Polizei in den Städten immer im Nachtheil, weil sie meistens nicht als Anfänge der so durchaus nothwendigen Centralisation, sondern mistrauisch als absolutistische Neuerungen betrachtet werden, welche leicht die alten, bewährten, volksthümlichen, städtischen Einrichtungen aufheben könnten, ohne durch das Neue etwas Besseres herzustellen. Diese Abneigung findet zum Theil ihren Grund in der Wahrnehmung, daß die Regierungen, in richtiger Würdigung der Wichtigkeit, welche in der Stellung des Polizei- chefs liegt, ganz vorzüglich auch die äußere Stellung und Re- präsentation des Chefs in das Auge gefaßt haben, ohne jedoch dabei immer eine Garantie für die volle Ausbildung des Chefs als tüchtigen Polizeimannes finden zu können. Der Polizeichef muß nicht allein die volle Würde und Repräsentation des landes- herrlichen Abgeordneten haben, sondern muß neben dem vollen Bewußtsein seiner Würde von echt christlicher, selbstverleugnender Gesinnung durchdrungen sein, feinen politischen Blick und diplo- matischen Takt haben, die Jnteressen des Landes, den Handel, die Künste und Gewerbe überschauen und beurtheilen können, und tiefe geschichtliche und juristische, besonders criminalistische Kennt- nisse haben, um nicht blos äußerlich zu imponiren, sondern auch das ganze Polizeigetriebe geistig beleben, tragen und fördern, und jeden, auch den geringsten Beamten selbst anweisen und belehren zu können. Die bloße äußere Repräsentation gibt der Stellung des Polizeichefs immer etwas Figurantes, wie sehr sie auch sonst noch von der verleihenden Gewalt gefördert und gehoben werden mag, während bei dem auch nicht durch Adjunctur und Substitution zu ergänzenden Mangel an wahrem und tiefem polizeilichen Wissen und Geschick alle übrigen Theile der Polizeibehörde, das heißt das Ganze, von ihm selbst, und durch ihn auch von jener Ge- walt ebenso abgeschieden dastehen, wie vom bürgerlichen Leben, welches diese seine Polizei wie ein kostspielig zu unterhaltendes künstliches Uhrwerk betrachtet, das zahlreiche automate Figuren in Bewegung und durch sein Klappern und Rasseln das bürgerliche Leben in Schrecken setzt. Wesentlich liegt der Grund der vorhan- denen polizeilichen Defecte in der schlimmen fehlgreifenden Ansicht,
Polizei in den Städten immer im Nachtheil, weil ſie meiſtens nicht als Anfänge der ſo durchaus nothwendigen Centraliſation, ſondern mistrauiſch als abſolutiſtiſche Neuerungen betrachtet werden, welche leicht die alten, bewährten, volksthümlichen, ſtädtiſchen Einrichtungen aufheben könnten, ohne durch das Neue etwas Beſſeres herzuſtellen. Dieſe Abneigung findet zum Theil ihren Grund in der Wahrnehmung, daß die Regierungen, in richtiger Würdigung der Wichtigkeit, welche in der Stellung des Polizei- chefs liegt, ganz vorzüglich auch die äußere Stellung und Re- präſentation des Chefs in das Auge gefaßt haben, ohne jedoch dabei immer eine Garantie für die volle Ausbildung des Chefs als tüchtigen Polizeimannes finden zu können. Der Polizeichef muß nicht allein die volle Würde und Repräſentation des landes- herrlichen Abgeordneten haben, ſondern muß neben dem vollen Bewußtſein ſeiner Würde von echt chriſtlicher, ſelbſtverleugnender Geſinnung durchdrungen ſein, feinen politiſchen Blick und diplo- matiſchen Takt haben, die Jntereſſen des Landes, den Handel, die Künſte und Gewerbe überſchauen und beurtheilen können, und tiefe geſchichtliche und juriſtiſche, beſonders criminaliſtiſche Kennt- niſſe haben, um nicht blos äußerlich zu imponiren, ſondern auch das ganze Polizeigetriebe geiſtig beleben, tragen und fördern, und jeden, auch den geringſten Beamten ſelbſt anweiſen und belehren zu können. Die bloße äußere Repräſentation gibt der Stellung des Polizeichefs immer etwas Figurantes, wie ſehr ſie auch ſonſt noch von der verleihenden Gewalt gefördert und gehoben werden mag, während bei dem auch nicht durch Adjunctur und Subſtitution zu ergänzenden Mangel an wahrem und tiefem polizeilichen Wiſſen und Geſchick alle übrigen Theile der Polizeibehörde, das heißt das Ganze, von ihm ſelbſt, und durch ihn auch von jener Ge- walt ebenſo abgeſchieden daſtehen, wie vom bürgerlichen Leben, welches dieſe ſeine Polizei wie ein koſtſpielig zu unterhaltendes künſtliches Uhrwerk betrachtet, das zahlreiche automate Figuren in Bewegung und durch ſein Klappern und Raſſeln das bürgerliche Leben in Schrecken ſetzt. Weſentlich liegt der Grund der vorhan- denen polizeilichen Defecte in der ſchlimmen fehlgreifenden Anſicht,
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Polizei in den Städten immer im Nachtheil, weil ſie meiſtens
nicht als Anfänge der ſo durchaus nothwendigen Centraliſation,
ſondern mistrauiſch als abſolutiſtiſche Neuerungen betrachtet werden,
welche leicht die alten, bewährten, volksthümlichen, ſtädtiſchen
Einrichtungen aufheben könnten, ohne durch das Neue etwas
Beſſeres herzuſtellen. Dieſe Abneigung findet zum Theil ihren
Grund in der Wahrnehmung, daß die Regierungen, in richtiger
Würdigung der Wichtigkeit, welche in der Stellung des Polizei-
chefs liegt, ganz vorzüglich auch die äußere Stellung und Re-
präſentation des Chefs in das Auge gefaßt haben, ohne jedoch
dabei immer eine Garantie für die volle Ausbildung des Chefs
als tüchtigen Polizeimannes finden zu können. Der Polizeichef
muß nicht allein die volle Würde und Repräſentation des landes-
herrlichen Abgeordneten haben, ſondern muß neben dem vollen
Bewußtſein ſeiner Würde von echt chriſtlicher, ſelbſtverleugnender
Geſinnung durchdrungen ſein, feinen politiſchen Blick und diplo-
matiſchen Takt haben, die Jntereſſen des Landes, den Handel,
die Künſte und Gewerbe überſchauen und beurtheilen können, und
tiefe geſchichtliche und juriſtiſche, beſonders criminaliſtiſche Kennt-
niſſe haben, um nicht blos äußerlich zu imponiren, ſondern auch
das ganze Polizeigetriebe geiſtig beleben, tragen und fördern, und
jeden, auch den geringſten Beamten ſelbſt anweiſen und belehren
zu können. Die bloße äußere Repräſentation gibt der Stellung
des Polizeichefs immer etwas Figurantes, wie ſehr ſie auch
ſonſt noch von der verleihenden Gewalt gefördert und gehoben werden
mag, während bei dem auch nicht durch Adjunctur und Subſtitution
zu ergänzenden Mangel an wahrem und tiefem polizeilichen Wiſſen
und Geſchick alle übrigen Theile der Polizeibehörde, das heißt
das Ganze, von ihm ſelbſt, und durch ihn auch von jener Ge-
walt ebenſo abgeſchieden daſtehen, wie vom bürgerlichen Leben,
welches dieſe ſeine Polizei wie ein koſtſpielig zu unterhaltendes
künſtliches Uhrwerk betrachtet, das zahlreiche automate Figuren in
Bewegung und durch ſein Klappern und Raſſeln das bürgerliche
Leben in Schrecken ſetzt. Weſentlich liegt der Grund der vorhan-
denen polizeilichen Defecte in der ſchlimmen fehlgreifenden Anſicht,
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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/371>, abgerufen am 22.11.2024.
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