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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837.

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Fäden, sondern aus einer verdrehten Haut gebildet; denn nach der Dotterkugel zu
breitet sich jede Schnur trichterförmig in eine Haut mit auseinanderlaufenden
Falten aus, welche bald früher, bald später sich an die Dotterhaut anlegt. Man
kann die beiden Trichter bei gehöriger Vorsicht bis ziemlich weit über die Dot-
terkugel verfolgen, und wenn es auch in den meisten Fällen nicht gelingt, den
einen Trichter über die ganze Dotterkugel weg bis in den Trichter der andern
Seite zu verfolgen, so leidet es doch keinen Zweifel, dass beide nur Theile einer
gemeinschaftlichen Haut sind, welche die Dotterkugel umgiebt, (denn nirgends
findet man ein bestimmtes Ende der Haut eines Trichters,) und nur in der Mitte
so eng an die Dotterhaut angedrückt ist, dass man sie in den meisten Fällen hier
nicht abtrennen kann. Da nun die Trichter selbst nur die nicht verdrehten Enden
der Hagelschnüre sind, so sind die letzteren die verdrehten Enden einer Haut,
welche die Dotterkugel umgiebt. Man hat sie die Haut der Hagelschnüre (Mem-Haut der Ha-
gelschnüre,
Membrana
chalazifera.

brana chalazifera) genannt *). -- Es kommen Eier vor, wo diese Haut we-
niger eng an der Dotterkugel anliegt und die Trichter sich sehr ausbreiten, ehe sie
die Dotterkugel berühren. In solchen Fällen pflegt der Theil der Haut, der die
Trichter bildet, nicht so durchsichtig, wie gewöhnlich, sondern weiss, wie ein
mattgeschliffenes Glas zu seyn. Ich habe ein Huhn besessen, das lauter Eier
legte, in welchen die beiden sehr weiten und weissen Trichter den grössten Theil
der Dotterkugel verhüllten. In andern Fällen sieht man von dem Trichter einer
Hagelschnur zu dem Trichter der andern auf jeder Seite eine weissliche, bald
schmalere, bald breitere Binde verlaufen, welche, wenn sie auf beiden Seiten sich
findet, wie ein Ring oder künstlicher Horizont die Dotterkugel umgiebt. Man
hat diese Binde den Gürtel des Dotters (Zona) genannt. Ich halte ihn wederGürtel,
Zona.

für einen selbstständigen Theil, noch für constant. Vielmehr scheint er mir eine
ähnliche Metamorphose der Haut der Hagelschnüre, wie jene oben erwähnten
weissen Trichter, wofür auch der grosse Wechsel in der Breite, in der Stelle des
Vorkommens und im ganzen Vorkommen selbst spricht **). Auch habe ich ihn
viel häufiger vermisst, als gefunden. Zufall mag es seyn, dass, während diejenigen
Schriftsteller, welche auf diesen Gürtel ein Gewicht legen und ihm eine beson-
dere Bestimmung zuschreiben, ihn in frisch gelegten Eiern beobachteten, ich ihn
häufiger in Eiern sah, die wahrscheinlich längere Zeit gelegen hatten, am häu-
figsten nämlich im Monat August in angekauften Eiern, von denen um diese Zeit

*) Hagelhaut; Hageltragende Haut; Erste Oberhaut des Dotters.
**) Wie Purkinje habe auch ich mehr als ein Mal eine weisse Binde grade über den Hahnen-
tritt verlaufend gesehen.

Fäden, sondern aus einer verdrehten Haut gebildet; denn nach der Dotterkugel zu
breitet sich jede Schnur trichterförmig in eine Haut mit auseinanderlaufenden
Falten aus, welche bald früher, bald später sich an die Dotterhaut anlegt. Man
kann die beiden Trichter bei gehöriger Vorsicht bis ziemlich weit über die Dot-
terkugel verfolgen, und wenn es auch in den meisten Fällen nicht gelingt, den
einen Trichter über die ganze Dotterkugel weg bis in den Trichter der andern
Seite zu verfolgen, so leidet es doch keinen Zweifel, daſs beide nur Theile einer
gemeinschaftlichen Haut sind, welche die Dotterkugel umgiebt, (denn nirgends
findet man ein bestimmtes Ende der Haut eines Trichters,) und nur in der Mitte
so eng an die Dotterhaut angedrückt ist, daſs man sie in den meisten Fällen hier
nicht abtrennen kann. Da nun die Trichter selbst nur die nicht verdrehten Enden
der Hagelschnüre sind, so sind die letzteren die verdrehten Enden einer Haut,
welche die Dotterkugel umgiebt. Man hat sie die Haut der Hagelschnüre (Mem-Haut der Ha-
gelschnüre,
Membrana
chalazifera.

brana chalazifera) genannt *). — Es kommen Eier vor, wo diese Haut we-
niger eng an der Dotterkugel anliegt und die Trichter sich sehr ausbreiten, ehe sie
die Dotterkugel berühren. In solchen Fällen pflegt der Theil der Haut, der die
Trichter bildet, nicht so durchsichtig, wie gewöhnlich, sondern weiſs, wie ein
mattgeschliffenes Glas zu seyn. Ich habe ein Huhn besessen, das lauter Eier
legte, in welchen die beiden sehr weiten und weiſsen Trichter den gröſsten Theil
der Dotterkugel verhüllten. In andern Fällen sieht man von dem Trichter einer
Hagelschnur zu dem Trichter der andern auf jeder Seite eine weiſsliche, bald
schmalere, bald breitere Binde verlaufen, welche, wenn sie auf beiden Seiten sich
findet, wie ein Ring oder künstlicher Horizont die Dotterkugel umgiebt. Man
hat diese Binde den Gürtel des Dotters (Zona) genannt. Ich halte ihn wederGürtel,
Zona.

für einen selbstständigen Theil, noch für constant. Vielmehr scheint er mir eine
ähnliche Metamorphose der Haut der Hagelschnüre, wie jene oben erwähnten
weiſsen Trichter, wofür auch der groſse Wechsel in der Breite, in der Stelle des
Vorkommens und im ganzen Vorkommen selbst spricht **). Auch habe ich ihn
viel häufiger vermiſst, als gefunden. Zufall mag es seyn, daſs, während diejenigen
Schriftsteller, welche auf diesen Gürtel ein Gewicht legen und ihm eine beson-
dere Bestimmung zuschreiben, ihn in frisch gelegten Eiern beobachteten, ich ihn
häufiger in Eiern sah, die wahrscheinlich längere Zeit gelegen hatten, am häu-
figsten nämlich im Monat August in angekauften Eiern, von denen um diese Zeit

*) Hagelhaut; Hageltragende Haut; Erste Oberhaut des Dotters.
**) Wie Purkinje habe auch ich mehr als ein Mal eine weiſse Binde grade über den Hahnen-
tritt verlaufend gesehen.
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[15/0025] Fäden, sondern aus einer verdrehten Haut gebildet; denn nach der Dotterkugel zu breitet sich jede Schnur trichterförmig in eine Haut mit auseinanderlaufenden Falten aus, welche bald früher, bald später sich an die Dotterhaut anlegt. Man kann die beiden Trichter bei gehöriger Vorsicht bis ziemlich weit über die Dot- terkugel verfolgen, und wenn es auch in den meisten Fällen nicht gelingt, den einen Trichter über die ganze Dotterkugel weg bis in den Trichter der andern Seite zu verfolgen, so leidet es doch keinen Zweifel, daſs beide nur Theile einer gemeinschaftlichen Haut sind, welche die Dotterkugel umgiebt, (denn nirgends findet man ein bestimmtes Ende der Haut eines Trichters,) und nur in der Mitte so eng an die Dotterhaut angedrückt ist, daſs man sie in den meisten Fällen hier nicht abtrennen kann. Da nun die Trichter selbst nur die nicht verdrehten Enden der Hagelschnüre sind, so sind die letzteren die verdrehten Enden einer Haut, welche die Dotterkugel umgiebt. Man hat sie die Haut der Hagelschnüre (Mem- brana chalazifera) genannt *). — Es kommen Eier vor, wo diese Haut we- niger eng an der Dotterkugel anliegt und die Trichter sich sehr ausbreiten, ehe sie die Dotterkugel berühren. In solchen Fällen pflegt der Theil der Haut, der die Trichter bildet, nicht so durchsichtig, wie gewöhnlich, sondern weiſs, wie ein mattgeschliffenes Glas zu seyn. Ich habe ein Huhn besessen, das lauter Eier legte, in welchen die beiden sehr weiten und weiſsen Trichter den gröſsten Theil der Dotterkugel verhüllten. In andern Fällen sieht man von dem Trichter einer Hagelschnur zu dem Trichter der andern auf jeder Seite eine weiſsliche, bald schmalere, bald breitere Binde verlaufen, welche, wenn sie auf beiden Seiten sich findet, wie ein Ring oder künstlicher Horizont die Dotterkugel umgiebt. Man hat diese Binde den Gürtel des Dotters (Zona) genannt. Ich halte ihn weder für einen selbstständigen Theil, noch für constant. Vielmehr scheint er mir eine ähnliche Metamorphose der Haut der Hagelschnüre, wie jene oben erwähnten weiſsen Trichter, wofür auch der groſse Wechsel in der Breite, in der Stelle des Vorkommens und im ganzen Vorkommen selbst spricht **). Auch habe ich ihn viel häufiger vermiſst, als gefunden. Zufall mag es seyn, daſs, während diejenigen Schriftsteller, welche auf diesen Gürtel ein Gewicht legen und ihm eine beson- dere Bestimmung zuschreiben, ihn in frisch gelegten Eiern beobachteten, ich ihn häufiger in Eiern sah, die wahrscheinlich längere Zeit gelegen hatten, am häu- figsten nämlich im Monat August in angekauften Eiern, von denen um diese Zeit Haut der Ha- gelschnüre, Membrana chalazifera. Gürtel, Zona. *) Hagelhaut; Hageltragende Haut; Erste Oberhaut des Dotters. **) Wie Purkinje habe auch ich mehr als ein Mal eine weiſse Binde grade über den Hahnen- tritt verlaufend gesehen.

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Zitationshilfe: Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1837/25>, abgerufen am 22.11.2024.