nicht erwähnten Wörterbuches der jüdisch-deutschen Sprache, von Gottfried Selig, dessen Beispiele, Redensarten und Druckfehler er sogar fast sämmtlich aufgenommen hat, wird im Abschnitt von der Sprache weiter eingegangen werden.
Die von S. 70--121 dargestellte "Gauner-Taktik und Resul- tate daraus" bildet immerhin einen interessanten Theil des Bu- ches, obschon die Darstellung bei weitem nicht eingehend und er- schöpfend genug ist, um dem Polizeimann und Jnquirenten, denen das Buch gewidmet ist, eine ausreichende Belehrung zu geben, und obschon es auch nicht erheblich weiter über die von ihm er- sichtlich stark benutzten Bemerkungen von Schwencken ("Notizen", S. 11--28) und Stuhlmüller ("Vollständige Nachrichten", S. xviii --xxxvii) hinausgeht. Sehr anziehend und belehrend sind aber die in Abschnitt II, IV u. V gegebenen zahlreichen Gaunerzüge aus der Untersuchung selbst, die einestheils ein äußerst lebendiges Bild von der ungeheuern Ausdehnung und Gewalt des Gauner- thums, anderntheils aber ein ehrendes Zeugniß für die innere Tüch- tigkeit und Regsamkeit der preußischen Criminalrechtspflege geben. Der zweite Theil des Werks enthält S. 1 -- 20 Mittheilungen aus einem Bericht des Polizeidepartements des Cantons Thurgau zu Frauenfeld in der Schweiz über die jüdischen Gauner im Elsaß, zu welchem Bericht eine recht interessante, infolge eines am 7. Jan. 1842 zu Ochsenfurth ausgeführten Viaschmahandels angestellte Untersuchung Anlaß gegeben hat. S. 20--44 enthält crimina- listische Deductionen aus den Erkenntnissen erster und zweiter Jn- stanz in der Löwenthal'schen Untersuchung, auf Grundlage des Allgem. Preuß. Landrechts, an deren Schluß der Verfasser die Annahme der Existenz einer berliner Diebsbande verwirft, da es an der ausdrücklichen Verbindung zur Verübung von Dieb- stählen in jener Untersuchung gefehlt hat. Die mit einer Excul- pation gegen den Vorwurf antiisraelitischer Animosität beginnen- den Nachrichten über die in Deutschland und an dessen Grenzen sich aufhaltenden berüchtigsten jüdischen Gauner sind mit großer Sorgfalt, Genauigkeit und Lebendigkeit geschrieben, und stellen sich den besten Schilderungen der Art an die Seite. Sehr zu be-
nicht erwähnten Wörterbuches der jüdiſch-deutſchen Sprache, von Gottfried Selig, deſſen Beiſpiele, Redensarten und Druckfehler er ſogar faſt ſämmtlich aufgenommen hat, wird im Abſchnitt von der Sprache weiter eingegangen werden.
Die von S. 70—121 dargeſtellte „Gauner-Taktik und Reſul- tate daraus“ bildet immerhin einen intereſſanten Theil des Bu- ches, obſchon die Darſtellung bei weitem nicht eingehend und er- ſchöpfend genug iſt, um dem Polizeimann und Jnquirenten, denen das Buch gewidmet iſt, eine ausreichende Belehrung zu geben, und obſchon es auch nicht erheblich weiter über die von ihm er- ſichtlich ſtark benutzten Bemerkungen von Schwencken („Notizen“, S. 11—28) und Stuhlmüller („Vollſtändige Nachrichten“, S. xviii —xxxvii) hinausgeht. Sehr anziehend und belehrend ſind aber die in Abſchnitt II, IV u. V gegebenen zahlreichen Gaunerzüge aus der Unterſuchung ſelbſt, die einestheils ein äußerſt lebendiges Bild von der ungeheuern Ausdehnung und Gewalt des Gauner- thums, anderntheils aber ein ehrendes Zeugniß für die innere Tüch- tigkeit und Regſamkeit der preußiſchen Criminalrechtspflege geben. Der zweite Theil des Werks enthält S. 1 — 20 Mittheilungen aus einem Bericht des Polizeidepartements des Cantons Thurgau zu Frauenfeld in der Schweiz über die jüdiſchen Gauner im Elſaß, zu welchem Bericht eine recht intereſſante, infolge eines am 7. Jan. 1842 zu Ochſenfurth ausgeführten Viaſchmahandels angeſtellte Unterſuchung Anlaß gegeben hat. S. 20—44 enthält crimina- liſtiſche Deductionen aus den Erkenntniſſen erſter und zweiter Jn- ſtanz in der Löwenthal’ſchen Unterſuchung, auf Grundlage des Allgem. Preuß. Landrechts, an deren Schluß der Verfaſſer die Annahme der Exiſtenz einer berliner Diebsbande verwirft, da es an der ausdrücklichen Verbindung zur Verübung von Dieb- ſtählen in jener Unterſuchung gefehlt hat. Die mit einer Excul- pation gegen den Vorwurf antiisraelitiſcher Animoſität beginnen- den Nachrichten über die in Deutſchland und an deſſen Grenzen ſich aufhaltenden berüchtigſten jüdiſchen Gauner ſind mit großer Sorgfalt, Genauigkeit und Lebendigkeit geſchrieben, und ſtellen ſich den beſten Schilderungen der Art an die Seite. Sehr zu be-
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nicht erwähnten Wörterbuches der jüdiſch-deutſchen Sprache, von
Gottfried Selig, deſſen Beiſpiele, Redensarten und Druckfehler er
ſogar faſt ſämmtlich aufgenommen hat, wird im Abſchnitt von der
Sprache weiter eingegangen werden.
Die von S. 70—121 dargeſtellte „Gauner-Taktik und Reſul-
tate daraus“ bildet immerhin einen intereſſanten Theil des Bu-
ches, obſchon die Darſtellung bei weitem nicht eingehend und er-
ſchöpfend genug iſt, um dem Polizeimann und Jnquirenten, denen
das Buch gewidmet iſt, eine ausreichende Belehrung zu geben,
und obſchon es auch nicht erheblich weiter über die von ihm er-
ſichtlich ſtark benutzten Bemerkungen von Schwencken („Notizen“,
S. 11—28) und Stuhlmüller („Vollſtändige Nachrichten“, S. xviii
—xxxvii) hinausgeht. Sehr anziehend und belehrend ſind aber
die in Abſchnitt II, IV u. V gegebenen zahlreichen Gaunerzüge
aus der Unterſuchung ſelbſt, die einestheils ein äußerſt lebendiges
Bild von der ungeheuern Ausdehnung und Gewalt des Gauner-
thums, anderntheils aber ein ehrendes Zeugniß für die innere Tüch-
tigkeit und Regſamkeit der preußiſchen Criminalrechtspflege geben.
Der zweite Theil des Werks enthält S. 1 — 20 Mittheilungen
aus einem Bericht des Polizeidepartements des Cantons Thurgau
zu Frauenfeld in der Schweiz über die jüdiſchen Gauner im Elſaß,
zu welchem Bericht eine recht intereſſante, infolge eines am 7. Jan.
1842 zu Ochſenfurth ausgeführten Viaſchmahandels angeſtellte
Unterſuchung Anlaß gegeben hat. S. 20—44 enthält crimina-
liſtiſche Deductionen aus den Erkenntniſſen erſter und zweiter Jn-
ſtanz in der Löwenthal’ſchen Unterſuchung, auf Grundlage des
Allgem. Preuß. Landrechts, an deren Schluß der Verfaſſer die
Annahme der Exiſtenz einer berliner Diebsbande verwirft, da es
an der ausdrücklichen Verbindung zur Verübung von Dieb-
ſtählen in jener Unterſuchung gefehlt hat. Die mit einer Excul-
pation gegen den Vorwurf antiisraelitiſcher Animoſität beginnen-
den Nachrichten über die in Deutſchland und an deſſen Grenzen
ſich aufhaltenden berüchtigſten jüdiſchen Gauner ſind mit großer
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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum01_1858/282>, abgerufen am 01.08.2024.
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