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Allgemeine Zeitung. Nr. 160. Augsburg, 8. Juni 1840.

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bestimmt ausgesprochen, so wie die Einleitung hierzu glücklich ausgeführt worden.

Cabrera ließ zwar schweres Gericht über die Schuldigen ergehen; doch standen ihm nunmehr 25 Bataillone (mehr als 22,000 Mann und 3000 Pferde) gegenüber, während er selbst kaum 8000 Mann und 500 Pferde zählte. Die Division von Forcadell war nämlich ihrerseits gänzlich von der Hauptarmee Cabrera's abgedrängt worden.

Als der Feind am 29 Mittags den Theil der Sierra erreicht hatte, von wo aus Morella, Stadt, Festung und Citadelle genau übersehen werden kann, wurde, wie Cabrera bereits seit längerer Zeit befohlen hatte, "la bandera negra" (die schwarze Fahne) auf die höchsten Punkte der Festung aufgezogen, so den Truppen der Revolution verkündend, hier sey Tod oder Sieg die Losung. - Oraa lagerte mit seiner ganzen Armee in einer Masse formirt, so daß von der Stadt aus jeder einzelne Mann derselben mit bewaffnetem Auge gezählt werden konnte, als wolle er (Oraa) der Todesverachtung eines kleinen getreuen Häufleins die Ostentation seiner glänzenden Bataillone und Reitermassen entgegensetzen.

Westlich von Morella, nur eine kleine Stunde entfernt, erhebt sich eine gewaltige Felsenmasse, auf deren Rücken sich ein Plateau von mehreren Stunden Umfang bis Orcajo hinzieht, ringsum von 100-150 Fuß hohen Felsenwänden eingeschlossen, über welche nur zwei Fußstege führen. Es heißt dieß Plateau la muela de la Garumba (der hohe Rand von der Garumba) und ist in seiner Fortsetzung der früher erwähnte Höhenzug oder besser Bergkamm, welcher Morella und Cantavieja verbindet. Diese Muela besetzte Cabrera mit einigen castilianischen Bataillonen, um zu verhindern, daß der Feind sich derselben bemächtigte. Er selbst harcellirte mit seinen Bataillonen und Escadronen Tag und Nacht die Massen des Feindes. Graf Negri, welcher mit seiner Escadron hiebei unausgesetzt an der Seite Cabrera's focht, zeichnete sich durch persönliche Tapferkeit ganz besonders aus, und verlor zwei Pferde, welche ihm unter dem Leibe erschossen wurden. Forcadell, mit welchem die Verbindung wieder aufgenommen, und Llagostera unterstützten hierbei ihrerseits thätigst diesen kleinen Krieg auf einem Terrain, wo jede Schlucht, jeder Abhang, jeder Fels oder jedes Haus (und solcher zerstreuten Masias gibt es hier bei Morella sehr viele) in den Händen der Factiosen zu fast unübersteigbaren Hindernissen sich bildeten und den nach europäischem Muster zu geschlossener Linien- und Massentaktik eingeübten Bataillonen der Christinos ein weites Grab öffneten.

Oraa mußte seinerseits nun den Punkt zu gewinnen suchen, welchen seine schwere Artillerie allein betreten und von welcher Seite er die Festung allein beschießen konnte. Auf einem, von jenem Punkt aus sich herabziehenden Bergabhang öffnete sich zugleich das Terrain seiner Operationen und zur Wiederaufnahme seiner Verbindung mit Alcanniz. Oraa mußte demnach von der Sierra, welche er mit seiner ganzen Armee am 29 und 30 Julius besetzt gehalten, über 3/4 Theile des Umkreises von Morella, auf eine kleine Stunde Entfernung von der Festung, zurücklegen, indem durch die Besatzung der vorhin erwähnten Muela de la Garumba ihm der nächste Weg links versperrt worden war. Bei den so mannichfaltigen Abwechslungen des Terrains und den Vortheilen, welchen es dem zerstreuten Gefechte darbot, war dieser Marsch ein fortlaufender Kampf; dennoch gelang es Oraa nach zwei Tagen, stets in Massen formirt, wenn auch mit großem Verlust die dünnen Guerillaslinien der Carlisten zurückzudrängen, und so Position nach Position erstürmend, die Hauptgebirgsknoten nördlich von Morella, auf dessen höchstem Punkt die Ermita de S. Pedro Martyr gelegen *)*), zu erreichen, und seine Verbindung mit Alcanniz herzustellen. Es war eben die höchste Zeit, denn die Armee Oraa's war, wie gesagt, von aller ihrer Verbindung abgeschnitten und der mitgeführte Mundbedarf bereits aufgezehrt worden.

Cabrera und seine braven Truppen hatten in diesen Begegnungen mit dem Feinde heldenmüthig gefochten, und der General hierbei mit seinem Muth als Beispiel heroischer Todesverachtung vorgeleuchtet. Den Tausenden von Einwohnern Morella's, welche von ihren Mauern und Thürmen herab mit bangen Gefühlen dem heranziehenden Unwetter, das sie zu vernichten drohte, entgegensahen, wurde so neue Hoffnung eingeflößt. Doch gränzte hierbei öfters des jungen Helden Verwegenheit an Verzweiflung, da alle seine Bemühungen, dem Feinde den Schlüssel der Stellung vor Morella streitig zu machen, mißlangen. Am 2 August, als der Feind eben den dominirenden Bergrücken von S. Pedro Martyr mit seinen Bataillonen besetzte und Oraa in der einzeln stehenden kleinen und verödeten Ermita auf dessen Gipfel sein Hauptquartier bezog, machte Cabrera einen letzten, verzweiflungsvollen Versuch, den Feind aus seiner eben eingenommenen Stellung bei San Pedro martyr zu verdrängen.

Von seiner Verwegenheit verleitet, warf sich Cabrera an der Spitze von 100 Reitern auf die feindlichen Bataillone. Ein mörderischer Kugelregen empfängt ihn, und die Anstürmenden prallen auseinander. In diesem Moment stürzt die feindliche Cavalleriemasse, beinahe 500 Pferde, herbei; die Carlisten suchen sich rückwärts zu sammeln. Cabrera, dessen Pferd schon zweimal verwundet, ist hierbei der letzte, und vertheidigt sich ganz allein gegen die anstürmenden Feinde. Ein Christinischer Cuirassier streckt des Generals Pferd mit einem Pistolenschuß zu Boden. Cabrera erlegt den Feind und springt behende nach einem seiner Handpferde, welches eben eine Ordonnanz herbeiführt. Im Begriff, sich hinauf zu schwingen, durchsticht ihm eine feindliche Lanzenspitze das weiße Barett, und schon durchzischen andere die Luft, um Cabrera selbst niederzustoßen. (Wie bekannt sind die spanischen Cuirassiere mit Lanzen bewaffnet.) Alles zittert um das Leben des geliebten Feldherrn, der ganz allein gegen zehn bis zwölf Feinde sich mit seinem Säbel wehrte. Jedenfalls wäre er von den feindlichen Lanzen durchbohrt worden, wenn er nicht im Nu seinen weiten weißen Mantel von der Schulter gelöst und mit demselben in der linken Hand, ihn gleich einem Schilde haltend, die Stiche aufgefangen hätte, wobei er nur mit Säbelhieben die auf ihn anstürmenden Feinde zurückhalten konnte. Seine Adjutanten und Ordonnanzen sprengen endlich heran, Bataillone mit gefälltem Bajonnet eilen im Sturmschritt herbei und befreien ihren General. Aber der Feind trägt auf seinen Lanzenspitzen Cabrera's weißen Mantel und Barett mit sich davon. Der General wirft sich nunmehr seinerseits auf den fliehenden Feind, um ihm diese Beute wieder zu entreißen; einer derselben wendet sich noch einmal rasch um und erlegt durch einen Pistolenschuß das zweite Pferd Cabrera's. Doch auch der Feind hatte ausgefochten, und hiermit nahm der Kampf der Cavallerie ein Ende. Oraa, welcher den Gang des Gefechts beobachtet, Cabrera vermuthlich erkannt und bereits triumphirt hatte, ließ zur Deckung seiner Cavallerie einige leichte Geschütze dicht vor der Ermita aufführen, und nöthigte durch Kartätschenfeuer die Carlistische Cavallerie und Infanterie zum Rückzuge. Unser jugendlicher Feldherr, ohne Barett und ohne sein weißes Schild, aber den von Blut triefenden Säbel in kräftiger Faust schwingend, die dunkeln, frei um den Kopf herumfliegenden

*) Dieß ist dasselbe Vorwerk, das eben in die Gewalt Espartero's gefallen.

bestimmt ausgesprochen, so wie die Einleitung hierzu glücklich ausgeführt worden.

Cabrera ließ zwar schweres Gericht über die Schuldigen ergehen; doch standen ihm nunmehr 25 Bataillone (mehr als 22,000 Mann und 3000 Pferde) gegenüber, während er selbst kaum 8000 Mann und 500 Pferde zählte. Die Division von Forcadell war nämlich ihrerseits gänzlich von der Hauptarmee Cabrera's abgedrängt worden.

Als der Feind am 29 Mittags den Theil der Sierra erreicht hatte, von wo aus Morella, Stadt, Festung und Citadelle genau übersehen werden kann, wurde, wie Cabrera bereits seit längerer Zeit befohlen hatte, „la bandera negra“ (die schwarze Fahne) auf die höchsten Punkte der Festung aufgezogen, so den Truppen der Revolution verkündend, hier sey Tod oder Sieg die Losung. – Oraa lagerte mit seiner ganzen Armee in einer Masse formirt, so daß von der Stadt aus jeder einzelne Mann derselben mit bewaffnetem Auge gezählt werden konnte, als wolle er (Oraa) der Todesverachtung eines kleinen getreuen Häufleins die Ostentation seiner glänzenden Bataillone und Reitermassen entgegensetzen.

Westlich von Morella, nur eine kleine Stunde entfernt, erhebt sich eine gewaltige Felsenmasse, auf deren Rücken sich ein Plateau von mehreren Stunden Umfang bis Orcajo hinzieht, ringsum von 100-150 Fuß hohen Felsenwänden eingeschlossen, über welche nur zwei Fußstege führen. Es heißt dieß Plateau la muela de la Garumba (der hohe Rand von der Garumba) und ist in seiner Fortsetzung der früher erwähnte Höhenzug oder besser Bergkamm, welcher Morella und Cantavieja verbindet. Diese Muela besetzte Cabrera mit einigen castilianischen Bataillonen, um zu verhindern, daß der Feind sich derselben bemächtigte. Er selbst harcellirte mit seinen Bataillonen und Escadronen Tag und Nacht die Massen des Feindes. Graf Negri, welcher mit seiner Escadron hiebei unausgesetzt an der Seite Cabrera's focht, zeichnete sich durch persönliche Tapferkeit ganz besonders aus, und verlor zwei Pferde, welche ihm unter dem Leibe erschossen wurden. Forcadell, mit welchem die Verbindung wieder aufgenommen, und Llagostera unterstützten hierbei ihrerseits thätigst diesen kleinen Krieg auf einem Terrain, wo jede Schlucht, jeder Abhang, jeder Fels oder jedes Haus (und solcher zerstreuten Masias gibt es hier bei Morella sehr viele) in den Händen der Factiosen zu fast unübersteigbaren Hindernissen sich bildeten und den nach europäischem Muster zu geschlossener Linien- und Massentaktik eingeübten Bataillonen der Christinos ein weites Grab öffneten.

Oraa mußte seinerseits nun den Punkt zu gewinnen suchen, welchen seine schwere Artillerie allein betreten und von welcher Seite er die Festung allein beschießen konnte. Auf einem, von jenem Punkt aus sich herabziehenden Bergabhang öffnete sich zugleich das Terrain seiner Operationen und zur Wiederaufnahme seiner Verbindung mit Alcañiz. Oraa mußte demnach von der Sierra, welche er mit seiner ganzen Armee am 29 und 30 Julius besetzt gehalten, über 3/4 Theile des Umkreises von Morella, auf eine kleine Stunde Entfernung von der Festung, zurücklegen, indem durch die Besatzung der vorhin erwähnten Muela de la Garumba ihm der nächste Weg links versperrt worden war. Bei den so mannichfaltigen Abwechslungen des Terrains und den Vortheilen, welchen es dem zerstreuten Gefechte darbot, war dieser Marsch ein fortlaufender Kampf; dennoch gelang es Oraa nach zwei Tagen, stets in Massen formirt, wenn auch mit großem Verlust die dünnen Guerillaslinien der Carlisten zurückzudrängen, und so Position nach Position erstürmend, die Hauptgebirgsknoten nördlich von Morella, auf dessen höchstem Punkt die Ermita de S. Pedro Martyr gelegen *)*), zu erreichen, und seine Verbindung mit Alcañiz herzustellen. Es war eben die höchste Zeit, denn die Armee Oraa's war, wie gesagt, von aller ihrer Verbindung abgeschnitten und der mitgeführte Mundbedarf bereits aufgezehrt worden.

Cabrera und seine braven Truppen hatten in diesen Begegnungen mit dem Feinde heldenmüthig gefochten, und der General hierbei mit seinem Muth als Beispiel heroischer Todesverachtung vorgeleuchtet. Den Tausenden von Einwohnern Morella's, welche von ihren Mauern und Thürmen herab mit bangen Gefühlen dem heranziehenden Unwetter, das sie zu vernichten drohte, entgegensahen, wurde so neue Hoffnung eingeflößt. Doch gränzte hierbei öfters des jungen Helden Verwegenheit an Verzweiflung, da alle seine Bemühungen, dem Feinde den Schlüssel der Stellung vor Morella streitig zu machen, mißlangen. Am 2 August, als der Feind eben den dominirenden Bergrücken von S. Pedro Martyr mit seinen Bataillonen besetzte und Oraa in der einzeln stehenden kleinen und verödeten Ermita auf dessen Gipfel sein Hauptquartier bezog, machte Cabrera einen letzten, verzweiflungsvollen Versuch, den Feind aus seiner eben eingenommenen Stellung bei San Pedro martyr zu verdrängen.

Von seiner Verwegenheit verleitet, warf sich Cabrera an der Spitze von 100 Reitern auf die feindlichen Bataillone. Ein mörderischer Kugelregen empfängt ihn, und die Anstürmenden prallen auseinander. In diesem Moment stürzt die feindliche Cavalleriemasse, beinahe 500 Pferde, herbei; die Carlisten suchen sich rückwärts zu sammeln. Cabrera, dessen Pferd schon zweimal verwundet, ist hierbei der letzte, und vertheidigt sich ganz allein gegen die anstürmenden Feinde. Ein Christinischer Cuirassier streckt des Generals Pferd mit einem Pistolenschuß zu Boden. Cabrera erlegt den Feind und springt behende nach einem seiner Handpferde, welches eben eine Ordonnanz herbeiführt. Im Begriff, sich hinauf zu schwingen, durchsticht ihm eine feindliche Lanzenspitze das weiße Barett, und schon durchzischen andere die Luft, um Cabrera selbst niederzustoßen. (Wie bekannt sind die spanischen Cuirassiere mit Lanzen bewaffnet.) Alles zittert um das Leben des geliebten Feldherrn, der ganz allein gegen zehn bis zwölf Feinde sich mit seinem Säbel wehrte. Jedenfalls wäre er von den feindlichen Lanzen durchbohrt worden, wenn er nicht im Nu seinen weiten weißen Mantel von der Schulter gelöst und mit demselben in der linken Hand, ihn gleich einem Schilde haltend, die Stiche aufgefangen hätte, wobei er nur mit Säbelhieben die auf ihn anstürmenden Feinde zurückhalten konnte. Seine Adjutanten und Ordonnanzen sprengen endlich heran, Bataillone mit gefälltem Bajonnet eilen im Sturmschritt herbei und befreien ihren General. Aber der Feind trägt auf seinen Lanzenspitzen Cabrera's weißen Mantel und Barett mit sich davon. Der General wirft sich nunmehr seinerseits auf den fliehenden Feind, um ihm diese Beute wieder zu entreißen; einer derselben wendet sich noch einmal rasch um und erlegt durch einen Pistolenschuß das zweite Pferd Cabrera's. Doch auch der Feind hatte ausgefochten, und hiermit nahm der Kampf der Cavallerie ein Ende. Oraa, welcher den Gang des Gefechts beobachtet, Cabrera vermuthlich erkannt und bereits triumphirt hatte, ließ zur Deckung seiner Cavallerie einige leichte Geschütze dicht vor der Ermita aufführen, und nöthigte durch Kartätschenfeuer die Carlistische Cavallerie und Infanterie zum Rückzuge. Unser jugendlicher Feldherr, ohne Barett und ohne sein weißes Schild, aber den von Blut triefenden Säbel in kräftiger Faust schwingend, die dunkeln, frei um den Kopf herumfliegenden

*) Dieß ist dasselbe Vorwerk, das eben in die Gewalt Espartero's gefallen.
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[1276/0012] bestimmt ausgesprochen, so wie die Einleitung hierzu glücklich ausgeführt worden. Cabrera ließ zwar schweres Gericht über die Schuldigen ergehen; doch standen ihm nunmehr 25 Bataillone (mehr als 22,000 Mann und 3000 Pferde) gegenüber, während er selbst kaum 8000 Mann und 500 Pferde zählte. Die Division von Forcadell war nämlich ihrerseits gänzlich von der Hauptarmee Cabrera's abgedrängt worden. Als der Feind am 29 Mittags den Theil der Sierra erreicht hatte, von wo aus Morella, Stadt, Festung und Citadelle genau übersehen werden kann, wurde, wie Cabrera bereits seit längerer Zeit befohlen hatte, „la bandera negra“ (die schwarze Fahne) auf die höchsten Punkte der Festung aufgezogen, so den Truppen der Revolution verkündend, hier sey Tod oder Sieg die Losung. – Oraa lagerte mit seiner ganzen Armee in einer Masse formirt, so daß von der Stadt aus jeder einzelne Mann derselben mit bewaffnetem Auge gezählt werden konnte, als wolle er (Oraa) der Todesverachtung eines kleinen getreuen Häufleins die Ostentation seiner glänzenden Bataillone und Reitermassen entgegensetzen. Westlich von Morella, nur eine kleine Stunde entfernt, erhebt sich eine gewaltige Felsenmasse, auf deren Rücken sich ein Plateau von mehreren Stunden Umfang bis Orcajo hinzieht, ringsum von 100-150 Fuß hohen Felsenwänden eingeschlossen, über welche nur zwei Fußstege führen. Es heißt dieß Plateau la muela de la Garumba (der hohe Rand von der Garumba) und ist in seiner Fortsetzung der früher erwähnte Höhenzug oder besser Bergkamm, welcher Morella und Cantavieja verbindet. Diese Muela besetzte Cabrera mit einigen castilianischen Bataillonen, um zu verhindern, daß der Feind sich derselben bemächtigte. Er selbst harcellirte mit seinen Bataillonen und Escadronen Tag und Nacht die Massen des Feindes. Graf Negri, welcher mit seiner Escadron hiebei unausgesetzt an der Seite Cabrera's focht, zeichnete sich durch persönliche Tapferkeit ganz besonders aus, und verlor zwei Pferde, welche ihm unter dem Leibe erschossen wurden. Forcadell, mit welchem die Verbindung wieder aufgenommen, und Llagostera unterstützten hierbei ihrerseits thätigst diesen kleinen Krieg auf einem Terrain, wo jede Schlucht, jeder Abhang, jeder Fels oder jedes Haus (und solcher zerstreuten Masias gibt es hier bei Morella sehr viele) in den Händen der Factiosen zu fast unübersteigbaren Hindernissen sich bildeten und den nach europäischem Muster zu geschlossener Linien- und Massentaktik eingeübten Bataillonen der Christinos ein weites Grab öffneten. Oraa mußte seinerseits nun den Punkt zu gewinnen suchen, welchen seine schwere Artillerie allein betreten und von welcher Seite er die Festung allein beschießen konnte. Auf einem, von jenem Punkt aus sich herabziehenden Bergabhang öffnete sich zugleich das Terrain seiner Operationen und zur Wiederaufnahme seiner Verbindung mit Alcañiz. Oraa mußte demnach von der Sierra, welche er mit seiner ganzen Armee am 29 und 30 Julius besetzt gehalten, über 3/4 Theile des Umkreises von Morella, auf eine kleine Stunde Entfernung von der Festung, zurücklegen, indem durch die Besatzung der vorhin erwähnten Muela de la Garumba ihm der nächste Weg links versperrt worden war. Bei den so mannichfaltigen Abwechslungen des Terrains und den Vortheilen, welchen es dem zerstreuten Gefechte darbot, war dieser Marsch ein fortlaufender Kampf; dennoch gelang es Oraa nach zwei Tagen, stets in Massen formirt, wenn auch mit großem Verlust die dünnen Guerillaslinien der Carlisten zurückzudrängen, und so Position nach Position erstürmend, die Hauptgebirgsknoten nördlich von Morella, auf dessen höchstem Punkt die Ermita de S. Pedro Martyr gelegen *) *), zu erreichen, und seine Verbindung mit Alcañiz herzustellen. Es war eben die höchste Zeit, denn die Armee Oraa's war, wie gesagt, von aller ihrer Verbindung abgeschnitten und der mitgeführte Mundbedarf bereits aufgezehrt worden. Cabrera und seine braven Truppen hatten in diesen Begegnungen mit dem Feinde heldenmüthig gefochten, und der General hierbei mit seinem Muth als Beispiel heroischer Todesverachtung vorgeleuchtet. Den Tausenden von Einwohnern Morella's, welche von ihren Mauern und Thürmen herab mit bangen Gefühlen dem heranziehenden Unwetter, das sie zu vernichten drohte, entgegensahen, wurde so neue Hoffnung eingeflößt. Doch gränzte hierbei öfters des jungen Helden Verwegenheit an Verzweiflung, da alle seine Bemühungen, dem Feinde den Schlüssel der Stellung vor Morella streitig zu machen, mißlangen. Am 2 August, als der Feind eben den dominirenden Bergrücken von S. Pedro Martyr mit seinen Bataillonen besetzte und Oraa in der einzeln stehenden kleinen und verödeten Ermita auf dessen Gipfel sein Hauptquartier bezog, machte Cabrera einen letzten, verzweiflungsvollen Versuch, den Feind aus seiner eben eingenommenen Stellung bei San Pedro martyr zu verdrängen. Von seiner Verwegenheit verleitet, warf sich Cabrera an der Spitze von 100 Reitern auf die feindlichen Bataillone. Ein mörderischer Kugelregen empfängt ihn, und die Anstürmenden prallen auseinander. In diesem Moment stürzt die feindliche Cavalleriemasse, beinahe 500 Pferde, herbei; die Carlisten suchen sich rückwärts zu sammeln. Cabrera, dessen Pferd schon zweimal verwundet, ist hierbei der letzte, und vertheidigt sich ganz allein gegen die anstürmenden Feinde. Ein Christinischer Cuirassier streckt des Generals Pferd mit einem Pistolenschuß zu Boden. Cabrera erlegt den Feind und springt behende nach einem seiner Handpferde, welches eben eine Ordonnanz herbeiführt. Im Begriff, sich hinauf zu schwingen, durchsticht ihm eine feindliche Lanzenspitze das weiße Barett, und schon durchzischen andere die Luft, um Cabrera selbst niederzustoßen. (Wie bekannt sind die spanischen Cuirassiere mit Lanzen bewaffnet.) Alles zittert um das Leben des geliebten Feldherrn, der ganz allein gegen zehn bis zwölf Feinde sich mit seinem Säbel wehrte. Jedenfalls wäre er von den feindlichen Lanzen durchbohrt worden, wenn er nicht im Nu seinen weiten weißen Mantel von der Schulter gelöst und mit demselben in der linken Hand, ihn gleich einem Schilde haltend, die Stiche aufgefangen hätte, wobei er nur mit Säbelhieben die auf ihn anstürmenden Feinde zurückhalten konnte. Seine Adjutanten und Ordonnanzen sprengen endlich heran, Bataillone mit gefälltem Bajonnet eilen im Sturmschritt herbei und befreien ihren General. Aber der Feind trägt auf seinen Lanzenspitzen Cabrera's weißen Mantel und Barett mit sich davon. Der General wirft sich nunmehr seinerseits auf den fliehenden Feind, um ihm diese Beute wieder zu entreißen; einer derselben wendet sich noch einmal rasch um und erlegt durch einen Pistolenschuß das zweite Pferd Cabrera's. Doch auch der Feind hatte ausgefochten, und hiermit nahm der Kampf der Cavallerie ein Ende. Oraa, welcher den Gang des Gefechts beobachtet, Cabrera vermuthlich erkannt und bereits triumphirt hatte, ließ zur Deckung seiner Cavallerie einige leichte Geschütze dicht vor der Ermita aufführen, und nöthigte durch Kartätschenfeuer die Carlistische Cavallerie und Infanterie zum Rückzuge. Unser jugendlicher Feldherr, ohne Barett und ohne sein weißes Schild, aber den von Blut triefenden Säbel in kräftiger Faust schwingend, die dunkeln, frei um den Kopf herumfliegenden *) Dieß ist dasselbe Vorwerk, das eben in die Gewalt Espartero's gefallen.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 160. Augsburg, 8. Juni 1840, S. 1276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_160_18400608/12>, abgerufen am 05.05.2024.