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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.

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schon in mehreren Beispielen erzählt ist, geht auch die Prahlerei
der einzelnen Gruppen gegeneinander, und die Renommisterei der
einzelnen Gruppenmitglieder unter sich in das Unglaubliche, und
hat zum Theil zu verwegenen Wettkämpfen, aber auch zu den
grausamsten und blutigsten Händeln der Gauner untereinander
Anlaß gegeben. Einer sucht es dem andern zuvor zu thun, um
als größerer Meister zu erscheinen. Der Unentschlossene, Zaghafte
wird als "Hauhns" verhöhnt und selbst gemishandelt, ja, wie
frühere Fälle beweisen, als unbrauchbar und gefährlich beiseite
geschafft. So sind lediglich aus Prahlerei eine Menge schmählicher
Mordthaten verübt worden, die keineswegs zu den beabsichtigten
Räubereien oder Diebstählen verabredet, nöthig oder dienlich waren.
So erhielt Matthias Weber den Spitznamen Fetzer, weil er
bei allen Räubereien wie ein Wüthrich bramarbasirte, und alles
zerfetzen wollte. Selbst im Gefängniß, im Verhör, wie ja Thiele
frappante Fälle genug anführt, verläßt den Gauner die Eitelkeit
und Prahlerei nicht. Die Schwäche ist so groß, daß der Gauner
dadurch dem besonnenen Jnquirenten eine wichtige Waffe gegen
sich in die Hand gibt, obschon es auch hierbei der größten Vor-
sicht bedarf, da mancher Gauner sogar so weit von der Eitelkeit
sich hinreißen läßt, daß er sich Thaten berühmt, an denen er ent-
weder nur geringen oder vielleicht gar keinen Antheil gehabt hat,
sobald nur die That pikant und mit schlauer Gaunerkunst aus-
geführt war. 1)

Mit dieser Eitelkeit und Prahlsucht ist der Hang zur wider-
sinnigsten Verschwendung verbunden, die wieder theils aus der
brutalen Genußsucht und Lebenslust des rohen Gauners, theils
aber aus der Eigenthümlichkeit seiner Erwerbsweise sich erklärt.
Wenn der Gauner nicht einmal den vom Rechte geschützten Besitz
anderer achtet, wieviel weniger hat er Achtung vor dem Besitz

1) Auch darin ist große Vorsicht anzuwenden, daß man über das Ge-
ständniß einer solchen That die Erforschung anderer Gaunereien, die der geübte
Gauner durch jenes renommistische Geständniß zu verdecken sucht, nicht
hintenan setzt.

ſchon in mehreren Beiſpielen erzählt iſt, geht auch die Prahlerei
der einzelnen Gruppen gegeneinander, und die Renommiſterei der
einzelnen Gruppenmitglieder unter ſich in das Unglaubliche, und
hat zum Theil zu verwegenen Wettkämpfen, aber auch zu den
grauſamſten und blutigſten Händeln der Gauner untereinander
Anlaß gegeben. Einer ſucht es dem andern zuvor zu thun, um
als größerer Meiſter zu erſcheinen. Der Unentſchloſſene, Zaghafte
wird als „Hauhns“ verhöhnt und ſelbſt gemishandelt, ja, wie
frühere Fälle beweiſen, als unbrauchbar und gefährlich beiſeite
geſchafft. So ſind lediglich aus Prahlerei eine Menge ſchmählicher
Mordthaten verübt worden, die keineswegs zu den beabſichtigten
Räubereien oder Diebſtählen verabredet, nöthig oder dienlich waren.
So erhielt Matthias Weber den Spitznamen Fetzer, weil er
bei allen Räubereien wie ein Wüthrich bramarbaſirte, und alles
zerfetzen wollte. Selbſt im Gefängniß, im Verhör, wie ja Thiele
frappante Fälle genug anführt, verläßt den Gauner die Eitelkeit
und Prahlerei nicht. Die Schwäche iſt ſo groß, daß der Gauner
dadurch dem beſonnenen Jnquirenten eine wichtige Waffe gegen
ſich in die Hand gibt, obſchon es auch hierbei der größten Vor-
ſicht bedarf, da mancher Gauner ſogar ſo weit von der Eitelkeit
ſich hinreißen läßt, daß er ſich Thaten berühmt, an denen er ent-
weder nur geringen oder vielleicht gar keinen Antheil gehabt hat,
ſobald nur die That pikant und mit ſchlauer Gaunerkunſt aus-
geführt war. 1)

Mit dieſer Eitelkeit und Prahlſucht iſt der Hang zur wider-
ſinnigſten Verſchwendung verbunden, die wieder theils aus der
brutalen Genußſucht und Lebensluſt des rohen Gauners, theils
aber aus der Eigenthümlichkeit ſeiner Erwerbsweiſe ſich erklärt.
Wenn der Gauner nicht einmal den vom Rechte geſchützten Beſitz
anderer achtet, wieviel weniger hat er Achtung vor dem Beſitz

1) Auch darin iſt große Vorſicht anzuwenden, daß man über das Ge-
ſtändniß einer ſolchen That die Erforſchung anderer Gaunereien, die der geübte
Gauner durch jenes renommiſtiſche Geſtändniß zu verdecken ſucht, nicht
hintenan ſetzt.
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[26/0038] ſchon in mehreren Beiſpielen erzählt iſt, geht auch die Prahlerei der einzelnen Gruppen gegeneinander, und die Renommiſterei der einzelnen Gruppenmitglieder unter ſich in das Unglaubliche, und hat zum Theil zu verwegenen Wettkämpfen, aber auch zu den grauſamſten und blutigſten Händeln der Gauner untereinander Anlaß gegeben. Einer ſucht es dem andern zuvor zu thun, um als größerer Meiſter zu erſcheinen. Der Unentſchloſſene, Zaghafte wird als „Hauhns“ verhöhnt und ſelbſt gemishandelt, ja, wie frühere Fälle beweiſen, als unbrauchbar und gefährlich beiſeite geſchafft. So ſind lediglich aus Prahlerei eine Menge ſchmählicher Mordthaten verübt worden, die keineswegs zu den beabſichtigten Räubereien oder Diebſtählen verabredet, nöthig oder dienlich waren. So erhielt Matthias Weber den Spitznamen Fetzer, weil er bei allen Räubereien wie ein Wüthrich bramarbaſirte, und alles zerfetzen wollte. Selbſt im Gefängniß, im Verhör, wie ja Thiele frappante Fälle genug anführt, verläßt den Gauner die Eitelkeit und Prahlerei nicht. Die Schwäche iſt ſo groß, daß der Gauner dadurch dem beſonnenen Jnquirenten eine wichtige Waffe gegen ſich in die Hand gibt, obſchon es auch hierbei der größten Vor- ſicht bedarf, da mancher Gauner ſogar ſo weit von der Eitelkeit ſich hinreißen läßt, daß er ſich Thaten berühmt, an denen er ent- weder nur geringen oder vielleicht gar keinen Antheil gehabt hat, ſobald nur die That pikant und mit ſchlauer Gaunerkunſt aus- geführt war. 1) Mit dieſer Eitelkeit und Prahlſucht iſt der Hang zur wider- ſinnigſten Verſchwendung verbunden, die wieder theils aus der brutalen Genußſucht und Lebensluſt des rohen Gauners, theils aber aus der Eigenthümlichkeit ſeiner Erwerbsweiſe ſich erklärt. Wenn der Gauner nicht einmal den vom Rechte geſchützten Beſitz anderer achtet, wieviel weniger hat er Achtung vor dem Beſitz 1) Auch darin iſt große Vorſicht anzuwenden, daß man über das Ge- ſtändniß einer ſolchen That die Erforſchung anderer Gaunereien, die der geübte Gauner durch jenes renommiſtiſche Geſtändniß zu verdecken ſucht, nicht hintenan ſetzt.

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/38>, abgerufen am 24.11.2024.