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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862.

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Die 22 Buchstaben der hebräischen Quadratschrift erleiden
jedoch nach der äußern Form theilweise einige Abänderungen im
Jüdischdeutschen. Diese Abweichungen sind zunächst durch die von
der Quadratschrift hier und da, ersichtlich nur des bequemern und
geläufigern Schreibens wegen, abweichende rabbinische Schrift,
[fremdsprachliches Material] (maschket, fallend, Ausdruck nach dem Arabischen), oder
Currentschrift veranlaßt worden. Die geringfügige Abweichung der
jüdischdeutschen Druckschrift von der rabbinischen Schrift scheint
erst durch die Buchdruckerkunst und auch erst seit dem 16. Jahr-
hundert befestigt und allgemein üblich geworden zu sein. Min-
destens weichen die bekanntern ältesten Drucke des "Sepher Brant-
spiegel" vom baseler Buchdrucker Konrad Waldkirch 1602 und in
Buxtorf's "Thesaurus" 1603 und 1653 vom baseler Buchdrucker
Johann Jakob Decker mit den schönen vollen Lettern 1) kaum er-
heblich von dem Maschket ab. Wegen dieser nahen Gleichheit oder
großen Aehnlichkeit werden die jüdischdeutschen Drucklettern mit
Recht auch deutschrabbinische genannt, eine Bezeichnung, welche
vorzüglich in der Buchdruckerkunst gebräuchlich ist und bei dem
Mangel anderer bestimmter Unterscheidungen hier beibehalten wer-
den mag.

Ganz abweichend sind aber die Buchstaben für die jüdisch-
deutsche Handschrift. Dieser noch heutzutage unglaublich stark ge-
brauchten Schrift, in welcher die jüdischen Kinder schon bei dem
ersten Schreibunterricht unterwiesen, in welcher noch immer vor-
wiegend die jüdischen Correspondenzen, Handelsbücher, Wechsel,
Contracte u. s. w. geschrieben werden und welche auch ganz besonders
vom Gaunerthum zur geheimen Correspondenz benutzt wird, ist
noch wenig oder gar keine Aufmerksamkeit von den jüdischdeutschen
Grammatikern bewiesen worden, obschon ihre Kenntniß von sehr

ossios, Buchstabe) genannt, im Gegensatz von den handschriftlichen Current-
buchstaben, gemaschmete Ossios, richtiger: gemaschkete Ossios.
1) Diese großen, vollen, fetten und schönen Lettern machen das Lesen bei
weitem leichter und bequemer als die spätern und jetzigen feinern, ungeachtet
ihrer Sauberkeit und Schärfe doch das Auge angreifenden Lettern, weshalb die
Wiedereinführung jener ältern Lettern dringend zu wünschen ist.

Die 22 Buchſtaben der hebräiſchen Quadratſchrift erleiden
jedoch nach der äußern Form theilweiſe einige Abänderungen im
Jüdiſchdeutſchen. Dieſe Abweichungen ſind zunächſt durch die von
der Quadratſchrift hier und da, erſichtlich nur des bequemern und
geläufigern Schreibens wegen, abweichende rabbiniſche Schrift,
[fremdsprachliches Material] (maschket, fallend, Ausdruck nach dem Arabiſchen), oder
Currentſchrift veranlaßt worden. Die geringfügige Abweichung der
jüdiſchdeutſchen Druckſchrift von der rabbiniſchen Schrift ſcheint
erſt durch die Buchdruckerkunſt und auch erſt ſeit dem 16. Jahr-
hundert befeſtigt und allgemein üblich geworden zu ſein. Min-
deſtens weichen die bekanntern älteſten Drucke des „Sepher Brant-
ſpiegel“ vom baſeler Buchdrucker Konrad Waldkirch 1602 und in
Buxtorf’s „Thesaurus“ 1603 und 1653 vom baſeler Buchdrucker
Johann Jakob Decker mit den ſchönen vollen Lettern 1) kaum er-
heblich von dem Maſchket ab. Wegen dieſer nahen Gleichheit oder
großen Aehnlichkeit werden die jüdiſchdeutſchen Drucklettern mit
Recht auch deutſchrabbiniſche genannt, eine Bezeichnung, welche
vorzüglich in der Buchdruckerkunſt gebräuchlich iſt und bei dem
Mangel anderer beſtimmter Unterſcheidungen hier beibehalten wer-
den mag.

Ganz abweichend ſind aber die Buchſtaben für die jüdiſch-
deutſche Handſchrift. Dieſer noch heutzutage unglaublich ſtark ge-
brauchten Schrift, in welcher die jüdiſchen Kinder ſchon bei dem
erſten Schreibunterricht unterwieſen, in welcher noch immer vor-
wiegend die jüdiſchen Correſpondenzen, Handelsbücher, Wechſel,
Contracte u. ſ. w. geſchrieben werden und welche auch ganz beſonders
vom Gaunerthum zur geheimen Correſpondenz benutzt wird, iſt
noch wenig oder gar keine Aufmerkſamkeit von den jüdiſchdeutſchen
Grammatikern bewieſen worden, obſchon ihre Kenntniß von ſehr

ossios, Buchſtabe) genannt, im Gegenſatz von den handſchriftlichen Current-
buchſtaben, gemaſchmete Oſſios, richtiger: gemaſchkete Oſſios.
1) Dieſe großen, vollen, fetten und ſchönen Lettern machen das Leſen bei
weitem leichter und bequemer als die ſpätern und jetzigen feinern, ungeachtet
ihrer Sauberkeit und Schärfe doch das Auge angreifenden Lettern, weshalb die
Wiedereinführung jener ältern Lettern dringend zu wünſchen iſt.
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[256/0290] Die 22 Buchſtaben der hebräiſchen Quadratſchrift erleiden jedoch nach der äußern Form theilweiſe einige Abänderungen im Jüdiſchdeutſchen. Dieſe Abweichungen ſind zunächſt durch die von der Quadratſchrift hier und da, erſichtlich nur des bequemern und geläufigern Schreibens wegen, abweichende rabbiniſche Schrift, _ (maschket, fallend, Ausdruck nach dem Arabiſchen), oder Currentſchrift veranlaßt worden. Die geringfügige Abweichung der jüdiſchdeutſchen Druckſchrift von der rabbiniſchen Schrift ſcheint erſt durch die Buchdruckerkunſt und auch erſt ſeit dem 16. Jahr- hundert befeſtigt und allgemein üblich geworden zu ſein. Min- deſtens weichen die bekanntern älteſten Drucke des „Sepher Brant- ſpiegel“ vom baſeler Buchdrucker Konrad Waldkirch 1602 und in Buxtorf’s „Thesaurus“ 1603 und 1653 vom baſeler Buchdrucker Johann Jakob Decker mit den ſchönen vollen Lettern 1) kaum er- heblich von dem Maſchket ab. Wegen dieſer nahen Gleichheit oder großen Aehnlichkeit werden die jüdiſchdeutſchen Drucklettern mit Recht auch deutſchrabbiniſche genannt, eine Bezeichnung, welche vorzüglich in der Buchdruckerkunſt gebräuchlich iſt und bei dem Mangel anderer beſtimmter Unterſcheidungen hier beibehalten wer- den mag. Ganz abweichend ſind aber die Buchſtaben für die jüdiſch- deutſche Handſchrift. Dieſer noch heutzutage unglaublich ſtark ge- brauchten Schrift, in welcher die jüdiſchen Kinder ſchon bei dem erſten Schreibunterricht unterwieſen, in welcher noch immer vor- wiegend die jüdiſchen Correſpondenzen, Handelsbücher, Wechſel, Contracte u. ſ. w. geſchrieben werden und welche auch ganz beſonders vom Gaunerthum zur geheimen Correſpondenz benutzt wird, iſt noch wenig oder gar keine Aufmerkſamkeit von den jüdiſchdeutſchen Grammatikern bewieſen worden, obſchon ihre Kenntniß von ſehr 1) 1) Dieſe großen, vollen, fetten und ſchönen Lettern machen das Leſen bei weitem leichter und bequemer als die ſpätern und jetzigen feinern, ungeachtet ihrer Sauberkeit und Schärfe doch das Auge angreifenden Lettern, weshalb die Wiedereinführung jener ältern Lettern dringend zu wünſchen iſt. 1) ossios, Buchſtabe) genannt, im Gegenſatz von den handſchriftlichen Current- buchſtaben, gemaſchmete Oſſios, richtiger: gemaſchkete Oſſios.

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum03_1862/290>, abgerufen am 24.11.2024.