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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.

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Sechzigstes Kapitel.
g) Das Neppen.

Das Neppen ist eine der ältesten Gaunerkünste, deren der
Liber Vagatorum umständlich erwähnt, indem er Notabilie 7 vor
den Wiltnern 1) warnt, welche "fingerlin von kunterfey gemacht",

1) Auch schon die älteste Ausgabe der "Rotwelschen Grammatik" von
Dekk, warnt vor den "Wiltnern" und hat das Wort in den Vocabular
aufgenommen. Es entspricht vollständig dem heutigen Nepper. Die Etymo-
logie ist unklar; vielleicht ist Wiltner mit dem mittelhochdeutschen wildenaer
(Jäger) wegen der unsteten Lebensweise, in Verbindung zu bringen. Das
Wiltner ist gänzlich obsolet geworden. Dafür kam aber später der Ausdruck
Feling (Krämer) des Liber Vagatorum auf, welches Pott, a. a. O., II, 37,
von feil ableitet. Die Felinger spielten als umherziehende Tabulethändler
oder Hausirer schon am Schluß des Mittelalters eine außerordentlich große und
gefährliche Rolle, bis tief in das 19. Jahrhundert hinein, weshalb denn auch
Schäffer, S. 84--132, sich weitläufig über sie ausläßt. Namentlich trieben
die Felinger im 17. u. 18. Jahrhundert den ärgsten Betrug als Quacksalber,
Zauberer und Beschwörer, und tauchen auch jetzt noch auf, obschon eine Menge
trefflicher Verordnungen, namentlich in medicinal-polizeilicher Hinsicht, gegen
sie zum Vorschein gekommen sind. Das Wort Neppen kommt zuerst bei Krü-
nitz (Encyklopädie, CXXVIII, 39), und bei Grolman (Wörterbuch, S. 51)
vor. Letzterer bezeichnet mit Neppes Kostbarkeiten, Halsschmuck, Perlen, wonach
es wol mit dem französischen nippes und nipper zu verbinden sein würde.
Grolman bezeichnet aber das Wort als jüdisch-deutschen Ursprungs, obwol
es im Jüdisch-Deutschen überall nicht zu finden ist, wenn man nicht die
schmuzige Bedeutung bei Krünitz adoptirt, und Neppe, freilich mit Zwang,
identisch mit Naffke nimmt, welches im Jüdisch-Deutschen die gemeinste
Sorte der Prostituirten bedeutet (vgl. das Wörterbuch). Jn der französischen
Gaunersprache gibt es nep als Bezeichnung einer gewissen jüdischen Gauner-
sorte, welche Francisque Michel in seinen "Etudes de philologie comparee
sur l'argot
" (Paris 1856), S. 291, erwähnt, ohne selbst klar darüber zu
sein. Der sonst unterrichtete Barbieux, im "Antibarbarus der französischen
Sprache" (Frankfurt a. M. 1853), kennt den Ausdruck nicht. Ebenso
wenig kommt das Wort in einer andern lebenden Sprache, oder in der
Zigeuner- oder irgendeiner Gaunersprache vor. Neppen scheint aber
direct aus dem Hochdeutschen hergeleitet werden zu müssen und identisch
mit dem besonders auch im Schwäbischen gängigen Nippen, necken, pla-
gen, zu sein; davon das schwäbische nippig, necksüchtig; Nüpen, ver-
steckte Bosheiten; Geneff, Hader, Neckerei; vernefft, geneckt. Vgl.
Sechzigſtes Kapitel.
g) Das Neppen.

Das Neppen iſt eine der älteſten Gaunerkünſte, deren der
Liber Vagatorum umſtändlich erwähnt, indem er Notabilie 7 vor
den Wiltnern 1) warnt, welche „fingerlin von kunterfey gemacht“,

1) Auch ſchon die älteſte Ausgabe der „Rotwelſchen Grammatik“ von
Dekk, warnt vor den „Wiltnern“ und hat das Wort in den Vocabular
aufgenommen. Es entſpricht vollſtändig dem heutigen Nepper. Die Etymo-
logie iſt unklar; vielleicht iſt Wiltner mit dem mittelhochdeutſchen wildenaer
(Jäger) wegen der unſteten Lebensweiſe, in Verbindung zu bringen. Das
Wiltner iſt gänzlich obſolet geworden. Dafür kam aber ſpäter der Ausdruck
Feling (Krämer) des Liber Vagatorum auf, welches Pott, a. a. O., II, 37,
von feil ableitet. Die Felinger ſpielten als umherziehende Tabulethändler
oder Hauſirer ſchon am Schluß des Mittelalters eine außerordentlich große und
gefährliche Rolle, bis tief in das 19. Jahrhundert hinein, weshalb denn auch
Schäffer, S. 84—132, ſich weitläufig über ſie ausläßt. Namentlich trieben
die Felinger im 17. u. 18. Jahrhundert den ärgſten Betrug als Quackſalber,
Zauberer und Beſchwörer, und tauchen auch jetzt noch auf, obſchon eine Menge
trefflicher Verordnungen, namentlich in medicinal-polizeilicher Hinſicht, gegen
ſie zum Vorſchein gekommen ſind. Das Wort Neppen kommt zuerſt bei Krü-
nitz (Encyklopädie, CXXVIII, 39), und bei Grolman (Wörterbuch, S. 51)
vor. Letzterer bezeichnet mit Neppes Koſtbarkeiten, Halsſchmuck, Perlen, wonach
es wol mit dem franzöſiſchen nippes und nipper zu verbinden ſein würde.
Grolman bezeichnet aber das Wort als jüdiſch-deutſchen Urſprungs, obwol
es im Jüdiſch-Deutſchen überall nicht zu finden iſt, wenn man nicht die
ſchmuzige Bedeutung bei Krünitz adoptirt, und Neppe, freilich mit Zwang,
identiſch mit Naffke nimmt, welches im Jüdiſch-Deutſchen die gemeinſte
Sorte der Proſtituirten bedeutet (vgl. das Wörterbuch). Jn der franzöſiſchen
Gaunerſprache gibt es nep als Bezeichnung einer gewiſſen jüdiſchen Gauner-
ſorte, welche Francisque Michel in ſeinen „Études de philologie comparée
sur l’argot
“ (Paris 1856), S. 291, erwähnt, ohne ſelbſt klar darüber zu
ſein. Der ſonſt unterrichtete Barbieux, im „Antibarbarus der franzöſiſchen
Sprache“ (Frankfurt a. M. 1853), kennt den Ausdruck nicht. Ebenſo
wenig kommt das Wort in einer andern lebenden Sprache, oder in der
Zigeuner- oder irgendeiner Gaunerſprache vor. Neppen ſcheint aber
direct aus dem Hochdeutſchen hergeleitet werden zu müſſen und identiſch
mit dem beſonders auch im Schwäbiſchen gängigen Nippen, necken, pla-
gen, zu ſein; davon das ſchwäbiſche nippig, neckſüchtig; Nüpen, ver-
ſteckte Bosheiten; Geneff, Hader, Neckerei; vernefft, geneckt. Vgl.
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[207/0219] Sechzigſtes Kapitel. g) Das Neppen. Das Neppen iſt eine der älteſten Gaunerkünſte, deren der Liber Vagatorum umſtändlich erwähnt, indem er Notabilie 7 vor den Wiltnern 1) warnt, welche „fingerlin von kunterfey gemacht“, 1) Auch ſchon die älteſte Ausgabe der „Rotwelſchen Grammatik“ von Dekk, warnt vor den „Wiltnern“ und hat das Wort in den Vocabular aufgenommen. Es entſpricht vollſtändig dem heutigen Nepper. Die Etymo- logie iſt unklar; vielleicht iſt Wiltner mit dem mittelhochdeutſchen wildenaer (Jäger) wegen der unſteten Lebensweiſe, in Verbindung zu bringen. Das Wiltner iſt gänzlich obſolet geworden. Dafür kam aber ſpäter der Ausdruck Feling (Krämer) des Liber Vagatorum auf, welches Pott, a. a. O., II, 37, von feil ableitet. Die Felinger ſpielten als umherziehende Tabulethändler oder Hauſirer ſchon am Schluß des Mittelalters eine außerordentlich große und gefährliche Rolle, bis tief in das 19. Jahrhundert hinein, weshalb denn auch Schäffer, S. 84—132, ſich weitläufig über ſie ausläßt. Namentlich trieben die Felinger im 17. u. 18. Jahrhundert den ärgſten Betrug als Quackſalber, Zauberer und Beſchwörer, und tauchen auch jetzt noch auf, obſchon eine Menge trefflicher Verordnungen, namentlich in medicinal-polizeilicher Hinſicht, gegen ſie zum Vorſchein gekommen ſind. Das Wort Neppen kommt zuerſt bei Krü- nitz (Encyklopädie, CXXVIII, 39), und bei Grolman (Wörterbuch, S. 51) vor. Letzterer bezeichnet mit Neppes Koſtbarkeiten, Halsſchmuck, Perlen, wonach es wol mit dem franzöſiſchen nippes und nipper zu verbinden ſein würde. Grolman bezeichnet aber das Wort als jüdiſch-deutſchen Urſprungs, obwol es im Jüdiſch-Deutſchen überall nicht zu finden iſt, wenn man nicht die ſchmuzige Bedeutung bei Krünitz adoptirt, und Neppe, freilich mit Zwang, identiſch mit Naffke nimmt, welches im Jüdiſch-Deutſchen die gemeinſte Sorte der Proſtituirten bedeutet (vgl. das Wörterbuch). Jn der franzöſiſchen Gaunerſprache gibt es nep als Bezeichnung einer gewiſſen jüdiſchen Gauner- ſorte, welche Francisque Michel in ſeinen „Études de philologie comparée sur l’argot“ (Paris 1856), S. 291, erwähnt, ohne ſelbſt klar darüber zu ſein. Der ſonſt unterrichtete Barbieux, im „Antibarbarus der franzöſiſchen Sprache“ (Frankfurt a. M. 1853), kennt den Ausdruck nicht. Ebenſo wenig kommt das Wort in einer andern lebenden Sprache, oder in der Zigeuner- oder irgendeiner Gaunerſprache vor. Neppen ſcheint aber direct aus dem Hochdeutſchen hergeleitet werden zu müſſen und identiſch mit dem beſonders auch im Schwäbiſchen gängigen Nippen, necken, pla- gen, zu ſein; davon das ſchwäbiſche nippig, neckſüchtig; Nüpen, ver- ſteckte Bosheiten; Geneff, Hader, Neckerei; vernefft, geneckt. Vgl.

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/219>, abgerufen am 16.11.2024.