegen, da bei allen Säugethieren auſser der Zotten tragenden äuſsern Haut auch in der frühesten Zeit wenigstens noch Eine innere ist, welche die Dotter- masse zunächst umgiebt. Da aber bei allen Thieren, welche einen wahren Frucht- kuchen haben, beide Häute in früher Zeit und vor dem Auftreten des Embryo ziemlich nahe an einander liegen, so ist es sehr leicht möglich, daſs man bei der Untersuchung nur einen Sack zu finden glaubt. Ob aber die äuſsere Haut sich erst später über der innern bildet, hat bei Menschen, da man ein ursprünglich glattes Ei nicht kennt, noch weniger ausgemacht werden können, als bei Raub- thieren. Unzweifelhaft scheint es mir aus der eigenen Beobachtung des Eies von 14 Tagen und dem von Pockels beschriebenen Ei von 13 Tagen, welches der- selbe freilich anders deutet *), daſs auf dem innern Sacke oder vielmehr aus ei- nem Theile desselben, wie bei allen andern Säugethieren, der Embryo sich zu bilden beginnt (nach diesen Beobachtungen etwa 11 oder 12 Tage nach der Be- fruchtung), daſs dieser Embryo sich abschnürt und so der übrige Theil des Sackes Dottersack wird, oder diejenige Blase, welche wir im Menschen das Na- belbläschen nennen. p. Nabel- bläschen. Ich glaube in derselben Beobachtung mit Sicherheit erkannt zu haben, daſs die Keimhaut sich in ein animalisches und vegetatives Blatt trennt und daſs das erstere den Embryo umhüllend ihm ein Amnion und eine seröse Hülle giebt, wel- che letztere den Embryo mit dem Dottersacke an die äuſsere Eihaut anheftet. Diese Vorgänge sind wie in allen übrigen Säugethieren, nur fiel es mir auf, daſs der Embryo schon so früh sich auf die Seite gedreht hatte **). Durch diese Bemerkung aber wird es verständlich, wie schon sehr bald der Dottersack bedeutend vom Embryo absteht und mit ihm nur durch einen dün- nen Stiel, den Dottergang, verbunden ist. Daſs dieser Dottergang ein offener Kanal ist, glaube ich in fast allen Eiern aus den sechs ersten Wochen des Em- *) Die wegen der zahlreichen Beobachtungen aus sehr früher Zeit merkwürdigen Beobachtungen von Dr. Pockels finden sich in der Isis 1825. **) Studien No. 2.

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Zitationshilfe: Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1837/281>, abgerufen am 22.11.2024.