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Allgemeine Zeitung. Nr. 167. Augsburg, 15. Juni 1840.

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groß wurde. Er stieg dergestalt, daß die Bauern der Umgegend sich über die enorm wachsenden Preise der Lebensmittel beklagen zu müssen glaubten. *) Dennoch war vor Zeiten die Tafel der Brunnengäste gewiß nicht glänzend, und die Bequemlichkeit, die ihnen die bei dem Brunnen errichteten Gebäude gewährten, sehr beschränkt. Was von letztern sich noch im Jahr 1831 vorfand - nachdem der Brunnen sehr herabgekommen war, in Folge von übler Verwaltung, von ruinösen Verpachtungen, von Kriegen und Unfällen, wie nicht minder in Folge des steigenden Luxus unter allen Ständen, die sich nicht mehr mit Baracken und Holzhackerkost begnügen wollten, - waren drei hölzerne Hütten mit sieben unheizbaren Kammern, deren Fenster und Dach Sturm und Regen nicht mehr abzuhalten vermochten. Von gleicher Beschaffenheit war der Zustand der Quelle selbst. Dennoch - blieben gleich dazumal die Curgäste weg, wollte doch alle Welt in Tyrol von dem beliebten Sauerbrunnen trinken, und es wurden davon immer gegen 20,000 Flaschen versendet. Immer dringender wurde natürlich das Verlangen, das Bedürfniß, dieses köstliche Wasser unmittelbar an der Quelle genießen zu können, wo sich die heilsame Wirkung desselben hundertfach verstärkt erweist. Diesem Bedürfniß zu entsprechen, bildete sich endlich eine Actiengesellschaft, die ein nicht unbedeutendes Capital daran setzte, den altberühmten Heilbrunnen wieder zu Ehren zu bringen. Sie ging rüstig zu Werke, erwarb von Seite des Aerars die kostbare Quelle und die verfallenden Hütten, und bereits 1834 stand ein nagelneues massives und sehr geräumiges Bad- und Wohngebäude stolz auf dem Brunnenhügel, und gewährte schon vom Thal aus gesehen durch seine großartig-gastliche Fronte dem Wanderer einen herrlichen Anblick, der allein ihn schon verlockt, über die imposant aufragenden Trümmer des Schlosses Landeck zu dem freundlich winkenden Hause emporzusteigen und sich's in dessen Räume, umgeben vom reinsten Aether, wohl seyn zu lassen. Dennoch ahnet der auf der Heerstraße Dahinfahrende keineswegs, was ihn dort oben in dem schönen Hause erwartet. Die zahlreichen Zimmer für die Gäste sind durchgängig luftig und bequem; der Speisesaal ist das Muster eines sehr geräumigen und heitern Locals. Im ganzen Hause ist kein dunkler Winkel zu finden. Sehr bequeme Badecabinette laden zur Pflege des Körpers ein. Die Bedienung in demselben ist zweckmäßig, die Einrichtung überall einfach, doch genügend. Tafel und Keller sind musterhaft bestellt, was um so höher anzuschlagen, als das Etablissement so weit von Landeck entfernt ist, woher Alles bezogen werden muß. Die Controle, die von den Actionnärs, welche Jahr für Jahr das Etablissement zu besuchen pflegen, über den Wirthschaftspächter ausgeübt wird, ist allerdings ein thätiger Sporn für denselben, und eine Garantie für den fremden Badegast. Neben der Güte der Betten, der Speisen und Getränke und dergl. erscheinen obendrein die Preise unglaublich mäßig. Man lebt in Oberladis, ceteris paribus, so gut wie auf dem Rigi, man verwundert sich darüber wie auf dem Rigi, und man bezahlt dafür zwei Drittel weniger als auf dem Rigi. Man hat in den Kauf dabei eine Gesellschaft, die angenehm, schlicht und aufgeräumt ist, wie gebildete Tyroler gemeinhin zu seyn pflegen.

Die Wirkungen des Sauerbrunnens sind denen des Schwalbacher Brunnens nicht nachstehend. Zugleich hat die gütige Natur neben dem Säuerling die Schwefelquelle entspringen lassen die in manchen Fällen jenem als Correctiv dienen mag. Eine ausführliche Analysis der Quellen von Obladis und ihrer Heilkräfte ist in dem Büchlein zu finden, das Professor Albaneder vor ein paar Jahren über obigen Sauerbrunnen geschrieben, und in der Wagner'schen Buchhandlung zu Innsbruck herausgegeben hat. Wer schildert aber, wie unermeßlich wohlthätig die Luft der Gebirge um Obladis auf den abgespannten und geschwächten Organismus des Menschen wirkt? Der Sommer hat auf jenen Höhen seine glühende Hitze verloren, und eine milde, unendlich erfrischende Temperatur stärkt den Curgast selbst auf seinen beschwerlichsten Wanderungen über Berg und Thal, so daß er nie eine auffallende Ermüdung verspüren wird. Die Feder beschreibt auch nicht genügend die majestätische Aussicht, die sich gegen Osten von den Fenstern des Badhauses dem staunenden Auge eröffnet. Die prachtvollsten Berge und Gletscher stehen als dichtgeschaarte Wächter um das tiefe Thal, das der wilde Innstrom durchrauscht. Aus dem höchst romantischen Kanuserthal, das sich dem Schauenden gegenüber aufthut, strömt der reißende Faggenbach dem Innflusse zu. Prachtvoll ist das Bergland umher mit seinen unzähligen Dörfern, Weilern und einzelnen Höfen, classisch daneben in voller Bedeutung. Da liegt vor uns das malerische Schloß Landeck und sein kleiner See; da ist die Brücke von Pontlatz und das Joch Gahenblick, beide berühmt geworden durch die Siege der tyrolischen Landesvertheidiger in den Jahren 1703 und 1809; da ist Schloß Berneck, auf steilem Felsen trotzend aus der Schlucht des Kanuserthals: Berneck, wo der geächtete Herzog Friedrich 1416 bei seinem Freunde, dem von Mülinen, Schutz und Schirm gefunden; da ist, hellstrahlend aus dem Hintergrunde desselben Thals, obgleich mehrere Stunden vom Beschauer entfernt, die uralte Wallfahrtskirche Kaltenbrunn, seit vielen Jahrhunderten eifrigst besucht und gepriesen von den Frommen; in mäßiger Entfernung von der Badeanstalt trifft man das in reizenden Auen gelegene Dorf Fiss, eine Strecke davon Serfaus, eine der ältesten Pfarreien im Lande, wo noch die finstere Capelle gezeigt wird, worinnen im grauen Heidenthum die ersten Christen ihre Mysterien heimlich begangen haben sollen. Jenseits des Inn, auf steilen Zickzackwegen zu erklimmen, liegt das wundervoll situirte Bergdorf Fendels. Die mannichfaltigsten Wege führen nach all diesen Orten und nach mehreren andern, die billig hier der Kürze halber nicht genannt werden. Immer heiterer an Auge und Herz kehrt der Gast von Obladis von jeder dieser Wanderungen zu der ihm so wohlthätigen Quelle zurück. Der Hülfsbedürftige von nah oder fern, der neugierige Wanderer und Tourist, der dem berühmtern Meran entgegeneilt oder von demselben kommt, sollte nicht unterlassen, wenigstens auf einige Tage Obladis zu besuchen, und diesen versteckten, aber höchst interessanten Erdenwinkel kennen und lieben zu lernen.

*) Noch heute klagen sie über den Brunnen, weil er ihren Dienstboten, die häufig davon trinken, allzu großen Appetit macht.

groß wurde. Er stieg dergestalt, daß die Bauern der Umgegend sich über die enorm wachsenden Preise der Lebensmittel beklagen zu müssen glaubten. *) Dennoch war vor Zeiten die Tafel der Brunnengäste gewiß nicht glänzend, und die Bequemlichkeit, die ihnen die bei dem Brunnen errichteten Gebäude gewährten, sehr beschränkt. Was von letztern sich noch im Jahr 1831 vorfand – nachdem der Brunnen sehr herabgekommen war, in Folge von übler Verwaltung, von ruinösen Verpachtungen, von Kriegen und Unfällen, wie nicht minder in Folge des steigenden Luxus unter allen Ständen, die sich nicht mehr mit Baracken und Holzhackerkost begnügen wollten, – waren drei hölzerne Hütten mit sieben unheizbaren Kammern, deren Fenster und Dach Sturm und Regen nicht mehr abzuhalten vermochten. Von gleicher Beschaffenheit war der Zustand der Quelle selbst. Dennoch – blieben gleich dazumal die Curgäste weg, wollte doch alle Welt in Tyrol von dem beliebten Sauerbrunnen trinken, und es wurden davon immer gegen 20,000 Flaschen versendet. Immer dringender wurde natürlich das Verlangen, das Bedürfniß, dieses köstliche Wasser unmittelbar an der Quelle genießen zu können, wo sich die heilsame Wirkung desselben hundertfach verstärkt erweist. Diesem Bedürfniß zu entsprechen, bildete sich endlich eine Actiengesellschaft, die ein nicht unbedeutendes Capital daran setzte, den altberühmten Heilbrunnen wieder zu Ehren zu bringen. Sie ging rüstig zu Werke, erwarb von Seite des Aerars die kostbare Quelle und die verfallenden Hütten, und bereits 1834 stand ein nagelneues massives und sehr geräumiges Bad- und Wohngebäude stolz auf dem Brunnenhügel, und gewährte schon vom Thal aus gesehen durch seine großartig-gastliche Fronte dem Wanderer einen herrlichen Anblick, der allein ihn schon verlockt, über die imposant aufragenden Trümmer des Schlosses Landeck zu dem freundlich winkenden Hause emporzusteigen und sich's in dessen Räume, umgeben vom reinsten Aether, wohl seyn zu lassen. Dennoch ahnet der auf der Heerstraße Dahinfahrende keineswegs, was ihn dort oben in dem schönen Hause erwartet. Die zahlreichen Zimmer für die Gäste sind durchgängig luftig und bequem; der Speisesaal ist das Muster eines sehr geräumigen und heitern Locals. Im ganzen Hause ist kein dunkler Winkel zu finden. Sehr bequeme Badecabinette laden zur Pflege des Körpers ein. Die Bedienung in demselben ist zweckmäßig, die Einrichtung überall einfach, doch genügend. Tafel und Keller sind musterhaft bestellt, was um so höher anzuschlagen, als das Etablissement so weit von Landeck entfernt ist, woher Alles bezogen werden muß. Die Controle, die von den Actionnärs, welche Jahr für Jahr das Etablissement zu besuchen pflegen, über den Wirthschaftspächter ausgeübt wird, ist allerdings ein thätiger Sporn für denselben, und eine Garantie für den fremden Badegast. Neben der Güte der Betten, der Speisen und Getränke und dergl. erscheinen obendrein die Preise unglaublich mäßig. Man lebt in Oberladis, ceteris paribus, so gut wie auf dem Rigi, man verwundert sich darüber wie auf dem Rigi, und man bezahlt dafür zwei Drittel weniger als auf dem Rigi. Man hat in den Kauf dabei eine Gesellschaft, die angenehm, schlicht und aufgeräumt ist, wie gebildete Tyroler gemeinhin zu seyn pflegen.

Die Wirkungen des Sauerbrunnens sind denen des Schwalbacher Brunnens nicht nachstehend. Zugleich hat die gütige Natur neben dem Säuerling die Schwefelquelle entspringen lassen die in manchen Fällen jenem als Correctiv dienen mag. Eine ausführliche Analysis der Quellen von Obladis und ihrer Heilkräfte ist in dem Büchlein zu finden, das Professor Albaneder vor ein paar Jahren über obigen Sauerbrunnen geschrieben, und in der Wagner'schen Buchhandlung zu Innsbruck herausgegeben hat. Wer schildert aber, wie unermeßlich wohlthätig die Luft der Gebirge um Obladis auf den abgespannten und geschwächten Organismus des Menschen wirkt? Der Sommer hat auf jenen Höhen seine glühende Hitze verloren, und eine milde, unendlich erfrischende Temperatur stärkt den Curgast selbst auf seinen beschwerlichsten Wanderungen über Berg und Thal, so daß er nie eine auffallende Ermüdung verspüren wird. Die Feder beschreibt auch nicht genügend die majestätische Aussicht, die sich gegen Osten von den Fenstern des Badhauses dem staunenden Auge eröffnet. Die prachtvollsten Berge und Gletscher stehen als dichtgeschaarte Wächter um das tiefe Thal, das der wilde Innstrom durchrauscht. Aus dem höchst romantischen Kanuserthal, das sich dem Schauenden gegenüber aufthut, strömt der reißende Faggenbach dem Innflusse zu. Prachtvoll ist das Bergland umher mit seinen unzähligen Dörfern, Weilern und einzelnen Höfen, classisch daneben in voller Bedeutung. Da liegt vor uns das malerische Schloß Landeck und sein kleiner See; da ist die Brücke von Pontlatz und das Joch Gahenblick, beide berühmt geworden durch die Siege der tyrolischen Landesvertheidiger in den Jahren 1703 und 1809; da ist Schloß Berneck, auf steilem Felsen trotzend aus der Schlucht des Kanuserthals: Berneck, wo der geächtete Herzog Friedrich 1416 bei seinem Freunde, dem von Mülinen, Schutz und Schirm gefunden; da ist, hellstrahlend aus dem Hintergrunde desselben Thals, obgleich mehrere Stunden vom Beschauer entfernt, die uralte Wallfahrtskirche Kaltenbrunn, seit vielen Jahrhunderten eifrigst besucht und gepriesen von den Frommen; in mäßiger Entfernung von der Badeanstalt trifft man das in reizenden Auen gelegene Dorf Fiss, eine Strecke davon Serfaus, eine der ältesten Pfarreien im Lande, wo noch die finstere Capelle gezeigt wird, worinnen im grauen Heidenthum die ersten Christen ihre Mysterien heimlich begangen haben sollen. Jenseits des Inn, auf steilen Zickzackwegen zu erklimmen, liegt das wundervoll situirte Bergdorf Fendels. Die mannichfaltigsten Wege führen nach all diesen Orten und nach mehreren andern, die billig hier der Kürze halber nicht genannt werden. Immer heiterer an Auge und Herz kehrt der Gast von Obladis von jeder dieser Wanderungen zu der ihm so wohlthätigen Quelle zurück. Der Hülfsbedürftige von nah oder fern, der neugierige Wanderer und Tourist, der dem berühmtern Meran entgegeneilt oder von demselben kommt, sollte nicht unterlassen, wenigstens auf einige Tage Obladis zu besuchen, und diesen versteckten, aber höchst interessanten Erdenwinkel kennen und lieben zu lernen.

*) Noch heute klagen sie über den Brunnen, weil er ihren Dienstboten, die häufig davon trinken, allzu großen Appetit macht.
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[1333/0013] groß wurde. Er stieg dergestalt, daß die Bauern der Umgegend sich über die enorm wachsenden Preise der Lebensmittel beklagen zu müssen glaubten. *) Dennoch war vor Zeiten die Tafel der Brunnengäste gewiß nicht glänzend, und die Bequemlichkeit, die ihnen die bei dem Brunnen errichteten Gebäude gewährten, sehr beschränkt. Was von letztern sich noch im Jahr 1831 vorfand – nachdem der Brunnen sehr herabgekommen war, in Folge von übler Verwaltung, von ruinösen Verpachtungen, von Kriegen und Unfällen, wie nicht minder in Folge des steigenden Luxus unter allen Ständen, die sich nicht mehr mit Baracken und Holzhackerkost begnügen wollten, – waren drei hölzerne Hütten mit sieben unheizbaren Kammern, deren Fenster und Dach Sturm und Regen nicht mehr abzuhalten vermochten. Von gleicher Beschaffenheit war der Zustand der Quelle selbst. Dennoch – blieben gleich dazumal die Curgäste weg, wollte doch alle Welt in Tyrol von dem beliebten Sauerbrunnen trinken, und es wurden davon immer gegen 20,000 Flaschen versendet. Immer dringender wurde natürlich das Verlangen, das Bedürfniß, dieses köstliche Wasser unmittelbar an der Quelle genießen zu können, wo sich die heilsame Wirkung desselben hundertfach verstärkt erweist. Diesem Bedürfniß zu entsprechen, bildete sich endlich eine Actiengesellschaft, die ein nicht unbedeutendes Capital daran setzte, den altberühmten Heilbrunnen wieder zu Ehren zu bringen. Sie ging rüstig zu Werke, erwarb von Seite des Aerars die kostbare Quelle und die verfallenden Hütten, und bereits 1834 stand ein nagelneues massives und sehr geräumiges Bad- und Wohngebäude stolz auf dem Brunnenhügel, und gewährte schon vom Thal aus gesehen durch seine großartig-gastliche Fronte dem Wanderer einen herrlichen Anblick, der allein ihn schon verlockt, über die imposant aufragenden Trümmer des Schlosses Landeck zu dem freundlich winkenden Hause emporzusteigen und sich's in dessen Räume, umgeben vom reinsten Aether, wohl seyn zu lassen. Dennoch ahnet der auf der Heerstraße Dahinfahrende keineswegs, was ihn dort oben in dem schönen Hause erwartet. Die zahlreichen Zimmer für die Gäste sind durchgängig luftig und bequem; der Speisesaal ist das Muster eines sehr geräumigen und heitern Locals. Im ganzen Hause ist kein dunkler Winkel zu finden. Sehr bequeme Badecabinette laden zur Pflege des Körpers ein. Die Bedienung in demselben ist zweckmäßig, die Einrichtung überall einfach, doch genügend. Tafel und Keller sind musterhaft bestellt, was um so höher anzuschlagen, als das Etablissement so weit von Landeck entfernt ist, woher Alles bezogen werden muß. Die Controle, die von den Actionnärs, welche Jahr für Jahr das Etablissement zu besuchen pflegen, über den Wirthschaftspächter ausgeübt wird, ist allerdings ein thätiger Sporn für denselben, und eine Garantie für den fremden Badegast. Neben der Güte der Betten, der Speisen und Getränke und dergl. erscheinen obendrein die Preise unglaublich mäßig. Man lebt in Oberladis, ceteris paribus, so gut wie auf dem Rigi, man verwundert sich darüber wie auf dem Rigi, und man bezahlt dafür zwei Drittel weniger als auf dem Rigi. Man hat in den Kauf dabei eine Gesellschaft, die angenehm, schlicht und aufgeräumt ist, wie gebildete Tyroler gemeinhin zu seyn pflegen. Die Wirkungen des Sauerbrunnens sind denen des Schwalbacher Brunnens nicht nachstehend. Zugleich hat die gütige Natur neben dem Säuerling die Schwefelquelle entspringen lassen die in manchen Fällen jenem als Correctiv dienen mag. Eine ausführliche Analysis der Quellen von Obladis und ihrer Heilkräfte ist in dem Büchlein zu finden, das Professor Albaneder vor ein paar Jahren über obigen Sauerbrunnen geschrieben, und in der Wagner'schen Buchhandlung zu Innsbruck herausgegeben hat. Wer schildert aber, wie unermeßlich wohlthätig die Luft der Gebirge um Obladis auf den abgespannten und geschwächten Organismus des Menschen wirkt? Der Sommer hat auf jenen Höhen seine glühende Hitze verloren, und eine milde, unendlich erfrischende Temperatur stärkt den Curgast selbst auf seinen beschwerlichsten Wanderungen über Berg und Thal, so daß er nie eine auffallende Ermüdung verspüren wird. Die Feder beschreibt auch nicht genügend die majestätische Aussicht, die sich gegen Osten von den Fenstern des Badhauses dem staunenden Auge eröffnet. Die prachtvollsten Berge und Gletscher stehen als dichtgeschaarte Wächter um das tiefe Thal, das der wilde Innstrom durchrauscht. Aus dem höchst romantischen Kanuserthal, das sich dem Schauenden gegenüber aufthut, strömt der reißende Faggenbach dem Innflusse zu. Prachtvoll ist das Bergland umher mit seinen unzähligen Dörfern, Weilern und einzelnen Höfen, classisch daneben in voller Bedeutung. Da liegt vor uns das malerische Schloß Landeck und sein kleiner See; da ist die Brücke von Pontlatz und das Joch Gahenblick, beide berühmt geworden durch die Siege der tyrolischen Landesvertheidiger in den Jahren 1703 und 1809; da ist Schloß Berneck, auf steilem Felsen trotzend aus der Schlucht des Kanuserthals: Berneck, wo der geächtete Herzog Friedrich 1416 bei seinem Freunde, dem von Mülinen, Schutz und Schirm gefunden; da ist, hellstrahlend aus dem Hintergrunde desselben Thals, obgleich mehrere Stunden vom Beschauer entfernt, die uralte Wallfahrtskirche Kaltenbrunn, seit vielen Jahrhunderten eifrigst besucht und gepriesen von den Frommen; in mäßiger Entfernung von der Badeanstalt trifft man das in reizenden Auen gelegene Dorf Fiss, eine Strecke davon Serfaus, eine der ältesten Pfarreien im Lande, wo noch die finstere Capelle gezeigt wird, worinnen im grauen Heidenthum die ersten Christen ihre Mysterien heimlich begangen haben sollen. Jenseits des Inn, auf steilen Zickzackwegen zu erklimmen, liegt das wundervoll situirte Bergdorf Fendels. Die mannichfaltigsten Wege führen nach all diesen Orten und nach mehreren andern, die billig hier der Kürze halber nicht genannt werden. Immer heiterer an Auge und Herz kehrt der Gast von Obladis von jeder dieser Wanderungen zu der ihm so wohlthätigen Quelle zurück. Der Hülfsbedürftige von nah oder fern, der neugierige Wanderer und Tourist, der dem berühmtern Meran entgegeneilt oder von demselben kommt, sollte nicht unterlassen, wenigstens auf einige Tage Obladis zu besuchen, und diesen versteckten, aber höchst interessanten Erdenwinkel kennen und lieben zu lernen. *) Noch heute klagen sie über den Brunnen, weil er ihren Dienstboten, die häufig davon trinken, allzu großen Appetit macht.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 167. Augsburg, 15. Juni 1840, S. 1333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_167_18400615/13>, abgerufen am 22.11.2024.