Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858.kümmerliche Nachrichten über Beschneidung und Namen, über das Dennoch bleibt der Vorbericht sehr merkwürdig dadurch, daß kümmerliche Nachrichten über Beſchneidung und Namen, über das Dennoch bleibt der Vorbericht ſehr merkwürdig dadurch, daß <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0253" n="237"/> kümmerliche Nachrichten über Beſchneidung und Namen, über das<lb/> dreizehnte Lebensjahr jüdiſcher Knaben (Bar mizwo), über Ben-<lb/> ſchen, Namensveränderungen und über die Jüdiſchen Jahres-,<lb/> Monats- und Tages-Rechnungen gegeben hat, ſtellt er, <hi rendition="#aq">fol.</hi> 6,<lb/> zwanzig flache und irrelevante Frageformeln als zweckdienliche<lb/> Muſterfragen auf, und ſchließt <hi rendition="#aq">fol. 6b</hi> ſeinen Vorbericht in bar-<lb/> bariſcher Roheit, welcher nicht einmal die Tortur mehr genügt,<lb/> mit den Worten: „Kommt er dann aber endlich ſo weit, daß er<lb/> (der jüdiſche Jnquiſit) zur Tortur genugſam qualificiret iſt, ſo<lb/> wird er doch dadurch ſchwerlich, hingegen <hi rendition="#aq">per remedia extra-<lb/> ordinaria veritatis eruendae</hi> abſonderlich durch die Knoten- Peit-<lb/> ſche auf der hieſigen (kaſſeler) Bank, oder durch dünne Haſſel-<lb/> Stöcke auf der koburger Bank, viel leichter zur Confeſſion ge-<lb/> bracht, dann ein Jude kann dergleichen ohnerwarteten <hi rendition="#aq">dolorem<lb/> praesentem et vehementem</hi> von heftigen Streichen, deren Dauer<lb/> und Wiederholung ihme unbekannt iſt, nicht ausſtehen, auf die<lb/> Jnne oder Folter aber, worvon er weiß, daß ſie nur eine Stunde<lb/> währet, hat ſich dieſes ſchädliche Räuber-Geſchmeiß ſchon vorhin<lb/> gefaßt gemacht und wie unter ihnen zuweilen geſchiehet, durch<lb/> wirkliche Anlegung derer Tortural-Jnſtrumenten präpariret.“</p><lb/> <p>Dennoch bleibt der Vorbericht ſehr merkwürdig dadurch, daß<lb/> er <hi rendition="#g">zuerſt eine Claſſification</hi> der jüdiſchen Gauner <hi rendition="#g">nach den<lb/> verſchiedenen Jnduſtriezweigen</hi> (<hi rendition="#aq">fol.</hi> 2—4) aufführt und<lb/> dabei, in richtigem Verſtändniß der Gaunerterminologie, zutref-<lb/> fende Definitionen gibt. So claſſificirt er: <hi rendition="#g">Schränker, Bos-<lb/> kenner</hi> (Poſſchener), <hi rendition="#g">Roller</hi> („laſſen ſich die Bärthe völlig ab-<lb/> ſcheeren, geben ſich alsdann vor Chriſten aus, kommen gegen<lb/> Abend in die aufm Lande an denen Haupt-Straſſen gelegenen<lb/> Wirthshäuſer, worinnen Fuhr- und Handelsleute logiren, legen<lb/> ſich zu ſelbigen auf die Streue und ſobald dieſe ermüdete Leute<lb/> hart eingeſchlafen ſeynd, ſchneiden ſie ihnen entweder die Katzen<lb/> mit dem Geld vom Leibe herunter, oder ziehen die Geldbeutel aus<lb/> deren Kippen gemächlich heraus und ſchleichen davon“), <hi rendition="#g">Schot-<lb/> tenfeller</hi> oder <hi rendition="#g">Uffthuner, Marſchandiſer</hi> (Chalfen), <hi rendition="#g">Kut-<lb/> tenſchieber</hi> (Kittenſchieber), <hi rendition="#g">Esckocker</hi> oder <hi rendition="#g">Lohu, Jommacke-<lb/></hi></p> </div> </body> </text> </TEI> [237/0253]
kümmerliche Nachrichten über Beſchneidung und Namen, über das
dreizehnte Lebensjahr jüdiſcher Knaben (Bar mizwo), über Ben-
ſchen, Namensveränderungen und über die Jüdiſchen Jahres-,
Monats- und Tages-Rechnungen gegeben hat, ſtellt er, fol. 6,
zwanzig flache und irrelevante Frageformeln als zweckdienliche
Muſterfragen auf, und ſchließt fol. 6b ſeinen Vorbericht in bar-
bariſcher Roheit, welcher nicht einmal die Tortur mehr genügt,
mit den Worten: „Kommt er dann aber endlich ſo weit, daß er
(der jüdiſche Jnquiſit) zur Tortur genugſam qualificiret iſt, ſo
wird er doch dadurch ſchwerlich, hingegen per remedia extra-
ordinaria veritatis eruendae abſonderlich durch die Knoten- Peit-
ſche auf der hieſigen (kaſſeler) Bank, oder durch dünne Haſſel-
Stöcke auf der koburger Bank, viel leichter zur Confeſſion ge-
bracht, dann ein Jude kann dergleichen ohnerwarteten dolorem
praesentem et vehementem von heftigen Streichen, deren Dauer
und Wiederholung ihme unbekannt iſt, nicht ausſtehen, auf die
Jnne oder Folter aber, worvon er weiß, daß ſie nur eine Stunde
währet, hat ſich dieſes ſchädliche Räuber-Geſchmeiß ſchon vorhin
gefaßt gemacht und wie unter ihnen zuweilen geſchiehet, durch
wirkliche Anlegung derer Tortural-Jnſtrumenten präpariret.“
Dennoch bleibt der Vorbericht ſehr merkwürdig dadurch, daß
er zuerſt eine Claſſification der jüdiſchen Gauner nach den
verſchiedenen Jnduſtriezweigen (fol. 2—4) aufführt und
dabei, in richtigem Verſtändniß der Gaunerterminologie, zutref-
fende Definitionen gibt. So claſſificirt er: Schränker, Bos-
kenner (Poſſchener), Roller („laſſen ſich die Bärthe völlig ab-
ſcheeren, geben ſich alsdann vor Chriſten aus, kommen gegen
Abend in die aufm Lande an denen Haupt-Straſſen gelegenen
Wirthshäuſer, worinnen Fuhr- und Handelsleute logiren, legen
ſich zu ſelbigen auf die Streue und ſobald dieſe ermüdete Leute
hart eingeſchlafen ſeynd, ſchneiden ſie ihnen entweder die Katzen
mit dem Geld vom Leibe herunter, oder ziehen die Geldbeutel aus
deren Kippen gemächlich heraus und ſchleichen davon“), Schot-
tenfeller oder Uffthuner, Marſchandiſer (Chalfen), Kut-
tenſchieber (Kittenſchieber), Esckocker oder Lohu, Jommacke-
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