Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.Gasse bedeutet. Jn der Gaunersprache wird jedoch Straat, im Niederdeutschen; doch hat Richey im "Hamburger Jdioticon", S. 293, Strahl-Hore als pöbelhaftes Scheltwort. Als Jdiotismus in der Unter- pfalz kommt (Bibra's "Journal von und für Deutschland", 1787, Nr. 9, S. 216) Strähl, Kamm, und strählen, kämmen, vor, welches wol von Striegel (niederdeutsch Strägel) oder striegeln abzuleiten ist. 1) Rechof ([fremdsprachliches Material - fehlt]), in derselben Etymologie wie plateia und platea, ist die Erweiterung des Raums zwischen Häusern zur Straße, und daher beson- ders eine breite Straße und bei den Morgenländern der breite Platz außer- halb der Stadt, wo Gericht und Markt abgehalten wurde. 2) Schuck -- von [fremdsprachliches Material - fehlt], Plural [fremdsprachliches Material - fehlt] (sehewokim), vom gleichlauten- den Verbum schuck, laufen, strömen, nachlaufen -- bezeichnet eigentlich am bestimmtesten die Straße in der Stadt (vgl. Sprichwörter Sal., K. 7, V. 8), ist jedoch in der Gaunersprache vorzugsweise in die Bedeutung von Markt, Viehmarkt, Krammarkt übergegangen, wie z. B. Schuckgänger, der Markt- dieb; den Schuck abhalten, den Markt besuchen, um Gaunergeschäfte zu machen. Das Wort [fremdsprachliches Material - fehlt] (derech) ist der allgemeine Ausdruck Weg auch in metaphorischer Bedeutung; Haliche dagegen ist der Schleichweg, Diebsweg. 3) Auch der Schränker, der die an oder nahe bei der Landstraße belegenen
Dörfer, Höfe, Mühlen u. s. w. heimsucht, handelt auf der Strade. Das Um- herziehen, namentlich Hausiren auf dem Lande, wird Medinegehen, auf der Medine gehen (geien) genannt, wovon Medinegeier, der Land- hausirer. Gaſſe bedeutet. Jn der Gaunerſprache wird jedoch Straat, im Niederdeutſchen; doch hat Richey im „Hamburger Jdioticon“, S. 293, Strahl-Hore als pöbelhaftes Scheltwort. Als Jdiotismus in der Unter- pfalz kommt (Bibra’s „Journal von und für Deutſchland“, 1787, Nr. 9, S. 216) Strähl, Kamm, und ſtrählen, kämmen, vor, welches wol von Striegel (niederdeutſch Strägel) oder ſtriegeln abzuleiten iſt. 1) Rechof ([fremdsprachliches Material – fehlt]), in derſelben Etymologie wie πλατεῖα und platea, iſt die Erweiterung des Raums zwiſchen Häuſern zur Straße, und daher beſon- ders eine breite Straße und bei den Morgenländern der breite Platz außer- halb der Stadt, wo Gericht und Markt abgehalten wurde. 2) Schuck — von [fremdsprachliches Material – fehlt], Plural [fremdsprachliches Material – fehlt] (sehewokim), vom gleichlauten- den Verbum ſchuck, laufen, ſtrömen, nachlaufen — bezeichnet eigentlich am beſtimmteſten die Straße in der Stadt (vgl. Sprichwörter Sal., K. 7, V. 8), iſt jedoch in der Gaunerſprache vorzugsweiſe in die Bedeutung von Markt, Viehmarkt, Krammarkt übergegangen, wie z. B. Schuckgänger, der Markt- dieb; den Schuck abhalten, den Markt beſuchen, um Gaunergeſchäfte zu machen. Das Wort [fremdsprachliches Material – fehlt] (derech) iſt der allgemeine Ausdruck Weg auch in metaphoriſcher Bedeutung; Haliche dagegen iſt der Schleichweg, Diebsweg. 3) Auch der Schränker, der die an oder nahe bei der Landſtraße belegenen
Dörfer, Höfe, Mühlen u. ſ. w. heimſucht, handelt auf der Strade. Das Um- herziehen, namentlich Hauſiren auf dem Lande, wird Medinegehen, auf der Medine gehen (geien) genannt, wovon Medinegeier, der Land- hauſirer. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0247" n="235"/> Gaſſe bedeutet. Jn der Gaunerſprache wird jedoch <hi rendition="#g">Straat,<lb/> Strat</hi> oder <hi rendition="#g">Strade</hi> ausſchließlich für die Straße außerhalb eines<lb/> Orts gebraucht, und bedeutet ſomit die Landſtraße, Chauſſee, Heer-,<lb/> Land- und Feldweg, im Gegenſatz von <hi rendition="#g">Rechof</hi> <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#g">Rechof</hi> (<gap reason="fm" unit="words"/>), in derſelben Etymologie wie πλατεῖα und <hi rendition="#aq">platea,</hi> iſt<lb/> die Erweiterung des Raums zwiſchen Häuſern zur Straße, und daher beſon-<lb/> ders eine breite Straße und bei den Morgenländern der breite Platz außer-<lb/> halb der Stadt, wo Gericht und Markt abgehalten wurde.</note>, die Straße in<lb/> der Stadt, und <hi rendition="#g">Schuck,</hi> welches beſonders noch die belebte fre-<lb/> quente Stadtſtraße, den Marktplatz und Markt bedeutet. <note place="foot" n="2)"><hi rendition="#g">Schuck</hi> — von <gap reason="fm" unit="words"/>, Plural <gap reason="fm" unit="words"/> (<hi rendition="#aq">sehewokim</hi>), vom gleichlauten-<lb/> den Verbum <hi rendition="#g">ſchuck,</hi> laufen, ſtrömen, nachlaufen — bezeichnet eigentlich am<lb/> beſtimmteſten die Straße in der <hi rendition="#g">Stadt</hi> (vgl. Sprichwörter Sal., K. 7, V. 8),<lb/> iſt jedoch in der Gaunerſprache vorzugsweiſe in die Bedeutung von Markt,<lb/> Viehmarkt, Krammarkt übergegangen, wie z. B. <hi rendition="#g">Schuckgänger,</hi> der Markt-<lb/> dieb; <hi rendition="#g">den Schuck abhalten,</hi> den Markt beſuchen, um Gaunergeſchäfte zu<lb/> machen. Das Wort <gap reason="fm" unit="words"/> (<hi rendition="#aq">derech</hi>) iſt der allgemeine Ausdruck <hi rendition="#g">Weg</hi> auch<lb/> in metaphoriſcher Bedeutung; <hi rendition="#g">Haliche</hi> dagegen iſt der Schleichweg, Diebsweg.</note> <hi rendition="#g">Strade-<lb/> handeln,</hi> oder <hi rendition="#g">auf der Strade handeln,</hi> iſt der allgemeine<lb/> Ausdruck für den gauneriſchen Diebſtahl auf oder an der Land-<lb/> ſtraße <note place="foot" n="3)">Auch der Schränker, der die an oder nahe bei der Landſtraße belegenen<lb/> Dörfer, Höfe, Mühlen u. ſ. w. heimſucht, handelt auf der Strade. Das Um-<lb/> herziehen, namentlich Hauſiren auf dem Lande, wird <hi rendition="#g">Medinegehen, auf<lb/> der Medine gehen (geien)</hi> genannt, wovon <hi rendition="#g">Medinegeier,</hi> der Land-<lb/> hauſirer.</note>, im Gegenſatz von dem allgemeinen Ausdruck: <hi rendition="#g">in Mo-<lb/> kum</hi> oder <hi rendition="#g">auf dem Schuck</hi> handeln, d. h. in der Stadt, auf<lb/> dem Markte Gaunereien verüben. Jm gleichen Gegenſatze zu dem<lb/> Ausdruck: <hi rendition="#g">den Schuck abhalten,</hi> d. h. auf den Märkten er-<lb/> ſcheinen, um die Gelegenheit zu Gaunereien wahrzunehmen, ver-<lb/> hält ſich die Redensart: <hi rendition="#g">die Strade halten,</hi> oder kurzweg<lb/><hi rendition="#g">Stradehalten,</hi> d. h. auf den Landſtraßen reiſen, um die Gelegen-<lb/> heit zu Diebſtählen auf derſelben wahrzunehmen. <hi rendition="#g">Strade-</hi><lb/><note xml:id="seg2pn_29_2" prev="#seg2pn_29_1" place="foot" n="2)">im Niederdeutſchen; doch hat Richey im „Hamburger Jdioticon“, S. 293,<lb/><hi rendition="#g">Strahl-Hore</hi> als pöbelhaftes Scheltwort. Als Jdiotismus in der Unter-<lb/> pfalz kommt (Bibra’s „Journal von und für Deutſchland“, 1787, Nr. 9,<lb/> S. 216) <hi rendition="#g">Strähl,</hi> Kamm, und <hi rendition="#g">ſtrählen,</hi> kämmen, vor, welches wol von<lb/><hi rendition="#g">Striegel</hi> (niederdeutſch <hi rendition="#g">Strägel</hi>) oder <hi rendition="#g">ſtriegeln</hi> abzuleiten iſt.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [235/0247]
Gaſſe bedeutet. Jn der Gaunerſprache wird jedoch Straat,
Strat oder Strade ausſchließlich für die Straße außerhalb eines
Orts gebraucht, und bedeutet ſomit die Landſtraße, Chauſſee, Heer-,
Land- und Feldweg, im Gegenſatz von Rechof 1), die Straße in
der Stadt, und Schuck, welches beſonders noch die belebte fre-
quente Stadtſtraße, den Marktplatz und Markt bedeutet. 2) Strade-
handeln, oder auf der Strade handeln, iſt der allgemeine
Ausdruck für den gauneriſchen Diebſtahl auf oder an der Land-
ſtraße 3), im Gegenſatz von dem allgemeinen Ausdruck: in Mo-
kum oder auf dem Schuck handeln, d. h. in der Stadt, auf
dem Markte Gaunereien verüben. Jm gleichen Gegenſatze zu dem
Ausdruck: den Schuck abhalten, d. h. auf den Märkten er-
ſcheinen, um die Gelegenheit zu Gaunereien wahrzunehmen, ver-
hält ſich die Redensart: die Strade halten, oder kurzweg
Stradehalten, d. h. auf den Landſtraßen reiſen, um die Gelegen-
heit zu Diebſtählen auf derſelben wahrzunehmen. Strade-
2)
1) Rechof (_ ), in derſelben Etymologie wie πλατεῖα und platea, iſt
die Erweiterung des Raums zwiſchen Häuſern zur Straße, und daher beſon-
ders eine breite Straße und bei den Morgenländern der breite Platz außer-
halb der Stadt, wo Gericht und Markt abgehalten wurde.
2) Schuck — von _ , Plural _ (sehewokim), vom gleichlauten-
den Verbum ſchuck, laufen, ſtrömen, nachlaufen — bezeichnet eigentlich am
beſtimmteſten die Straße in der Stadt (vgl. Sprichwörter Sal., K. 7, V. 8),
iſt jedoch in der Gaunerſprache vorzugsweiſe in die Bedeutung von Markt,
Viehmarkt, Krammarkt übergegangen, wie z. B. Schuckgänger, der Markt-
dieb; den Schuck abhalten, den Markt beſuchen, um Gaunergeſchäfte zu
machen. Das Wort _ (derech) iſt der allgemeine Ausdruck Weg auch
in metaphoriſcher Bedeutung; Haliche dagegen iſt der Schleichweg, Diebsweg.
3) Auch der Schränker, der die an oder nahe bei der Landſtraße belegenen
Dörfer, Höfe, Mühlen u. ſ. w. heimſucht, handelt auf der Strade. Das Um-
herziehen, namentlich Hauſiren auf dem Lande, wird Medinegehen, auf
der Medine gehen (geien) genannt, wovon Medinegeier, der Land-
hauſirer.
2) im Niederdeutſchen; doch hat Richey im „Hamburger Jdioticon“, S. 293,
Strahl-Hore als pöbelhaftes Scheltwort. Als Jdiotismus in der Unter-
pfalz kommt (Bibra’s „Journal von und für Deutſchland“, 1787, Nr. 9,
S. 216) Strähl, Kamm, und ſtrählen, kämmen, vor, welches wol von
Striegel (niederdeutſch Strägel) oder ſtriegeln abzuleiten iſt.
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