so muß man aber auch gerade beim Neppen vollkommen über- zeugt davon werden, daß der Hausirhandel, abgesehen von allem andern Vorschub, den er fast aller übrigen Gaunerindustrie leistet, niemals strenge genug überwacht und bestraft werden kann.
Einundsechzigstes Kapitel. a) Der Viaschmahandel oder das Polengehen.
Ungeachtet der Gauner weiß, daß es ihm leicht gelingen kann, dem Unkundigen und Unerfahrenen eine Tombackuhr oder eine vergoldete Silberuhr für eine goldene, einen Löffel von Neu- silber für einen silbernen, einen in Gold gefaßten böhmischen Stein für einen Brillanten aufzuschwatzen und für echt zu ver- kaufen, so gebraucht er dennoch, um jedem möglichen Argwohn entgegenzutreten und das Verbot und die polizeiliche Controle des Hausirhandels zu umgehen, eine Menge systematischer Jntriguen, die ihm das Gelingen seines Betrugs erleichtern. Dahin gehört das unter mehreren Gaunern verabredete Auftreten unter der Maske eines unglücklichen, reisenden oder verfolgten Mannes, meist von höherm Stande, der in Flucht und Noth ein ihm theures und werthvolles Kleinod dem Wirthe oder Landmann verkaufen oder versetzen muß, um weiter zu kommen und das Leben zu fri- sten. Bei notorischen großen, und namentlich unglücklichen Ereig- nissen findet sich für den Gauner reichliche Gelegenheit, als eines der zahlreichen Opfer dieser Begebenheiten zu figuriren. Ein in Begleitung eines angeblichen Dieners, mit eigener Equipage oder Extrapost, voraufgereister Chawer, welcher den reichen Mann spielt, und dem zum Opfer erkorenen Wirth oder Landmann durch sein Auftreten zu imponiren weiß, trifft mit dem Unglück- lichen, dem später nachkommenden Nepper, den er natürlich ganz fremd behandelt, zusammen, und erklärt das zufällig erblickte falsche Stück dem beiseite gezogenen Wirth für ein werthvolles Kleinod. Gewöhnlich wird der Landmann oder Wirth, bei dem die Scene
ſo muß man aber auch gerade beim Neppen vollkommen über- zeugt davon werden, daß der Hauſirhandel, abgeſehen von allem andern Vorſchub, den er faſt aller übrigen Gaunerinduſtrie leiſtet, niemals ſtrenge genug überwacht und beſtraft werden kann.
Einundſechzigſtes Kapitel. α) Der Viaſchmahandel oder das Polengehen.
Ungeachtet der Gauner weiß, daß es ihm leicht gelingen kann, dem Unkundigen und Unerfahrenen eine Tombackuhr oder eine vergoldete Silberuhr für eine goldene, einen Löffel von Neu- ſilber für einen ſilbernen, einen in Gold gefaßten böhmiſchen Stein für einen Brillanten aufzuſchwatzen und für echt zu ver- kaufen, ſo gebraucht er dennoch, um jedem möglichen Argwohn entgegenzutreten und das Verbot und die polizeiliche Controle des Hauſirhandels zu umgehen, eine Menge ſyſtematiſcher Jntriguen, die ihm das Gelingen ſeines Betrugs erleichtern. Dahin gehört das unter mehreren Gaunern verabredete Auftreten unter der Maske eines unglücklichen, reiſenden oder verfolgten Mannes, meiſt von höherm Stande, der in Flucht und Noth ein ihm theures und werthvolles Kleinod dem Wirthe oder Landmann verkaufen oder verſetzen muß, um weiter zu kommen und das Leben zu fri- ſten. Bei notoriſchen großen, und namentlich unglücklichen Ereig- niſſen findet ſich für den Gauner reichliche Gelegenheit, als eines der zahlreichen Opfer dieſer Begebenheiten zu figuriren. Ein in Begleitung eines angeblichen Dieners, mit eigener Equipage oder Extrapoſt, voraufgereiſter Chawer, welcher den reichen Mann ſpielt, und dem zum Opfer erkorenen Wirth oder Landmann durch ſein Auftreten zu imponiren weiß, trifft mit dem Unglück- lichen, dem ſpäter nachkommenden Nepper, den er natürlich ganz fremd behandelt, zuſammen, und erklärt das zufällig erblickte falſche Stück dem beiſeite gezogenen Wirth für ein werthvolles Kleinod. Gewöhnlich wird der Landmann oder Wirth, bei dem die Scene
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ſo muß man aber auch gerade beim Neppen vollkommen über-
zeugt davon werden, daß der Hauſirhandel, abgeſehen von allem
andern Vorſchub, den er faſt aller übrigen Gaunerinduſtrie leiſtet,
niemals ſtrenge genug überwacht und beſtraft werden kann.
Einundſechzigſtes Kapitel.
α) Der Viaſchmahandel oder das Polengehen.
Ungeachtet der Gauner weiß, daß es ihm leicht gelingen
kann, dem Unkundigen und Unerfahrenen eine Tombackuhr oder
eine vergoldete Silberuhr für eine goldene, einen Löffel von Neu-
ſilber für einen ſilbernen, einen in Gold gefaßten böhmiſchen
Stein für einen Brillanten aufzuſchwatzen und für echt zu ver-
kaufen, ſo gebraucht er dennoch, um jedem möglichen Argwohn
entgegenzutreten und das Verbot und die polizeiliche Controle des
Hauſirhandels zu umgehen, eine Menge ſyſtematiſcher Jntriguen,
die ihm das Gelingen ſeines Betrugs erleichtern. Dahin gehört
das unter mehreren Gaunern verabredete Auftreten unter der
Maske eines unglücklichen, reiſenden oder verfolgten Mannes, meiſt
von höherm Stande, der in Flucht und Noth ein ihm theures
und werthvolles Kleinod dem Wirthe oder Landmann verkaufen
oder verſetzen muß, um weiter zu kommen und das Leben zu fri-
ſten. Bei notoriſchen großen, und namentlich unglücklichen Ereig-
niſſen findet ſich für den Gauner reichliche Gelegenheit, als eines
der zahlreichen Opfer dieſer Begebenheiten zu figuriren. Ein in
Begleitung eines angeblichen Dieners, mit eigener Equipage oder
Extrapoſt, voraufgereiſter Chawer, welcher den reichen Mann
ſpielt, und dem zum Opfer erkorenen Wirth oder Landmann
durch ſein Auftreten zu imponiren weiß, trifft mit dem Unglück-
lichen, dem ſpäter nachkommenden Nepper, den er natürlich ganz
fremd behandelt, zuſammen, und erklärt das zufällig erblickte falſche
Stück dem beiſeite gezogenen Wirth für ein werthvolles Kleinod.
Gewöhnlich wird der Landmann oder Wirth, bei dem die Scene
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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/222>, abgerufen am 16.11.2024.
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