ten ist, de- sto ähnlicher findet man auch sehr heterogene Thiere.stimmung zu finden*). Wir wollen, um zu zeigen, dass das Verhältniss nicht bloss für die Wirbelthiere gilt, einige Beispiele aus der niedern Thierwelt wäh- len. Die Differenz unter den langschwänzigen und kurzschwänzigen Krebsen ist nicht sehr gross. Der Flusskrebs nun hat in der Mitte seines Embryonenlebens einen ziemlich kurzen Schwanz im Verhältniss zu dem breiten Bruststücke und man würde ihn von kurzgeschwänzten Krebsen schwer unterscheiden, da diese nach Cavolini's Abbildung im Embryonenzustande verhältnissmässig lang ge- schwänzt sind. Je weiter wir zurückgehen, um desto ähnlicher finden wir im Krebse die Fresswerkzeuge den Füssen, ja sie sind im Anfange recht eigentlich die vordern Füsse, und nichts weiter. Wir haben also nicht nur ein Näherstehen am Grundtypus (Uebereinstimmung der verwandten Organe), sondern auch eine Aehnlichkeit mit den Stomapoden, Amphipoden und Isopoden, die im ausgebil- deten Zustande von den Decapoden viel mehr abweichen, als diese unter sich. Dazu kommt noch, dass in den Decapoden das Herz nach Rathke (Iris Bd. XVII. S. 1098.) spindelförmig auftritt und gewiss noch eine Menge bisher noch unbe- kannter Uebereinstimmungen. Noch früher, wenn die Füsse zur Seite wie kleine Knötchen hervorkeimen, und noch keine Kiemen sichtbar sind, ist auch mit wah- ren Insecten im Embryonenzustande die Uebereinstimmung nicht zu verkennen. -- Ein Schmetterling und eine Sägewespe sind noch als ausgewachsene Larven leicht zu verwechseln. Man hat zwar solche Larven auch mit Würmern verglichen, indessen muss man gestehen, dass der Unterschied in wesentlichen Theilen noch sehr gross ist. Diese haben rothes Blut und keine Luftgefässe. In jenen ist bei- des umgekehrt. In der That aber sind die ausgewachsenen Raupen den Myria- poden viel ähnlicher, und nur in sehr früher Zeit, wenn noch keine Luftgefässe entwickelt sind, die sich wahrscheinlich durch histologische Sonderung bilden, ist eine nähere Uebereinstimmung mit dem Embryo des Blutegels, so lange er noch kein rothes Blut hat.
Diese Bemerkungen führen uns auf die Frage, ob wir denn nicht immer weiter zurückgehend auf eine Stufe gelangen können, wo auch die Embryonen der Wirbelthiere und der Wirbellosen übereinstimmen. Ich werde in einem spätern Zusatze, wo besonders von der Verschiedenheit des Bildungsschema für die Haupt- typen der Thiere gesprochen wird, zu erweisen suchen, dass auch die gegliederte Thierreihe mit einem Primitivstreifen ihre Entwickelung beginnt. In diesem kur- zen Momente würde also Uebereinstimmung zwischen ihnen und den Wirbelthie-
*) Diese Bemerkung hebt durchaus die frühere im ersten Scholion enthaltene, von der Unbestimmt- heit derselben Form im frühesten Zustande, nicht auf.
ten ist, de- sto ähnlicher findet man auch sehr heterogene Thiere.stimmung zu finden*). Wir wollen, um zu zeigen, daſs das Verhältniſs nicht bloſs für die Wirbelthiere gilt, einige Beispiele aus der niedern Thierwelt wäh- len. Die Differenz unter den langschwänzigen und kurzschwänzigen Krebsen ist nicht sehr groſs. Der Fluſskrebs nun hat in der Mitte seines Embryonenlebens einen ziemlich kurzen Schwanz im Verhältniſs zu dem breiten Bruststücke und man würde ihn von kurzgeschwänzten Krebsen schwer unterscheiden, da diese nach Cavolini’s Abbildung im Embryonenzustande verhältniſsmäſsig lang ge- schwänzt sind. Je weiter wir zurückgehen, um desto ähnlicher finden wir im Krebse die Freſswerkzeuge den Füſsen, ja sie sind im Anfange recht eigentlich die vordern Füſse, und nichts weiter. Wir haben also nicht nur ein Näherstehen am Grundtypus (Uebereinstimmung der verwandten Organe), sondern auch eine Aehnlichkeit mit den Stomapoden, Amphipoden und Isopoden, die im ausgebil- deten Zustande von den Decapoden viel mehr abweichen, als diese unter sich. Dazu kommt noch, daſs in den Decapoden das Herz nach Rathke (Iris Bd. XVII. S. 1098.) spindelförmig auftritt und gewiſs noch eine Menge bisher noch unbe- kannter Uebereinstimmungen. Noch früher, wenn die Füſse zur Seite wie kleine Knötchen hervorkeimen, und noch keine Kiemen sichtbar sind, ist auch mit wah- ren Insecten im Embryonenzustande die Uebereinstimmung nicht zu verkennen. — Ein Schmetterling und eine Sägewespe sind noch als ausgewachsene Larven leicht zu verwechseln. Man hat zwar solche Larven auch mit Würmern verglichen, indessen muſs man gestehen, daſs der Unterschied in wesentlichen Theilen noch sehr groſs ist. Diese haben rothes Blut und keine Luftgefäſse. In jenen ist bei- des umgekehrt. In der That aber sind die ausgewachsenen Raupen den Myria- poden viel ähnlicher, und nur in sehr früher Zeit, wenn noch keine Luftgefäſse entwickelt sind, die sich wahrscheinlich durch histologische Sonderung bilden, ist eine nähere Uebereinstimmung mit dem Embryo des Blutegels, so lange er noch kein rothes Blut hat.
Diese Bemerkungen führen uns auf die Frage, ob wir denn nicht immer weiter zurückgehend auf eine Stufe gelangen können, wo auch die Embryonen der Wirbelthiere und der Wirbellosen übereinstimmen. Ich werde in einem spätern Zusatze, wo besonders von der Verschiedenheit des Bildungsschema für die Haupt- typen der Thiere gesprochen wird, zu erweisen suchen, daſs auch die gegliederte Thierreihe mit einem Primitivstreifen ihre Entwickelung beginnt. In diesem kur- zen Momente würde also Uebereinstimmung zwischen ihnen und den Wirbelthie-
*) Diese Bemerkung hebt durchaus die frühere im ersten Scholion enthaltene, von der Unbestimmt- heit derselben Form im frühesten Zustande, nicht auf.
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stimmung zu finden *). Wir wollen, um zu zeigen, daſs das Verhältniſs nicht
bloſs für die Wirbelthiere gilt, einige Beispiele aus der niedern Thierwelt wäh-
len. Die Differenz unter den langschwänzigen und kurzschwänzigen Krebsen ist
nicht sehr groſs. Der Fluſskrebs nun hat in der Mitte seines Embryonenlebens
einen ziemlich kurzen Schwanz im Verhältniſs zu dem breiten Bruststücke und
man würde ihn von kurzgeschwänzten Krebsen schwer unterscheiden, da diese
nach Cavolini’s Abbildung im Embryonenzustande verhältniſsmäſsig lang ge-
schwänzt sind. Je weiter wir zurückgehen, um desto ähnlicher finden wir im
Krebse die Freſswerkzeuge den Füſsen, ja sie sind im Anfange recht eigentlich
die vordern Füſse, und nichts weiter. Wir haben also nicht nur ein Näherstehen
am Grundtypus (Uebereinstimmung der verwandten Organe), sondern auch eine
Aehnlichkeit mit den Stomapoden, Amphipoden und Isopoden, die im ausgebil-
deten Zustande von den Decapoden viel mehr abweichen, als diese unter sich.
Dazu kommt noch, daſs in den Decapoden das Herz nach Rathke (Iris Bd. XVII.
S. 1098.) spindelförmig auftritt und gewiſs noch eine Menge bisher noch unbe-
kannter Uebereinstimmungen. Noch früher, wenn die Füſse zur Seite wie kleine
Knötchen hervorkeimen, und noch keine Kiemen sichtbar sind, ist auch mit wah-
ren Insecten im Embryonenzustande die Uebereinstimmung nicht zu verkennen. —
Ein Schmetterling und eine Sägewespe sind noch als ausgewachsene Larven leicht
zu verwechseln. Man hat zwar solche Larven auch mit Würmern verglichen,
indessen muſs man gestehen, daſs der Unterschied in wesentlichen Theilen noch
sehr groſs ist. Diese haben rothes Blut und keine Luftgefäſse. In jenen ist bei-
des umgekehrt. In der That aber sind die ausgewachsenen Raupen den Myria-
poden viel ähnlicher, und nur in sehr früher Zeit, wenn noch keine Luftgefäſse
entwickelt sind, die sich wahrscheinlich durch histologische Sonderung bilden,
ist eine nähere Uebereinstimmung mit dem Embryo des Blutegels, so lange er noch
kein rothes Blut hat.
ten ist, de-
sto ähnlicher
findet man
auch sehr
heterogene
Thiere.
Diese Bemerkungen führen uns auf die Frage, ob wir denn nicht immer
weiter zurückgehend auf eine Stufe gelangen können, wo auch die Embryonen der
Wirbelthiere und der Wirbellosen übereinstimmen. Ich werde in einem spätern
Zusatze, wo besonders von der Verschiedenheit des Bildungsschema für die Haupt-
typen der Thiere gesprochen wird, zu erweisen suchen, daſs auch die gegliederte
Thierreihe mit einem Primitivstreifen ihre Entwickelung beginnt. In diesem kur-
zen Momente würde also Uebereinstimmung zwischen ihnen und den Wirbelthie-
*) Diese Bemerkung hebt durchaus die frühere im ersten Scholion enthaltene, von der Unbestimmt-
heit derselben Form im frühesten Zustande, nicht auf.
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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 1. Königsberg, 1828, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1828/252>, abgerufen am 16.02.2025.
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