für a bad sort, kirb für a brick, yenep für penny u. s. w. nur strenge buchstäbliche Wortumkehrungen, und sogar in der Al- literation des rhyming slang ist bei allem Reichthum an Voca- beln doch ein bestimmtes und auf eine festgestellte Vocabulatur beschränktes Maß vorhanden, sodaß die Vocabeln nach ihrem pho- netischen wie logischen Elemente im allgemeinen leicht erkannt wer- den und fest im Gedächtniß haften können, z. B.: Everton toffee für coffee; garden gate für a magistrate; I desire für a fire; macarony für a pony; ship in full sale für a pot of ale u. s. w. Da diese und andere nothwendige Rücksichten noch immer nicht zum Bewußtsein gekommen waren, blieb auch die Gaunerlinguistik ganz brach danieder liegen, obschon in dem historisch gegebenen Material immer Stoff und Anregung genug vorhanden war. Es ist bezeichnend, daß gerade die tüchtigsten Schriftsteller über das Gaunerthum die große Bedeutsamkeit der Sprache stets mit dem vollsten Nachdruck hervorgehoben haben, während die unwissendsten und flachsten auch am leichtfertigsten und seichtesten über die Gau- nersprache urtheilten. Auch offenbart sich die ernste Berücksichtigung der Sprache in dem ganzen Gange der historischen Grammatik. Sofort in der ältesten Urkunde, im baseler Rathsmandat, ist ganz entschieden die Ueberzeugung vom Vorhandensein einer vollständi- gen, ausgebildeten Gaunersprache ausgedrückt, indem schon zahl- reiche technische Bezeichnungen, namentlich der Personen und per- sönlichen Gaunerthätigkeit, sowie am Schlusse sogar zusammenge- setzte Redensarten vorkommen und erläutert werden. Dies findet sich im Liber Vagatorum mit seinem Wörterbuch noch deutlicher ausgesprochen, und im Anhange des Hempel'schen Vocabulars sind solche zusammengesetzte und erläuterte Redensarten schon viel häufiger und gedrängter vorhanden, was auch im waldheimer Lexikon, wenn auch in geringerm Umfange, sowie im Rotwelschen Verzeichniß von St.-Georgen am See sich wiederholt. Die Mit- theilungen des Gauners Schwartzmüller im hildburghausener Wör- terbuch gibt die vollkommen glaubhafte Offenbarung einer voll- ständigen, abgerundeten und sogar bis zur förmlichen Lexikographie unter den Gaunern cultivirten Gaunersprache, und selbst die tech-
für a bad sort, kirb für a brick, yenep für penny u. ſ. w. nur ſtrenge buchſtäbliche Wortumkehrungen, und ſogar in der Al- literation des rhyming slang iſt bei allem Reichthum an Voca- beln doch ein beſtimmtes und auf eine feſtgeſtellte Vocabulatur beſchränktes Maß vorhanden, ſodaß die Vocabeln nach ihrem pho- netiſchen wie logiſchen Elemente im allgemeinen leicht erkannt wer- den und feſt im Gedächtniß haften können, z. B.: Everton toffee für coffee; garden gate für a magistrate; I desire für a fire; macarony für a pony; ship in full sale für a pot of ale u. ſ. w. Da dieſe und andere nothwendige Rückſichten noch immer nicht zum Bewußtſein gekommen waren, blieb auch die Gaunerlinguiſtik ganz brach danieder liegen, obſchon in dem hiſtoriſch gegebenen Material immer Stoff und Anregung genug vorhanden war. Es iſt bezeichnend, daß gerade die tüchtigſten Schriftſteller über das Gaunerthum die große Bedeutſamkeit der Sprache ſtets mit dem vollſten Nachdruck hervorgehoben haben, während die unwiſſendſten und flachſten auch am leichtfertigſten und ſeichteſten über die Gau- nerſprache urtheilten. Auch offenbart ſich die ernſte Berückſichtigung der Sprache in dem ganzen Gange der hiſtoriſchen Grammatik. Sofort in der älteſten Urkunde, im baſeler Rathsmandat, iſt ganz entſchieden die Ueberzeugung vom Vorhandenſein einer vollſtändi- gen, ausgebildeten Gaunerſprache ausgedrückt, indem ſchon zahl- reiche techniſche Bezeichnungen, namentlich der Perſonen und per- ſönlichen Gaunerthätigkeit, ſowie am Schluſſe ſogar zuſammenge- ſetzte Redensarten vorkommen und erläutert werden. Dies findet ſich im Liber Vagatorum mit ſeinem Wörterbuch noch deutlicher ausgeſprochen, und im Anhange des Hempel’ſchen Vocabulars ſind ſolche zuſammengeſetzte und erläuterte Redensarten ſchon viel häufiger und gedrängter vorhanden, was auch im waldheimer Lexikon, wenn auch in geringerm Umfange, ſowie im Rotwelſchen Verzeichniß von St.-Georgen am See ſich wiederholt. Die Mit- theilungen des Gauners Schwartzmüller im hildburghauſener Wör- terbuch gibt die vollkommen glaubhafte Offenbarung einer voll- ſtändigen, abgerundeten und ſogar bis zur förmlichen Lexikographie unter den Gaunern cultivirten Gaunerſprache, und ſelbſt die tech-
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für a bad sort, kirb für a brick, yenep für penny u. ſ. w.
nur ſtrenge buchſtäbliche Wortumkehrungen, und ſogar in der Al-
literation des rhyming slang iſt bei allem Reichthum an Voca-
beln doch ein beſtimmtes und auf eine feſtgeſtellte Vocabulatur
beſchränktes Maß vorhanden, ſodaß die Vocabeln nach ihrem pho-
netiſchen wie logiſchen Elemente im allgemeinen leicht erkannt wer-
den und feſt im Gedächtniß haften können, z. B.: Everton toffee
für coffee; garden gate für a magistrate; I desire für a fire;
macarony für a pony; ship in full sale für a pot of ale u. ſ. w.
Da dieſe und andere nothwendige Rückſichten noch immer nicht
zum Bewußtſein gekommen waren, blieb auch die Gaunerlinguiſtik
ganz brach danieder liegen, obſchon in dem hiſtoriſch gegebenen
Material immer Stoff und Anregung genug vorhanden war. Es
iſt bezeichnend, daß gerade die tüchtigſten Schriftſteller über das
Gaunerthum die große Bedeutſamkeit der Sprache ſtets mit dem
vollſten Nachdruck hervorgehoben haben, während die unwiſſendſten
und flachſten auch am leichtfertigſten und ſeichteſten über die Gau-
nerſprache urtheilten. Auch offenbart ſich die ernſte Berückſichtigung
der Sprache in dem ganzen Gange der hiſtoriſchen Grammatik.
Sofort in der älteſten Urkunde, im baſeler Rathsmandat, iſt ganz
entſchieden die Ueberzeugung vom Vorhandenſein einer vollſtändi-
gen, ausgebildeten Gaunerſprache ausgedrückt, indem ſchon zahl-
reiche techniſche Bezeichnungen, namentlich der Perſonen und per-
ſönlichen Gaunerthätigkeit, ſowie am Schluſſe ſogar zuſammenge-
ſetzte Redensarten vorkommen und erläutert werden. Dies findet
ſich im Liber Vagatorum mit ſeinem Wörterbuch noch deutlicher
ausgeſprochen, und im Anhange des Hempel’ſchen Vocabulars
ſind ſolche zuſammengeſetzte und erläuterte Redensarten ſchon viel
häufiger und gedrängter vorhanden, was auch im waldheimer
Lexikon, wenn auch in geringerm Umfange, ſowie im Rotwelſchen
Verzeichniß von St.-Georgen am See ſich wiederholt. Die Mit-
theilungen des Gauners Schwartzmüller im hildburghauſener Wör-
terbuch gibt die vollkommen glaubhafte Offenbarung einer voll-
ſtändigen, abgerundeten und ſogar bis zur förmlichen Lexikographie
unter den Gaunern cultivirten Gaunerſprache, und ſelbſt die tech-
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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 4. Leipzig, 1862, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum04_1862/283>, abgerufen am 24.11.2024.
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