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Allgemeine Zeitung. Nr. 179. Augsburg, 27. Juni 1840.

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Handlungen zuzuschreiben, die der römische Hof selbst getadelt hätte. Es ist aber bekannt, daß in dem Streit, den der Prälat seit 1833 gegen die neu verordneten Gesetze der russischen Regierung in Bezug auf gemischte Ehen hatte, denen er sich noch vor den Bischöfen von Posen und Köln widersetzte, der heilige Vater namentlich in einem Breve vom Junius 1837 die Handlungsweise des Bischofs von Podlachien durchaus billigte. - Es möchte fast scheinen, als habe man Widerstand von Seite des Bischofs gegen seine Verhaftung gefürchtet, man hat deßhalb einen Stabschirurg mitgeschickt, der im Nothfall bezeugen sollte, daß er wahnsinnig geworden sey. Aber die Mäßigung des würdigen Bischofs war nicht geringer als seine Festigkeit; er erklärte seinen Gästen, daß, wenn sie gekommen wären, ihn zum Widerruf seiner geschriebenen oder gesprochenen Worte zu zwingen, ihre Mühe vergeblich wäre. "Haben Sie dagegen den Befehl, fuhr er fort, mich zu ergreifen, dann sind Sie die Stärkern und da bin ich." Doch setzte er noch schnell eine feierliche Protestation gegen die Gewalt, die ihm geschehen, auf, und übergab seinem Caplan, dem man untersagte, dem Bischof zu folgen, alles Geld, was in seiner Casse war, um es unter die Armen zu vertheilen. Man sagt, er sey nach Mohilew geführt worden, um in einem Dominicanerkloster eingeschlossen zu werden. Diese Verhaftung hat eine große Bewegung im ganzen Lande hervorgebracht. Es ist nicht wahrscheinlich, daß sie zu Gunsten der Regierung sich wende."

Schweden.

Nach längerem Stillschweigen habe ich Ihnen jetzt zwei interessante Gegenstände zu melden; der eine betrifft die äußern Handelsverhältnisse, der zweite den innern Zustand. Der erste Gegenstand ist der Sundzoll, der im Ritterhause neulich zur Sprache kam. Der betreffende Ausschuß hatte die Sache als eine auswärtige Angelegenheit, worüber die Entscheidung nur der Regierung gebühre, von sich abgelehnt, diese Ansicht ward aber in der Plenarversammlung des Ritterhauses vom 3 Jun. zum Theil mit Heftigkeit bestritten. Die Aeußerungen waren im Ganzen genommen sehr feindlich gegen Dänemark und dessen Verfahren; ein Hr. Lagerhjelm sprach sogar davon, den Sundzoll ganz aufzuheben. Als Vertheidiger der dänischen Regierung trat niemand auf, auch kein Minister, woraus hervorzugehen scheint, daß gegenwärtig lebhafte Unterhandlungen darüber im Gange sind. Eine Beschränkung des Sundzolls wäre bei Dänemarks gegenwärtiger Finanzlage sehr lästig, und müßte die Stellung der Regierung wesentlich verschlimmern, die schwedische kann indeß nicht umhin, gegen die mannichfachen Klagen Abhülfe zu fordern. - Der zweite höchst wichtige Gegenstand sind die kürzlich in den vier Ständen erfolgten Wahlen zur Verstärkung des Staatsausschusses, worin nun eigentlich die Hauptfragen über den financiellen Zustand des Volkes zum Schluß kommen müssen. Es ist dabei gebräuchlich, daß die Parteien eine Liste unter ihren Anhängern circuliren lassen, wornach diese sich richten, damit die Stimmen nicht zu sehr zersplittert werden. So stand im Bauernstand die Liste Hans Janssons der Liste Arindlunds gegenüber, und im Ritterhause gleichfalls die Regierungsliste der der Opposition, welche letztere ziemlich blaß und farblos war. Desto entschiedener war die Regierungsliste: lauter Hof-, Civil- und Militärbeamte ohne auch nur einen Zusatz von tant soit peu unabhängigen Stimmen. Dieß scheint die ganze Oppositionspartei sehr erbittert zu haben, und das Aftonblad, das bisher zuwartete und das neue Ministerium nicht angriff, ist nun mit wahrem Ingrimm losgebrochen.

Ostindien und China.

Das Gouvernement bereitet sich auf einen langen Krieg mit China, wie man aus der Thätigkeit in den Arsenalen von Fort William und Dumdum und aus dem Befehl sieht, die Steinkohlenbergwerke, die Dr. Helfer vor zwei Jahren auf der Küste von Tenasserim entdeckt hat, in großer Ausdehnung zu bearbeiten, weil man besorgt, daß man das Depot der Dampfschiffe der Expedition nicht nachhaltig genug von Calcutta aus versehen könne. Es werden nur wenige Truppen von Bengalen angewendet, weil man erwartet, daß der Krieg mit China zur Erneuerung der Conföderation führen werde, welche die Nepalesen mit allen nordindischen Fürsten zu stiften begonnen hatten, und die nur durch die Einnahme von Kabul gelähmt worden war. Die Königin von Nepal ist die Haupttriebfeder dieser Intriguen, und seitdem es ihr gelungen ist, die Administration aus den Händen der Familie von Bhim Singh zu reißen, und ihren eigenen Anhängern zu überliefern, ist der König gezwungen, gegen seine Neigung die Hände zu Vielem zu bieten, das er gerne unterlassen hätte. Es ist eine klägliche Sache zu sehen, daß die Thorheit von Elliot und die Indifferenz von Lord Palmerston Indien in die Nothwendigkeit versetzt, zur Erhaltung seiner Ruhe im Innern diesen monströsen Opiumkrieg zu führen, bei dem vorauszusehen ist, daß er auch im glücklichsten Falle zu dem führen muß, womit man hätte anfangen sollen: zum Verbot des Handels mit Opium von englischer Seite, und dazu wird die Art, wie der Handel gegenwärtig durch bewaffnete Schiffe geführt wird, nicht wenig beitragen, denn er artet täglich mehr in eine Art von Seeräuberei aus. Die Compagnie hat so eben die Cultur des Opiums in ihrem eigenen Gebiet von Assam verbieten müssen, wie könnte sie sie gegen China aufrechthalten? Es gibt Dinge, welche so unnatürlich sind, daß sie sich auch durch den größten Mißbrauch brutaler Macht nicht lange erzwingen lassen.

Wie aber ein Unglück meistens wenigstens Eine gute Seite hat, so hat dieser unselige chinesische Krieg der Theecultur in Assam einen großen Vorschub gethan. Das Gouvernement war nicht geneigt gewesen, der Theecompagnie seine Etablissements abzutreten, aber es hat kürzlich beschlossen, daß künftig nur eine kleine und experimentale Theepflanzung und Fabrik auf Kosten der Regierung in Assam unterhalten werden sollte, von welcher aus alle Privatetablissements, die sich bilden würden, mit Theestauden, Samen, Geräthschaften und geübten Arbeitern versehen werden könnten. Es hat der Theecompagnie daher zwei Dritttheile seines gegenwärtigen Etablissements gegen Bezahlung des Materials und der Kosten der Einführung der chinesischen Arbeiter überlassen; das Capital der Compagnie ist eine Million Pf. St., mit der sie 30000 Morgen Theepflanzungen anzulegen und das Product derselben zu bereiten im Stande seyn wird.

Die active Gründung dieser Gesellschaft und der Kautschuk-Compagnie ist ein wichtigeres Ereigniß für Indien als dem ersten Anblick nach erscheint. Beide Compagnien sind in England gebildet und werden mit englischen Capitalien betrieben, was früher nie der Fall war. Dieß ist ein gutes Zeichen und scheint das Beginnen einer neuen Epoche im indischen Handel anzuzeigen. Der commercielle Zustand von Calcutta (denn in Bombay ist es etwas besser) erfordert eine gänzliche Reform, welche nur aus England kommen kann. Die gegenwärtigen Verhältnisse sind im Grunde sehr einfach, wenn man auf ihre Basis zurückgeht, und erklären leicht, warum Indien in seiner Production nicht weit größere Fortschritte gemacht hat. Das Capital der großen Agentenhäuser in Calcutta, in deren Händen der Handel

Handlungen zuzuschreiben, die der römische Hof selbst getadelt hätte. Es ist aber bekannt, daß in dem Streit, den der Prälat seit 1833 gegen die neu verordneten Gesetze der russischen Regierung in Bezug auf gemischte Ehen hatte, denen er sich noch vor den Bischöfen von Posen und Köln widersetzte, der heilige Vater namentlich in einem Breve vom Junius 1837 die Handlungsweise des Bischofs von Podlachien durchaus billigte. – Es möchte fast scheinen, als habe man Widerstand von Seite des Bischofs gegen seine Verhaftung gefürchtet, man hat deßhalb einen Stabschirurg mitgeschickt, der im Nothfall bezeugen sollte, daß er wahnsinnig geworden sey. Aber die Mäßigung des würdigen Bischofs war nicht geringer als seine Festigkeit; er erklärte seinen Gästen, daß, wenn sie gekommen wären, ihn zum Widerruf seiner geschriebenen oder gesprochenen Worte zu zwingen, ihre Mühe vergeblich wäre. „Haben Sie dagegen den Befehl, fuhr er fort, mich zu ergreifen, dann sind Sie die Stärkern und da bin ich.“ Doch setzte er noch schnell eine feierliche Protestation gegen die Gewalt, die ihm geschehen, auf, und übergab seinem Caplan, dem man untersagte, dem Bischof zu folgen, alles Geld, was in seiner Casse war, um es unter die Armen zu vertheilen. Man sagt, er sey nach Mohilew geführt worden, um in einem Dominicanerkloster eingeschlossen zu werden. Diese Verhaftung hat eine große Bewegung im ganzen Lande hervorgebracht. Es ist nicht wahrscheinlich, daß sie zu Gunsten der Regierung sich wende.“

Schweden.

Nach längerem Stillschweigen habe ich Ihnen jetzt zwei interessante Gegenstände zu melden; der eine betrifft die äußern Handelsverhältnisse, der zweite den innern Zustand. Der erste Gegenstand ist der Sundzoll, der im Ritterhause neulich zur Sprache kam. Der betreffende Ausschuß hatte die Sache als eine auswärtige Angelegenheit, worüber die Entscheidung nur der Regierung gebühre, von sich abgelehnt, diese Ansicht ward aber in der Plenarversammlung des Ritterhauses vom 3 Jun. zum Theil mit Heftigkeit bestritten. Die Aeußerungen waren im Ganzen genommen sehr feindlich gegen Dänemark und dessen Verfahren; ein Hr. Lagerhjelm sprach sogar davon, den Sundzoll ganz aufzuheben. Als Vertheidiger der dänischen Regierung trat niemand auf, auch kein Minister, woraus hervorzugehen scheint, daß gegenwärtig lebhafte Unterhandlungen darüber im Gange sind. Eine Beschränkung des Sundzolls wäre bei Dänemarks gegenwärtiger Finanzlage sehr lästig, und müßte die Stellung der Regierung wesentlich verschlimmern, die schwedische kann indeß nicht umhin, gegen die mannichfachen Klagen Abhülfe zu fordern. – Der zweite höchst wichtige Gegenstand sind die kürzlich in den vier Ständen erfolgten Wahlen zur Verstärkung des Staatsausschusses, worin nun eigentlich die Hauptfragen über den financiellen Zustand des Volkes zum Schluß kommen müssen. Es ist dabei gebräuchlich, daß die Parteien eine Liste unter ihren Anhängern circuliren lassen, wornach diese sich richten, damit die Stimmen nicht zu sehr zersplittert werden. So stand im Bauernstand die Liste Hans Janssons der Liste Arindlunds gegenüber, und im Ritterhause gleichfalls die Regierungsliste der der Opposition, welche letztere ziemlich blaß und farblos war. Desto entschiedener war die Regierungsliste: lauter Hof-, Civil- und Militärbeamte ohne auch nur einen Zusatz von tant soit peu unabhängigen Stimmen. Dieß scheint die ganze Oppositionspartei sehr erbittert zu haben, und das Aftonblad, das bisher zuwartete und das neue Ministerium nicht angriff, ist nun mit wahrem Ingrimm losgebrochen.

Ostindien und China.

Das Gouvernement bereitet sich auf einen langen Krieg mit China, wie man aus der Thätigkeit in den Arsenalen von Fort William und Dumdum und aus dem Befehl sieht, die Steinkohlenbergwerke, die Dr. Helfer vor zwei Jahren auf der Küste von Tenasserim entdeckt hat, in großer Ausdehnung zu bearbeiten, weil man besorgt, daß man das Depot der Dampfschiffe der Expedition nicht nachhaltig genug von Calcutta aus versehen könne. Es werden nur wenige Truppen von Bengalen angewendet, weil man erwartet, daß der Krieg mit China zur Erneuerung der Conföderation führen werde, welche die Nepalesen mit allen nordindischen Fürsten zu stiften begonnen hatten, und die nur durch die Einnahme von Kabul gelähmt worden war. Die Königin von Nepal ist die Haupttriebfeder dieser Intriguen, und seitdem es ihr gelungen ist, die Administration aus den Händen der Familie von Bhim Singh zu reißen, und ihren eigenen Anhängern zu überliefern, ist der König gezwungen, gegen seine Neigung die Hände zu Vielem zu bieten, das er gerne unterlassen hätte. Es ist eine klägliche Sache zu sehen, daß die Thorheit von Elliot und die Indifferenz von Lord Palmerston Indien in die Nothwendigkeit versetzt, zur Erhaltung seiner Ruhe im Innern diesen monströsen Opiumkrieg zu führen, bei dem vorauszusehen ist, daß er auch im glücklichsten Falle zu dem führen muß, womit man hätte anfangen sollen: zum Verbot des Handels mit Opium von englischer Seite, und dazu wird die Art, wie der Handel gegenwärtig durch bewaffnete Schiffe geführt wird, nicht wenig beitragen, denn er artet täglich mehr in eine Art von Seeräuberei aus. Die Compagnie hat so eben die Cultur des Opiums in ihrem eigenen Gebiet von Assam verbieten müssen, wie könnte sie sie gegen China aufrechthalten? Es gibt Dinge, welche so unnatürlich sind, daß sie sich auch durch den größten Mißbrauch brutaler Macht nicht lange erzwingen lassen.

Wie aber ein Unglück meistens wenigstens Eine gute Seite hat, so hat dieser unselige chinesische Krieg der Theecultur in Assam einen großen Vorschub gethan. Das Gouvernement war nicht geneigt gewesen, der Theecompagnie seine Etablissements abzutreten, aber es hat kürzlich beschlossen, daß künftig nur eine kleine und experimentale Theepflanzung und Fabrik auf Kosten der Regierung in Assam unterhalten werden sollte, von welcher aus alle Privatetablissements, die sich bilden würden, mit Theestauden, Samen, Geräthschaften und geübten Arbeitern versehen werden könnten. Es hat der Theecompagnie daher zwei Dritttheile seines gegenwärtigen Etablissements gegen Bezahlung des Materials und der Kosten der Einführung der chinesischen Arbeiter überlassen; das Capital der Compagnie ist eine Million Pf. St., mit der sie 30000 Morgen Theepflanzungen anzulegen und das Product derselben zu bereiten im Stande seyn wird.

Die active Gründung dieser Gesellschaft und der Kautschuk-Compagnie ist ein wichtigeres Ereigniß für Indien als dem ersten Anblick nach erscheint. Beide Compagnien sind in England gebildet und werden mit englischen Capitalien betrieben, was früher nie der Fall war. Dieß ist ein gutes Zeichen und scheint das Beginnen einer neuen Epoche im indischen Handel anzuzeigen. Der commercielle Zustand von Calcutta (denn in Bombay ist es etwas besser) erfordert eine gänzliche Reform, welche nur aus England kommen kann. Die gegenwärtigen Verhältnisse sind im Grunde sehr einfach, wenn man auf ihre Basis zurückgeht, und erklären leicht, warum Indien in seiner Production nicht weit größere Fortschritte gemacht hat. Das Capital der großen Agentenhäuser in Calcutta, in deren Händen der Handel

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Handlungen zuzuschreiben, die der römische Hof selbst getadelt hätte. Es ist aber bekannt, daß in dem Streit, den der Prälat seit 1833 gegen die neu verordneten Gesetze der russischen Regierung in Bezug auf gemischte Ehen hatte, denen er sich noch vor den Bischöfen von Posen und Köln widersetzte, der heilige Vater namentlich in einem Breve vom Junius 1837 die Handlungsweise des Bischofs von Podlachien durchaus billigte. &#x2013; Es möchte fast scheinen, als habe man Widerstand von Seite des Bischofs gegen seine Verhaftung gefürchtet, man hat deßhalb einen Stabschirurg mitgeschickt, der im Nothfall bezeugen sollte, daß er wahnsinnig geworden sey. Aber die Mäßigung des würdigen Bischofs war nicht geringer als seine Festigkeit; er erklärte seinen Gästen, daß, wenn sie gekommen wären, ihn zum Widerruf seiner geschriebenen oder gesprochenen Worte zu zwingen, ihre Mühe vergeblich wäre. &#x201E;Haben Sie dagegen den Befehl, fuhr er fort, mich zu ergreifen, dann sind Sie die Stärkern und da bin ich.&#x201C; Doch setzte er noch schnell eine feierliche Protestation gegen die Gewalt, die ihm geschehen, auf, und übergab seinem Caplan, dem man untersagte, dem Bischof zu folgen, alles Geld, was in seiner Casse war, um es unter die Armen zu vertheilen. Man sagt, er sey nach Mohilew geführt worden, um in einem Dominicanerkloster eingeschlossen zu werden. Diese Verhaftung hat eine große Bewegung im ganzen Lande hervorgebracht. Es ist nicht wahrscheinlich, daß sie zu Gunsten der Regierung sich wende.&#x201C;</p><lb/>
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[1421/0013] Handlungen zuzuschreiben, die der römische Hof selbst getadelt hätte. Es ist aber bekannt, daß in dem Streit, den der Prälat seit 1833 gegen die neu verordneten Gesetze der russischen Regierung in Bezug auf gemischte Ehen hatte, denen er sich noch vor den Bischöfen von Posen und Köln widersetzte, der heilige Vater namentlich in einem Breve vom Junius 1837 die Handlungsweise des Bischofs von Podlachien durchaus billigte. – Es möchte fast scheinen, als habe man Widerstand von Seite des Bischofs gegen seine Verhaftung gefürchtet, man hat deßhalb einen Stabschirurg mitgeschickt, der im Nothfall bezeugen sollte, daß er wahnsinnig geworden sey. Aber die Mäßigung des würdigen Bischofs war nicht geringer als seine Festigkeit; er erklärte seinen Gästen, daß, wenn sie gekommen wären, ihn zum Widerruf seiner geschriebenen oder gesprochenen Worte zu zwingen, ihre Mühe vergeblich wäre. „Haben Sie dagegen den Befehl, fuhr er fort, mich zu ergreifen, dann sind Sie die Stärkern und da bin ich.“ Doch setzte er noch schnell eine feierliche Protestation gegen die Gewalt, die ihm geschehen, auf, und übergab seinem Caplan, dem man untersagte, dem Bischof zu folgen, alles Geld, was in seiner Casse war, um es unter die Armen zu vertheilen. Man sagt, er sey nach Mohilew geführt worden, um in einem Dominicanerkloster eingeschlossen zu werden. Diese Verhaftung hat eine große Bewegung im ganzen Lande hervorgebracht. Es ist nicht wahrscheinlich, daß sie zu Gunsten der Regierung sich wende.“ Schweden. _ Stockholm, 9 Jun. Nach längerem Stillschweigen habe ich Ihnen jetzt zwei interessante Gegenstände zu melden; der eine betrifft die äußern Handelsverhältnisse, der zweite den innern Zustand. Der erste Gegenstand ist der Sundzoll, der im Ritterhause neulich zur Sprache kam. Der betreffende Ausschuß hatte die Sache als eine auswärtige Angelegenheit, worüber die Entscheidung nur der Regierung gebühre, von sich abgelehnt, diese Ansicht ward aber in der Plenarversammlung des Ritterhauses vom 3 Jun. zum Theil mit Heftigkeit bestritten. Die Aeußerungen waren im Ganzen genommen sehr feindlich gegen Dänemark und dessen Verfahren; ein Hr. Lagerhjelm sprach sogar davon, den Sundzoll ganz aufzuheben. Als Vertheidiger der dänischen Regierung trat niemand auf, auch kein Minister, woraus hervorzugehen scheint, daß gegenwärtig lebhafte Unterhandlungen darüber im Gange sind. Eine Beschränkung des Sundzolls wäre bei Dänemarks gegenwärtiger Finanzlage sehr lästig, und müßte die Stellung der Regierung wesentlich verschlimmern, die schwedische kann indeß nicht umhin, gegen die mannichfachen Klagen Abhülfe zu fordern. – Der zweite höchst wichtige Gegenstand sind die kürzlich in den vier Ständen erfolgten Wahlen zur Verstärkung des Staatsausschusses, worin nun eigentlich die Hauptfragen über den financiellen Zustand des Volkes zum Schluß kommen müssen. Es ist dabei gebräuchlich, daß die Parteien eine Liste unter ihren Anhängern circuliren lassen, wornach diese sich richten, damit die Stimmen nicht zu sehr zersplittert werden. So stand im Bauernstand die Liste Hans Janssons der Liste Arindlunds gegenüber, und im Ritterhause gleichfalls die Regierungsliste der der Opposition, welche letztere ziemlich blaß und farblos war. Desto entschiedener war die Regierungsliste: lauter Hof-, Civil- und Militärbeamte ohne auch nur einen Zusatz von tant soit peu unabhängigen Stimmen. Dieß scheint die ganze Oppositionspartei sehr erbittert zu haben, und das Aftonblad, das bisher zuwartete und das neue Ministerium nicht angriff, ist nun mit wahrem Ingrimm losgebrochen. Ostindien und China. _ Calcutta, 15 April. Das Gouvernement bereitet sich auf einen langen Krieg mit China, wie man aus der Thätigkeit in den Arsenalen von Fort William und Dumdum und aus dem Befehl sieht, die Steinkohlenbergwerke, die Dr. Helfer vor zwei Jahren auf der Küste von Tenasserim entdeckt hat, in großer Ausdehnung zu bearbeiten, weil man besorgt, daß man das Depot der Dampfschiffe der Expedition nicht nachhaltig genug von Calcutta aus versehen könne. Es werden nur wenige Truppen von Bengalen angewendet, weil man erwartet, daß der Krieg mit China zur Erneuerung der Conföderation führen werde, welche die Nepalesen mit allen nordindischen Fürsten zu stiften begonnen hatten, und die nur durch die Einnahme von Kabul gelähmt worden war. Die Königin von Nepal ist die Haupttriebfeder dieser Intriguen, und seitdem es ihr gelungen ist, die Administration aus den Händen der Familie von Bhim Singh zu reißen, und ihren eigenen Anhängern zu überliefern, ist der König gezwungen, gegen seine Neigung die Hände zu Vielem zu bieten, das er gerne unterlassen hätte. Es ist eine klägliche Sache zu sehen, daß die Thorheit von Elliot und die Indifferenz von Lord Palmerston Indien in die Nothwendigkeit versetzt, zur Erhaltung seiner Ruhe im Innern diesen monströsen Opiumkrieg zu führen, bei dem vorauszusehen ist, daß er auch im glücklichsten Falle zu dem führen muß, womit man hätte anfangen sollen: zum Verbot des Handels mit Opium von englischer Seite, und dazu wird die Art, wie der Handel gegenwärtig durch bewaffnete Schiffe geführt wird, nicht wenig beitragen, denn er artet täglich mehr in eine Art von Seeräuberei aus. Die Compagnie hat so eben die Cultur des Opiums in ihrem eigenen Gebiet von Assam verbieten müssen, wie könnte sie sie gegen China aufrechthalten? Es gibt Dinge, welche so unnatürlich sind, daß sie sich auch durch den größten Mißbrauch brutaler Macht nicht lange erzwingen lassen. Wie aber ein Unglück meistens wenigstens Eine gute Seite hat, so hat dieser unselige chinesische Krieg der Theecultur in Assam einen großen Vorschub gethan. Das Gouvernement war nicht geneigt gewesen, der Theecompagnie seine Etablissements abzutreten, aber es hat kürzlich beschlossen, daß künftig nur eine kleine und experimentale Theepflanzung und Fabrik auf Kosten der Regierung in Assam unterhalten werden sollte, von welcher aus alle Privatetablissements, die sich bilden würden, mit Theestauden, Samen, Geräthschaften und geübten Arbeitern versehen werden könnten. Es hat der Theecompagnie daher zwei Dritttheile seines gegenwärtigen Etablissements gegen Bezahlung des Materials und der Kosten der Einführung der chinesischen Arbeiter überlassen; das Capital der Compagnie ist eine Million Pf. St., mit der sie 30000 Morgen Theepflanzungen anzulegen und das Product derselben zu bereiten im Stande seyn wird. Die active Gründung dieser Gesellschaft und der Kautschuk-Compagnie ist ein wichtigeres Ereigniß für Indien als dem ersten Anblick nach erscheint. Beide Compagnien sind in England gebildet und werden mit englischen Capitalien betrieben, was früher nie der Fall war. Dieß ist ein gutes Zeichen und scheint das Beginnen einer neuen Epoche im indischen Handel anzuzeigen. Der commercielle Zustand von Calcutta (denn in Bombay ist es etwas besser) erfordert eine gänzliche Reform, welche nur aus England kommen kann. Die gegenwärtigen Verhältnisse sind im Grunde sehr einfach, wenn man auf ihre Basis zurückgeht, und erklären leicht, warum Indien in seiner Production nicht weit größere Fortschritte gemacht hat. Das Capital der großen Agentenhäuser in Calcutta, in deren Händen der Handel

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 179. Augsburg, 27. Juni 1840, S. 1421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_179_18400627/13>, abgerufen am 25.04.2024.