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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862.

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Auch sind vom unkundigen Kupferstecher die Silben überhaupt bis
zur Unverständlichkeit auseinander gerissen. So steht für [fremdsprachliches Material],
Solawechsel, ganz unordentlich, getrennt und incorrect [fremdsprachliches Material].
Jm Worte [fremdsprachliches Material], Damast, ist das [fremdsprachliches Material] ganz getrennt von den
übrigen Buchstaben, als ob die Zahl 4 oder eine Abbreviatur an-
gedeutet sein sollte u. s. w. Genug, beide kurze Leseproben ver-
fehlen den Zweck, in das Verständniß der Buchstaben und jüdisch-
deutschen Leseweise einzuführen.

Noch schlechter sieht es aus mit der Currentschrift K. W.
Friedrich's in seinem obenerwähnten "Unterricht in der Juden-
sprache und Schrift". Mit dieser Currentschrift ging es dem armen
Friedrich recht tragisch. Jn der Vorrede klagt er, daß der Schrift-
gießer für die Herstellung des Centners Currentlettern ihm hun-
dert Reichsthaler abgefordert habe, ohne einmal dafür einstehen zu
wollen, "ob die Buchstaben getroffen seien". Da half denn der
prenzlauer Buchdrucker Ragozy, "versuchte aus ordinären hebräi-
schen Lettern jüdischdeutsche zu schneiden, was ihm auch zu des
Autors größtem Vergnügen geglückt". Nimmt man nun den nach
S. 46 eingeschalteten Druckbogen (S. i--xvi) vor, so muß man
allerdings in Verwunderung gerathen über die seltsame Geschick-
lichkeit, mit welcher Ragozy hebräische Lettern zu Currentschrift-
buchstaben zuzurichten vermochte. Das Alphabet, S. i, macht sich
noch leidlich, da die Buchstaben allein stehen. Aber schon S. ii,
bei der Anführung der Monatsnamen, sieht man das buchstaben-
schneiderische Talent ganz eigenthümlich wuchern. Ragozy hat fast
alle Fächer der Setzkästen aller Sprachen in seiner ganzen Offizin
in Contribution gesetzt, um die merkwürdigste Jncunabel der Cur-
rentschrifttypographie zu schaffen. Das Resch z. B. ist eine Schluß-
klammer), das Daleth eine arabische fette 2, das schlechte Nun
ein Stück dicke horizontale Linie |, das Wav ein verkürztes Ende
davon |, das Mem ein verkleinertes lateinisches N, das Samech
eine arabische fette O u. s. w. Häufig figurirt dazwischen ein
intactes quadratschriftliches [fremdsprachliches Material] und [fremdsprachliches Material]. Kurz, es muß für einen
Typographen ein interessantes Studium sein, das Material aus
den Setzkästen der verschiedensten Sprachen zu erforschen, aus wel-

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Auch ſind vom unkundigen Kupferſtecher die Silben überhaupt bis
zur Unverſtändlichkeit auseinander geriſſen. So ſteht für [fremdsprachliches Material],
Solawechſel, ganz unordentlich, getrennt und incorrect [fremdsprachliches Material].
Jm Worte [fremdsprachliches Material], Damaſt, iſt das [fremdsprachliches Material] ganz getrennt von den
übrigen Buchſtaben, als ob die Zahl 4 oder eine Abbreviatur an-
gedeutet ſein ſollte u. ſ. w. Genug, beide kurze Leſeproben ver-
fehlen den Zweck, in das Verſtändniß der Buchſtaben und jüdiſch-
deutſchen Leſeweiſe einzuführen.

Noch ſchlechter ſieht es aus mit der Currentſchrift K. W.
Friedrich’s in ſeinem obenerwähnten „Unterricht in der Juden-
ſprache und Schrift“. Mit dieſer Currentſchrift ging es dem armen
Friedrich recht tragiſch. Jn der Vorrede klagt er, daß der Schrift-
gießer für die Herſtellung des Centners Currentlettern ihm hun-
dert Reichsthaler abgefordert habe, ohne einmal dafür einſtehen zu
wollen, „ob die Buchſtaben getroffen ſeien“. Da half denn der
prenzlauer Buchdrucker Ragozy, „verſuchte aus ordinären hebräi-
ſchen Lettern jüdiſchdeutſche zu ſchneiden, was ihm auch zu des
Autors größtem Vergnügen geglückt“. Nimmt man nun den nach
S. 46 eingeſchalteten Druckbogen (S. i—xvi) vor, ſo muß man
allerdings in Verwunderung gerathen über die ſeltſame Geſchick-
lichkeit, mit welcher Ragozy hebräiſche Lettern zu Currentſchrift-
buchſtaben zuzurichten vermochte. Das Alphabet, S. i, macht ſich
noch leidlich, da die Buchſtaben allein ſtehen. Aber ſchon S. ii,
bei der Anführung der Monatsnamen, ſieht man das buchſtaben-
ſchneideriſche Talent ganz eigenthümlich wuchern. Ragozy hat faſt
alle Fächer der Setzkäſten aller Sprachen in ſeiner ganzen Offizin
in Contribution geſetzt, um die merkwürdigſte Jncunabel der Cur-
rentſchrifttypographie zu ſchaffen. Das Reſch z. B. iſt eine Schluß-
klammer), das Daleth eine arabiſche fette 2, das ſchlechte Nun
ein Stück dicke horizontale Linie |, das Wav ein verkürztes Ende
davon |, das Mem ein verkleinertes lateiniſches N, das Samech
eine arabiſche fette O u. ſ. w. Häufig figurirt dazwiſchen ein
intactes quadratſchriftliches [fremdsprachliches Material] und [fremdsprachliches Material]. Kurz, es muß für einen
Typographen ein intereſſantes Studium ſein, das Material aus
den Setzkäſten der verſchiedenſten Sprachen zu erforſchen, aus wel-

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[243/0277] Auch ſind vom unkundigen Kupferſtecher die Silben überhaupt bis zur Unverſtändlichkeit auseinander geriſſen. So ſteht für _ , Solawechſel, ganz unordentlich, getrennt und incorrect _ . Jm Worte _ , Damaſt, iſt das _ ganz getrennt von den übrigen Buchſtaben, als ob die Zahl 4 oder eine Abbreviatur an- gedeutet ſein ſollte u. ſ. w. Genug, beide kurze Leſeproben ver- fehlen den Zweck, in das Verſtändniß der Buchſtaben und jüdiſch- deutſchen Leſeweiſe einzuführen. Noch ſchlechter ſieht es aus mit der Currentſchrift K. W. Friedrich’s in ſeinem obenerwähnten „Unterricht in der Juden- ſprache und Schrift“. Mit dieſer Currentſchrift ging es dem armen Friedrich recht tragiſch. Jn der Vorrede klagt er, daß der Schrift- gießer für die Herſtellung des Centners Currentlettern ihm hun- dert Reichsthaler abgefordert habe, ohne einmal dafür einſtehen zu wollen, „ob die Buchſtaben getroffen ſeien“. Da half denn der prenzlauer Buchdrucker Ragozy, „verſuchte aus ordinären hebräi- ſchen Lettern jüdiſchdeutſche zu ſchneiden, was ihm auch zu des Autors größtem Vergnügen geglückt“. Nimmt man nun den nach S. 46 eingeſchalteten Druckbogen (S. i—xvi) vor, ſo muß man allerdings in Verwunderung gerathen über die ſeltſame Geſchick- lichkeit, mit welcher Ragozy hebräiſche Lettern zu Currentſchrift- buchſtaben zuzurichten vermochte. Das Alphabet, S. i, macht ſich noch leidlich, da die Buchſtaben allein ſtehen. Aber ſchon S. ii, bei der Anführung der Monatsnamen, ſieht man das buchſtaben- ſchneideriſche Talent ganz eigenthümlich wuchern. Ragozy hat faſt alle Fächer der Setzkäſten aller Sprachen in ſeiner ganzen Offizin in Contribution geſetzt, um die merkwürdigſte Jncunabel der Cur- rentſchrifttypographie zu ſchaffen. Das Reſch z. B. iſt eine Schluß- klammer), das Daleth eine arabiſche fette 2, das ſchlechte Nun ein Stück dicke horizontale Linie |, das Wav ein verkürztes Ende davon |, das Mem ein verkleinertes lateiniſches N, das Samech eine arabiſche fette O u. ſ. w. Häufig figurirt dazwiſchen ein intactes quadratſchriftliches _ und _ . Kurz, es muß für einen Typographen ein intereſſantes Studium ſein, das Material aus den Setzkäſten der verſchiedenſten Sprachen zu erforſchen, aus wel- 16*

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum03_1862/277>, abgerufen am 24.11.2024.