Auctorität erhalten haben, die ihm wirklich geworden ist, wenn nicht das Werk an sich als bibliographische Erscheinung überhaupt ein auffälliges Schicksal gehabt hätte. Als Eisenmenger 1693 als kurfürstlich pfälzischer Archivar mit der kurfürstlichen Regie- rung nach Frankfurt geflüchtet war und hier sein Werk heraus- gegeben hatte, erwirkten die über das Buch empörten Juden ein kaiserliches Jnhibitorium gegen den Verkauf desselben. Ueberall wurden die bereits vertriebenen Exemplare vo[n] den Juden auf- gekauft und vernichtet, sodaß die Exemplare dieser Originalaus- gabe sehr selten geworden sind. Jm Jahre 1711 ließ jedoch der König von Preußen, aus dessen Landen die Juden schon seit länger als hundert Jahren vertrieben waren, das Buch von neuem drucken, mit einem Privilegium versehen und in der Mehrzahl der Exemplare den Erben des (1704 gestorbenen) Eisenmenger zugute kommen. Durch diese Protection gewann das Buch wieder an Verbreitung und an Ansehen. Ein Beweis davon ist der "Jü- dische Baldober", der namentlich Kap. 10 u. 11 und ganz be- sonders in dem S. 62 im Auszuge mitgetheilten Gutachten des Propstes von der Hardt an das Oberappellationsgericht zu Celle, ganz auf Eisenmenger und seine judenfeindlichen Thesen zurückgeht. Trotzdem ist die Untersuchung gegen die koburger Jnquisiten tüch- tig geführt und gibt wichtige Aufschlüsse über das damalige Treiben der jüdischen Gauner. Leider sind die offen zu Tage liegenden, weit durch Deutschland reichenden Verbindungen der Bande nicht weiter nachgeforscht und dadurch sehr bedeutende Erfolge ver- fehlt worden.
Actenmäßige Nachricht von einer zahlreichen Diebsbande, welche von einem zu Hildburghausen in gefänglicher Haft sitzenden jungen Dieb entdeckt worden, nebst einem Anhang aus denen wider die anno 1745 allhier hingerichteten Gaudiebe Johann Georg Schwartzmüller und Friedrich Werner verführten Jnquisitions- Actis, auch Verzeichniß vorgekommener Wörter von der Spitz- buben-Sprache Anno 1753.
Diese sehr wichtigen Nachrichten sind, nach der im Eingang
Auctorität erhalten haben, die ihm wirklich geworden iſt, wenn nicht das Werk an ſich als bibliographiſche Erſcheinung überhaupt ein auffälliges Schickſal gehabt hätte. Als Eiſenmenger 1693 als kurfürſtlich pfälziſcher Archivar mit der kurfürſtlichen Regie- rung nach Frankfurt geflüchtet war und hier ſein Werk heraus- gegeben hatte, erwirkten die über das Buch empörten Juden ein kaiſerliches Jnhibitorium gegen den Verkauf deſſelben. Ueberall wurden die bereits vertriebenen Exemplare vo[n] den Juden auf- gekauft und vernichtet, ſodaß die Exemplare dieſer Originalaus- gabe ſehr ſelten geworden ſind. Jm Jahre 1711 ließ jedoch der König von Preußen, aus deſſen Landen die Juden ſchon ſeit länger als hundert Jahren vertrieben waren, das Buch von neuem drucken, mit einem Privilegium verſehen und in der Mehrzahl der Exemplare den Erben des (1704 geſtorbenen) Eiſenmenger zugute kommen. Durch dieſe Protection gewann das Buch wieder an Verbreitung und an Anſehen. Ein Beweis davon iſt der „Jü- diſche Baldober“, der namentlich Kap. 10 u. 11 und ganz be- ſonders in dem S. 62 im Auszuge mitgetheilten Gutachten des Propſtes von der Hardt an das Oberappellationsgericht zu Celle, ganz auf Eiſenmenger und ſeine judenfeindlichen Theſen zurückgeht. Trotzdem iſt die Unterſuchung gegen die koburger Jnquiſiten tüch- tig geführt und gibt wichtige Aufſchlüſſe über das damalige Treiben der jüdiſchen Gauner. Leider ſind die offen zu Tage liegenden, weit durch Deutſchland reichenden Verbindungen der Bande nicht weiter nachgeforſcht und dadurch ſehr bedeutende Erfolge ver- fehlt worden.
Actenmäßige Nachricht von einer zahlreichen Diebsbande, welche von einem zu Hildburghauſen in gefänglicher Haft ſitzenden jungen Dieb entdeckt worden, nebſt einem Anhang aus denen wider die anno 1745 allhier hingerichteten Gaudiebe Johann Georg Schwartzmüller und Friedrich Werner verführten Jnquiſitions- Actis, auch Verzeichniß vorgekommener Wörter von der Spitz- buben-Sprache Anno 1753.
Dieſe ſehr wichtigen Nachrichten ſind, nach der im Eingang
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Auctorität erhalten haben, die ihm wirklich geworden iſt, wenn
nicht das Werk an ſich als bibliographiſche Erſcheinung überhaupt
ein auffälliges Schickſal gehabt hätte. Als Eiſenmenger 1693
als kurfürſtlich pfälziſcher Archivar mit der kurfürſtlichen Regie-
rung nach Frankfurt geflüchtet war und hier ſein Werk heraus-
gegeben hatte, erwirkten die über das Buch empörten Juden ein
kaiſerliches Jnhibitorium gegen den Verkauf deſſelben. Ueberall
wurden die bereits vertriebenen Exemplare von den Juden auf-
gekauft und vernichtet, ſodaß die Exemplare dieſer Originalaus-
gabe ſehr ſelten geworden ſind. Jm Jahre 1711 ließ jedoch der
König von Preußen, aus deſſen Landen die Juden ſchon ſeit
länger als hundert Jahren vertrieben waren, das Buch von neuem
drucken, mit einem Privilegium verſehen und in der Mehrzahl der
Exemplare den Erben des (1704 geſtorbenen) Eiſenmenger zugute
kommen. Durch dieſe Protection gewann das Buch wieder an
Verbreitung und an Anſehen. Ein Beweis davon iſt der „Jü-
diſche Baldober“, der namentlich Kap. 10 u. 11 und ganz be-
ſonders in dem S. 62 im Auszuge mitgetheilten Gutachten des
Propſtes von der Hardt an das Oberappellationsgericht zu Celle,
ganz auf Eiſenmenger und ſeine judenfeindlichen Theſen zurückgeht.
Trotzdem iſt die Unterſuchung gegen die koburger Jnquiſiten tüch-
tig geführt und gibt wichtige Aufſchlüſſe über das damalige Treiben
der jüdiſchen Gauner. Leider ſind die offen zu Tage liegenden,
weit durch Deutſchland reichenden Verbindungen der Bande nicht
weiter nachgeforſcht und dadurch ſehr bedeutende Erfolge ver-
fehlt worden.
Actenmäßige Nachricht von einer zahlreichen Diebsbande, welche von
einem zu Hildburghauſen in gefänglicher Haft ſitzenden jungen
Dieb entdeckt worden, nebſt einem Anhang aus denen wider
die anno 1745 allhier hingerichteten Gaudiebe Johann Georg
Schwartzmüller und Friedrich Werner verführten Jnquiſitions-
Actis, auch Verzeichniß vorgekommener Wörter von der Spitz-
buben-Sprache Anno 1753.
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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum01_1858/250>, abgerufen am 02.03.2025.
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