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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858.

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Rectors von Seelen "Nachrichten von der Buchdruckerkunst in
Lübeck" ist als Drucker jenes Lübeckischen Rechts der rostocker
Buchdrucker Ludwig Diez aus Speier genannt, der später, wahr-
scheinlich schon 1524, nach Lübeck übersiedelte. Nach jenem Motto,
welches sich freilich unter manchen spätern Drucken findet, könnte
die in Rede stehende Ausgabe des Liber Vagatorum, der in der
That seit seinem ersten Erscheinen besonders im nördlichen Deutsch-
land viel Anklang fand, wie das auch die lübecker niederdeutsche
Uebersetzung von 1560 beweist, in Rostock gedruckt sein. Die große
Vorliebe des Ludwig Diez für den "Reinike Fuchs", den er 1517,
und für das "Narrenschiff", das er 1519 in das Niederdeutsche
übertrug und druckte, machte es sehr wahrscheinlich, daß er auch
den mit dem letztern in so naher Beziehung stehenden Liber Va-
gatorum
kannte, abdruckte und -- wie er mit Hülfe eines aus-
gezeichneten eigenen Holzschneiders fast alle seine Werke mit den
vorzüglichsten Holzschnitten versah -- mit jenem Holzschnitte aus-
stattete, den nach ihm Erhart Öglin und Pamphilus Gengenbach
in ihren Ausgaben benutzten oder copirten. Diez kam schon 1504
von Speier nach Rostock als Drucker in der Privatdruckerei des
Stadtsecretärs Barckhusen, mit dessen Erlaubniß er seit 1510 auch
für Andere drucken durfte. 1) Keineswegs hat Diez, so sehr ver-
dient er sich auch um die Verbreitung des Niederdeutschen als
Schriftsprache gemacht hat, nur niederdeutsche Sachen gedruckt.
Jenes ihm eigenthümliche Motto macht es wahrscheinlich, daß die
angeführte hochdeutsche Ausgabe auch von ihm gedruckt ist. Ein
Exemplar derselben befindet sich in der königlichen Bibliothek zu
Berlin.

4. Die bei Hain gar nicht, bei Panzer, "Zusätze", S. 26,
Nr. 104 e, sehr uncorrect und nachlässig aufgeführte, von Hoff-

1) Vgl. Lisch, "Geschichte der Buchdruckerkunst in Mecklenburg bis 1540",
S. 134 fg., in den "Jahrbüchern des Vereins für Mecklenb. Geschichte
und Alterthumskunde", vierter Jahrgang (Schwerin 1839). Da nach Hoff-
mann, a. a. O., S. 64, der Öglin'sche Druck zwischen 1512--16 fällt,
so kann Öglin sehr füglich den Diez'schen Druck, der etwa 1510 oder gleich
darauf gedruckt wurde, benutzt haben.
Ave-Lallemant, Gaunerthum. I. 10

Rectors von Seelen „Nachrichten von der Buchdruckerkunſt in
Lübeck“ iſt als Drucker jenes Lübeckiſchen Rechts der roſtocker
Buchdrucker Ludwig Diez aus Speier genannt, der ſpäter, wahr-
ſcheinlich ſchon 1524, nach Lübeck überſiedelte. Nach jenem Motto,
welches ſich freilich unter manchen ſpätern Drucken findet, könnte
die in Rede ſtehende Ausgabe des Liber Vagatorum, der in der
That ſeit ſeinem erſten Erſcheinen beſonders im nördlichen Deutſch-
land viel Anklang fand, wie das auch die lübecker niederdeutſche
Ueberſetzung von 1560 beweiſt, in Roſtock gedruckt ſein. Die große
Vorliebe des Ludwig Diez für den „Reinike Fuchs“, den er 1517,
und für das „Narrenſchiff“, das er 1519 in das Niederdeutſche
übertrug und druckte, machte es ſehr wahrſcheinlich, daß er auch
den mit dem letztern in ſo naher Beziehung ſtehenden Liber Va-
gatorum
kannte, abdruckte und — wie er mit Hülfe eines aus-
gezeichneten eigenen Holzſchneiders faſt alle ſeine Werke mit den
vorzüglichſten Holzſchnitten verſah — mit jenem Holzſchnitte aus-
ſtattete, den nach ihm Erhart Öglin und Pamphilus Gengenbach
in ihren Ausgaben benutzten oder copirten. Diez kam ſchon 1504
von Speier nach Roſtock als Drucker in der Privatdruckerei des
Stadtſecretärs Barckhuſen, mit deſſen Erlaubniß er ſeit 1510 auch
für Andere drucken durfte. 1) Keineswegs hat Diez, ſo ſehr ver-
dient er ſich auch um die Verbreitung des Niederdeutſchen als
Schriftſprache gemacht hat, nur niederdeutſche Sachen gedruckt.
Jenes ihm eigenthümliche Motto macht es wahrſcheinlich, daß die
angeführte hochdeutſche Ausgabe auch von ihm gedruckt iſt. Ein
Exemplar derſelben befindet ſich in der königlichen Bibliothek zu
Berlin.

4. Die bei Hain gar nicht, bei Panzer, „Zuſätze“, S. 26,
Nr. 104 e, ſehr uncorrect und nachläſſig aufgeführte, von Hoff-

1) Vgl. Liſch, „Geſchichte der Buchdruckerkunſt in Mecklenburg bis 1540“,
S. 134 fg., in den „Jahrbüchern des Vereins für Mecklenb. Geſchichte
und Alterthumskunde“, vierter Jahrgang (Schwerin 1839). Da nach Hoff-
mann, a. a. O., S. 64, der Öglin’ſche Druck zwiſchen 1512—16 fällt,
ſo kann Öglin ſehr füglich den Diez’ſchen Druck, der etwa 1510 oder gleich
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[145/0161] Rectors von Seelen „Nachrichten von der Buchdruckerkunſt in Lübeck“ iſt als Drucker jenes Lübeckiſchen Rechts der roſtocker Buchdrucker Ludwig Diez aus Speier genannt, der ſpäter, wahr- ſcheinlich ſchon 1524, nach Lübeck überſiedelte. Nach jenem Motto, welches ſich freilich unter manchen ſpätern Drucken findet, könnte die in Rede ſtehende Ausgabe des Liber Vagatorum, der in der That ſeit ſeinem erſten Erſcheinen beſonders im nördlichen Deutſch- land viel Anklang fand, wie das auch die lübecker niederdeutſche Ueberſetzung von 1560 beweiſt, in Roſtock gedruckt ſein. Die große Vorliebe des Ludwig Diez für den „Reinike Fuchs“, den er 1517, und für das „Narrenſchiff“, das er 1519 in das Niederdeutſche übertrug und druckte, machte es ſehr wahrſcheinlich, daß er auch den mit dem letztern in ſo naher Beziehung ſtehenden Liber Va- gatorum kannte, abdruckte und — wie er mit Hülfe eines aus- gezeichneten eigenen Holzſchneiders faſt alle ſeine Werke mit den vorzüglichſten Holzſchnitten verſah — mit jenem Holzſchnitte aus- ſtattete, den nach ihm Erhart Öglin und Pamphilus Gengenbach in ihren Ausgaben benutzten oder copirten. Diez kam ſchon 1504 von Speier nach Roſtock als Drucker in der Privatdruckerei des Stadtſecretärs Barckhuſen, mit deſſen Erlaubniß er ſeit 1510 auch für Andere drucken durfte. 1) Keineswegs hat Diez, ſo ſehr ver- dient er ſich auch um die Verbreitung des Niederdeutſchen als Schriftſprache gemacht hat, nur niederdeutſche Sachen gedruckt. Jenes ihm eigenthümliche Motto macht es wahrſcheinlich, daß die angeführte hochdeutſche Ausgabe auch von ihm gedruckt iſt. Ein Exemplar derſelben befindet ſich in der königlichen Bibliothek zu Berlin. 4. Die bei Hain gar nicht, bei Panzer, „Zuſätze“, S. 26, Nr. 104 e, ſehr uncorrect und nachläſſig aufgeführte, von Hoff- 1) Vgl. Liſch, „Geſchichte der Buchdruckerkunſt in Mecklenburg bis 1540“, S. 134 fg., in den „Jahrbüchern des Vereins für Mecklenb. Geſchichte und Alterthumskunde“, vierter Jahrgang (Schwerin 1839). Da nach Hoff- mann, a. a. O., S. 64, der Öglin’ſche Druck zwiſchen 1512—16 fällt, ſo kann Öglin ſehr füglich den Diez’ſchen Druck, der etwa 1510 oder gleich darauf gedruckt wurde, benutzt haben. Avé-Lallemant, Gaunerthum. I. 10

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum01_1858/161>, abgerufen am 28.04.2024.