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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858.

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Von der Neuwieder Bande zog sich aber noch ein Theil,
namentlich das mersener Contingent, durch den Spessart in die
Gegend um Ansbach, und dann nach Schwaben, wo ihnen die
verschiedenen sich durchkreuzenden kleinen Territorien einen sichern
Aufenthalt versprachen. Die berüchtigtesten Brabanter stießen zu
ihnen, von denen der Major (Matthias Rouchet, auch la Roche,
Dubois, Keil, Pyndray und Stalder genannt) und Johann Müller
(Daumen genannt) eine große Bande um sich versammelte, von
welcher die Banden des Jakob Waldmann, des Süskind Bocken-
heim, des Picard und Damian Hessel 1) (das Studentchen, Bocherle,
Dahl, Beutel, Corneli und Cordula genannt) kleinere Bestand-
theile bildeten. Zahllose Diebstähle wurden von diesen Räubern
in Franken und Schwaben verübt. Jm damaligen Departement
des Donnersberges und in den benachbarten Gegenden zu beiden
Seiten des Rhein hauste die meistens aus Scherenschleifern
bestehende Bande des Anton Keil aus Quirnheim bei Grünstadt
(auch Barthel Bartsch, Anton Reiter und J. Schmidt genannt).
Die schon seit vielen Jahren existirende gefährliche Bande des be-
rüchtigten großen Jainkof trieb ihr Unwesen ungestört im west-
lichen Deutschland fort. An den beiden Ufern des Main, im
Spessart und im Odenwalde hauste eine große aus den Rudi-
menten der Schinderhannesbande zusammengezogene Räuberhorde,
in welcher Veit Krämer, Manne Friedrich (Philipp Friedr. Schütz),
Hölzerlips (Georg Philipp Lang), Krämer Matthes (Matthias
Oesterlein) insbesondere als Straßenräuber und Raubmörder sich

neuwieder Räuber Serves Joseph (auch Cerf Levi, Serves Polack, Jainkef,
Joseph Defries, Gefries und Hormel genannt), der einmal in einem Wirths-
hause zu Salzburg 60--80,000 Gulden in Banknoten stahl, und das Geld in
Dresden verthat, lebte 1812 in Lübeck sogar als -- Douanier! Vgl. Schwen-
cken, Notizen, Nr. 605, und Stuhlmüller, Nr. 130. Ebenso fungirte der
berüchtigte Räuber Johannes Lehn, vulgo Spielhannes oder Musikanten-
hannes, von 1810--13 als Nachtwächter und uniformirter Gemeinde-
diener in seinem Geburtsorte Zimmern, Amts Rodenfels, im Großherzogthum
Baden, obwol er als Räuber signalisirt und steckbrieflich verfolgt war. Vgl.
Brill, "Actenmäßige Nachrichten", S. 466 fg.
1) Vgl. Rebmann, a. a. O.

Von der Neuwieder Bande zog ſich aber noch ein Theil,
namentlich das merſener Contingent, durch den Speſſart in die
Gegend um Ansbach, und dann nach Schwaben, wo ihnen die
verſchiedenen ſich durchkreuzenden kleinen Territorien einen ſichern
Aufenthalt verſprachen. Die berüchtigteſten Brabanter ſtießen zu
ihnen, von denen der Major (Matthias Rouchet, auch la Roche,
Dubois, Keil, Pyndray und Stalder genannt) und Johann Müller
(Daumen genannt) eine große Bande um ſich verſammelte, von
welcher die Banden des Jakob Waldmann, des Süskind Bocken-
heim, des Picard und Damian Heſſel 1) (das Studentchen, Bocherle,
Dahl, Beutel, Corneli und Cordula genannt) kleinere Beſtand-
theile bildeten. Zahlloſe Diebſtähle wurden von dieſen Räubern
in Franken und Schwaben verübt. Jm damaligen Departement
des Donnersberges und in den benachbarten Gegenden zu beiden
Seiten des Rhein hauſte die meiſtens aus Scherenſchleifern
beſtehende Bande des Anton Keil aus Quirnheim bei Grünſtadt
(auch Barthel Bartſch, Anton Reiter und J. Schmidt genannt).
Die ſchon ſeit vielen Jahren exiſtirende gefährliche Bande des be-
rüchtigten großen Jainkof trieb ihr Unweſen ungeſtört im weſt-
lichen Deutſchland fort. An den beiden Ufern des Main, im
Speſſart und im Odenwalde hauſte eine große aus den Rudi-
menten der Schinderhannesbande zuſammengezogene Räuberhorde,
in welcher Veit Krämer, Manne Friedrich (Philipp Friedr. Schütz),
Hölzerlips (Georg Philipp Lang), Krämer Matthes (Matthias
Oeſterlein) insbeſondere als Straßenräuber und Raubmörder ſich

neuwieder Räuber Serves Joſeph (auch Cerf Levi, Serves Polack, Jainkef,
Joſeph Defries, Gefries und Hormel genannt), der einmal in einem Wirths-
hauſe zu Salzburg 60—80,000 Gulden in Banknoten ſtahl, und das Geld in
Dresden verthat, lebte 1812 in Lübeck ſogar als — Douanier! Vgl. Schwen-
cken, Notizen, Nr. 605, und Stuhlmüller, Nr. 130. Ebenſo fungirte der
berüchtigte Räuber Johannes Lehn, vulgo Spielhannes oder Muſikanten-
hannes, von 1810—13 als Nachtwächter und uniformirter Gemeinde-
diener in ſeinem Geburtsorte Zimmern, Amts Rodenfels, im Großherzogthum
Baden, obwol er als Räuber ſignaliſirt und ſteckbrieflich verfolgt war. Vgl.
Brill, „Actenmäßige Nachrichten“, S. 466 fg.
1) Vgl. Rebmann, a. a. O.
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[110/0126] Von der Neuwieder Bande zog ſich aber noch ein Theil, namentlich das merſener Contingent, durch den Speſſart in die Gegend um Ansbach, und dann nach Schwaben, wo ihnen die verſchiedenen ſich durchkreuzenden kleinen Territorien einen ſichern Aufenthalt verſprachen. Die berüchtigteſten Brabanter ſtießen zu ihnen, von denen der Major (Matthias Rouchet, auch la Roche, Dubois, Keil, Pyndray und Stalder genannt) und Johann Müller (Daumen genannt) eine große Bande um ſich verſammelte, von welcher die Banden des Jakob Waldmann, des Süskind Bocken- heim, des Picard und Damian Heſſel 1) (das Studentchen, Bocherle, Dahl, Beutel, Corneli und Cordula genannt) kleinere Beſtand- theile bildeten. Zahlloſe Diebſtähle wurden von dieſen Räubern in Franken und Schwaben verübt. Jm damaligen Departement des Donnersberges und in den benachbarten Gegenden zu beiden Seiten des Rhein hauſte die meiſtens aus Scherenſchleifern beſtehende Bande des Anton Keil aus Quirnheim bei Grünſtadt (auch Barthel Bartſch, Anton Reiter und J. Schmidt genannt). Die ſchon ſeit vielen Jahren exiſtirende gefährliche Bande des be- rüchtigten großen Jainkof trieb ihr Unweſen ungeſtört im weſt- lichen Deutſchland fort. An den beiden Ufern des Main, im Speſſart und im Odenwalde hauſte eine große aus den Rudi- menten der Schinderhannesbande zuſammengezogene Räuberhorde, in welcher Veit Krämer, Manne Friedrich (Philipp Friedr. Schütz), Hölzerlips (Georg Philipp Lang), Krämer Matthes (Matthias Oeſterlein) insbeſondere als Straßenräuber und Raubmörder ſich 3) 1) Vgl. Rebmann, a. a. O. 3) neuwieder Räuber Serves Joſeph (auch Cerf Levi, Serves Polack, Jainkef, Joſeph Defries, Gefries und Hormel genannt), der einmal in einem Wirths- hauſe zu Salzburg 60—80,000 Gulden in Banknoten ſtahl, und das Geld in Dresden verthat, lebte 1812 in Lübeck ſogar als — Douanier! Vgl. Schwen- cken, Notizen, Nr. 605, und Stuhlmüller, Nr. 130. Ebenſo fungirte der berüchtigte Räuber Johannes Lehn, vulgo Spielhannes oder Muſikanten- hannes, von 1810—13 als Nachtwächter und uniformirter Gemeinde- diener in ſeinem Geburtsorte Zimmern, Amts Rodenfels, im Großherzogthum Baden, obwol er als Räuber ſignaliſirt und ſteckbrieflich verfolgt war. Vgl. Brill, „Actenmäßige Nachrichten“, S. 466 fg.

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum01_1858/126>, abgerufen am 25.11.2024.