Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858.am Vogelsberg, in der Wetterau und im Odenwalde und in den Bei weitem tiefer in das eigentliche Gaunerwesen eingehend, am Vogelsberg, in der Wetterau und im Odenwalde und in den Bei weitem tiefer in das eigentliche Gaunerweſen eingehend, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0267" n="251"/> am Vogelsberg, in der Wetterau und im Odenwalde und in den<lb/> umgebenden Ländern hauſten und in den Jahren 1810—15 zu<lb/> Heidelberg, Marburg, Gießen und Darmſtadt zur Unterſuchung<lb/> gezogen wurden. Wenn auch aus der trefflich zuſammengeſtellten<lb/> Anklageurkunde das endliche Schickſal der Angeklagten nicht er-<lb/> hellt, ſo gibt ſie doch ein ſehr deutliches Bild davon, wie furcht-<lb/> bar jene Räuber, in denen man ſofort die einzelnen Mitglieder<lb/> der frühern verſprengten Banden wieder erkennt, noch immer fort<lb/> und weiter gehauſt haben, und wie unglaublich zahlreich und ver-<lb/> wegen ihre Verbrechen geweſen ſind. So verſchiedenartig nun<lb/> auch wieder die übrigen drei Werke bearbeitet ſind, ſo gibt doch<lb/> jedes eine lebendige Darſtellung von dem heilloſen Treiben jener<lb/> gefährlichen neu gruppirten Banden und alle drei ergänzen ſich<lb/> dergeſtalt, daß ſie zuſammengenommen ein einziges, und recht<lb/> anſchauliches Ganzes bilden. Dem Werke Pfiſter’s ſieht man<lb/> freilich an, daß er erſt durch den Proceß gegen die Mörder des<lb/> Jakob Rieder in die ihm bislang fremd gebliebene Sphäre des<lb/> Gaunertreibens ſich hineingearbeitet hat. Daher iſt der erſte<lb/> Theil etwas juriſtiſch dürr gehalten, und der Verſuch über die<lb/> Gaunerſprache, obwol ſchätzenswerth, doch dürftig ausgefallen,<lb/> während der Nachtrag ſchon bei weitem mehr in das Weſen und<lb/> in die Eigenthümlichkeit der Gauner hineingeht. Von dem Wör-<lb/> terbuche wird noch ſpäter geſprochen worden.</p><lb/> <p>Bei weitem tiefer in das eigentliche Gaunerweſen eingehend,<lb/> wie das auch ſchon die Einleitung darthut, iſt Grolman, obſchon<lb/> er nur ein Verzeichniß der Vogelsberger und Wetterauer Bande-<lb/> mitglieder gibt. Aber gerade in dieſem Verzeichniß zeigt ſich<lb/> Grolman in der ganzen Meiſterſchaft ſeiner tiefen geiſtvollen Auf-<lb/> faſſung der verſchiedenen Jndividualitäten. Er gibt nicht blos<lb/> ganz vortreffliche Signalements der Verbrecher, ſondern führt<lb/> auch ihre Genealogie, ihren Charakter, ihre Verbrechen und Ge-<lb/> noſſen, und ihr Schickſal in ſo ausgezeichneten Zügen vor, daß<lb/> das ganze Buch einem Album der vortrefflichſten und geiſtvollſten<lb/> Zeichnungen gleicht, die zu eifrigen Studien reizen und immer<lb/> neue reiche Belehrung geben.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [251/0267]
am Vogelsberg, in der Wetterau und im Odenwalde und in den
umgebenden Ländern hauſten und in den Jahren 1810—15 zu
Heidelberg, Marburg, Gießen und Darmſtadt zur Unterſuchung
gezogen wurden. Wenn auch aus der trefflich zuſammengeſtellten
Anklageurkunde das endliche Schickſal der Angeklagten nicht er-
hellt, ſo gibt ſie doch ein ſehr deutliches Bild davon, wie furcht-
bar jene Räuber, in denen man ſofort die einzelnen Mitglieder
der frühern verſprengten Banden wieder erkennt, noch immer fort
und weiter gehauſt haben, und wie unglaublich zahlreich und ver-
wegen ihre Verbrechen geweſen ſind. So verſchiedenartig nun
auch wieder die übrigen drei Werke bearbeitet ſind, ſo gibt doch
jedes eine lebendige Darſtellung von dem heilloſen Treiben jener
gefährlichen neu gruppirten Banden und alle drei ergänzen ſich
dergeſtalt, daß ſie zuſammengenommen ein einziges, und recht
anſchauliches Ganzes bilden. Dem Werke Pfiſter’s ſieht man
freilich an, daß er erſt durch den Proceß gegen die Mörder des
Jakob Rieder in die ihm bislang fremd gebliebene Sphäre des
Gaunertreibens ſich hineingearbeitet hat. Daher iſt der erſte
Theil etwas juriſtiſch dürr gehalten, und der Verſuch über die
Gaunerſprache, obwol ſchätzenswerth, doch dürftig ausgefallen,
während der Nachtrag ſchon bei weitem mehr in das Weſen und
in die Eigenthümlichkeit der Gauner hineingeht. Von dem Wör-
terbuche wird noch ſpäter geſprochen worden.
Bei weitem tiefer in das eigentliche Gaunerweſen eingehend,
wie das auch ſchon die Einleitung darthut, iſt Grolman, obſchon
er nur ein Verzeichniß der Vogelsberger und Wetterauer Bande-
mitglieder gibt. Aber gerade in dieſem Verzeichniß zeigt ſich
Grolman in der ganzen Meiſterſchaft ſeiner tiefen geiſtvollen Auf-
faſſung der verſchiedenen Jndividualitäten. Er gibt nicht blos
ganz vortreffliche Signalements der Verbrecher, ſondern führt
auch ihre Genealogie, ihren Charakter, ihre Verbrechen und Ge-
noſſen, und ihr Schickſal in ſo ausgezeichneten Zügen vor, daß
das ganze Buch einem Album der vortrefflichſten und geiſtvollſten
Zeichnungen gleicht, die zu eifrigen Studien reizen und immer
neue reiche Belehrung geben.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |