reissungen nicht erreicht werden. Eben deshalb müssen die Versuche sehr oft wiederholt werden, bis man ein vollständiges Bild erhält. Ich glaube jedoch hin- längliche Momente erlangt zu haben, um daraus über das Schema der Entwicke- lung mir eine Ansicht zu bilden. Ich führe nur an, was zur Sache gehört. Wenn ich hier und da nicht alles so erkennen konnte, wie meine Vorgänger, so mag der Grund vielleicht darin liegen, dass ich nicht so anhaltend untersucht habe, als sie. Indessen ist es natürlich, dass ich auf die eigene Beobachtung fortbaue. Andre mögen entscheiden, ob und wo ich irrte.
Dass die Eier der Wasserschnecken durch ein äusseres Eiweiss mit einan- der verbunden sind, jedes Ei seinen Dotter, (in seltenen Fällen auch mehrere) hat, dass dieser Dotter in einem flüssigen Eiweiss enthalten ist, welches von einer Hülle umschlossen wird, setze ich als bekannt voraus.
Der kürzlich gelegte Dotter besteht aus grössern hellern Bläschen, nebst kleinern punktförmigen Körnchen, und es scheint fast, als ob jedes Bläschen seine Atmosphäre von Körnchen hätte. Diese blasige Masse bildet aber nur das Innere der Dotterkugel, die äussere Hülle derselben ist dichter und kleinkörnig. Carus beschreibt am eben gelegten Dotter zwei gegenüberliegende helle Stellen, durch welche die Axe der künftigen Drehung bestimmt werden soll *). Da man nun später in der Axe der Drehung zwei Zapfen hervorragen sieht, so lässt Carus vermuthen, ohne es jedoch bestimmt zu behaupten, dass aus den hellen Stellen diese Zapfen hervorwachsen. Von diesen Verhältnissen habe ich mich nicht über- zeugen können. Zwei hellere Stellen konnte ich am frisch gelegten Dotter nicht unterscheiden. Es schien mir nur eine da zu seyn, und oft ist auch diese sehr un- kenntlich. Wenn man nun das Ei unter dem Microscope dreht, so sieht man al- lerdings, sobald die helle Stelle nach unten liegt, die Mitte des Eies wieder etwas heller, was aber daher zu rühren scheint, dass die unten liegende helle Stelle der Bekleidung mehr Licht durchlässt, als durch den Dotter dringt, wenn die helle Stelle zur Seite liegt, Mein Zweifel über die zwei hellen Flecken wird aber vor- züglich durch eine etwas spätere Zeit bestimmt, wo das Ei noch ohne Drehung ist und ganz bestimmt nur Eine sehr deutlich hellere Stelle hat, die etwas aus dem Umfange des Eies hervorragt, und zwar vorzüglich mit Einem Rande, Bald dar- auf fängt nun das Ei an sich zu drehen, und die helle Stelle befindet sich nicht in der Axe, sondern im Umschwunge der Drehung. Der weitere Verfolg lässt dar-
*)Von den äussern Lebensbedingungen der weiss- und kaltblütigen Thiere. Leipzig 1824. 4to. Erste Beilage.
reiſsungen nicht erreicht werden. Eben deshalb müssen die Versuche sehr oft wiederholt werden, bis man ein vollständiges Bild erhält. Ich glaube jedoch hin- längliche Momente erlangt zu haben, um daraus über das Schema der Entwicke- lung mir eine Ansicht zu bilden. Ich führe nur an, was zur Sache gehört. Wenn ich hier und da nicht alles so erkennen konnte, wie meine Vorgänger, so mag der Grund vielleicht darin liegen, daſs ich nicht so anhaltend untersucht habe, als sie. Indessen ist es natürlich, daſs ich auf die eigene Beobachtung fortbaue. Andre mögen entscheiden, ob und wo ich irrte.
Daſs die Eier der Wasserschnecken durch ein äuſseres Eiweiſs mit einan- der verbunden sind, jedes Ei seinen Dotter, (in seltenen Fällen auch mehrere) hat, daſs dieser Dotter in einem flüssigen Eiweiſs enthalten ist, welches von einer Hülle umschlossen wird, setze ich als bekannt voraus.
Der kürzlich gelegte Dotter besteht aus gröſsern hellern Bläschen, nebst kleinern punktförmigen Körnchen, und es scheint fast, als ob jedes Bläschen seine Atmosphäre von Körnchen hätte. Diese blasige Masse bildet aber nur das Innere der Dotterkugel, die äuſsere Hülle derselben ist dichter und kleinkörnig. Carus beschreibt am eben gelegten Dotter zwei gegenüberliegende helle Stellen, durch welche die Axe der künftigen Drehung bestimmt werden soll *). Da man nun später in der Axe der Drehung zwei Zapfen hervorragen sieht, so läſst Carus vermuthen, ohne es jedoch bestimmt zu behaupten, daſs aus den hellen Stellen diese Zapfen hervorwachsen. Von diesen Verhältnissen habe ich mich nicht über- zeugen können. Zwei hellere Stellen konnte ich am frisch gelegten Dotter nicht unterscheiden. Es schien mir nur eine da zu seyn, und oft ist auch diese sehr un- kenntlich. Wenn man nun das Ei unter dem Microscope dreht, so sieht man al- lerdings, sobald die helle Stelle nach unten liegt, die Mitte des Eies wieder etwas heller, was aber daher zu rühren scheint, daſs die unten liegende helle Stelle der Bekleidung mehr Licht durchläſst, als durch den Dotter dringt, wenn die helle Stelle zur Seite liegt, Mein Zweifel über die zwei hellen Flecken wird aber vor- züglich durch eine etwas spätere Zeit bestimmt, wo das Ei noch ohne Drehung ist und ganz bestimmt nur Eine sehr deutlich hellere Stelle hat, die etwas aus dem Umfange des Eies hervorragt, und zwar vorzüglich mit Einem Rande, Bald dar- auf fängt nun das Ei an sich zu drehen, und die helle Stelle befindet sich nicht in der Axe, sondern im Umschwunge der Drehung. Der weitere Verfolg läſst dar-
*)Von den äuſsern Lebensbedingungen der weiſs- und kaltblütigen Thiere. Leipzig 1824. 4to. Erste Beilage.
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reiſsungen nicht erreicht werden. Eben deshalb müssen die Versuche sehr oft
wiederholt werden, bis man ein vollständiges Bild erhält. Ich glaube jedoch hin-
längliche Momente erlangt zu haben, um daraus über das Schema der Entwicke-
lung mir eine Ansicht zu bilden. Ich führe nur an, was zur Sache gehört. Wenn
ich hier und da nicht alles so erkennen konnte, wie meine Vorgänger, so mag der
Grund vielleicht darin liegen, daſs ich nicht so anhaltend untersucht habe, als sie.
Indessen ist es natürlich, daſs ich auf die eigene Beobachtung fortbaue. Andre
mögen entscheiden, ob und wo ich irrte.
Daſs die Eier der Wasserschnecken durch ein äuſseres Eiweiſs mit einan-
der verbunden sind, jedes Ei seinen Dotter, (in seltenen Fällen auch mehrere)
hat, daſs dieser Dotter in einem flüssigen Eiweiſs enthalten ist, welches von einer
Hülle umschlossen wird, setze ich als bekannt voraus.
Der kürzlich gelegte Dotter besteht aus gröſsern hellern Bläschen, nebst
kleinern punktförmigen Körnchen, und es scheint fast, als ob jedes Bläschen seine
Atmosphäre von Körnchen hätte. Diese blasige Masse bildet aber nur das Innere
der Dotterkugel, die äuſsere Hülle derselben ist dichter und kleinkörnig. Carus
beschreibt am eben gelegten Dotter zwei gegenüberliegende helle Stellen, durch
welche die Axe der künftigen Drehung bestimmt werden soll *). Da man nun
später in der Axe der Drehung zwei Zapfen hervorragen sieht, so läſst Carus
vermuthen, ohne es jedoch bestimmt zu behaupten, daſs aus den hellen Stellen
diese Zapfen hervorwachsen. Von diesen Verhältnissen habe ich mich nicht über-
zeugen können. Zwei hellere Stellen konnte ich am frisch gelegten Dotter nicht
unterscheiden. Es schien mir nur eine da zu seyn, und oft ist auch diese sehr un-
kenntlich. Wenn man nun das Ei unter dem Microscope dreht, so sieht man al-
lerdings, sobald die helle Stelle nach unten liegt, die Mitte des Eies wieder etwas
heller, was aber daher zu rühren scheint, daſs die unten liegende helle Stelle der
Bekleidung mehr Licht durchläſst, als durch den Dotter dringt, wenn die helle
Stelle zur Seite liegt, Mein Zweifel über die zwei hellen Flecken wird aber vor-
züglich durch eine etwas spätere Zeit bestimmt, wo das Ei noch ohne Drehung
ist und ganz bestimmt nur Eine sehr deutlich hellere Stelle hat, die etwas aus dem
Umfange des Eies hervorragt, und zwar vorzüglich mit Einem Rande, Bald dar-
auf fängt nun das Ei an sich zu drehen, und die helle Stelle befindet sich nicht in
der Axe, sondern im Umschwunge der Drehung. Der weitere Verfolg läſst dar-
*) Von den äuſsern Lebensbedingungen der weiſs- und kaltblütigen Thiere. Leipzig 1824. 4to.
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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 1. Königsberg, 1828, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1828/285>, abgerufen am 16.02.2025.
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