Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.

Bild:
<< vorherige Seite

Thieren, welche von dem gefangenen Gauner im geheimen Ein-
verständniß erhoben wird, ist schon oben beim Zuplanten geredet
worden. Von andern Arten wird noch gelegentlich gesprochen
werden. Der Schärfenspieler und Kochemerspieße, welche
den Gaunern das Gestohlene abnehmen, und somit die eigentliche
lebendige Kawure der handelnden Gauner bilden, wird ebenfalls
noch besonders gedacht werden. Das Untermakkeln (das Unter-
schlagen von Diebsbeute), welches dem Sslichnen gleichgestellt
und bestraft, dennoch aber fast immer entweder schon beim Dieb-
stahl oder bei der Theilung der Beute exercirt wird, beruht we-
sentlich auf der Geschicklichkeit, den Kameraden gegenüber, etwas
geschwinde kawure legen zu können, oder wenn es, was seltener
gewagt wird, im Einverständniß mit einem andern versucht wird,
im geschickten Zuplanten. Von der blutigen Ahndung solcher
Wagnisse sind schon Beispiele angeführt worden.



C. Die Gaunerpraxis.
Fünsunddreißigstes Kapitel.
1) Die allgemeine Praxis und Terminologie.

Die bisher dargestellten allgemeinen Grund- und Charakter-
züge des Gaunerthums geben weniger ein Zeugniß von einer
wirklichen Originalität des Gaunerthums, als von seiner Befähi-
gung und Bestrebung, das bürgerliche Leben objectiv aufzufassen
und auszubeuten. Dasselbe ist auch mit der Technik des Gauner-
thums der Fall. Es gibt eigentlich keine wirklich originelle Tech-
nik und keine besondere Kunstoriginalität im Gaunerthum. Die
armselige, ohnehin der Vogelleimruthe analoge Stippruthe ist bei-
nahe schon antiquirt. Das Gaunerthum kann es auch mit
technischen Mitteln nicht wagen, in irgendeiner offenen Originalität
aus seinem Versteck hervorzutreten. Es beutet nur die Technik
des gewerblichen Lebens aus, hat dieselbe aber in vieler Hinsicht

Thieren, welche von dem gefangenen Gauner im geheimen Ein-
verſtändniß erhoben wird, iſt ſchon oben beim Zuplanten geredet
worden. Von andern Arten wird noch gelegentlich geſprochen
werden. Der Schärfenſpieler und Kochemerſpieße, welche
den Gaunern das Geſtohlene abnehmen, und ſomit die eigentliche
lebendige Kawure der handelnden Gauner bilden, wird ebenfalls
noch beſonders gedacht werden. Das Untermakkeln (das Unter-
ſchlagen von Diebsbeute), welches dem Sſlichnen gleichgeſtellt
und beſtraft, dennoch aber faſt immer entweder ſchon beim Dieb-
ſtahl oder bei der Theilung der Beute exercirt wird, beruht we-
ſentlich auf der Geſchicklichkeit, den Kameraden gegenüber, etwas
geſchwinde kawure legen zu können, oder wenn es, was ſeltener
gewagt wird, im Einverſtändniß mit einem andern verſucht wird,
im geſchickten Zuplanten. Von der blutigen Ahndung ſolcher
Wagniſſe ſind ſchon Beiſpiele angeführt worden.



C. Die Gaunerpraxis.
Fünſunddreißigſtes Kapitel.
1) Die allgemeine Praxis und Terminologie.

Die bisher dargeſtellten allgemeinen Grund- und Charakter-
züge des Gaunerthums geben weniger ein Zeugniß von einer
wirklichen Originalität des Gaunerthums, als von ſeiner Befähi-
gung und Beſtrebung, das bürgerliche Leben objectiv aufzufaſſen
und auszubeuten. Daſſelbe iſt auch mit der Technik des Gauner-
thums der Fall. Es gibt eigentlich keine wirklich originelle Tech-
nik und keine beſondere Kunſtoriginalität im Gaunerthum. Die
armſelige, ohnehin der Vogelleimruthe analoge Stippruthe iſt bei-
nahe ſchon antiquirt. Das Gaunerthum kann es auch mit
techniſchen Mitteln nicht wagen, in irgendeiner offenen Originalität
aus ſeinem Verſteck hervorzutreten. Es beutet nur die Technik
des gewerblichen Lebens aus, hat dieſelbe aber in vieler Hinſicht

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0130" n="118"/>
Thieren, welche von dem gefangenen Gauner im geheimen Ein-<lb/>
ver&#x017F;tändniß erhoben wird, i&#x017F;t &#x017F;chon oben beim Zuplanten geredet<lb/>
worden. Von andern Arten wird noch gelegentlich ge&#x017F;prochen<lb/>
werden. Der <hi rendition="#g">Schärfen&#x017F;pieler</hi> und <hi rendition="#g">Kochemer&#x017F;pieße,</hi> welche<lb/>
den Gaunern das Ge&#x017F;tohlene abnehmen, und &#x017F;omit die eigentliche<lb/>
lebendige Kawure der handelnden Gauner bilden, wird ebenfalls<lb/>
noch be&#x017F;onders gedacht werden. Das <hi rendition="#g">Untermakkeln</hi> (das Unter-<lb/>
&#x017F;chlagen von Diebsbeute), welches dem S&#x017F;lichnen gleichge&#x017F;tellt<lb/>
und be&#x017F;traft, dennoch aber fa&#x017F;t immer entweder &#x017F;chon beim Dieb-<lb/>
&#x017F;tahl oder bei der Theilung der Beute exercirt wird, beruht we-<lb/>
&#x017F;entlich auf der Ge&#x017F;chicklichkeit, den Kameraden gegenüber, etwas<lb/>
ge&#x017F;chwinde kawure legen zu können, oder wenn es, was &#x017F;eltener<lb/>
gewagt wird, im Einver&#x017F;tändniß mit einem andern ver&#x017F;ucht wird,<lb/>
im ge&#x017F;chickten Zuplanten. Von der blutigen Ahndung &#x017F;olcher<lb/>
Wagni&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ind &#x017F;chon Bei&#x017F;piele angeführt worden.</p>
            </div>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#aq">C.</hi> <hi rendition="#fr">Die Gaunerpraxis.</hi> </head><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#fr">Fün&#x017F;unddreißig&#x017F;tes Kapitel.<lb/>
1) Die allgemeine Praxis und Terminologie.</hi> </head><lb/>
              <p>Die bisher darge&#x017F;tellten allgemeinen Grund- und Charakter-<lb/>
züge des Gaunerthums geben weniger ein Zeugniß von einer<lb/>
wirklichen Originalität des Gaunerthums, als von &#x017F;einer Befähi-<lb/>
gung und Be&#x017F;trebung, das bürgerliche Leben objectiv aufzufa&#x017F;&#x017F;en<lb/>
und auszubeuten. Da&#x017F;&#x017F;elbe i&#x017F;t auch mit der <hi rendition="#g">Technik</hi> des Gauner-<lb/>
thums der Fall. Es gibt eigentlich keine wirklich originelle Tech-<lb/>
nik und keine be&#x017F;ondere Kun&#x017F;toriginalität im Gaunerthum. Die<lb/>
arm&#x017F;elige, ohnehin der Vogelleimruthe analoge Stippruthe i&#x017F;t bei-<lb/>
nahe &#x017F;chon antiquirt. Das Gaunerthum kann es auch mit<lb/>
techni&#x017F;chen Mitteln nicht wagen, in irgendeiner offenen Originalität<lb/>
aus &#x017F;einem Ver&#x017F;teck hervorzutreten. Es beutet nur die Technik<lb/>
des gewerblichen Lebens aus, hat die&#x017F;elbe aber in vieler Hin&#x017F;icht<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[118/0130] Thieren, welche von dem gefangenen Gauner im geheimen Ein- verſtändniß erhoben wird, iſt ſchon oben beim Zuplanten geredet worden. Von andern Arten wird noch gelegentlich geſprochen werden. Der Schärfenſpieler und Kochemerſpieße, welche den Gaunern das Geſtohlene abnehmen, und ſomit die eigentliche lebendige Kawure der handelnden Gauner bilden, wird ebenfalls noch beſonders gedacht werden. Das Untermakkeln (das Unter- ſchlagen von Diebsbeute), welches dem Sſlichnen gleichgeſtellt und beſtraft, dennoch aber faſt immer entweder ſchon beim Dieb- ſtahl oder bei der Theilung der Beute exercirt wird, beruht we- ſentlich auf der Geſchicklichkeit, den Kameraden gegenüber, etwas geſchwinde kawure legen zu können, oder wenn es, was ſeltener gewagt wird, im Einverſtändniß mit einem andern verſucht wird, im geſchickten Zuplanten. Von der blutigen Ahndung ſolcher Wagniſſe ſind ſchon Beiſpiele angeführt worden. C. Die Gaunerpraxis. Fünſunddreißigſtes Kapitel. 1) Die allgemeine Praxis und Terminologie. Die bisher dargeſtellten allgemeinen Grund- und Charakter- züge des Gaunerthums geben weniger ein Zeugniß von einer wirklichen Originalität des Gaunerthums, als von ſeiner Befähi- gung und Beſtrebung, das bürgerliche Leben objectiv aufzufaſſen und auszubeuten. Daſſelbe iſt auch mit der Technik des Gauner- thums der Fall. Es gibt eigentlich keine wirklich originelle Tech- nik und keine beſondere Kunſtoriginalität im Gaunerthum. Die armſelige, ohnehin der Vogelleimruthe analoge Stippruthe iſt bei- nahe ſchon antiquirt. Das Gaunerthum kann es auch mit techniſchen Mitteln nicht wagen, in irgendeiner offenen Originalität aus ſeinem Verſteck hervorzutreten. Es beutet nur die Technik des gewerblichen Lebens aus, hat dieſelbe aber in vieler Hinſicht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/130
Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/130>, abgerufen am 24.11.2024.