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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.

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"Frün", niederdeutsche Uebersetzung von Amye) [?], "fahrende Frawe"
oder "Tochter", und beziehungsweise "Kebsweib" (Keb, Käbe,
Kebe, Kebs, Käbs), von cava, gleich der fornix der römischen
Dirnen 1) --, weist schon die älteste Gaunersprache eine beträchtliche
Zahl frivoler Ausdrücke auf. So findet sich im Liber Vagatorum
Schref (Schrefenbos) vom niederdeutschen schreep, Streif, Strich,
wovon die noch heute gängige niederdeutsche Redensart: ut de
Schreef gan,
aus dem Striche (der Schranke) gehen, über die
Schnur hauen, wofür auf den Strich gehen, liederlich umher-
streifen, gebraucht wird. 2) Eine analoge Etymologie hat Glyde,
Gliede
(Gliedenfetzer), nicht sowol von geleiten, als vom nie-
derdeutschen glyden (glyen, glibberen), gleiten, rutschen, fahren
(vagari). Der spätere Ausdruck Glunde ist vom mittelhochdeut-
schen Klunte, Klunse, auch Gluntz (vgl. Stieler, S. 966
und 989; Schottelius, S. 1327), rima, apertura, fissura, abzu-
leiten, wovon klünsen, rimas agere, deflorare, und entspricht
vollständig dem hebräischen [fremdsprachliches Material - fehlt] (nakaf), perforavit, wovon [fremdsprachliches Material - fehlt]
(nekef), incisio, rima, und [fremdsprachliches Material - fehlt] (nekewa), Frau, im Gegen-
satz von Mann; wovon wieder die jüdisch-deutsche Bezeichnung
Nekefe und Nekeife für scortum hergeleitet ist. Das Wort
Sonne (Sonnenboß) ist hebräischen Ursprungs (vgl. unten).
Andere spätere Ausdrücke haben sich ganz zu allgemeinen Volks-
ausdrücken gebildet, wie z. B. dat Strick, niederdeutsch wol von
strieken, vagari, die liederliche Gassendirne 3), ähnlich wie die
Glyden des Liber Vagatorum. Ferner Strunze, von strunzen,
discurrere, vagari, concurrere, niederdeutsch strunt, nichtswürdig,
schmuzig. Nickel (von nicken), niederdeutsch Füllen, junges
Schwein, liederliche Dirne; auch Nuckel und Nucke. Auch

1) Vgl. Stieler's "Teutscher Sprachschatz", S. 912. Vielleicht hängt
cava mit dem hebräischen [fremdsprachliches Material - fehlt] und Kawure zusammen.
2) Das niederdeutsche Schimpfwort Schraffel, Abfall, Nichtswürdigkeit,
gemeine Person, scheint vom mittelhochdeutschen schrapfen, schrabben,
schrapen,
d. h. schaben, striegeln, herzukommen. Vgl. Stieler, S. 1917, und
Kramer, S. 339. Vgl. auch die Etymologie vom Schärfen im vorigen Kapitel.
3) Richey, "Hamburger Jdiotikon", S. 294.

„Frün“, niederdeutſche Ueberſetzung von Amye) [?], „fahrende Frawe“
oder „Tochter“, und beziehungsweiſe „Kebsweib“ (Keb, Käbe,
Kebe, Kebs, Käbs), von cava, gleich der fornix der römiſchen
Dirnen 1) —, weiſt ſchon die älteſte Gaunerſprache eine beträchtliche
Zahl frivoler Ausdrücke auf. So findet ſich im Liber Vagatorum
Schref (Schrefenbos) vom niederdeutſchen schreep, Streif, Strich,
wovon die noch heute gängige niederdeutſche Redensart: ut de
Schreef gan,
aus dem Striche (der Schranke) gehen, über die
Schnur hauen, wofür auf den Strich gehen, liederlich umher-
ſtreifen, gebraucht wird. 2) Eine analoge Etymologie hat Glyde,
Gliede
(Gliedenfetzer), nicht ſowol von geleiten, als vom nie-
derdeutſchen glyden (glyen, glibberen), gleiten, rutſchen, fahren
(vagari). Der ſpätere Ausdruck Glunde iſt vom mittelhochdeut-
ſchen Klunte, Klunſe, auch Gluntz (vgl. Stieler, S. 966
und 989; Schottelius, S. 1327), rima, apertura, fissura, abzu-
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(nekef), incisio, rima, und [fremdsprachliches Material – fehlt] (nekewa), Frau, im Gegen-
ſatz von Mann; wovon wieder die jüdiſch-deutſche Bezeichnung
Nekefe und Nekeife für scortum hergeleitet iſt. Das Wort
Sonne (Sonnenboß) iſt hebräiſchen Urſprungs (vgl. unten).
Andere ſpätere Ausdrücke haben ſich ganz zu allgemeinen Volks-
ausdrücken gebildet, wie z. B. dat Strick, niederdeutſch wol von
ſtrieken, vagari, die liederliche Gaſſendirne 3), ähnlich wie die
Glyden des Liber Vagatorum. Ferner Strunze, von ſtrunzen,
discurrere, vagari, concurrere, niederdeutſch strunt, nichtswürdig,
ſchmuzig. Nickel (von nicken), niederdeutſch Füllen, junges
Schwein, liederliche Dirne; auch Nuckel und Nucke. Auch

1) Vgl. Stieler’s „Teutſcher Sprachſchatz“, S. 912. Vielleicht hängt
cava mit dem hebräiſchen [fremdsprachliches Material – fehlt] und Kawure zuſammen.
2) Das niederdeutſche Schimpfwort Schraffel, Abfall, Nichtswürdigkeit,
gemeine Perſon, ſcheint vom mittelhochdeutſchen ſchrapfen, ſchrabben,
ſchrapen,
d. h. ſchaben, ſtriegeln, herzukommen. Vgl. Stieler, S. 1917, und
Kramer, S. 339. Vgl. auch die Etymologie vom Schärfen im vorigen Kapitel.
3) Richey, „Hamburger Jdiotikon“, S. 294.
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[330/0342] „Frün“, niederdeutſche Ueberſetzung von Amye) [?], „fahrende Frawe“ oder „Tochter“, und beziehungsweiſe „Kebsweib“ (Keb, Käbe, Kebe, Kebs, Käbs), von cava, gleich der fornix der römiſchen Dirnen 1) —, weiſt ſchon die älteſte Gaunerſprache eine beträchtliche Zahl frivoler Ausdrücke auf. So findet ſich im Liber Vagatorum Schref (Schrefenbos) vom niederdeutſchen schreep, Streif, Strich, wovon die noch heute gängige niederdeutſche Redensart: ut de Schreef gan, aus dem Striche (der Schranke) gehen, über die Schnur hauen, wofür auf den Strich gehen, liederlich umher- ſtreifen, gebraucht wird. 2) Eine analoge Etymologie hat Glyde, Gliede (Gliedenfetzer), nicht ſowol von geleiten, als vom nie- derdeutſchen glyden (glyen, glibberen), gleiten, rutſchen, fahren (vagari). Der ſpätere Ausdruck Glunde iſt vom mittelhochdeut- ſchen Klunte, Klunſe, auch Gluntz (vgl. Stieler, S. 966 und 989; Schottelius, S. 1327), rima, apertura, fissura, abzu- leiten, wovon klünſen, rimas agere, deflorare, und entſpricht vollſtändig dem hebräiſchen _ (nakaf), perforavit, wovon _ (nekef), incisio, rima, und _ (nekewa), Frau, im Gegen- ſatz von Mann; wovon wieder die jüdiſch-deutſche Bezeichnung Nekefe und Nekeife für scortum hergeleitet iſt. Das Wort Sonne (Sonnenboß) iſt hebräiſchen Urſprungs (vgl. unten). Andere ſpätere Ausdrücke haben ſich ganz zu allgemeinen Volks- ausdrücken gebildet, wie z. B. dat Strick, niederdeutſch wol von ſtrieken, vagari, die liederliche Gaſſendirne 3), ähnlich wie die Glyden des Liber Vagatorum. Ferner Strunze, von ſtrunzen, discurrere, vagari, concurrere, niederdeutſch strunt, nichtswürdig, ſchmuzig. Nickel (von nicken), niederdeutſch Füllen, junges Schwein, liederliche Dirne; auch Nuckel und Nucke. Auch 1) Vgl. Stieler’s „Teutſcher Sprachſchatz“, S. 912. Vielleicht hängt cava mit dem hebräiſchen _ und Kawure zuſammen. 2) Das niederdeutſche Schimpfwort Schraffel, Abfall, Nichtswürdigkeit, gemeine Perſon, ſcheint vom mittelhochdeutſchen ſchrapfen, ſchrabben, ſchrapen, d. h. ſchaben, ſtriegeln, herzukommen. Vgl. Stieler, S. 1917, und Kramer, S. 339. Vgl. auch die Etymologie vom Schärfen im vorigen Kapitel. 3) Richey, „Hamburger Jdiotikon“, S. 294.

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/342>, abgerufen am 25.11.2024.