den Seiten eine kleine Erhöhung. Die anatomische Untersuchung zeigt, dass sie hohl ist. Beide erheben sich zu länglichen Säckchen und rücken zugleich nach unten, bis sie eine gemeinschaftliche Basis erhalten, die sich rasch in einen hoh- len Stiel verlängert, wodurch die Säckchen schnell nach hinten geschoben wer- den. Jedes Säckchen hat noch vor der Vereinigung zu einem gemeinschaftlichen Stiele sich in zwei Abschnitte, ein kleines Stielchen und ein Säckchen, etwas ge- sondert. Dieses Säckchen jeder Seite ist eine Lunge, sein Stielchen ist der Luft- röhrenast, und der gemeinschaftliche Stiel ist die Luftröhre.
So ist also der gesammte Athmungsapparat ein Theil des Darmkanales, der hinter der letzten Kiemenspalte sich hervorstülpt. Er ist physiologisch ein Lust- darm zu nennen.
In der weitern Ausbildung sieht man jede Lunge in zwei Abtheilungen sich scheiden, von denen die eine sich vielfach in Röhren zerspaltet und aus jedem Röhrchen neue röhrenförmige Aestchen mit keulenförmig abgerundetem Ende her- vortreibt. Diese Abtheilung wird die insbesondere sogenannte Lunge. Beide Lungen erheben sich während dieser Theilung ihrer Höhle gegen die Rückenwand des Brustkastens und heften sich hier an. Die andere Abtheilung jeder Lunge theilt sich auch, aber jeder Ast hat von Anfange an eine ansehnliche Weite und daher mehr das Ansehen eines Sackes. Diese Abtheilung verlängert sich mit sackförmigen Erweiterungen in alle Höhlen des Leibes bis in die Knochen, und ist das, was man die Luftsäcke im Vogel zu nennen pflegt. Sie ist eine untere blasige Lunge, wie die obere eine röhrige Lunge ist.
In der Luftröhre bilden sich mehrere Schichten und in einer derselben Knorpelringe, die zuletzt Knochenringe werden. Der Eingang in die Luftröhre erweitert sich etwas und wird zum Luftröhrenkopfe *).
ee. Gefäss- system. Hi- stologische Ausbildung.
Erst jetzt, nachdem die meisten Theile in Hinsicht ihrer Entwickelung un- tersucht sind, können wir die Ausbildungsgeschichte des Gefässsystems daran knüpfen. Das Gefässsystem der Vögel, so wie aller andern Wirbelthiere, be- steht aus einem Herzen und verzweigten Kanälen, in denen Blut enthalten ist. Da das Herz selbst offenbar nur der mittlere Theil aller Kanäle ist, so haben wir überhaupt Blut und einschliessende Kanäle.
Es ist keinem Zweifel unterworfen, dass das Blut sich früher bildet als die Kanäle. In allen lebendigen Theilen des Organismus, welche neuen flüssigen Stoff anziehen und in ihre Masse umwandeln, löst sich auch fortwährend ein Theil ihrer Masse in Flüssigkeit auf, welche sich von diesen Theilen fortbewegt,
*) Theil I. S. 60. 70. 80. 96. 112. 128. 152.
den Seiten eine kleine Erhöhung. Die anatomische Untersuchung zeigt, daſs sie hohl ist. Beide erheben sich zu länglichen Säckchen und rücken zugleich nach unten, bis sie eine gemeinschaftliche Basis erhalten, die sich rasch in einen hoh- len Stiel verlängert, wodurch die Säckchen schnell nach hinten geschoben wer- den. Jedes Säckchen hat noch vor der Vereinigung zu einem gemeinschaftlichen Stiele sich in zwei Abschnitte, ein kleines Stielchen und ein Säckchen, etwas ge- sondert. Dieses Säckchen jeder Seite ist eine Lunge, sein Stielchen ist der Luft- röhrenast, und der gemeinschaftliche Stiel ist die Luftröhre.
So ist also der gesammte Athmungsapparat ein Theil des Darmkanales, der hinter der letzten Kiemenspalte sich hervorstülpt. Er ist physiologisch ein Luſt- darm zu nennen.
In der weitern Ausbildung sieht man jede Lunge in zwei Abtheilungen sich scheiden, von denen die eine sich vielfach in Röhren zerspaltet und aus jedem Röhrchen neue röhrenförmige Aestchen mit keulenförmig abgerundetem Ende her- vortreibt. Diese Abtheilung wird die insbesondere sogenannte Lunge. Beide Lungen erheben sich während dieser Theilung ihrer Höhle gegen die Rückenwand des Brustkastens und heften sich hier an. Die andere Abtheilung jeder Lunge theilt sich auch, aber jeder Ast hat von Anfange an eine ansehnliche Weite und daher mehr das Ansehen eines Sackes. Diese Abtheilung verlängert sich mit sackförmigen Erweiterungen in alle Höhlen des Leibes bis in die Knochen, und ist das, was man die Luftsäcke im Vogel zu nennen pflegt. Sie ist eine untere blasige Lunge, wie die obere eine röhrige Lunge ist.
In der Luftröhre bilden sich mehrere Schichten und in einer derselben Knorpelringe, die zuletzt Knochenringe werden. Der Eingang in die Luftröhre erweitert sich etwas und wird zum Luftröhrenkopfe *).
ee. Gefäſs- system. Hi- stologische Ausbildung.
Erst jetzt, nachdem die meisten Theile in Hinsicht ihrer Entwickelung un- tersucht sind, können wir die Ausbildungsgeschichte des Gefäſssystems daran knüpfen. Das Gefäſssystem der Vögel, so wie aller andern Wirbelthiere, be- steht aus einem Herzen und verzweigten Kanälen, in denen Blut enthalten ist. Da das Herz selbst offenbar nur der mittlere Theil aller Kanäle ist, so haben wir überhaupt Blut und einschlieſsende Kanäle.
Es ist keinem Zweifel unterworfen, daſs das Blut sich früher bildet als die Kanäle. In allen lebendigen Theilen des Organismus, welche neuen flüssigen Stoff anziehen und in ihre Masse umwandeln, löst sich auch fortwährend ein Theil ihrer Masse in Flüssigkeit auf, welche sich von diesen Theilen fortbewegt,
*) Theil I. S. 60. 70. 80. 96. 112. 128. 152.
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den Seiten eine kleine Erhöhung. Die anatomische Untersuchung zeigt, daſs sie
hohl ist. Beide erheben sich zu länglichen Säckchen und rücken zugleich nach
unten, bis sie eine gemeinschaftliche Basis erhalten, die sich rasch in einen hoh-
len Stiel verlängert, wodurch die Säckchen schnell nach hinten geschoben wer-
den. Jedes Säckchen hat noch vor der Vereinigung zu einem gemeinschaftlichen
Stiele sich in zwei Abschnitte, ein kleines Stielchen und ein Säckchen, etwas ge-
sondert. Dieses Säckchen jeder Seite ist eine Lunge, sein Stielchen ist der Luft-
röhrenast, und der gemeinschaftliche Stiel ist die Luftröhre.
So ist also der gesammte Athmungsapparat ein Theil des Darmkanales, der
hinter der letzten Kiemenspalte sich hervorstülpt. Er ist physiologisch ein Luſt-
darm zu nennen.
In der weitern Ausbildung sieht man jede Lunge in zwei Abtheilungen sich
scheiden, von denen die eine sich vielfach in Röhren zerspaltet und aus jedem
Röhrchen neue röhrenförmige Aestchen mit keulenförmig abgerundetem Ende her-
vortreibt. Diese Abtheilung wird die insbesondere sogenannte Lunge. Beide
Lungen erheben sich während dieser Theilung ihrer Höhle gegen die Rückenwand
des Brustkastens und heften sich hier an. Die andere Abtheilung jeder Lunge
theilt sich auch, aber jeder Ast hat von Anfange an eine ansehnliche Weite und
daher mehr das Ansehen eines Sackes. Diese Abtheilung verlängert sich mit
sackförmigen Erweiterungen in alle Höhlen des Leibes bis in die Knochen, und
ist das, was man die Luftsäcke im Vogel zu nennen pflegt. Sie ist eine untere
blasige Lunge, wie die obere eine röhrige Lunge ist.
In der Luftröhre bilden sich mehrere Schichten und in einer derselben
Knorpelringe, die zuletzt Knochenringe werden. Der Eingang in die Luftröhre
erweitert sich etwas und wird zum Luftröhrenkopfe *).
Erst jetzt, nachdem die meisten Theile in Hinsicht ihrer Entwickelung un-
tersucht sind, können wir die Ausbildungsgeschichte des Gefäſssystems daran
knüpfen. Das Gefäſssystem der Vögel, so wie aller andern Wirbelthiere, be-
steht aus einem Herzen und verzweigten Kanälen, in denen Blut enthalten ist.
Da das Herz selbst offenbar nur der mittlere Theil aller Kanäle ist, so haben wir
überhaupt Blut und einschlieſsende Kanäle.
Es ist keinem Zweifel unterworfen, daſs das Blut sich früher bildet als
die Kanäle. In allen lebendigen Theilen des Organismus, welche neuen flüssigen
Stoff anziehen und in ihre Masse umwandeln, löst sich auch fortwährend ein
Theil ihrer Masse in Flüssigkeit auf, welche sich von diesen Theilen fortbewegt,
*) Theil I. S. 60. 70. 80. 96. 112. 128. 152.
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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1837/136>, abgerufen am 22.07.2024.
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