Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858.1494--99 eigen ist. Es ist daher kaum zu bezweifeln, daß Berg- Jn Kap. 15 des Liber Vagatorum wird zwar unter ausdrück- 1) Diese niederdeutsche Ausgabe schaltet sogar noch 62 neue Vocabeln im
Vocabular ein, welche man in keiner andern Ausgabe des Liber Vagatorum findet. 1494—99 eigen iſt. Es iſt daher kaum zu bezweifeln, daß Berg- Jn Kap. 15 des Liber Vagatorum wird zwar unter ausdrück- 1) Dieſe niederdeutſche Ausgabe ſchaltet ſogar noch 62 neue Vocabeln im
Vocabular ein, welche man in keiner andern Ausgabe des Liber Vagatorum findet. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0156" n="140"/> 1494—99 eigen iſt. Es iſt daher kaum zu bezweifeln, daß Berg-<lb/> mann die erſte Ausgabe des <hi rendition="#aq">Liber Vagatorum</hi> druckte. Wahr-<lb/> ſcheinlich iſt er denn auch der Verfaſſer des <hi rendition="#aq">Liber Vagatorum</hi>,<lb/> wenn nicht, wozu noch mehr Wahrſcheinlichkeit vorliegt, etwa<lb/> gar ſelbſt Sebaſtian Brant, der im „Narrenſchiff“, Kap. 63, eine ſo<lb/> genaue Bekanntſchaft mit dem baſeler Rathsmandat zeigt und<lb/> dieſelben Gaunerausdrücke gebraucht, die man in dieſem und dem<lb/><hi rendition="#aq">Liber Vagatorum</hi> findet, der „hochwürdige maiſter“ und Ver-<lb/> faſſer des <hi rendition="#aq">Liber Vagatorum</hi> iſt.</p><lb/> <p>Jn Kap. 15 des <hi rendition="#aq">Liber Vagatorum</hi> wird zwar unter ausdrück-<lb/> licher Anführung der Jahreszahl 1509 das ſchon erwähnte Beiſpiel<lb/> der pforzheimer Dutzbetterin angeführt, welche angab, daß ſie eine<lb/> Kröte geboren habe. Dieſe Jahreszahl läßt aber immer zu, daß die<lb/> als bloßes <hi rendition="#g">Beiſpiel</hi> angeführte Anekdote bei dem ſpätern Abdruck<lb/><hi rendition="#g">eingeſchaltet</hi> iſt, wie denn ja auch in der älteſten niederdeutſchen<lb/> Ausgabe in Kap. 13, „Von den Vopperen vnde Vopperin“,<lb/> unter dem Jahre 1510 das nirgends anders vorkommende Bei-<lb/> ſpiel der beſeſſenen Sakramentſchänderin eingeſchaltet wird, welche<lb/> mit „twei menen in der weken vor Jacobi int landt to Cleue in<lb/> ein ſtadt Santen genomet by burik gekommen“ iſt. <note place="foot" n="1)">Dieſe niederdeutſche Ausgabe ſchaltet ſogar noch 62 neue Vocabeln im<lb/> Vocabular ein, welche man in keiner andern Ausgabe des <hi rendition="#aq">Liber Vagatorum</hi><lb/> findet.</note> Dieſe<lb/> Beiſpiele erſcheinen als bloße erläuternde Zuthaten, die ſehr füg-<lb/> lich von dem laufenden überall im docirenden Tone gehaltenen<lb/> Text des <hi rendition="#aq">Liber Vagatorum</hi> gleich allen andern Beiſpielen, wie<lb/> z. B. des Bettlers bei dem Prieſter Hans Ziegler, Kap. 4, und<lb/> in demſelben Kapitel des ganz ausdrücklich als „Exempel“ auf-<lb/> geführten Betrugs des Vtz von Lindav zu Ulm u. ſ. w. ohne<lb/> Störung getrennt werden können, wie ja denn auch Luther in<lb/> ſeiner Ausgabe 1528 ſogar <hi rendition="#g">in dem Texte ſelbſt</hi> ſich einzelne<lb/> kleine Zuſätze erlaubt hat. Sehr bemerkenswerth iſt aber<lb/> noch im <hi rendition="#aq">Liber Vagatorum</hi> die mit Kap. 14 deſſelben begin-<lb/> nende völlig veränderte Redaction. Während in den dreizehn erſten<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [140/0156]
1494—99 eigen iſt. Es iſt daher kaum zu bezweifeln, daß Berg-
mann die erſte Ausgabe des Liber Vagatorum druckte. Wahr-
ſcheinlich iſt er denn auch der Verfaſſer des Liber Vagatorum,
wenn nicht, wozu noch mehr Wahrſcheinlichkeit vorliegt, etwa
gar ſelbſt Sebaſtian Brant, der im „Narrenſchiff“, Kap. 63, eine ſo
genaue Bekanntſchaft mit dem baſeler Rathsmandat zeigt und
dieſelben Gaunerausdrücke gebraucht, die man in dieſem und dem
Liber Vagatorum findet, der „hochwürdige maiſter“ und Ver-
faſſer des Liber Vagatorum iſt.
Jn Kap. 15 des Liber Vagatorum wird zwar unter ausdrück-
licher Anführung der Jahreszahl 1509 das ſchon erwähnte Beiſpiel
der pforzheimer Dutzbetterin angeführt, welche angab, daß ſie eine
Kröte geboren habe. Dieſe Jahreszahl läßt aber immer zu, daß die
als bloßes Beiſpiel angeführte Anekdote bei dem ſpätern Abdruck
eingeſchaltet iſt, wie denn ja auch in der älteſten niederdeutſchen
Ausgabe in Kap. 13, „Von den Vopperen vnde Vopperin“,
unter dem Jahre 1510 das nirgends anders vorkommende Bei-
ſpiel der beſeſſenen Sakramentſchänderin eingeſchaltet wird, welche
mit „twei menen in der weken vor Jacobi int landt to Cleue in
ein ſtadt Santen genomet by burik gekommen“ iſt. 1) Dieſe
Beiſpiele erſcheinen als bloße erläuternde Zuthaten, die ſehr füg-
lich von dem laufenden überall im docirenden Tone gehaltenen
Text des Liber Vagatorum gleich allen andern Beiſpielen, wie
z. B. des Bettlers bei dem Prieſter Hans Ziegler, Kap. 4, und
in demſelben Kapitel des ganz ausdrücklich als „Exempel“ auf-
geführten Betrugs des Vtz von Lindav zu Ulm u. ſ. w. ohne
Störung getrennt werden können, wie ja denn auch Luther in
ſeiner Ausgabe 1528 ſogar in dem Texte ſelbſt ſich einzelne
kleine Zuſätze erlaubt hat. Sehr bemerkenswerth iſt aber
noch im Liber Vagatorum die mit Kap. 14 deſſelben begin-
nende völlig veränderte Redaction. Während in den dreizehn erſten
1) Dieſe niederdeutſche Ausgabe ſchaltet ſogar noch 62 neue Vocabeln im
Vocabular ein, welche man in keiner andern Ausgabe des Liber Vagatorum
findet.
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