aber auch mit Hinterlist und Lüge dargestellt wurde, erbitterte das Judenthum noch mehr gegen diese Meschummodim und wendete es immer weiter von der christlichen Mission selbst ab, welche ohnehin nicht in das jüdische Volksleben mit seiner eigenthümlichen Weise und Sprache zu dringen verstanden hatte. Erst das "Prager Handlexikon" und Selig's "Lehrbuch" vermittelten insofern eine Ausgleichung der Richtung, welche die Mission und die Meschum- modim genommen hatten, als beide Werke eine Menge jüdischer Volksausdrücke in correcter und würdiger Form und Auslegung in ihre Wörterbücher aufnahmen, bis es nach langem, gänzlichem Stillstand wieder in neuester Zeit der schlimmen Laune des Jtzig Feitel Stern gefiel, in seinem "Medrasch Sepher" wie in seinen andern Schriften das Judenthum und die jüdischdeutsche Sprache auf unwürdige und rohe Weise zu erniedrigen.
Von dieser Gattung Grammatiken und Wörterbücher sind mir folgende bekannt geworden:
"[fremdsprachliches Material], Hebräisch- und Deutsche Vocabula, und Wörter-Büch- lein, So allen und jeden Die mit denen Jüden, in Handel und Wandel, umgehenden Christen, sonderlich denen Studirenden Jugend, sehr nützlich und profitabel seyn wird. Nebst einer leichten und gantz bequemen Art herausgegebenen Unterricht, Wie man das Hebräische schreiben und lesen, nach der Jüdischen Pronunciation, von selbsten lernen zu können. Auch wie die Juden heutiges Tages, ohne Gebrauchung des Zieffers, im Rechnen nur das Alphabet, item mit gantzen hebräischen Wörtern gebrauchen. Herausgegeben durch einen Religiosen, dessen Nahmen Christoph, Gustav, Chri- stian. Anno MDCCXXVII." Trotz des langen Titels ist das ganze dürstige Buch auf vierzig kleinen Octavseiten abgethan. Es beginnt ohne alle Einleitung mit einem Wörterbuche, welches materienweise, ohne jede andere Ordnung "von der Gottheit, Schöpfung, den Menschen, menschlichen Gliedmaßen, Ehrenämtern und Dignitäten" u. s. w. handelt und mit den Zahlen schließt. Dann kommt urplötzlich mit einer schlechten hebräischen Buchstaben- tabelle ein "Kurzer Bericht, wie man das Hebräische lesen und schreiben kann", wobei kein einziger deutschrabbinischer Buchstabe
aber auch mit Hinterliſt und Lüge dargeſtellt wurde, erbitterte das Judenthum noch mehr gegen dieſe Meſchummodim und wendete es immer weiter von der chriſtlichen Miſſion ſelbſt ab, welche ohnehin nicht in das jüdiſche Volksleben mit ſeiner eigenthümlichen Weiſe und Sprache zu dringen verſtanden hatte. Erſt das „Prager Handlexikon“ und Selig’s „Lehrbuch“ vermittelten inſofern eine Ausgleichung der Richtung, welche die Miſſion und die Meſchum- modim genommen hatten, als beide Werke eine Menge jüdiſcher Volksausdrücke in correcter und würdiger Form und Auslegung in ihre Wörterbücher aufnahmen, bis es nach langem, gänzlichem Stillſtand wieder in neueſter Zeit der ſchlimmen Laune des Jtzig Feitel Stern gefiel, in ſeinem „Medraſch Sepher“ wie in ſeinen andern Schriften das Judenthum und die jüdiſchdeutſche Sprache auf unwürdige und rohe Weiſe zu erniedrigen.
Von dieſer Gattung Grammatiken und Wörterbücher ſind mir folgende bekannt geworden:
„[fremdsprachliches Material], Hebräiſch- und Deutſche Vocabula, und Wörter-Büch- lein, So allen und jeden Die mit denen Jüden, in Handel und Wandel, umgehenden Chriſten, ſonderlich denen Studirenden Jugend, ſehr nützlich und profitabel ſeyn wird. Nebſt einer leichten und gantz bequemen Art herausgegebenen Unterricht, Wie man das Hebräiſche ſchreiben und leſen, nach der Jüdiſchen Pronunciation, von ſelbſten lernen zu können. Auch wie die Juden heutiges Tages, ohne Gebrauchung des Zieffers, im Rechnen nur das Alphabet, item mit gantzen hebräiſchen Wörtern gebrauchen. Herausgegeben durch einen Religiosen, deſſen Nahmen Christoph, Gustav, Chri- stian. Anno MDCCXXVII.“ Trotz des langen Titels iſt das ganze dürſtige Buch auf vierzig kleinen Octavſeiten abgethan. Es beginnt ohne alle Einleitung mit einem Wörterbuche, welches materienweiſe, ohne jede andere Ordnung „von der Gottheit, Schöpfung, den Menſchen, menſchlichen Gliedmaßen, Ehrenämtern und Dignitäten“ u. ſ. w. handelt und mit den Zahlen ſchließt. Dann kommt urplötzlich mit einer ſchlechten hebräiſchen Buchſtaben- tabelle ein „Kurzer Bericht, wie man das Hebräiſche leſen und ſchreiben kann“, wobei kein einziger deutſchrabbiniſcher Buchſtabe
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0265"n="231"/>
aber auch mit Hinterliſt und Lüge dargeſtellt wurde, erbitterte das<lb/>
Judenthum noch mehr gegen dieſe Meſchummodim und wendete<lb/>
es immer weiter von der chriſtlichen Miſſion ſelbſt ab, welche<lb/>
ohnehin nicht in das jüdiſche Volksleben mit ſeiner eigenthümlichen<lb/>
Weiſe und Sprache zu dringen verſtanden hatte. Erſt das „Prager<lb/>
Handlexikon“ und Selig’s „Lehrbuch“ vermittelten inſofern eine<lb/>
Ausgleichung der Richtung, welche die Miſſion und die Meſchum-<lb/>
modim genommen hatten, als beide Werke eine Menge jüdiſcher<lb/>
Volksausdrücke in correcter und würdiger Form und Auslegung<lb/>
in ihre Wörterbücher aufnahmen, bis es nach langem, gänzlichem<lb/>
Stillſtand wieder in neueſter Zeit der ſchlimmen Laune des Jtzig<lb/>
Feitel Stern gefiel, in ſeinem „Medraſch Sepher“ wie in ſeinen<lb/>
andern Schriften das Judenthum und die jüdiſchdeutſche Sprache<lb/>
auf unwürdige und rohe Weiſe zu erniedrigen.</p><lb/><p>Von dieſer Gattung Grammatiken und Wörterbücher ſind mir<lb/>
folgende bekannt geworden:</p><lb/><p>„<gapreason="fm"/>, Hebräiſch- und Deutſche <hirendition="#aq">Vocabula,</hi> und Wörter-Büch-<lb/>
lein, So allen und jeden Die mit denen Jüden, in Handel und<lb/>
Wandel, umgehenden Chriſten, ſonderlich denen <hirendition="#aq">Stud</hi>irenden Jugend,<lb/>ſehr nützlich und <hirendition="#aq">profitabel</hi>ſeyn wird. Nebſt einer leichten und<lb/>
gantz bequemen Art herausgegebenen Unterricht, Wie man das<lb/>
Hebräiſche ſchreiben und leſen, nach der Jüdiſchen <hirendition="#aq">Pronunciation,</hi><lb/>
von ſelbſten lernen zu können. Auch wie die Juden heutiges Tages,<lb/>
ohne Gebrauchung des Zieffers, im Rechnen nur das <hirendition="#aq">Alphabet,<lb/>
item</hi> mit gantzen hebräiſchen Wörtern gebrauchen. Herausgegeben<lb/>
durch einen <hirendition="#aq">Religios</hi>en, deſſen Nahmen <hirendition="#aq">Christoph, Gustav, Chri-<lb/>
stian. Anno MDCCXXVII.</hi>“ Trotz des langen Titels iſt das<lb/>
ganze dürſtige Buch auf vierzig kleinen Octavſeiten abgethan. Es<lb/>
beginnt ohne alle Einleitung mit einem Wörterbuche, welches<lb/>
materienweiſe, ohne jede andere Ordnung „von der Gottheit,<lb/>
Schöpfung, den Menſchen, menſchlichen Gliedmaßen, Ehrenämtern<lb/>
und Dignitäten“ u. ſ. w. handelt und mit den Zahlen ſchließt.<lb/>
Dann kommt urplötzlich mit einer ſchlechten hebräiſchen Buchſtaben-<lb/>
tabelle ein „Kurzer Bericht, wie man das Hebräiſche leſen und<lb/>ſchreiben kann“, wobei kein einziger deutſchrabbiniſcher Buchſtabe<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[231/0265]
aber auch mit Hinterliſt und Lüge dargeſtellt wurde, erbitterte das
Judenthum noch mehr gegen dieſe Meſchummodim und wendete
es immer weiter von der chriſtlichen Miſſion ſelbſt ab, welche
ohnehin nicht in das jüdiſche Volksleben mit ſeiner eigenthümlichen
Weiſe und Sprache zu dringen verſtanden hatte. Erſt das „Prager
Handlexikon“ und Selig’s „Lehrbuch“ vermittelten inſofern eine
Ausgleichung der Richtung, welche die Miſſion und die Meſchum-
modim genommen hatten, als beide Werke eine Menge jüdiſcher
Volksausdrücke in correcter und würdiger Form und Auslegung
in ihre Wörterbücher aufnahmen, bis es nach langem, gänzlichem
Stillſtand wieder in neueſter Zeit der ſchlimmen Laune des Jtzig
Feitel Stern gefiel, in ſeinem „Medraſch Sepher“ wie in ſeinen
andern Schriften das Judenthum und die jüdiſchdeutſche Sprache
auf unwürdige und rohe Weiſe zu erniedrigen.
Von dieſer Gattung Grammatiken und Wörterbücher ſind mir
folgende bekannt geworden:
„_ , Hebräiſch- und Deutſche Vocabula, und Wörter-Büch-
lein, So allen und jeden Die mit denen Jüden, in Handel und
Wandel, umgehenden Chriſten, ſonderlich denen Studirenden Jugend,
ſehr nützlich und profitabel ſeyn wird. Nebſt einer leichten und
gantz bequemen Art herausgegebenen Unterricht, Wie man das
Hebräiſche ſchreiben und leſen, nach der Jüdiſchen Pronunciation,
von ſelbſten lernen zu können. Auch wie die Juden heutiges Tages,
ohne Gebrauchung des Zieffers, im Rechnen nur das Alphabet,
item mit gantzen hebräiſchen Wörtern gebrauchen. Herausgegeben
durch einen Religiosen, deſſen Nahmen Christoph, Gustav, Chri-
stian. Anno MDCCXXVII.“ Trotz des langen Titels iſt das
ganze dürſtige Buch auf vierzig kleinen Octavſeiten abgethan. Es
beginnt ohne alle Einleitung mit einem Wörterbuche, welches
materienweiſe, ohne jede andere Ordnung „von der Gottheit,
Schöpfung, den Menſchen, menſchlichen Gliedmaßen, Ehrenämtern
und Dignitäten“ u. ſ. w. handelt und mit den Zahlen ſchließt.
Dann kommt urplötzlich mit einer ſchlechten hebräiſchen Buchſtaben-
tabelle ein „Kurzer Bericht, wie man das Hebräiſche leſen und
ſchreiben kann“, wobei kein einziger deutſchrabbiniſcher Buchſtabe
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum03_1862/265>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.