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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 1. Königsberg, 1828.

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über keinen Zweifel, dass diese helle Stelle die Sohle des werdenden Thiers ist,
und der am meisten vorspringende Rand wird in späterer Zeit das Kopfende.

Schon die ungleiche Färbung in der oberflächlichen Lage des Dotters lässt
eine Keimhaut oder einen Keim annehmen. Sollte es sich bestätigen, dass, wie
Carus beschreibt und a. a. O. Taf. I. Fig. IV. A. abbildet, zwei gegenüberlie-
gende helle Stellen am Dotter sind, so würde man daraus schliessen müssen, dass
der Keim an diesen Stellen erst später den weniger gefärbten Dotter überwächst,
und ich würde dann glauben müssen, dass es mir nicht gelungen ist, eben geleg-
ten Laich zur Untersuchung zu erhalten, denn allerdings habe ich nicht den Laich
von eingefangenen Schnecken bei mir in der Stube legen lassen. Die ersten An-
fänge des werdenden Embryo wären diese hellen Stellen dann gewiss nicht, das
lehrt der weitere Verfolg.

Selbst wenn die Angabe von Carus als richtig befunden werden sollte, ist
doch, wie gesagt, nach ein Paar Tagen nur Eine helle Stelle da, und diese erhebt
sich in schiefer Richtung vom Dotter, wodurch ihre Durchsichtigkeit für die Beob-
achtung sehr vermehrt wird, und diese hervorgehobene helle Stelle ist die erste An-
lage für den am meisten animalischen Theil des Thiers. Der übrige Umfang des
Keimes scheint den Dotter noch ziemlich eng zu umgeben. Wenn aber die Dre-
hung schon deutlich wird, erscheint eine dunkle Kreislinie *), die allmählig die
Dotterkugel von einer äussern Hülle, die sie überall umgiebt, sondert. Der Dot-
ter nimmt nun an Färbung ab und wird bedeutend grösser. Die Bläschen in ihm
sind vergrössert, sehr deutlich durch das Microscop kenntlich, und scheinen auch
an Zahl zugenommen zu haben, so dass man annehmen muss, dass sich allmählig
durch Aufnahme des Eiweisses immer mehrere von den dunklen Körnchen des Dot-
ters in Bläschen umwandeln. Was die Dotterkugel wie ein Sack umgiebt, ist der
Leib des Thiers. Das Ganze hat eine unregelmässig runde Gestalt, doch ragt in
dem umgebenden Sacke die früher erschienene helle Stelle weit vor. Etwas später
wird der Embryo kahnförmig, der in ihm liegende sehr deutlich zu unterschei-
dende jetzt mehr durchsichtige Dotter, in welchem man jedes einzelne Bläschen
erkennt, nimmt an dieser Gestalt Antheil und erscheint nierenförmig. Der um-
gebende Leib ragt von allen Seiten, auch am hintern, dem hellen Kopfende ent-
gegengesetzten Ende mit breitem Saume (für die Ansicht unter dem Microscope)
über dem Dotter hervor. Noch etwas später scheint der Dotter ganz das hinterste
Ende des Embryo einzunehmen. Dieses rührt zum Theil von der stärkern Krüm-

*) Eine Kreislinie für jede Ansicht durch das Microscop, in der That also eine sphärische Be-
grenzung.

über keinen Zweifel, daſs diese helle Stelle die Sohle des werdenden Thiers ist,
und der am meisten vorspringende Rand wird in späterer Zeit das Kopfende.

Schon die ungleiche Färbung in der oberflächlichen Lage des Dotters läſst
eine Keimhaut oder einen Keim annehmen. Sollte es sich bestätigen, daſs, wie
Carus beschreibt und a. a. O. Taf. I. Fig. IV. A. abbildet, zwei gegenüberlie-
gende helle Stellen am Dotter sind, so würde man daraus schlieſsen müssen, daſs
der Keim an diesen Stellen erst später den weniger gefärbten Dotter überwächst,
und ich würde dann glauben müssen, daſs es mir nicht gelungen ist, eben geleg-
ten Laich zur Untersuchung zu erhalten, denn allerdings habe ich nicht den Laich
von eingefangenen Schnecken bei mir in der Stube legen lassen. Die ersten An-
fänge des werdenden Embryo wären diese hellen Stellen dann gewiſs nicht, das
lehrt der weitere Verfolg.

Selbst wenn die Angabe von Carus als richtig befunden werden sollte, ist
doch, wie gesagt, nach ein Paar Tagen nur Eine helle Stelle da, und diese erhebt
sich in schiefer Richtung vom Dotter, wodurch ihre Durchsichtigkeit für die Beob-
achtung sehr vermehrt wird, und diese hervorgehobene helle Stelle ist die erste An-
lage für den am meisten animalischen Theil des Thiers. Der übrige Umfang des
Keimes scheint den Dotter noch ziemlich eng zu umgeben. Wenn aber die Dre-
hung schon deutlich wird, erscheint eine dunkle Kreislinie *), die allmählig die
Dotterkugel von einer äuſsern Hülle, die sie überall umgiebt, sondert. Der Dot-
ter nimmt nun an Färbung ab und wird bedeutend gröſser. Die Bläschen in ihm
sind vergröſsert, sehr deutlich durch das Microscop kenntlich, und scheinen auch
an Zahl zugenommen zu haben, so daſs man annehmen muſs, daſs sich allmählig
durch Aufnahme des Eiweiſses immer mehrere von den dunklen Körnchen des Dot-
ters in Bläschen umwandeln. Was die Dotterkugel wie ein Sack umgiebt, ist der
Leib des Thiers. Das Ganze hat eine unregelmäſsig runde Gestalt, doch ragt in
dem umgebenden Sacke die früher erschienene helle Stelle weit vor. Etwas später
wird der Embryo kahnförmig, der in ihm liegende sehr deutlich zu unterschei-
dende jetzt mehr durchsichtige Dotter, in welchem man jedes einzelne Bläschen
erkennt, nimmt an dieser Gestalt Antheil und erscheint nierenförmig. Der um-
gebende Leib ragt von allen Seiten, auch am hintern, dem hellen Kopfende ent-
gegengesetzten Ende mit breitem Saume (für die Ansicht unter dem Microscope)
über dem Dotter hervor. Noch etwas später scheint der Dotter ganz das hinterste
Ende des Embryo einzunehmen. Dieses rührt zum Theil von der stärkern Krüm-

*) Eine Kreislinie für jede Ansicht durch das Microscop, in der That also eine sphärische Be-
grenzung.
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[254/0286] über keinen Zweifel, daſs diese helle Stelle die Sohle des werdenden Thiers ist, und der am meisten vorspringende Rand wird in späterer Zeit das Kopfende. Schon die ungleiche Färbung in der oberflächlichen Lage des Dotters läſst eine Keimhaut oder einen Keim annehmen. Sollte es sich bestätigen, daſs, wie Carus beschreibt und a. a. O. Taf. I. Fig. IV. A. abbildet, zwei gegenüberlie- gende helle Stellen am Dotter sind, so würde man daraus schlieſsen müssen, daſs der Keim an diesen Stellen erst später den weniger gefärbten Dotter überwächst, und ich würde dann glauben müssen, daſs es mir nicht gelungen ist, eben geleg- ten Laich zur Untersuchung zu erhalten, denn allerdings habe ich nicht den Laich von eingefangenen Schnecken bei mir in der Stube legen lassen. Die ersten An- fänge des werdenden Embryo wären diese hellen Stellen dann gewiſs nicht, das lehrt der weitere Verfolg. Selbst wenn die Angabe von Carus als richtig befunden werden sollte, ist doch, wie gesagt, nach ein Paar Tagen nur Eine helle Stelle da, und diese erhebt sich in schiefer Richtung vom Dotter, wodurch ihre Durchsichtigkeit für die Beob- achtung sehr vermehrt wird, und diese hervorgehobene helle Stelle ist die erste An- lage für den am meisten animalischen Theil des Thiers. Der übrige Umfang des Keimes scheint den Dotter noch ziemlich eng zu umgeben. Wenn aber die Dre- hung schon deutlich wird, erscheint eine dunkle Kreislinie *), die allmählig die Dotterkugel von einer äuſsern Hülle, die sie überall umgiebt, sondert. Der Dot- ter nimmt nun an Färbung ab und wird bedeutend gröſser. Die Bläschen in ihm sind vergröſsert, sehr deutlich durch das Microscop kenntlich, und scheinen auch an Zahl zugenommen zu haben, so daſs man annehmen muſs, daſs sich allmählig durch Aufnahme des Eiweiſses immer mehrere von den dunklen Körnchen des Dot- ters in Bläschen umwandeln. Was die Dotterkugel wie ein Sack umgiebt, ist der Leib des Thiers. Das Ganze hat eine unregelmäſsig runde Gestalt, doch ragt in dem umgebenden Sacke die früher erschienene helle Stelle weit vor. Etwas später wird der Embryo kahnförmig, der in ihm liegende sehr deutlich zu unterschei- dende jetzt mehr durchsichtige Dotter, in welchem man jedes einzelne Bläschen erkennt, nimmt an dieser Gestalt Antheil und erscheint nierenförmig. Der um- gebende Leib ragt von allen Seiten, auch am hintern, dem hellen Kopfende ent- gegengesetzten Ende mit breitem Saume (für die Ansicht unter dem Microscope) über dem Dotter hervor. Noch etwas später scheint der Dotter ganz das hinterste Ende des Embryo einzunehmen. Dieses rührt zum Theil von der stärkern Krüm- *) Eine Kreislinie für jede Ansicht durch das Microscop, in der That also eine sphärische Be- grenzung.

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Zitationshilfe: Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 1. Königsberg, 1828, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1828/286>, abgerufen am 25.11.2024.