Allgemeine Zeitung. Nr. 161. Augsburg, 9. Juni 1840.dem General ewige Treue. Cabrera schwang seinen Säbel und rief: Viva la religion, viva el Rey! Im Chorus wiederholte sich dieser Ausruf. Einige Granaten, welche der Feind von dem entfernten San Pedro Martyr im weitesten Bogen schleuderte, zersprangen hoch in der Luft über der versammelten Menge. Tags darauf vereinigte Cabrera alle seine Bataillone und Schwadronen, und stellte sich abermals dicht vor die feindliche Stellung, so die Gegner zum Kampf herausfordernd. Immer näher rückten unsere Infanterie-Guerillas und die aragonischen Schützen zu Pferd, deren Kugeln bis dicht vor der Ermita, wo Oraa mit seinem Generalstab hielt, aufschlugen. Der Feind wollte jedoch nicht heraus, und alles Provociren war umsonst; wie leblos blieben seine dichten Massen auf den sie deckenden jenseitigen Abhängen des Bergrückens, den sie besetzt hielten. (Wir übergehen hier mehrere Gefechte, die noch vor Beginn der eigentlichen Belagerungsoperationen stattfanden und in dem uns vorliegenden Manuscript umständlicher erzählt werden.) Cabrera besetzte nunmehr mit den beiden Divisionen von Tortosa und Aragon die Muela de la Garumba, und stellte die castilianischen Bataillone und das Bataillon von Basilio zur Verbindung mit Morella und Forcadell auf. Forcadell stand jetzt östlich von der Festung in der Sierra de Beltrol, woselbst er eine concentrirte Aufstellung genommen hatte. Die Aufsteckung der "bandera negra" deutete genugsam den Entschluß Cabrera's, zu siegen oder unterzugehen, an, auch hatte der General noch außerdem aufs strengste befohlen, daß weder von der Festung noch von den außerhalb kämpfenden Truppen feindliche Parlamentärs zugelassen oder gar Unterredungen angeknüpft werden sollten. Trotz diesem ausdrücklichen Befehle war es einem feindlichen Trompeter und einem Officier gelungen, am hellen Mittage bis ans Thor ganz nahe unter den Castillo vorzureiten, in der Absicht zu unterhandeln oder zu recognosciren. Der Befehl des Generals wurde hiebei, sey es aus böser Absicht, unzeitiger Schonung oder Unverstand, nicht sogleich erfüllt, weßhalb Cabrera, zeitig genug davon unterrichtet, selbst an Ort und Stelle eilte und sofort befahl Feuer zu geben. Beiden Feinden wurden die Pferde erschossen, sie selbst fanden ihr Heil nur in eiligster Flucht, indem sie sich in die nahen Schluchten warfen, um an Oraa den schlimmen Erfolg ihres Unternehmens zu rapportiren. Dieses Ereigniß belehrte den bejahrten, aber dennoch kräftigen Oraa wiederholt, was er von seinem Gegner zu erwarten habe. Am 11 besetzte und fortificirte der Feind mehrere vereinzelte Masias (Bauernhäuser von Stein aufgeführt) auf dem breiten Abhänge, la Querola genannt, welcher von der Eremita San Pedro Martyr ausläuft und in südöstlicher Richtung sich nahe bis an die Festung heranzieht; wie schon gesagt, ist dieß das einzige Terrain, welches die Aufstellung der Breschbatterien bei noch wirksamer Schußweite (3 bis 400 Schritt) zuläßt und die Geschütze verdeckt in die Batterien eingefahren werden können. Sollte dem Leser ein Plan von Morella vorliegen, so muß im Norden der Stadt dieser Höhenzug aufgesucht werden. Zu den steten Gefechten der Bedeckungsarmee, in welchen die einzelnen um die Festung herumliegenden Gebäude, die oft 6 bis 8mal erstürmt und wieder aufgegeben, die Rolle kleiner detachirter Forts spielten, kamen noch die vielen Ausfälle der Besatzung, die bei jeder geeigneten Gelegenheit von den tapfern Tortosinern und den Guiden von Aragon gemacht wurden, wobei fast immer das Bajonett entschied, denn auch der Gegner hatte seine besten Regimenter zu dem Kampfe um Morella herbeigeführt. Dem Meson de Beltran, nur einige hundert Schritte vom Fuße des westlichen steilen Abhanges von Morella entfernt, war die Hauptrolle zugefallen. Hier, auf der Straße nach dem zwei Stunden entfernten Städtchen Orcajo (auch Forcall genannt) lag das kleine Wirthshaus de Beltran, welches von einer feindlichen Colonne am 12 d. M. eingenommen, fortificirt und mit leichter Artillerie besetzt worden war. Es vertheidigte sich so gut, daß alle Anstrengungen der Belagerten sowohl als der Bedeckungstruppen sich hier brachen. - Es blieb auch während der ganzen Dauer der Belagerung im Besitz des Feindes und unterbrach die directe Verbindung der Festung mit der Muela de Garumba und Cantavieja; dieß ist der Grund seiner Wichtigkeit. Am 13 August hatte der Feind den Bau seiner Bresche- und Mörserbatterie beendet, seine Geschütze auf die Bettungen geführt, und nachdem ein abermaliger Versuch zu Unterhandlungen noch unsanfter als am vorhergehenden Tage abgelaufen war, mit Anbruch des folgenden Tages (14 August) das Feuern begonnen. Die Courtine zwischen dem rechts liegenden Thurme von dem Thore San Miguel und dem sogenannten runden Thurme, welcher kurz vorher abgetragen und zur Aufstellung eines 12Pfünders eingerichtet worden, wenn man diese Verbindungsmauer so nennen darf, war zur Bresche auserlesen worden. Wegen der geringen Stärke der Mauer (nur 10 Fuß) und bei dem an sich schlechten, und durch die Zeit verwitterten Material, aus welchem dieselbe aufgeführt, würde die Bresche noch in kürzerer Zeit bewirkt worden seyn, wenn nicht das wohlgezielte und sehr präcise Feuer des Castillo ein feindliches Geschütz nach dem andern in der Breschbatterie (worin vier 24Pfünder, vier 18Pfünder standen) demontirt und die Schießscharten und Merlons der Batterie selbst demolirt hätte. Die feindlichen Artilleriemannschaften und Sappeurs versuchten es, wetteifernd mit dem Muthe ihrer Gegner, sogleich zu deren Ausbesserung zu schreiten, immer verjagt, wiederholten sie es fünf bis sechsmal, bis sie endlich nach allen vergeblichen Bemühungen mit großem Verluste gänzlich zurückgetrieben wurden, und ihre Arbeit bis zur nächsten Nacht aufschieben mußten. Mit eingetretener Dunkelheit begann auch für die Belagerten eine sehr gefährliche Arbeit an einem hoch aufgeführten Erd-Espaldon (Brustwehr, auch Epaulement) mit vorwärts gebrochenen und an die Ringmauer sich anlehnenden Flanken. Ein kleiner freier Platz zwischen der Mauer und den Häusern der Stadt, unmittelbar hinter der Bresche, begünstigte die Anlage dieses Werkes, welches genau die Form eines Abschnittes zu der innern Vertheidigung einer Bastion hatte, und auch deren Zweck erfüllte. Der schon früher erwähnte junge Ingenieurcapitän leitete den Bau, und seine persönliche Bravour nebst der öftern Gegenwart des Grafen Negri und der übrigen Oberbefehlshaber der Garnison beseelte und kräftigte die arbeitenden Sappeurs zu größter Anstrengung und Ausdauer. Dieses neu errichtete Werk lag gerade in der Schußlinie der feindlichen Batterie, bei beinahe geöffneter Bresche war es daher sehr schwer auszuführen. Nach 24 Stunden ununterbrochener Arbeit gefang es jedoch dasselbe zu vollenden; 20 Sappeurs und 37 Infanteristen waren hiebei als Opfer gefallen, aber das neue Erdwerk war von weit größerer Dauer und Widerstandsfähigkeit als die Mauer selbst. Es war unmöglich wegen der vortheilhaft gewählten Anlage in dasselbe Bresche zu legen; nur nach einem Kampfe mit blanker Waffe konnte es er[o]bert werden. In den in verschiedenen Richtungen rückwärts liegenden Häusern waren 2 bis 3 Etagen Schießscharten angebracht worden, so daß ein kreuzendes Feuer in allen Directionen auf den freien Zugang der Bresche gegeben werden konnte. Der 14 August, an welchem dieser so nöthige Bau mit dem General ewige Treue. Cabrera schwang seinen Säbel und rief: Viva la religion, viva el Rey! Im Chorus wiederholte sich dieser Ausruf. Einige Granaten, welche der Feind von dem entfernten San Pedro Martyr im weitesten Bogen schleuderte, zersprangen hoch in der Luft über der versammelten Menge. Tags darauf vereinigte Cabrera alle seine Bataillone und Schwadronen, und stellte sich abermals dicht vor die feindliche Stellung, so die Gegner zum Kampf herausfordernd. Immer näher rückten unsere Infanterie-Guerillas und die aragonischen Schützen zu Pferd, deren Kugeln bis dicht vor der Ermita, wo Oraa mit seinem Generalstab hielt, aufschlugen. Der Feind wollte jedoch nicht heraus, und alles Provociren war umsonst; wie leblos blieben seine dichten Massen auf den sie deckenden jenseitigen Abhängen des Bergrückens, den sie besetzt hielten. (Wir übergehen hier mehrere Gefechte, die noch vor Beginn der eigentlichen Belagerungsoperationen stattfanden und in dem uns vorliegenden Manuscript umständlicher erzählt werden.) Cabrera besetzte nunmehr mit den beiden Divisionen von Tortosa und Aragon die Muela de la Garumba, und stellte die castilianischen Bataillone und das Bataillon von Basilio zur Verbindung mit Morella und Forcadell auf. Forcadell stand jetzt östlich von der Festung in der Sierra de Beltrol, woselbst er eine concentrirte Aufstellung genommen hatte. Die Aufsteckung der „bandera negra“ deutete genugsam den Entschluß Cabrera's, zu siegen oder unterzugehen, an, auch hatte der General noch außerdem aufs strengste befohlen, daß weder von der Festung noch von den außerhalb kämpfenden Truppen feindliche Parlamentärs zugelassen oder gar Unterredungen angeknüpft werden sollten. Trotz diesem ausdrücklichen Befehle war es einem feindlichen Trompeter und einem Officier gelungen, am hellen Mittage bis ans Thor ganz nahe unter den Castillo vorzureiten, in der Absicht zu unterhandeln oder zu recognosciren. Der Befehl des Generals wurde hiebei, sey es aus böser Absicht, unzeitiger Schonung oder Unverstand, nicht sogleich erfüllt, weßhalb Cabrera, zeitig genug davon unterrichtet, selbst an Ort und Stelle eilte und sofort befahl Feuer zu geben. Beiden Feinden wurden die Pferde erschossen, sie selbst fanden ihr Heil nur in eiligster Flucht, indem sie sich in die nahen Schluchten warfen, um an Oraa den schlimmen Erfolg ihres Unternehmens zu rapportiren. Dieses Ereigniß belehrte den bejahrten, aber dennoch kräftigen Oraa wiederholt, was er von seinem Gegner zu erwarten habe. Am 11 besetzte und fortificirte der Feind mehrere vereinzelte Masias (Bauernhäuser von Stein aufgeführt) auf dem breiten Abhänge, la Querola genannt, welcher von der Eremita San Pedro Martyr ausläuft und in südöstlicher Richtung sich nahe bis an die Festung heranzieht; wie schon gesagt, ist dieß das einzige Terrain, welches die Aufstellung der Breschbatterien bei noch wirksamer Schußweite (3 bis 400 Schritt) zuläßt und die Geschütze verdeckt in die Batterien eingefahren werden können. Sollte dem Leser ein Plan von Morella vorliegen, so muß im Norden der Stadt dieser Höhenzug aufgesucht werden. Zu den steten Gefechten der Bedeckungsarmee, in welchen die einzelnen um die Festung herumliegenden Gebäude, die oft 6 bis 8mal erstürmt und wieder aufgegeben, die Rolle kleiner detachirter Forts spielten, kamen noch die vielen Ausfälle der Besatzung, die bei jeder geeigneten Gelegenheit von den tapfern Tortosinern und den Guiden von Aragon gemacht wurden, wobei fast immer das Bajonett entschied, denn auch der Gegner hatte seine besten Regimenter zu dem Kampfe um Morella herbeigeführt. Dem Meson de Beltran, nur einige hundert Schritte vom Fuße des westlichen steilen Abhanges von Morella entfernt, war die Hauptrolle zugefallen. Hier, auf der Straße nach dem zwei Stunden entfernten Städtchen Orcajo (auch Forcall genannt) lag das kleine Wirthshaus de Beltran, welches von einer feindlichen Colonne am 12 d. M. eingenommen, fortificirt und mit leichter Artillerie besetzt worden war. Es vertheidigte sich so gut, daß alle Anstrengungen der Belagerten sowohl als der Bedeckungstruppen sich hier brachen. – Es blieb auch während der ganzen Dauer der Belagerung im Besitz des Feindes und unterbrach die directe Verbindung der Festung mit der Muela de Garumba und Cantavieja; dieß ist der Grund seiner Wichtigkeit. Am 13 August hatte der Feind den Bau seiner Bresche- und Mörserbatterie beendet, seine Geschütze auf die Bettungen geführt, und nachdem ein abermaliger Versuch zu Unterhandlungen noch unsanfter als am vorhergehenden Tage abgelaufen war, mit Anbruch des folgenden Tages (14 August) das Feuern begonnen. Die Courtine zwischen dem rechts liegenden Thurme von dem Thore San Miguel und dem sogenannten runden Thurme, welcher kurz vorher abgetragen und zur Aufstellung eines 12Pfünders eingerichtet worden, wenn man diese Verbindungsmauer so nennen darf, war zur Bresche auserlesen worden. Wegen der geringen Stärke der Mauer (nur 10 Fuß) und bei dem an sich schlechten, und durch die Zeit verwitterten Material, aus welchem dieselbe aufgeführt, würde die Bresche noch in kürzerer Zeit bewirkt worden seyn, wenn nicht das wohlgezielte und sehr präcise Feuer des Castillo ein feindliches Geschütz nach dem andern in der Breschbatterie (worin vier 24Pfünder, vier 18Pfünder standen) demontirt und die Schießscharten und Merlons der Batterie selbst demolirt hätte. Die feindlichen Artilleriemannschaften und Sappeurs versuchten es, wetteifernd mit dem Muthe ihrer Gegner, sogleich zu deren Ausbesserung zu schreiten, immer verjagt, wiederholten sie es fünf bis sechsmal, bis sie endlich nach allen vergeblichen Bemühungen mit großem Verluste gänzlich zurückgetrieben wurden, und ihre Arbeit bis zur nächsten Nacht aufschieben mußten. Mit eingetretener Dunkelheit begann auch für die Belagerten eine sehr gefährliche Arbeit an einem hoch aufgeführten Erd-Espaldon (Brustwehr, auch Epaulement) mit vorwärts gebrochenen und an die Ringmauer sich anlehnenden Flanken. Ein kleiner freier Platz zwischen der Mauer und den Häusern der Stadt, unmittelbar hinter der Bresche, begünstigte die Anlage dieses Werkes, welches genau die Form eines Abschnittes zu der innern Vertheidigung einer Bastion hatte, und auch deren Zweck erfüllte. Der schon früher erwähnte junge Ingenieurcapitän leitete den Bau, und seine persönliche Bravour nebst der öftern Gegenwart des Grafen Negri und der übrigen Oberbefehlshaber der Garnison beseelte und kräftigte die arbeitenden Sappeurs zu größter Anstrengung und Ausdauer. Dieses neu errichtete Werk lag gerade in der Schußlinie der feindlichen Batterie, bei beinahe geöffneter Bresche war es daher sehr schwer auszuführen. Nach 24 Stunden ununterbrochener Arbeit gefang es jedoch dasselbe zu vollenden; 20 Sappeurs und 37 Infanteristen waren hiebei als Opfer gefallen, aber das neue Erdwerk war von weit größerer Dauer und Widerstandsfähigkeit als die Mauer selbst. Es war unmöglich wegen der vortheilhaft gewählten Anlage in dasselbe Bresche zu legen; nur nach einem Kampfe mit blanker Waffe konnte es er[o]bert werden. In den in verschiedenen Richtungen rückwärts liegenden Häusern waren 2 bis 3 Etagen Schießscharten angebracht worden, so daß ein kreuzendes Feuer in allen Directionen auf den freien Zugang der Bresche gegeben werden konnte. Der 14 August, an welchem dieser so nöthige Bau mit <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0011" n="1283"/> dem General ewige Treue. Cabrera schwang seinen Säbel und rief: Viva la religion, viva el Rey! Im Chorus wiederholte sich dieser Ausruf. Einige Granaten, welche der Feind von dem entfernten San Pedro Martyr im weitesten Bogen schleuderte, zersprangen hoch in der Luft über der versammelten Menge.</p><lb/> <p>Tags darauf vereinigte Cabrera alle seine Bataillone und Schwadronen, und stellte sich abermals dicht vor die feindliche Stellung, so die Gegner zum Kampf herausfordernd. Immer näher rückten unsere Infanterie-Guerillas und die aragonischen Schützen zu Pferd, deren Kugeln bis dicht vor der Ermita, wo Oraa mit seinem Generalstab hielt, aufschlugen. Der Feind wollte jedoch nicht heraus, und alles Provociren war umsonst; wie leblos blieben seine dichten Massen auf den sie deckenden jenseitigen Abhängen des Bergrückens, den sie besetzt hielten. (Wir übergehen hier mehrere Gefechte, die noch vor Beginn der eigentlichen Belagerungsoperationen stattfanden und in dem uns vorliegenden Manuscript umständlicher erzählt werden.)</p><lb/> <p>Cabrera besetzte nunmehr mit den beiden Divisionen von Tortosa und Aragon die Muela de la Garumba, und stellte die castilianischen Bataillone und das Bataillon von Basilio zur Verbindung mit Morella und Forcadell auf. Forcadell stand jetzt östlich von der Festung in der Sierra de Beltrol, woselbst er eine concentrirte Aufstellung genommen hatte. Die Aufsteckung der „bandera negra“ deutete genugsam den Entschluß Cabrera's, zu siegen oder unterzugehen, an, auch hatte der General noch außerdem aufs strengste befohlen, daß weder von der Festung noch von den außerhalb kämpfenden Truppen feindliche Parlamentärs zugelassen oder gar Unterredungen angeknüpft werden sollten. Trotz diesem ausdrücklichen Befehle war es einem feindlichen Trompeter und einem Officier gelungen, am hellen Mittage bis ans Thor ganz nahe unter den Castillo vorzureiten, in der Absicht zu unterhandeln oder zu recognosciren. Der Befehl des Generals wurde hiebei, sey es aus böser Absicht, unzeitiger Schonung oder Unverstand, nicht sogleich erfüllt, weßhalb Cabrera, zeitig genug davon unterrichtet, selbst an Ort und Stelle eilte und sofort befahl Feuer zu geben. Beiden Feinden wurden die Pferde erschossen, sie selbst fanden ihr Heil nur in eiligster Flucht, indem sie sich in die nahen Schluchten warfen, um an Oraa den schlimmen Erfolg ihres Unternehmens zu rapportiren. Dieses Ereigniß belehrte den bejahrten, aber dennoch kräftigen Oraa wiederholt, was er von seinem Gegner zu erwarten habe.</p><lb/> <p>Am 11 besetzte und fortificirte der Feind mehrere vereinzelte Masias (Bauernhäuser von Stein aufgeführt) auf dem breiten Abhänge, la Querola genannt, welcher von der Eremita San Pedro Martyr ausläuft und in südöstlicher Richtung sich nahe bis an die Festung heranzieht; wie schon gesagt, ist dieß das einzige Terrain, welches die Aufstellung der Breschbatterien bei noch wirksamer Schußweite (3 bis 400 Schritt) zuläßt und die Geschütze verdeckt in die Batterien eingefahren werden können. Sollte dem Leser ein Plan von Morella vorliegen, so muß im Norden der Stadt dieser Höhenzug aufgesucht werden.</p><lb/> <p>Zu den steten Gefechten der Bedeckungsarmee, in welchen die einzelnen um die Festung herumliegenden Gebäude, die oft 6 bis 8mal erstürmt und wieder aufgegeben, die Rolle kleiner detachirter Forts spielten, kamen noch die vielen Ausfälle der Besatzung, die bei jeder geeigneten Gelegenheit von den tapfern Tortosinern und den Guiden von Aragon gemacht wurden, wobei fast immer das Bajonett entschied, denn auch der Gegner hatte seine besten Regimenter zu dem Kampfe um Morella herbeigeführt.</p><lb/> <p>Dem Meson de Beltran, nur einige hundert Schritte vom Fuße des westlichen steilen Abhanges von Morella entfernt, war die Hauptrolle zugefallen. Hier, auf der Straße nach dem zwei Stunden entfernten Städtchen Orcajo (auch Forcall genannt) lag das kleine Wirthshaus de Beltran, welches von einer feindlichen Colonne am 12 d. M. eingenommen, fortificirt und mit leichter Artillerie besetzt worden war. Es vertheidigte sich so gut, daß alle Anstrengungen der Belagerten sowohl als der Bedeckungstruppen sich hier brachen. – Es blieb auch während der ganzen Dauer der Belagerung im Besitz des Feindes und unterbrach die directe Verbindung der Festung mit der Muela de Garumba und Cantavieja; dieß ist der Grund seiner Wichtigkeit.</p><lb/> <p>Am 13 August hatte der Feind den Bau seiner Bresche- und Mörserbatterie beendet, seine Geschütze auf die Bettungen geführt, und nachdem ein abermaliger Versuch zu Unterhandlungen noch unsanfter als am vorhergehenden Tage abgelaufen war, mit Anbruch des folgenden Tages (14 August) das Feuern begonnen. Die Courtine zwischen dem rechts liegenden Thurme von dem Thore San Miguel und dem sogenannten runden Thurme, welcher kurz vorher abgetragen und zur Aufstellung eines 12Pfünders eingerichtet worden, wenn man diese Verbindungsmauer so nennen darf, war zur Bresche auserlesen worden. Wegen der geringen Stärke der Mauer (nur 10 Fuß) und bei dem an sich schlechten, und durch die Zeit verwitterten Material, aus welchem dieselbe aufgeführt, würde die Bresche noch in kürzerer Zeit bewirkt worden seyn, wenn nicht das wohlgezielte und sehr präcise Feuer des Castillo ein feindliches Geschütz nach dem andern in der Breschbatterie (worin vier 24Pfünder, vier 18Pfünder standen) demontirt und die Schießscharten und Merlons der Batterie selbst demolirt hätte. Die feindlichen Artilleriemannschaften und Sappeurs versuchten es, wetteifernd mit dem Muthe ihrer Gegner, sogleich zu deren Ausbesserung zu schreiten, immer verjagt, wiederholten sie es fünf bis sechsmal, bis sie endlich nach allen vergeblichen Bemühungen mit großem Verluste gänzlich zurückgetrieben wurden, und ihre Arbeit bis zur nächsten Nacht aufschieben mußten. Mit eingetretener Dunkelheit begann auch für die Belagerten eine sehr gefährliche Arbeit an einem hoch aufgeführten Erd-Espaldon (Brustwehr, auch Epaulement) mit vorwärts gebrochenen und an die Ringmauer sich anlehnenden Flanken. Ein kleiner freier Platz zwischen der Mauer und den Häusern der Stadt, unmittelbar hinter der Bresche, begünstigte die Anlage dieses Werkes, welches genau die Form eines Abschnittes zu der innern Vertheidigung einer Bastion hatte, und auch deren Zweck erfüllte. Der schon früher erwähnte junge Ingenieurcapitän leitete den Bau, und seine persönliche Bravour nebst der öftern Gegenwart des Grafen Negri und der übrigen Oberbefehlshaber der Garnison beseelte und kräftigte die arbeitenden Sappeurs zu größter Anstrengung und Ausdauer. Dieses neu errichtete Werk lag gerade in der Schußlinie der feindlichen Batterie, bei beinahe geöffneter Bresche war es daher sehr schwer auszuführen. Nach 24 Stunden ununterbrochener Arbeit gefang es jedoch dasselbe zu vollenden; 20 Sappeurs und 37 Infanteristen waren hiebei als Opfer gefallen, aber das neue Erdwerk war von weit größerer Dauer und Widerstandsfähigkeit als die Mauer selbst. Es war unmöglich wegen der vortheilhaft gewählten Anlage in dasselbe Bresche zu legen; nur nach einem Kampfe mit blanker Waffe konnte es er<supplied cert="high">o</supplied>bert werden. In den in verschiedenen Richtungen rückwärts liegenden Häusern waren 2 bis 3 Etagen Schießscharten angebracht worden, so daß ein kreuzendes Feuer in allen Directionen auf den freien Zugang der Bresche gegeben werden konnte.</p><lb/> <p>Der 14 August, an welchem dieser so nöthige Bau mit<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [1283/0011]
dem General ewige Treue. Cabrera schwang seinen Säbel und rief: Viva la religion, viva el Rey! Im Chorus wiederholte sich dieser Ausruf. Einige Granaten, welche der Feind von dem entfernten San Pedro Martyr im weitesten Bogen schleuderte, zersprangen hoch in der Luft über der versammelten Menge.
Tags darauf vereinigte Cabrera alle seine Bataillone und Schwadronen, und stellte sich abermals dicht vor die feindliche Stellung, so die Gegner zum Kampf herausfordernd. Immer näher rückten unsere Infanterie-Guerillas und die aragonischen Schützen zu Pferd, deren Kugeln bis dicht vor der Ermita, wo Oraa mit seinem Generalstab hielt, aufschlugen. Der Feind wollte jedoch nicht heraus, und alles Provociren war umsonst; wie leblos blieben seine dichten Massen auf den sie deckenden jenseitigen Abhängen des Bergrückens, den sie besetzt hielten. (Wir übergehen hier mehrere Gefechte, die noch vor Beginn der eigentlichen Belagerungsoperationen stattfanden und in dem uns vorliegenden Manuscript umständlicher erzählt werden.)
Cabrera besetzte nunmehr mit den beiden Divisionen von Tortosa und Aragon die Muela de la Garumba, und stellte die castilianischen Bataillone und das Bataillon von Basilio zur Verbindung mit Morella und Forcadell auf. Forcadell stand jetzt östlich von der Festung in der Sierra de Beltrol, woselbst er eine concentrirte Aufstellung genommen hatte. Die Aufsteckung der „bandera negra“ deutete genugsam den Entschluß Cabrera's, zu siegen oder unterzugehen, an, auch hatte der General noch außerdem aufs strengste befohlen, daß weder von der Festung noch von den außerhalb kämpfenden Truppen feindliche Parlamentärs zugelassen oder gar Unterredungen angeknüpft werden sollten. Trotz diesem ausdrücklichen Befehle war es einem feindlichen Trompeter und einem Officier gelungen, am hellen Mittage bis ans Thor ganz nahe unter den Castillo vorzureiten, in der Absicht zu unterhandeln oder zu recognosciren. Der Befehl des Generals wurde hiebei, sey es aus böser Absicht, unzeitiger Schonung oder Unverstand, nicht sogleich erfüllt, weßhalb Cabrera, zeitig genug davon unterrichtet, selbst an Ort und Stelle eilte und sofort befahl Feuer zu geben. Beiden Feinden wurden die Pferde erschossen, sie selbst fanden ihr Heil nur in eiligster Flucht, indem sie sich in die nahen Schluchten warfen, um an Oraa den schlimmen Erfolg ihres Unternehmens zu rapportiren. Dieses Ereigniß belehrte den bejahrten, aber dennoch kräftigen Oraa wiederholt, was er von seinem Gegner zu erwarten habe.
Am 11 besetzte und fortificirte der Feind mehrere vereinzelte Masias (Bauernhäuser von Stein aufgeführt) auf dem breiten Abhänge, la Querola genannt, welcher von der Eremita San Pedro Martyr ausläuft und in südöstlicher Richtung sich nahe bis an die Festung heranzieht; wie schon gesagt, ist dieß das einzige Terrain, welches die Aufstellung der Breschbatterien bei noch wirksamer Schußweite (3 bis 400 Schritt) zuläßt und die Geschütze verdeckt in die Batterien eingefahren werden können. Sollte dem Leser ein Plan von Morella vorliegen, so muß im Norden der Stadt dieser Höhenzug aufgesucht werden.
Zu den steten Gefechten der Bedeckungsarmee, in welchen die einzelnen um die Festung herumliegenden Gebäude, die oft 6 bis 8mal erstürmt und wieder aufgegeben, die Rolle kleiner detachirter Forts spielten, kamen noch die vielen Ausfälle der Besatzung, die bei jeder geeigneten Gelegenheit von den tapfern Tortosinern und den Guiden von Aragon gemacht wurden, wobei fast immer das Bajonett entschied, denn auch der Gegner hatte seine besten Regimenter zu dem Kampfe um Morella herbeigeführt.
Dem Meson de Beltran, nur einige hundert Schritte vom Fuße des westlichen steilen Abhanges von Morella entfernt, war die Hauptrolle zugefallen. Hier, auf der Straße nach dem zwei Stunden entfernten Städtchen Orcajo (auch Forcall genannt) lag das kleine Wirthshaus de Beltran, welches von einer feindlichen Colonne am 12 d. M. eingenommen, fortificirt und mit leichter Artillerie besetzt worden war. Es vertheidigte sich so gut, daß alle Anstrengungen der Belagerten sowohl als der Bedeckungstruppen sich hier brachen. – Es blieb auch während der ganzen Dauer der Belagerung im Besitz des Feindes und unterbrach die directe Verbindung der Festung mit der Muela de Garumba und Cantavieja; dieß ist der Grund seiner Wichtigkeit.
Am 13 August hatte der Feind den Bau seiner Bresche- und Mörserbatterie beendet, seine Geschütze auf die Bettungen geführt, und nachdem ein abermaliger Versuch zu Unterhandlungen noch unsanfter als am vorhergehenden Tage abgelaufen war, mit Anbruch des folgenden Tages (14 August) das Feuern begonnen. Die Courtine zwischen dem rechts liegenden Thurme von dem Thore San Miguel und dem sogenannten runden Thurme, welcher kurz vorher abgetragen und zur Aufstellung eines 12Pfünders eingerichtet worden, wenn man diese Verbindungsmauer so nennen darf, war zur Bresche auserlesen worden. Wegen der geringen Stärke der Mauer (nur 10 Fuß) und bei dem an sich schlechten, und durch die Zeit verwitterten Material, aus welchem dieselbe aufgeführt, würde die Bresche noch in kürzerer Zeit bewirkt worden seyn, wenn nicht das wohlgezielte und sehr präcise Feuer des Castillo ein feindliches Geschütz nach dem andern in der Breschbatterie (worin vier 24Pfünder, vier 18Pfünder standen) demontirt und die Schießscharten und Merlons der Batterie selbst demolirt hätte. Die feindlichen Artilleriemannschaften und Sappeurs versuchten es, wetteifernd mit dem Muthe ihrer Gegner, sogleich zu deren Ausbesserung zu schreiten, immer verjagt, wiederholten sie es fünf bis sechsmal, bis sie endlich nach allen vergeblichen Bemühungen mit großem Verluste gänzlich zurückgetrieben wurden, und ihre Arbeit bis zur nächsten Nacht aufschieben mußten. Mit eingetretener Dunkelheit begann auch für die Belagerten eine sehr gefährliche Arbeit an einem hoch aufgeführten Erd-Espaldon (Brustwehr, auch Epaulement) mit vorwärts gebrochenen und an die Ringmauer sich anlehnenden Flanken. Ein kleiner freier Platz zwischen der Mauer und den Häusern der Stadt, unmittelbar hinter der Bresche, begünstigte die Anlage dieses Werkes, welches genau die Form eines Abschnittes zu der innern Vertheidigung einer Bastion hatte, und auch deren Zweck erfüllte. Der schon früher erwähnte junge Ingenieurcapitän leitete den Bau, und seine persönliche Bravour nebst der öftern Gegenwart des Grafen Negri und der übrigen Oberbefehlshaber der Garnison beseelte und kräftigte die arbeitenden Sappeurs zu größter Anstrengung und Ausdauer. Dieses neu errichtete Werk lag gerade in der Schußlinie der feindlichen Batterie, bei beinahe geöffneter Bresche war es daher sehr schwer auszuführen. Nach 24 Stunden ununterbrochener Arbeit gefang es jedoch dasselbe zu vollenden; 20 Sappeurs und 37 Infanteristen waren hiebei als Opfer gefallen, aber das neue Erdwerk war von weit größerer Dauer und Widerstandsfähigkeit als die Mauer selbst. Es war unmöglich wegen der vortheilhaft gewählten Anlage in dasselbe Bresche zu legen; nur nach einem Kampfe mit blanker Waffe konnte es erobert werden. In den in verschiedenen Richtungen rückwärts liegenden Häusern waren 2 bis 3 Etagen Schießscharten angebracht worden, so daß ein kreuzendes Feuer in allen Directionen auf den freien Zugang der Bresche gegeben werden konnte.
Der 14 August, an welchem dieser so nöthige Bau mit
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