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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858.

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rationellen Darstellung der vielen Betrugsarten Aufmerksamkeit
verdient. Jn alphabetisch-lexikographischer Anordnung und in
300 Artikeln, vom Minister, Hofcavalier an bis zum Alchymisten,
Zauberer, Juden und Zigeuner hinunter werden alle social-politi-
schen Stände, Berufsarten und Verhältnisse aufgezählt und bei
jedem Stand und Beruf mit großer Gewissenhaftigkeit und Ge-
nauigkeit eine Menge von Möglichkeiten dargestellt, wie und welcher
Betrug in dieser oder jener Weise verübt werden kann. Mit hohem
sittlichem Ernste führt der wackere Hönn dabei auch viele Diuge
auf, die lediglich der Ehre und Gewissenhaftigkeit zu überlassen,
vor dem geschriebenen Gesetze aber nicht absolut strafbar sind, wo-
durch er dem Buche eine mehr ethische als juristische Färbung gibt.
Jmmer aber enthält das Werk manche lichtvolle Ausschlüsse über
vielerlei versteckte Betrugsarten und zeigt, wie der Verfasser in
seiner dreiunddreißigjährigen Praxis wirklich reiche Gelegenheit
gehabt hat, den Eingang des Gaunerthums in alle social-politi-
sche Verhältnisse zu beobachten und objectiv aufzufassen.

Actenmäßiger Bericht von einer zu Kiel im Umschlag 1725 ertappten
Diebesrotte u. s. w. Hamburg 1727.

Dieser Bericht handelt von der zu Kiel geführten Unter-
suchung wider eine Gaunerbande, welche unter Führung des Chri-
stoph Werner (Lorentz Möller, auch Meyer genannt) in Holstein,
Schleswig und besonders im Januar 1725 zu Kiel, sowie in
Mecklenburg sehr verwegene und bedeutende Einbrüche verübt
hatte. Die Bearbeitung dieser wichtigen Gauneruntersuchung ist
tüchtig und gibt eine klare Anschauung von dem Treiben und den
Hülfsmitteln der Bande, von welcher mehrere Mitglieder, worunter
Werner und der Jude Manasse Jsaak, gehenkt wurden. Beachtens-
werth ist die sehr ausführliche Vorrede, in welcher treffliche Maß-
regeln zur Verhütung von Diebstählen in Vorschlag, und viele
Mängel der Rechtspflege und Sicherheitspolizei mit scharfer Rüge
zur Sprache gebracht werden.

rationellen Darſtellung der vielen Betrugsarten Aufmerkſamkeit
verdient. Jn alphabetiſch-lexikographiſcher Anordnung und in
300 Artikeln, vom Miniſter, Hofcavalier an bis zum Alchymiſten,
Zauberer, Juden und Zigeuner hinunter werden alle ſocial-politi-
ſchen Stände, Berufsarten und Verhältniſſe aufgezählt und bei
jedem Stand und Beruf mit großer Gewiſſenhaftigkeit und Ge-
nauigkeit eine Menge von Möglichkeiten dargeſtellt, wie und welcher
Betrug in dieſer oder jener Weiſe verübt werden kann. Mit hohem
ſittlichem Ernſte führt der wackere Hönn dabei auch viele Diuge
auf, die lediglich der Ehre und Gewiſſenhaftigkeit zu überlaſſen,
vor dem geſchriebenen Geſetze aber nicht abſolut ſtrafbar ſind, wo-
durch er dem Buche eine mehr ethiſche als juriſtiſche Färbung gibt.
Jmmer aber enthält das Werk manche lichtvolle Auſſchlüſſe über
vielerlei verſteckte Betrugsarten und zeigt, wie der Verfaſſer in
ſeiner dreiunddreißigjährigen Praxis wirklich reiche Gelegenheit
gehabt hat, den Eingang des Gaunerthums in alle ſocial-politi-
ſche Verhältniſſe zu beobachten und objectiv aufzufaſſen.

Actenmäßiger Bericht von einer zu Kiel im Umſchlag 1725 ertappten
Diebesrotte u. ſ. w. Hamburg 1727.

Dieſer Bericht handelt von der zu Kiel geführten Unter-
ſuchung wider eine Gaunerbande, welche unter Führung des Chri-
ſtoph Werner (Lorentz Möller, auch Meyer genannt) in Holſtein,
Schleswig und beſonders im Januar 1725 zu Kiel, ſowie in
Mecklenburg ſehr verwegene und bedeutende Einbrüche verübt
hatte. Die Bearbeitung dieſer wichtigen Gaunerunterſuchung iſt
tüchtig und gibt eine klare Anſchauung von dem Treiben und den
Hülfsmitteln der Bande, von welcher mehrere Mitglieder, worunter
Werner und der Jude Manaſſe Jſaak, gehenkt wurden. Beachtens-
werth iſt die ſehr ausführliche Vorrede, in welcher treffliche Maß-
regeln zur Verhütung von Diebſtählen in Vorſchlag, und viele
Mängel der Rechtspflege und Sicherheitspolizei mit ſcharfer Rüge
zur Sprache gebracht werden.

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[230/0246] rationellen Darſtellung der vielen Betrugsarten Aufmerkſamkeit verdient. Jn alphabetiſch-lexikographiſcher Anordnung und in 300 Artikeln, vom Miniſter, Hofcavalier an bis zum Alchymiſten, Zauberer, Juden und Zigeuner hinunter werden alle ſocial-politi- ſchen Stände, Berufsarten und Verhältniſſe aufgezählt und bei jedem Stand und Beruf mit großer Gewiſſenhaftigkeit und Ge- nauigkeit eine Menge von Möglichkeiten dargeſtellt, wie und welcher Betrug in dieſer oder jener Weiſe verübt werden kann. Mit hohem ſittlichem Ernſte führt der wackere Hönn dabei auch viele Diuge auf, die lediglich der Ehre und Gewiſſenhaftigkeit zu überlaſſen, vor dem geſchriebenen Geſetze aber nicht abſolut ſtrafbar ſind, wo- durch er dem Buche eine mehr ethiſche als juriſtiſche Färbung gibt. Jmmer aber enthält das Werk manche lichtvolle Auſſchlüſſe über vielerlei verſteckte Betrugsarten und zeigt, wie der Verfaſſer in ſeiner dreiunddreißigjährigen Praxis wirklich reiche Gelegenheit gehabt hat, den Eingang des Gaunerthums in alle ſocial-politi- ſche Verhältniſſe zu beobachten und objectiv aufzufaſſen. Actenmäßiger Bericht von einer zu Kiel im Umſchlag 1725 ertappten Diebesrotte u. ſ. w. Hamburg 1727. Dieſer Bericht handelt von der zu Kiel geführten Unter- ſuchung wider eine Gaunerbande, welche unter Führung des Chri- ſtoph Werner (Lorentz Möller, auch Meyer genannt) in Holſtein, Schleswig und beſonders im Januar 1725 zu Kiel, ſowie in Mecklenburg ſehr verwegene und bedeutende Einbrüche verübt hatte. Die Bearbeitung dieſer wichtigen Gaunerunterſuchung iſt tüchtig und gibt eine klare Anſchauung von dem Treiben und den Hülfsmitteln der Bande, von welcher mehrere Mitglieder, worunter Werner und der Jude Manaſſe Jſaak, gehenkt wurden. Beachtens- werth iſt die ſehr ausführliche Vorrede, in welcher treffliche Maß- regeln zur Verhütung von Diebſtählen in Vorſchlag, und viele Mängel der Rechtspflege und Sicherheitspolizei mit ſcharfer Rüge zur Sprache gebracht werden.

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum01_1858/246>, abgerufen am 03.05.2024.