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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837.

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oder der Dottersack selbst, frei in einem hohlen Raume, dessen Bildungsgeschichte
noch keinem Beobachter klar geworden zu seyn scheint. Dieser Raum wird von
allen Seiten von dünnen Blättern umgeben (h, h), die an die benachbarten Um-
gebungen sich anlegen. In ältern Früchten findet man sie netzförmig durchbro-
chen, in jüngern bilden sie continuirliche Flächen. Sie werden bei Vergleichung
mit Fig. 19. bald erkennen, dass diese Blätter nur derjenige Rest der serösen Hülle
seyn können, der sich zuletzt von dem Dottersacke gelöst hat; denn allmählig
breitet sich der Gefässhof über den ganzen Dottersack aus, wobei immer das ani-
malische Blatt sich löst, und der Harnsack muss nothwendig immer die seröse
Hülle vor sich her treiben. Das wird Ihnen noch deutlicher werden, wenn Sie
Fig. 24. ansehen, wo das Ei der Säugethiere in dem frühen Zustande durchschnitt-
lich dargestellt ist, wenn die seröse Hülle in der Blüthe sich befindet. Das Ei ist
noch so jung, dass das Amnion an der serösen Hülle haftet und der Harnsack ent-
weder noch gar nicht hervorgetreten oder noch sehr klein ist. Da er aber zwischen
animalischem und vegetativem Blatte hervorwächst, so glaube ich macht diese
Figur es sehr anschaulich, dass er überall bei seiner Entwickelung die seröse Hülle
vor sich her drängen muss und zuletzt den Theil, der sich zuletzt ablöst und in die-
ser Figur noch anhaftet.

Doch verfolgen wir die Frucht der Raubthiere in ihrer Entwickelung! Das
Ei des Hundes möge als Beispiel dienen. Es kommt in sphärischer Gestalt in den
Fruchthälter und liegt in demselben zuvörderst ganz lose, so dass es allmählig
weiter bewegt wird. Sobald der Dotter flüssig geworden ist, unterscheidet man
deutlich zwei in einander liegende Säcke, einen innern, an welchem noch Häuf-
chen von Dotterkörnern anliegen und welcher aus der Keimhaut und einem kleinen
kreisförmigen Schilde, dem Embryo, besteht. Dieser Sack schwebt frei in dem
äussern, den man für die Dotterhaut halten muss, weil er dieselbe Haut ist, die
schon im Eierstocke den Dotter umgab. Auf der Dotterhaut liegt noch etwas un-
förmliche Masse, welche allmählig geringer wird und die anhaftende Keimschicht
zu seyn scheint. Nun umschliesst aber bald der Fruchthälter das immer wachsende
Ei so eng, dass es kaum möglich scheint, es unversehrt auszulösen. Man erkennt
das Daseyn des Eies, wenn man den Fruchthälter gegen das Licht hält. Schnitt
ich den Fruchthälter auch noch so behutsam auf, so fand ich doch wenigstens die
äussere Haut zerrissen. Sie ist nun mit keulenförmigen durchaus blutlosen Zotten
besetzt, die in maschenförmige Vertiefungen, welche unterdessen im Fruchthälter
sich gebildet haben, tief eingreifen. Im Innern dieser Haut ist, durch flüssiges
Eiweiss getrennt, der früher gesehene, innere Sack, auf welchem die schildför-
mige Erbebung des Embryo unterdessen länglich geworden ist. Weil ich nur diese

oder der Dottersack selbst, frei in einem hohlen Raume, dessen Bildungsgeschichte
noch keinem Beobachter klar geworden zu seyn scheint. Dieser Raum wird von
allen Seiten von dünnen Blättern umgeben (h, h), die an die benachbarten Um-
gebungen sich anlegen. In ältern Früchten findet man sie netzförmig durchbro-
chen, in jüngern bilden sie continuirliche Flächen. Sie werden bei Vergleichung
mit Fig. 19. bald erkennen, daſs diese Blätter nur derjenige Rest der serösen Hülle
seyn können, der sich zuletzt von dem Dottersacke gelöst hat; denn allmählig
breitet sich der Gefäſshof über den ganzen Dottersack aus, wobei immer das ani-
malische Blatt sich löst, und der Harnsack muſs nothwendig immer die seröse
Hülle vor sich her treiben. Das wird Ihnen noch deutlicher werden, wenn Sie
Fig. 24. ansehen, wo das Ei der Säugethiere in dem frühen Zustande durchschnitt-
lich dargestellt ist, wenn die seröse Hülle in der Blüthe sich befindet. Das Ei ist
noch so jung, daſs das Amnion an der serösen Hülle haftet und der Harnsack ent-
weder noch gar nicht hervorgetreten oder noch sehr klein ist. Da er aber zwischen
animalischem und vegetativem Blatte hervorwächst, so glaube ich macht diese
Figur es sehr anschaulich, daſs er überall bei seiner Entwickelung die seröse Hülle
vor sich her drängen muſs und zuletzt den Theil, der sich zuletzt ablöst und in die-
ser Figur noch anhaftet.

Doch verfolgen wir die Frucht der Raubthiere in ihrer Entwickelung! Das
Ei des Hundes möge als Beispiel dienen. Es kommt in sphärischer Gestalt in den
Fruchthälter und liegt in demselben zuvörderst ganz lose, so daſs es allmählig
weiter bewegt wird. Sobald der Dotter flüssig geworden ist, unterscheidet man
deutlich zwei in einander liegende Säcke, einen innern, an welchem noch Häuf-
chen von Dotterkörnern anliegen und welcher aus der Keimhaut und einem kleinen
kreisförmigen Schilde, dem Embryo, besteht. Dieser Sack schwebt frei in dem
äuſsern, den man für die Dotterhaut halten muſs, weil er dieselbe Haut ist, die
schon im Eierstocke den Dotter umgab. Auf der Dotterhaut liegt noch etwas un-
förmliche Masse, welche allmählig geringer wird und die anhaftende Keimschicht
zu seyn scheint. Nun umschlieſst aber bald der Fruchthälter das immer wachsende
Ei so eng, daſs es kaum möglich scheint, es unversehrt auszulösen. Man erkennt
das Daseyn des Eies, wenn man den Fruchthälter gegen das Licht hält. Schnitt
ich den Fruchthälter auch noch so behutsam auf, so fand ich doch wenigstens die
äuſsere Haut zerrissen. Sie ist nun mit keulenförmigen durchaus blutlosen Zotten
besetzt, die in maschenförmige Vertiefungen, welche unterdessen im Fruchthälter
sich gebildet haben, tief eingreifen. Im Innern dieser Haut ist, durch flüssiges
Eiweiſs getrennt, der früher gesehene, innere Sack, auf welchem die schildför-
mige Erbebung des Embryo unterdessen länglich geworden ist. Weil ich nur diese

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[238/0248] oder der Dottersack selbst, frei in einem hohlen Raume, dessen Bildungsgeschichte noch keinem Beobachter klar geworden zu seyn scheint. Dieser Raum wird von allen Seiten von dünnen Blättern umgeben (h, h), die an die benachbarten Um- gebungen sich anlegen. In ältern Früchten findet man sie netzförmig durchbro- chen, in jüngern bilden sie continuirliche Flächen. Sie werden bei Vergleichung mit Fig. 19. bald erkennen, daſs diese Blätter nur derjenige Rest der serösen Hülle seyn können, der sich zuletzt von dem Dottersacke gelöst hat; denn allmählig breitet sich der Gefäſshof über den ganzen Dottersack aus, wobei immer das ani- malische Blatt sich löst, und der Harnsack muſs nothwendig immer die seröse Hülle vor sich her treiben. Das wird Ihnen noch deutlicher werden, wenn Sie Fig. 24. ansehen, wo das Ei der Säugethiere in dem frühen Zustande durchschnitt- lich dargestellt ist, wenn die seröse Hülle in der Blüthe sich befindet. Das Ei ist noch so jung, daſs das Amnion an der serösen Hülle haftet und der Harnsack ent- weder noch gar nicht hervorgetreten oder noch sehr klein ist. Da er aber zwischen animalischem und vegetativem Blatte hervorwächst, so glaube ich macht diese Figur es sehr anschaulich, daſs er überall bei seiner Entwickelung die seröse Hülle vor sich her drängen muſs und zuletzt den Theil, der sich zuletzt ablöst und in die- ser Figur noch anhaftet. Doch verfolgen wir die Frucht der Raubthiere in ihrer Entwickelung! Das Ei des Hundes möge als Beispiel dienen. Es kommt in sphärischer Gestalt in den Fruchthälter und liegt in demselben zuvörderst ganz lose, so daſs es allmählig weiter bewegt wird. Sobald der Dotter flüssig geworden ist, unterscheidet man deutlich zwei in einander liegende Säcke, einen innern, an welchem noch Häuf- chen von Dotterkörnern anliegen und welcher aus der Keimhaut und einem kleinen kreisförmigen Schilde, dem Embryo, besteht. Dieser Sack schwebt frei in dem äuſsern, den man für die Dotterhaut halten muſs, weil er dieselbe Haut ist, die schon im Eierstocke den Dotter umgab. Auf der Dotterhaut liegt noch etwas un- förmliche Masse, welche allmählig geringer wird und die anhaftende Keimschicht zu seyn scheint. Nun umschlieſst aber bald der Fruchthälter das immer wachsende Ei so eng, daſs es kaum möglich scheint, es unversehrt auszulösen. Man erkennt das Daseyn des Eies, wenn man den Fruchthälter gegen das Licht hält. Schnitt ich den Fruchthälter auch noch so behutsam auf, so fand ich doch wenigstens die äuſsere Haut zerrissen. Sie ist nun mit keulenförmigen durchaus blutlosen Zotten besetzt, die in maschenförmige Vertiefungen, welche unterdessen im Fruchthälter sich gebildet haben, tief eingreifen. Im Innern dieser Haut ist, durch flüssiges Eiweiſs getrennt, der früher gesehene, innere Sack, auf welchem die schildför- mige Erbebung des Embryo unterdessen länglich geworden ist. Weil ich nur diese

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Zitationshilfe: Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1837/248>, abgerufen am 23.11.2024.