Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Allgemeine Zeitung. Nr. 156. Augsburg, 4. Juni 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

besonders darauf hinzielen, daß das christliche Volk im Glauben befestigt, daß die Reinheit der Sitten befördert, daß die Würde und das Ansehen des geistlichen Standes aufrecht erhalten werde. Wozu sollte es also nützen, jene Decrete und Canonen aufs neue einzuschärfen oder gar den alten neue beizufügen, wenn nicht ein jeder von unsern Mitbrüdern aus eigenem Antriebe in der ihm anvertrauten Heerde seinem Amte mit möglichstem Eifer vorstehen will? Wahrlich, das Heil der Kirche, das Wohl unserer Diöcese kann auf keinem andern Wege erzielt werden, als wenn ein jeder von uns mit brennendem Seeleneifer in dem ihm angewiesenen Kreise wirksam ist."

Während man am 24 Jun. in der Runde der Residenz das Fest der vierhundertjährigen Feier der Buchdruckerkunst, namentlich in den Städten Mainz, Frankfurt und Gernsheim feiern wird, sehen wir uns hier, in der Hauptstadt, auf die passive Rolle von bloßen Zuschauern beschränkt. In dem nur vier Stunden von hier entfernten Gernsheim am Rhein, der Vaterstadt des berühmten Peter Schöffer, dem man im Jahr 1838 daselbst mit großem Pomp eine Statue setzte, ist man vorigen Sonntag übereingekommen, das Säcularfest der Buchdruckerkunst würdig zu feiern. Bemerkt zu werden verdient hierbei, daß die Einwohner dieser kleinen Rheinuferstadt die Statue ihres gefeierten Landsmannes aus eigenen Mitteln errichteten, und von außen her weder einen Beitrag erwarteten noch verlangten. (Köln. Z.)

Vor einigen Tagen ist endlich eine sehr umfassende und gründliche Erklärung des Advocaten Schaumann zu Hannover an das hiesige Wahlcollegium eingelaufen, welche die Resignation desselben motivirt. Schaumann führt unter den Gründen, welche ihn bewogen, die Wahl abzulehnen, seine Anhänglichkeit an die Verfassung von 1833, die reglementswidrige etc. Zusammensetzung der gegenwärtig versammelten zweiten Kammer, die außerdem, wie die Abstimmungen über Minoritätswahlen und das Zustimmungsrecht der Stände zu der Gesetzgebung bewiesen, keine Hoffnung übrig lasse, daß selbst materielle Rechte gewahrt würden, so wie hauptsächlich die (vom Magistratsdirector Ebell gegen die Absicht der Wahlcorporation) in seine Vollmacht eingeschobene Clausel an, daß er "vorbehaltlich seiner Vermögensqualification" erwählt sey, wodurch er von seiner Wahlcorporation der Kammer gegenüber gänzlich schutzlos gestellt werde. Der Magistratsdirector theilt in einem Circular vom heutigen Tage dem Wahlcollegium diese Erklärung mit, und hat auf Freitag den 29 d. M. Termin zu einer neuen Wahl anberaumt, auch schlägt er auf das dringendste abermals den Dr. jur. Mejer in Clausthal als Candidaten vor. - Es hat sich hier ein Comite zur Feier des Buchdruckerjubiläums gebildet, und auch vom Ministerium die Erlaubniß zu einer öffentlichen Feierlichkeit erhalten. Die Universität ist von diesem Comite zur Theilnahme an den Festlichkeiten eingeladen. Auch die 25ste Jahresfeier der Schlacht bei Waterloo wird feierlichst begangen werden. - Die Polizei hat die neuesten Nummern der Hallischen Jahrbücher, welche eine Anzeige des hannover'schen Portfolio enthalten, aus den hiesigen Leseanstalten und Buchhandlungen, wie es heißt, vorläufig zu sich genommen.

Die gestrigen Wahlverhandlungen wurden vom Dirigenten Magistratsdirector Ebell mit allgemeinen Bemerkungen über die erforderliche Vermögensqualification eines zu erwählenden Deputirten eröffnet, was zu lebhaften Debatten Anlaß gab, ob und wie sich das Wahlcollegium von der Qualification des zu Erwählenden überzeugen könne, wobei namentlich dem vom Hrn. Magistratsdirector vorgeschlagenen Dr. Mejer in Clausthal der Besitz eines nach dem Wahlreglement von 1819 erforderlichen Vermögens abgesprochen wurde. Die gegenseitigen Erörterungen zeigten die große Schwierigkeit einer auf juristischen Beweis gestützten Ueberzeugung des Wahlcollegiums und da, wie von einer Seite bemerkt wurde, die gegenwärtige Versammlung in Hannover es mit der Vermögensqualification der Deputirten ohnehin nicht so genau nehme, die übrigen Wahlcorporationen nach dem Vorgange der Stifter häufig aber noch weniger genau, so beschloß man, statt des gebräuchlichen: "die Wahlcorporation habe sich von der Qualification des Gewählten überzeugt," in die Vollmacht zu setzen: man habe angenommen, daß der Deputirte qualificirt sey. Hierauf schritt man zur Wahl. Es erhielt der Pastor Sander in Geismar bei Göttingen 21 Stimmen, der Dr. jur. Mejer in Clausthal 10 St., Magistratsdirector Ebell 1 St. und Senator Berg 1 Stimme. Der Pastor Sander ist ein eifriger Anhänger des Staatsgrundgesetzes; seine schriftstellerische Thätigkeit für dasselbe hat ihm schon eine Untersuchung zugezogen. Ob das Consistorium ihm Urlaub ertheilen wird, steht dahin. - Die hiesige Liedertafel ist heute zu dem Musikfeste nach Hildesheim abgefahren, da die Schwierigkeiten, welche der Feier desselben auf den Sonntag entgegenstanden, gehoben sind.

Preußen.

Se. k. H. der Kronprinz ist seit einigen Tagen mit der Unterzeichnung der allerhöchsten Erlasse beauftragt, und die im Namen des Monarchen ausgefertigten Cabinetsordres tragen jetzt die Unterschrift: "Auf Befehl Sr. Maj. des Königs. Friedrich Wilhelm, Kronprinz."

Fortdauernd wird die allgemein Theilnahme von dem leidenden Zustande des Königs in Anspruch genommen. Sind auch nicht officiell in den Kirchen Gebete für die Wiederherstellung des Monarchen angeordnet, so senden doch viele treue Herzen unaufgefordert ihre Bitten zum Himmel empor, denn der König wird von seinem Volk wie der Vater einer Familie geliebt, dessen Wirksamkeit und dessen Wohlthaten gerade in solchen Tagen Allen recht lebhaft vor die Seele treten. Darf man bangen Gerüchten trauen, so ist der Zustand des hohen Kranken seit gestern sehr bedenklich geworden; die Liebe gibt sich jedoch nur zu leicht den ängstlichsten Gedanken hin; hoffen wir, daß die Besorgniß sich auch dießmal, wie es bereits in der vorigen Woche der Fall war, als unbegründet erweisen werde. Ueberaus rührend ist es, daß der König, seiner Krankheit ungeachtet, sich doch nicht hat zurückhalten lassen, das Programm der Feierlichkeiten bei der Grundsteinlegung des Friedrichs-Denkmals selbst anzuordnen, obwohl alle andern Regierungsgeschäfte dem Kronprinzen von Sr. Maj. übertragen sind. Die Vorbereitungen zu dieser Feier haben darum auch ihren unausgesetzten Fortgang. Das Volk, das Land nimmt daran mit vollem Bewußtseyn Theil, denn es glaubt, durch Gründung jenes Denkmals eine alte Schuld abzutragen - eine größere Schuld, als die französische Nation abträgt, indem sie die Ueberreste ihres Kaisers von der Felseninsel über den Ocean sich holt; denn wer weiß, ob hundert Jahre nach der Thronbesteigung Napoleons dieser noch eben so, wie jetzt Friedrich, in den Herzen eines dankbaren Volkes fortleben wird. Es hat, wie Hr. v. Varnhagen in den Berliner Jahrbüchern sehr richtig bemerkt, die frische Belebung, die des großen Königs Gedächtniß besonders in den letzten zehn Jahren erfuhr, nicht wenig dazu beigetragen, das Königthum überhaupt zu stärken und

besonders darauf hinzielen, daß das christliche Volk im Glauben befestigt, daß die Reinheit der Sitten befördert, daß die Würde und das Ansehen des geistlichen Standes aufrecht erhalten werde. Wozu sollte es also nützen, jene Decrete und Canonen aufs neue einzuschärfen oder gar den alten neue beizufügen, wenn nicht ein jeder von unsern Mitbrüdern aus eigenem Antriebe in der ihm anvertrauten Heerde seinem Amte mit möglichstem Eifer vorstehen will? Wahrlich, das Heil der Kirche, das Wohl unserer Diöcese kann auf keinem andern Wege erzielt werden, als wenn ein jeder von uns mit brennendem Seeleneifer in dem ihm angewiesenen Kreise wirksam ist.“

Während man am 24 Jun. in der Runde der Residenz das Fest der vierhundertjährigen Feier der Buchdruckerkunst, namentlich in den Städten Mainz, Frankfurt und Gernsheim feiern wird, sehen wir uns hier, in der Hauptstadt, auf die passive Rolle von bloßen Zuschauern beschränkt. In dem nur vier Stunden von hier entfernten Gernsheim am Rhein, der Vaterstadt des berühmten Peter Schöffer, dem man im Jahr 1838 daselbst mit großem Pomp eine Statue setzte, ist man vorigen Sonntag übereingekommen, das Säcularfest der Buchdruckerkunst würdig zu feiern. Bemerkt zu werden verdient hierbei, daß die Einwohner dieser kleinen Rheinuferstadt die Statue ihres gefeierten Landsmannes aus eigenen Mitteln errichteten, und von außen her weder einen Beitrag erwarteten noch verlangten. (Köln. Z.)

Vor einigen Tagen ist endlich eine sehr umfassende und gründliche Erklärung des Advocaten Schaumann zu Hannover an das hiesige Wahlcollegium eingelaufen, welche die Resignation desselben motivirt. Schaumann führt unter den Gründen, welche ihn bewogen, die Wahl abzulehnen, seine Anhänglichkeit an die Verfassung von 1833, die reglementswidrige etc. Zusammensetzung der gegenwärtig versammelten zweiten Kammer, die außerdem, wie die Abstimmungen über Minoritätswahlen und das Zustimmungsrecht der Stände zu der Gesetzgebung bewiesen, keine Hoffnung übrig lasse, daß selbst materielle Rechte gewahrt würden, so wie hauptsächlich die (vom Magistratsdirector Ebell gegen die Absicht der Wahlcorporation) in seine Vollmacht eingeschobene Clausel an, daß er „vorbehaltlich seiner Vermögensqualification“ erwählt sey, wodurch er von seiner Wahlcorporation der Kammer gegenüber gänzlich schutzlos gestellt werde. Der Magistratsdirector theilt in einem Circular vom heutigen Tage dem Wahlcollegium diese Erklärung mit, und hat auf Freitag den 29 d. M. Termin zu einer neuen Wahl anberaumt, auch schlägt er auf das dringendste abermals den Dr. jur. Mejer in Clausthal als Candidaten vor. – Es hat sich hier ein Comité zur Feier des Buchdruckerjubiläums gebildet, und auch vom Ministerium die Erlaubniß zu einer öffentlichen Feierlichkeit erhalten. Die Universität ist von diesem Comité zur Theilnahme an den Festlichkeiten eingeladen. Auch die 25ste Jahresfeier der Schlacht bei Waterloo wird feierlichst begangen werden. – Die Polizei hat die neuesten Nummern der Hallischen Jahrbücher, welche eine Anzeige des hannover'schen Portfolio enthalten, aus den hiesigen Leseanstalten und Buchhandlungen, wie es heißt, vorläufig zu sich genommen.

Die gestrigen Wahlverhandlungen wurden vom Dirigenten Magistratsdirector Ebell mit allgemeinen Bemerkungen über die erforderliche Vermögensqualification eines zu erwählenden Deputirten eröffnet, was zu lebhaften Debatten Anlaß gab, ob und wie sich das Wahlcollegium von der Qualification des zu Erwählenden überzeugen könne, wobei namentlich dem vom Hrn. Magistratsdirector vorgeschlagenen Dr. Mejer in Clausthal der Besitz eines nach dem Wahlreglement von 1819 erforderlichen Vermögens abgesprochen wurde. Die gegenseitigen Erörterungen zeigten die große Schwierigkeit einer auf juristischen Beweis gestützten Ueberzeugung des Wahlcollegiums und da, wie von einer Seite bemerkt wurde, die gegenwärtige Versammlung in Hannover es mit der Vermögensqualification der Deputirten ohnehin nicht so genau nehme, die übrigen Wahlcorporationen nach dem Vorgange der Stifter häufig aber noch weniger genau, so beschloß man, statt des gebräuchlichen: „die Wahlcorporation habe sich von der Qualification des Gewählten überzeugt,“ in die Vollmacht zu setzen: man habe angenommen, daß der Deputirte qualificirt sey. Hierauf schritt man zur Wahl. Es erhielt der Pastor Sander in Geismar bei Göttingen 21 Stimmen, der Dr. jur. Mejer in Clausthal 10 St., Magistratsdirector Ebell 1 St. und Senator Berg 1 Stimme. Der Pastor Sander ist ein eifriger Anhänger des Staatsgrundgesetzes; seine schriftstellerische Thätigkeit für dasselbe hat ihm schon eine Untersuchung zugezogen. Ob das Consistorium ihm Urlaub ertheilen wird, steht dahin. – Die hiesige Liedertafel ist heute zu dem Musikfeste nach Hildesheim abgefahren, da die Schwierigkeiten, welche der Feier desselben auf den Sonntag entgegenstanden, gehoben sind.

Preußen.

Se. k. H. der Kronprinz ist seit einigen Tagen mit der Unterzeichnung der allerhöchsten Erlasse beauftragt, und die im Namen des Monarchen ausgefertigten Cabinetsordres tragen jetzt die Unterschrift: „Auf Befehl Sr. Maj. des Königs. Friedrich Wilhelm, Kronprinz.“

Fortdauernd wird die allgemein Theilnahme von dem leidenden Zustande des Königs in Anspruch genommen. Sind auch nicht officiell in den Kirchen Gebete für die Wiederherstellung des Monarchen angeordnet, so senden doch viele treue Herzen unaufgefordert ihre Bitten zum Himmel empor, denn der König wird von seinem Volk wie der Vater einer Familie geliebt, dessen Wirksamkeit und dessen Wohlthaten gerade in solchen Tagen Allen recht lebhaft vor die Seele treten. Darf man bangen Gerüchten trauen, so ist der Zustand des hohen Kranken seit gestern sehr bedenklich geworden; die Liebe gibt sich jedoch nur zu leicht den ängstlichsten Gedanken hin; hoffen wir, daß die Besorgniß sich auch dießmal, wie es bereits in der vorigen Woche der Fall war, als unbegründet erweisen werde. Ueberaus rührend ist es, daß der König, seiner Krankheit ungeachtet, sich doch nicht hat zurückhalten lassen, das Programm der Feierlichkeiten bei der Grundsteinlegung des Friedrichs-Denkmals selbst anzuordnen, obwohl alle andern Regierungsgeschäfte dem Kronprinzen von Sr. Maj. übertragen sind. Die Vorbereitungen zu dieser Feier haben darum auch ihren unausgesetzten Fortgang. Das Volk, das Land nimmt daran mit vollem Bewußtseyn Theil, denn es glaubt, durch Gründung jenes Denkmals eine alte Schuld abzutragen – eine größere Schuld, als die französische Nation abträgt, indem sie die Ueberreste ihres Kaisers von der Felseninsel über den Ocean sich holt; denn wer weiß, ob hundert Jahre nach der Thronbesteigung Napoleons dieser noch eben so, wie jetzt Friedrich, in den Herzen eines dankbaren Volkes fortleben wird. Es hat, wie Hr. v. Varnhagen in den Berliner Jahrbüchern sehr richtig bemerkt, die frische Belebung, die des großen Königs Gedächtniß besonders in den letzten zehn Jahren erfuhr, nicht wenig dazu beigetragen, das Königthum überhaupt zu stärken und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jArticle" n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0006" n="1246"/>
besonders darauf hinzielen, daß das christliche Volk im Glauben befestigt, daß die Reinheit der Sitten befördert, daß die Würde und das Ansehen des geistlichen Standes aufrecht erhalten werde. Wozu sollte es also nützen, jene Decrete und Canonen aufs neue einzuschärfen oder gar den alten neue beizufügen, wenn nicht ein jeder von unsern Mitbrüdern aus eigenem Antriebe in der ihm anvertrauten Heerde seinem Amte mit möglichstem Eifer vorstehen will? Wahrlich, das Heil der Kirche, das Wohl unserer Diöcese kann auf keinem andern Wege erzielt werden, als wenn ein jeder von uns mit brennendem Seeleneifer in dem ihm angewiesenen Kreise wirksam ist.&#x201C;</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <byline>
            <docAuthor>
              <gap reason="insignificant"/>
            </docAuthor>
          </byline>
          <dateline><hi rendition="#b">Darmstadt,</hi> 27 Mai.</dateline>
          <p> Während man am 24 Jun. in der Runde der Residenz das Fest der vierhundertjährigen Feier der Buchdruckerkunst, namentlich in den Städten Mainz, Frankfurt und Gernsheim feiern wird, sehen wir uns hier, in der Hauptstadt, auf die passive Rolle von bloßen Zuschauern beschränkt. In dem nur vier Stunden von hier entfernten Gernsheim am Rhein, der Vaterstadt des berühmten Peter Schöffer, dem man im Jahr 1838 daselbst mit großem Pomp eine Statue setzte, ist man vorigen Sonntag übereingekommen, das Säcularfest der Buchdruckerkunst würdig zu feiern. Bemerkt zu werden verdient hierbei, daß die Einwohner dieser kleinen Rheinuferstadt die Statue ihres gefeierten Landsmannes aus <hi rendition="#g">eigenen</hi> Mitteln errichteten, und von außen her weder einen Beitrag erwarteten noch verlangten. (<hi rendition="#g">Köln</hi>. Z.)</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <byline>
            <gap reason="insignificant" unit="chars" quantity="1"/>
          </byline>
          <dateline><hi rendition="#b">Göttingen,</hi> 27 Mai.</dateline>
          <p> Vor einigen Tagen ist endlich eine sehr umfassende und gründliche Erklärung des Advocaten Schaumann zu Hannover an das hiesige Wahlcollegium eingelaufen, welche die Resignation desselben motivirt. Schaumann führt unter den Gründen, welche ihn bewogen, die Wahl abzulehnen, seine Anhänglichkeit an die Verfassung von 1833, die reglementswidrige etc. Zusammensetzung der gegenwärtig versammelten zweiten Kammer, die außerdem, wie die Abstimmungen über Minoritätswahlen und das Zustimmungsrecht der Stände zu der Gesetzgebung bewiesen, keine Hoffnung übrig lasse, daß selbst materielle Rechte gewahrt würden, so wie hauptsächlich die (vom Magistratsdirector Ebell gegen die Absicht der Wahlcorporation) in seine Vollmacht eingeschobene Clausel an, daß er &#x201E;vorbehaltlich seiner Vermögensqualification&#x201C; erwählt sey, wodurch er von seiner Wahlcorporation der Kammer gegenüber gänzlich schutzlos gestellt werde. Der Magistratsdirector theilt in einem Circular vom heutigen Tage dem Wahlcollegium diese Erklärung mit, und hat auf Freitag den 29 d. M. Termin zu einer neuen Wahl anberaumt, auch schlägt er auf das dringendste abermals den Dr. jur. Mejer in Clausthal als Candidaten vor. &#x2013; Es hat sich hier ein Comité zur Feier des Buchdruckerjubiläums gebildet, und auch vom Ministerium die Erlaubniß zu einer öffentlichen Feierlichkeit erhalten. Die Universität ist von diesem Comité zur Theilnahme an den Festlichkeiten eingeladen. Auch die 25ste Jahresfeier der Schlacht bei Waterloo wird feierlichst begangen werden. &#x2013; Die Polizei hat die neuesten Nummern der Hallischen Jahrbücher, welche eine Anzeige des hannover'schen Portfolio enthalten, aus den hiesigen Leseanstalten und Buchhandlungen, wie es heißt, vorläufig zu sich genommen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <byline>
            <gap reason="insignificant" unit="chars" quantity="1"/>
          </byline>
          <dateline><hi rendition="#b">Göttingen,</hi> 30 Mai.</dateline>
          <p> Die gestrigen Wahlverhandlungen wurden vom Dirigenten Magistratsdirector Ebell mit allgemeinen Bemerkungen über die erforderliche Vermögensqualification eines zu erwählenden Deputirten eröffnet, was zu lebhaften Debatten Anlaß gab, ob und wie sich das Wahlcollegium von der Qualification des zu Erwählenden <hi rendition="#g">überzeugen</hi> könne, wobei namentlich dem vom Hrn. Magistratsdirector vorgeschlagenen Dr. Mejer in Clausthal der Besitz eines nach dem Wahlreglement von 1819 erforderlichen Vermögens abgesprochen wurde. Die gegenseitigen Erörterungen zeigten die große Schwierigkeit einer auf juristischen Beweis gestützten Ueberzeugung des Wahlcollegiums und da, wie von einer Seite bemerkt wurde, die gegenwärtige Versammlung in Hannover es mit der Vermögensqualification der Deputirten ohnehin nicht so genau nehme, die übrigen Wahlcorporationen nach dem Vorgange der Stifter häufig aber noch weniger genau, so beschloß man, statt des gebräuchlichen: &#x201E;die Wahlcorporation habe sich von der Qualification des Gewählten überzeugt,&#x201C; in die Vollmacht zu setzen: man habe angenommen, daß der Deputirte qualificirt sey. Hierauf schritt man zur Wahl. Es erhielt der Pastor <hi rendition="#g">Sander</hi> in Geismar bei Göttingen 21 Stimmen, der Dr. jur. Mejer in Clausthal 10 St., Magistratsdirector Ebell 1 St. und Senator Berg 1 Stimme. Der Pastor Sander ist ein eifriger Anhänger des Staatsgrundgesetzes; seine schriftstellerische Thätigkeit für dasselbe hat ihm schon eine Untersuchung zugezogen. Ob das Consistorium ihm Urlaub ertheilen wird, steht dahin. &#x2013; Die hiesige Liedertafel ist heute zu dem Musikfeste nach Hildesheim abgefahren, da die Schwierigkeiten, welche der Feier desselben auf den Sonntag entgegenstanden, gehoben sind.</p>
        </div>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Preußen.</hi> </head><lb/>
        <div n="2">
          <byline>
            <docAuthor>
              <gap reason="insignificant"/>
            </docAuthor>
          </byline>
          <dateline><hi rendition="#b">Berlin,</hi> 27 Mai.</dateline>
          <p> Se. k. H. der Kronprinz ist seit einigen Tagen mit der Unterzeichnung der allerhöchsten Erlasse beauftragt, und die im Namen des Monarchen ausgefertigten Cabinetsordres tragen jetzt die Unterschrift: &#x201E;Auf Befehl Sr. Maj. des Königs. Friedrich Wilhelm, Kronprinz.&#x201C;</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <byline>
            <gap reason="insignificant" unit="chars" quantity="1"/>
          </byline>
          <dateline><hi rendition="#b">Berlin,</hi> 30 Mai.</dateline>
          <p> Fortdauernd wird die allgemein Theilnahme von dem leidenden Zustande des Königs in Anspruch genommen. Sind auch nicht officiell in den Kirchen Gebete für die Wiederherstellung des Monarchen angeordnet, so senden doch viele treue Herzen unaufgefordert ihre Bitten zum Himmel empor, denn der König wird von seinem Volk wie der Vater einer Familie geliebt, dessen Wirksamkeit und dessen Wohlthaten gerade in solchen Tagen Allen recht lebhaft vor die Seele treten. Darf man bangen Gerüchten trauen, so ist der Zustand des hohen Kranken seit gestern sehr bedenklich geworden; die Liebe gibt sich jedoch nur zu leicht den ängstlichsten Gedanken hin; hoffen wir, daß die Besorgniß sich auch dießmal, wie es bereits in der vorigen Woche der Fall war, als unbegründet erweisen werde. Ueberaus rührend ist es, daß der König, seiner Krankheit ungeachtet, sich doch nicht hat zurückhalten lassen, das Programm der Feierlichkeiten bei der Grundsteinlegung des Friedrichs-Denkmals selbst anzuordnen, obwohl alle andern Regierungsgeschäfte dem Kronprinzen von Sr. Maj. übertragen sind. Die Vorbereitungen zu dieser Feier haben darum auch ihren unausgesetzten Fortgang. Das Volk, das Land nimmt daran mit vollem Bewußtseyn Theil, denn es glaubt, durch Gründung jenes Denkmals eine alte Schuld abzutragen &#x2013; eine größere Schuld, als die französische Nation abträgt, indem sie die Ueberreste ihres Kaisers von der Felseninsel über den Ocean sich holt; denn wer weiß, ob hundert Jahre nach der Thronbesteigung Napoleons dieser noch eben so, wie jetzt Friedrich, in den Herzen eines dankbaren Volkes fortleben wird. Es hat, wie Hr. v. Varnhagen in den Berliner Jahrbüchern sehr richtig bemerkt, die frische Belebung, die des großen Königs Gedächtniß besonders in den letzten zehn Jahren erfuhr, nicht wenig dazu beigetragen, das Königthum überhaupt zu stärken und<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1246/0006] besonders darauf hinzielen, daß das christliche Volk im Glauben befestigt, daß die Reinheit der Sitten befördert, daß die Würde und das Ansehen des geistlichen Standes aufrecht erhalten werde. Wozu sollte es also nützen, jene Decrete und Canonen aufs neue einzuschärfen oder gar den alten neue beizufügen, wenn nicht ein jeder von unsern Mitbrüdern aus eigenem Antriebe in der ihm anvertrauten Heerde seinem Amte mit möglichstem Eifer vorstehen will? Wahrlich, das Heil der Kirche, das Wohl unserer Diöcese kann auf keinem andern Wege erzielt werden, als wenn ein jeder von uns mit brennendem Seeleneifer in dem ihm angewiesenen Kreise wirksam ist.“ _ Darmstadt, 27 Mai. Während man am 24 Jun. in der Runde der Residenz das Fest der vierhundertjährigen Feier der Buchdruckerkunst, namentlich in den Städten Mainz, Frankfurt und Gernsheim feiern wird, sehen wir uns hier, in der Hauptstadt, auf die passive Rolle von bloßen Zuschauern beschränkt. In dem nur vier Stunden von hier entfernten Gernsheim am Rhein, der Vaterstadt des berühmten Peter Schöffer, dem man im Jahr 1838 daselbst mit großem Pomp eine Statue setzte, ist man vorigen Sonntag übereingekommen, das Säcularfest der Buchdruckerkunst würdig zu feiern. Bemerkt zu werden verdient hierbei, daß die Einwohner dieser kleinen Rheinuferstadt die Statue ihres gefeierten Landsmannes aus eigenen Mitteln errichteten, und von außen her weder einen Beitrag erwarteten noch verlangten. (Köln. Z.) _ Göttingen, 27 Mai. Vor einigen Tagen ist endlich eine sehr umfassende und gründliche Erklärung des Advocaten Schaumann zu Hannover an das hiesige Wahlcollegium eingelaufen, welche die Resignation desselben motivirt. Schaumann führt unter den Gründen, welche ihn bewogen, die Wahl abzulehnen, seine Anhänglichkeit an die Verfassung von 1833, die reglementswidrige etc. Zusammensetzung der gegenwärtig versammelten zweiten Kammer, die außerdem, wie die Abstimmungen über Minoritätswahlen und das Zustimmungsrecht der Stände zu der Gesetzgebung bewiesen, keine Hoffnung übrig lasse, daß selbst materielle Rechte gewahrt würden, so wie hauptsächlich die (vom Magistratsdirector Ebell gegen die Absicht der Wahlcorporation) in seine Vollmacht eingeschobene Clausel an, daß er „vorbehaltlich seiner Vermögensqualification“ erwählt sey, wodurch er von seiner Wahlcorporation der Kammer gegenüber gänzlich schutzlos gestellt werde. Der Magistratsdirector theilt in einem Circular vom heutigen Tage dem Wahlcollegium diese Erklärung mit, und hat auf Freitag den 29 d. M. Termin zu einer neuen Wahl anberaumt, auch schlägt er auf das dringendste abermals den Dr. jur. Mejer in Clausthal als Candidaten vor. – Es hat sich hier ein Comité zur Feier des Buchdruckerjubiläums gebildet, und auch vom Ministerium die Erlaubniß zu einer öffentlichen Feierlichkeit erhalten. Die Universität ist von diesem Comité zur Theilnahme an den Festlichkeiten eingeladen. Auch die 25ste Jahresfeier der Schlacht bei Waterloo wird feierlichst begangen werden. – Die Polizei hat die neuesten Nummern der Hallischen Jahrbücher, welche eine Anzeige des hannover'schen Portfolio enthalten, aus den hiesigen Leseanstalten und Buchhandlungen, wie es heißt, vorläufig zu sich genommen. _ Göttingen, 30 Mai. Die gestrigen Wahlverhandlungen wurden vom Dirigenten Magistratsdirector Ebell mit allgemeinen Bemerkungen über die erforderliche Vermögensqualification eines zu erwählenden Deputirten eröffnet, was zu lebhaften Debatten Anlaß gab, ob und wie sich das Wahlcollegium von der Qualification des zu Erwählenden überzeugen könne, wobei namentlich dem vom Hrn. Magistratsdirector vorgeschlagenen Dr. Mejer in Clausthal der Besitz eines nach dem Wahlreglement von 1819 erforderlichen Vermögens abgesprochen wurde. Die gegenseitigen Erörterungen zeigten die große Schwierigkeit einer auf juristischen Beweis gestützten Ueberzeugung des Wahlcollegiums und da, wie von einer Seite bemerkt wurde, die gegenwärtige Versammlung in Hannover es mit der Vermögensqualification der Deputirten ohnehin nicht so genau nehme, die übrigen Wahlcorporationen nach dem Vorgange der Stifter häufig aber noch weniger genau, so beschloß man, statt des gebräuchlichen: „die Wahlcorporation habe sich von der Qualification des Gewählten überzeugt,“ in die Vollmacht zu setzen: man habe angenommen, daß der Deputirte qualificirt sey. Hierauf schritt man zur Wahl. Es erhielt der Pastor Sander in Geismar bei Göttingen 21 Stimmen, der Dr. jur. Mejer in Clausthal 10 St., Magistratsdirector Ebell 1 St. und Senator Berg 1 Stimme. Der Pastor Sander ist ein eifriger Anhänger des Staatsgrundgesetzes; seine schriftstellerische Thätigkeit für dasselbe hat ihm schon eine Untersuchung zugezogen. Ob das Consistorium ihm Urlaub ertheilen wird, steht dahin. – Die hiesige Liedertafel ist heute zu dem Musikfeste nach Hildesheim abgefahren, da die Schwierigkeiten, welche der Feier desselben auf den Sonntag entgegenstanden, gehoben sind. Preußen. _ Berlin, 27 Mai. Se. k. H. der Kronprinz ist seit einigen Tagen mit der Unterzeichnung der allerhöchsten Erlasse beauftragt, und die im Namen des Monarchen ausgefertigten Cabinetsordres tragen jetzt die Unterschrift: „Auf Befehl Sr. Maj. des Königs. Friedrich Wilhelm, Kronprinz.“ _ Berlin, 30 Mai. Fortdauernd wird die allgemein Theilnahme von dem leidenden Zustande des Königs in Anspruch genommen. Sind auch nicht officiell in den Kirchen Gebete für die Wiederherstellung des Monarchen angeordnet, so senden doch viele treue Herzen unaufgefordert ihre Bitten zum Himmel empor, denn der König wird von seinem Volk wie der Vater einer Familie geliebt, dessen Wirksamkeit und dessen Wohlthaten gerade in solchen Tagen Allen recht lebhaft vor die Seele treten. Darf man bangen Gerüchten trauen, so ist der Zustand des hohen Kranken seit gestern sehr bedenklich geworden; die Liebe gibt sich jedoch nur zu leicht den ängstlichsten Gedanken hin; hoffen wir, daß die Besorgniß sich auch dießmal, wie es bereits in der vorigen Woche der Fall war, als unbegründet erweisen werde. Ueberaus rührend ist es, daß der König, seiner Krankheit ungeachtet, sich doch nicht hat zurückhalten lassen, das Programm der Feierlichkeiten bei der Grundsteinlegung des Friedrichs-Denkmals selbst anzuordnen, obwohl alle andern Regierungsgeschäfte dem Kronprinzen von Sr. Maj. übertragen sind. Die Vorbereitungen zu dieser Feier haben darum auch ihren unausgesetzten Fortgang. Das Volk, das Land nimmt daran mit vollem Bewußtseyn Theil, denn es glaubt, durch Gründung jenes Denkmals eine alte Schuld abzutragen – eine größere Schuld, als die französische Nation abträgt, indem sie die Ueberreste ihres Kaisers von der Felseninsel über den Ocean sich holt; denn wer weiß, ob hundert Jahre nach der Thronbesteigung Napoleons dieser noch eben so, wie jetzt Friedrich, in den Herzen eines dankbaren Volkes fortleben wird. Es hat, wie Hr. v. Varnhagen in den Berliner Jahrbüchern sehr richtig bemerkt, die frische Belebung, die des großen Königs Gedächtniß besonders in den letzten zehn Jahren erfuhr, nicht wenig dazu beigetragen, das Königthum überhaupt zu stärken und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (?): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_156_18400604
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_156_18400604/6
Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 156. Augsburg, 4. Juni 1840, S. 1246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_156_18400604/6>, abgerufen am 23.11.2024.