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Allgemeine Zeitung. Nr. 155. Augsburg, 3. Juni 1840.

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Jahr 1817 dort in der Mitte dieser erlauchten Versammlung in folgender Erklärung aussprach: "Die Bundesversammlung wird, eingedenk der hohen Bestimmung, zu der sie berufen worden, und der Vorschriften und Zwecke der Bundesacte, sich durch keine ungleiche Beurtheilung eines einzelnen Bundesmitgliedes abhalten lassen, innerhalb der ihr vorgezeichneten Schranken, die sie nie vergessen hat noch je vergessen wird, selbst bedrängter Unterthanen sich anzunehmen, um auch ihnen die Ueberzeugung zu verschaffen, daß Deutschland nur darum mit dem Blute der Völker von fremdem Joche befreit und Länder ihren rechtmäßigen Regenten zurückgegeben wurden, damit überall ein rechtlicher Zustand an die Stelle der Willkür treten möge." Ja, gewiß! meine Herren, der Bundestag wird auch in Hannover einen rechtlichen Zustand an die Stelle der Willkür treten lassen. Er wird eben so thun, wie es in Braunschweig geschehen ist. Es wird ein Volk nicht untergehen lassen, das sich so benimmt wie das hannover'sche. Es kann der Geist, der die angeführten Worte des Bundespräsidialgesandten dictirt hat, aus jener erhabenen Versammlung nicht entschwunden, es kann noch nicht vergessen seyn, was die Völker Deutschlands für die Befreiung des Vaterlandes gethan haben, es kann nicht vergessen seyn, was ihnen im Fürstencongresse zu Wien in feierlicher Acte versprochen wurde."

Staatsminister v. Blittersdorff entgegnete: "Auch diese Rede konnte mich nicht überraschen, denn was man wünscht, sucht man auf jede Weise zu erstreben. Es ist begreiflich, daß Sie die Verfassungsformen, unter denen Sie sich, wie ich mir schmeichle, wohl befinden, auch dem Königreiche Hannover gönnen und zuzuwenden trachten. Es ist aber die Frage, ob der Hr. Abg. v. Itzstein den rechten Weg gewählt hat, um das Wohl der Hannoveraner zu befördern, denn darum wird es ihm doch zuletzt zu thun seyn, und nicht um Formen."

v. Itzstein: "Auch um unser Wohl, um das Wohl Badens ist es mir zu thun."

Staatsminister v. Blittersdorff: "Das Ihrige ist nicht dabei betheiligt. Der Bundesbeschluß vom 5 Sept. enthält weiter nichts als die Entscheidung eines besondern Falls unter gegebenen Verhältnissen. Er enthält sonst nichts und kann nichts Anderes enthalten, denn es war ja nicht die Absicht des Bundestags, allgemeine Normen in dieser Hinsicht aufzustellen. Der Bundestag hat vielmehr nur schon bestehende Normen angewendet, und zwar so, wie der Bundesbeschluß vom 5 Sept. es besagt. Es ist also insofern kein Grund zu einer Besorgniß von Ihrer Seite vorhanden, und das, was Sie hier sprechen, kann nicht auf unser Land einen Bezug haben, denn es würde auf Unterstellungen beruhen, die nicht vorhanden sind. Das, was Sie hier äußern, muß somit eine andere, weiter gehende Beziehung haben, und Sie haben solches auch nicht verhehlt. Sie wollen, wenn möglich, die Verfassung von 1833 in dem Königreiche Hannover wieder herstellen; das ist Ihr Streben, und nur darum bedienen Sie sich des Mittels der Oeffentlichkeit, die wir Ihnen nicht entziehen können; nur darum, wenn Sie mir erlauben dieß zu sagen, tragen Sie in Schilderung der hannover'schen Zustande die Farben stark auf, nur aus dem Grunde malen Sie ins Schwarze und heben nur die Eine Seite der Sache hervor. Indem Sie aber die Gefahren und möglichen Folgen jener Zustände übertreiben, tragen Sie das Ihrige dazu bei, um vielleicht diese Folgen erst herbeizuführen. Es ist dieß ein Streben, das ich von meinem Standpunkt aus nicht gut heißen kann, es ist dieß ein Streben, das von keiner deutschen Regierung, der es um das Wohl von Deutschland zu thun ist, gut geheißen werden darf; Sie mischen sich auf diese Weise direct in die Angelegenheiten eines andern Bundesstaates, Sie unterwerfen die einzelnen Handlungen einer befreundeten Regierung Ihrer Kritik und provociren gleichsam zum Widerstande gegen die von ihr ergriffenen Maaßregeln. Dieß ist aber nicht der Weg der ruhigen Ueberlegung und gesetzmäßigen Einwirkung, nicht der Weg, auf dem solche Verhältnisse geordnet werden können. Der Bundesbeschluß, der schon oft angeführt wurde, besteht, und er wird also auch nothwendigerweise seine Folgen äußern. Diese Folgen sind gewiß gut gemeint, und der Beschluß selbst ist aus reifer Erwägung der Verhältnisse hervorgegangen. Es kann vielleicht nicht jeder damit einverstanden seyn, allein er enthält unläugbar den Gesammtausdruck der Ansichten der deutschen Fürsten. Es besteht sonach hier eine große Autorität Ihnen gegenüber, und diese Autorität mit einer gewissen Geringschätzung bei Seite zu schieben und zu sagen, es sey materielles Unrecht damit begangen worden, ist zuverlässig sehr gewagt, denn bemerken muß ich, daß gerade die wichtigsten Confiderationen Ihnen entgangen sind und von Ihrem Standpunkt aus Ihnen entgehen mußten. Es ist freilich sehr bequem und leicht, zu sagen, die Verfassung von 1833 soll hergestellt werden. Es ist dieß ein einfaches, fast unschuldiges Wort in dem Munde des Privaten; allein solche Worte von einem Vereine von Fürsten ausgesprochen, wiegen ungleich schwerer und haben ganz andere Folgen. Diese wollen überlegt und bedacht seyn, und im Anblick desselben wählt man nicht selten das geringere Uebel. Es standen hier verschiedene Wege offen. Der eine ist der, den der Hr. Abg. v. Itzstein mit Ungestüm zu erstreben sucht, und der andere ist der, der in dem Bundesbeschlusse vom 5 Sept. v. J. bezeichnet ist. Es fragt sich, welches der richtige ist? Ich kann und will in diesem Saale hierüber nicht entscheiden, allein die wichtigsten Gründe sprechen gewiß für denjenigen Weg, der von dem Bunde gewählt worden ist. Wenn nun aber von dem Vereine der deutschen Fürsten dieser Weg betreten und der Wunsch ausgesprochen wurde, es möchte dem Könige von Hannover gelingen, ohne fremde Dazwischenkunft, die immer ein Unglück, ja vielleicht das größte, mithin auch ein größeres Unglück ist, als selbst der Umsturz einer Verfassung, die innern Angelegenheiten wieder zu ordnen; wenn ihm ans Herz gelegt wurde, er möge sich mit einer Versammlung von ehrenwerthen Männern, welche die Ständeversammlung des Königreichs Hannover bilden.... (Mehrere Stimmen: sie existirt ja gar nicht!) Das ist etwas, was noch zu beweisen wäre, und was Sie nicht entscheiden werden und ich auch nicht. Es ist einmal eine Versammlung da, die sich nennt: Stände des Königreichs Hannover - und nun sage ich, wenn es möglich wäre, auf diesem Wege die innern Verhältnisse Hannovers zu ordnen, so wird gewiß dieser Weg nur ein heilsamer genannt werden können, und jeder ruhig Denkende hiermit einverstanden seyn. Treten Sie nun aber diesem Weg entgegen, so wissen Sie wahrlich nicht, was Sie gethan haben. Sie können, statt etwas Gutes, etwas sehr Schlimmes, und wahrscheinlich nur das letztere bewirkt haben. Innere Verhältnisse wie die, von denen die Rede ist, können, wie begreiflich, nur nach und nach geordnet, nicht aber auf einmal auf den wünschenswerthen Zustand zurückgeführt werden. Man muß hierzu Zeit und Ruhe gewahren, allein diese Ruhe wollen Sie nun der hannover'schen Regierung durch Ihre indirecte Einwirkung entziehen. Ihr Streben ist mithin zwar zunächst gegen Hannover, dann aber auch gegen den Bund selbst gerichtet, indem dieser den Ausspruch that, gegen den Sie sich erheben. Die Regierung des Großherzogs ist gewohnt, das formelle Recht zu achten, und sie wird sich in diesem Falle wie in allen andern Fällen nach demselben zu richten wissen. Ich ersuche Sie deßhalb, in die innern Angelegenheiten des Königreichs Hannover nicht einzugreifen, und nicht außer Acht zu lassen, daß es im Grunde der Bund ist, den Sie angreifen, indem von dem Könige von Hannover dermalen nicht die Rede seyn kann."

Posselt: "Ohne mich in die Sache selbst einzulassen, ohne mich über den Antrag, der gestellt worden, vorerst auszusprechen, finde ich mich veranlaßt, als gerader, schlichter und loyaler Bürger einige Worte zu sagen. Ich halte es nämlich für meine Pflicht, hier öffentlich ein wahres und einfaches Zeugniß über die Ansichten und Besorgnisse abzulegen, die unter unsern Mitbürgern über diese Sache, ich darf wohl sagen, allgemein herrschend sind. Die Bürger, denen das Wohl und Gedeihen ihrer Familien am Herzen liegt, die ihrem Berufe mit Eifer und Treue vorstehen, fühlen wohl, daß dieß nur möglich ist, wenn Ruhe und Ordnung, d. h. gesetzliche Ordnung, herrscht, weil sie nur darin eine Gewähr für die Dauer erkennen. Sie sind die natürlichen Feinde aller Unordnung, jeder Störung der gesetzlichen Ordnung, sie sind die festeste Stütze, die eifrigsten Vertheidiger derselben, aber auch ängstlich und mißtrauisch, wenn sie dieselbe von irgend einer Seite, von nah oder von fern, bedroht glauben. So konnten denn auch jene Ereignisse in Hannover ihre Wirkung auf die Gemüther unserer badischen Bürger zu äußern nicht verfehlen. Alle sehen auf jenes bedrängte, in seinem Rechte schwer verletzte Brudervolk mit banger Erwartung hin. Jeder kann, wenn er z. B. von Minoritätswahlen liest, wovon alle Zeitungen voll sind, leicht selbst beurtheilen, wie es dort um die gesetzliche Ordnung steht. Diese Vorfälle haben einen tiefen Eindruck überall im Lande gemacht. Alle

Jahr 1817 dort in der Mitte dieser erlauchten Versammlung in folgender Erklärung aussprach: „Die Bundesversammlung wird, eingedenk der hohen Bestimmung, zu der sie berufen worden, und der Vorschriften und Zwecke der Bundesacte, sich durch keine ungleiche Beurtheilung eines einzelnen Bundesmitgliedes abhalten lassen, innerhalb der ihr vorgezeichneten Schranken, die sie nie vergessen hat noch je vergessen wird, selbst bedrängter Unterthanen sich anzunehmen, um auch ihnen die Ueberzeugung zu verschaffen, daß Deutschland nur darum mit dem Blute der Völker von fremdem Joche befreit und Länder ihren rechtmäßigen Regenten zurückgegeben wurden, damit überall ein rechtlicher Zustand an die Stelle der Willkür treten möge.“ Ja, gewiß! meine Herren, der Bundestag wird auch in Hannover einen rechtlichen Zustand an die Stelle der Willkür treten lassen. Er wird eben so thun, wie es in Braunschweig geschehen ist. Es wird ein Volk nicht untergehen lassen, das sich so benimmt wie das hannover'sche. Es kann der Geist, der die angeführten Worte des Bundespräsidialgesandten dictirt hat, aus jener erhabenen Versammlung nicht entschwunden, es kann noch nicht vergessen seyn, was die Völker Deutschlands für die Befreiung des Vaterlandes gethan haben, es kann nicht vergessen seyn, was ihnen im Fürstencongresse zu Wien in feierlicher Acte versprochen wurde.“

Staatsminister v. Blittersdorff entgegnete: „Auch diese Rede konnte mich nicht überraschen, denn was man wünscht, sucht man auf jede Weise zu erstreben. Es ist begreiflich, daß Sie die Verfassungsformen, unter denen Sie sich, wie ich mir schmeichle, wohl befinden, auch dem Königreiche Hannover gönnen und zuzuwenden trachten. Es ist aber die Frage, ob der Hr. Abg. v. Itzstein den rechten Weg gewählt hat, um das Wohl der Hannoveraner zu befördern, denn darum wird es ihm doch zuletzt zu thun seyn, und nicht um Formen.“

v. Itzstein: „Auch um unser Wohl, um das Wohl Badens ist es mir zu thun.“

Staatsminister v. Blittersdorff: „Das Ihrige ist nicht dabei betheiligt. Der Bundesbeschluß vom 5 Sept. enthält weiter nichts als die Entscheidung eines besondern Falls unter gegebenen Verhältnissen. Er enthält sonst nichts und kann nichts Anderes enthalten, denn es war ja nicht die Absicht des Bundestags, allgemeine Normen in dieser Hinsicht aufzustellen. Der Bundestag hat vielmehr nur schon bestehende Normen angewendet, und zwar so, wie der Bundesbeschluß vom 5 Sept. es besagt. Es ist also insofern kein Grund zu einer Besorgniß von Ihrer Seite vorhanden, und das, was Sie hier sprechen, kann nicht auf unser Land einen Bezug haben, denn es würde auf Unterstellungen beruhen, die nicht vorhanden sind. Das, was Sie hier äußern, muß somit eine andere, weiter gehende Beziehung haben, und Sie haben solches auch nicht verhehlt. Sie wollen, wenn möglich, die Verfassung von 1833 in dem Königreiche Hannover wieder herstellen; das ist Ihr Streben, und nur darum bedienen Sie sich des Mittels der Oeffentlichkeit, die wir Ihnen nicht entziehen können; nur darum, wenn Sie mir erlauben dieß zu sagen, tragen Sie in Schilderung der hannover'schen Zustande die Farben stark auf, nur aus dem Grunde malen Sie ins Schwarze und heben nur die Eine Seite der Sache hervor. Indem Sie aber die Gefahren und möglichen Folgen jener Zustände übertreiben, tragen Sie das Ihrige dazu bei, um vielleicht diese Folgen erst herbeizuführen. Es ist dieß ein Streben, das ich von meinem Standpunkt aus nicht gut heißen kann, es ist dieß ein Streben, das von keiner deutschen Regierung, der es um das Wohl von Deutschland zu thun ist, gut geheißen werden darf; Sie mischen sich auf diese Weise direct in die Angelegenheiten eines andern Bundesstaates, Sie unterwerfen die einzelnen Handlungen einer befreundeten Regierung Ihrer Kritik und provociren gleichsam zum Widerstande gegen die von ihr ergriffenen Maaßregeln. Dieß ist aber nicht der Weg der ruhigen Ueberlegung und gesetzmäßigen Einwirkung, nicht der Weg, auf dem solche Verhältnisse geordnet werden können. Der Bundesbeschluß, der schon oft angeführt wurde, besteht, und er wird also auch nothwendigerweise seine Folgen äußern. Diese Folgen sind gewiß gut gemeint, und der Beschluß selbst ist aus reifer Erwägung der Verhältnisse hervorgegangen. Es kann vielleicht nicht jeder damit einverstanden seyn, allein er enthält unläugbar den Gesammtausdruck der Ansichten der deutschen Fürsten. Es besteht sonach hier eine große Autorität Ihnen gegenüber, und diese Autorität mit einer gewissen Geringschätzung bei Seite zu schieben und zu sagen, es sey materielles Unrecht damit begangen worden, ist zuverlässig sehr gewagt, denn bemerken muß ich, daß gerade die wichtigsten Confiderationen Ihnen entgangen sind und von Ihrem Standpunkt aus Ihnen entgehen mußten. Es ist freilich sehr bequem und leicht, zu sagen, die Verfassung von 1833 soll hergestellt werden. Es ist dieß ein einfaches, fast unschuldiges Wort in dem Munde des Privaten; allein solche Worte von einem Vereine von Fürsten ausgesprochen, wiegen ungleich schwerer und haben ganz andere Folgen. Diese wollen überlegt und bedacht seyn, und im Anblick desselben wählt man nicht selten das geringere Uebel. Es standen hier verschiedene Wege offen. Der eine ist der, den der Hr. Abg. v. Itzstein mit Ungestüm zu erstreben sucht, und der andere ist der, der in dem Bundesbeschlusse vom 5 Sept. v. J. bezeichnet ist. Es fragt sich, welches der richtige ist? Ich kann und will in diesem Saale hierüber nicht entscheiden, allein die wichtigsten Gründe sprechen gewiß für denjenigen Weg, der von dem Bunde gewählt worden ist. Wenn nun aber von dem Vereine der deutschen Fürsten dieser Weg betreten und der Wunsch ausgesprochen wurde, es möchte dem Könige von Hannover gelingen, ohne fremde Dazwischenkunft, die immer ein Unglück, ja vielleicht das größte, mithin auch ein größeres Unglück ist, als selbst der Umsturz einer Verfassung, die innern Angelegenheiten wieder zu ordnen; wenn ihm ans Herz gelegt wurde, er möge sich mit einer Versammlung von ehrenwerthen Männern, welche die Ständeversammlung des Königreichs Hannover bilden.... (Mehrere Stimmen: sie existirt ja gar nicht!) Das ist etwas, was noch zu beweisen wäre, und was Sie nicht entscheiden werden und ich auch nicht. Es ist einmal eine Versammlung da, die sich nennt: Stände des Königreichs Hannover – und nun sage ich, wenn es möglich wäre, auf diesem Wege die innern Verhältnisse Hannovers zu ordnen, so wird gewiß dieser Weg nur ein heilsamer genannt werden können, und jeder ruhig Denkende hiermit einverstanden seyn. Treten Sie nun aber diesem Weg entgegen, so wissen Sie wahrlich nicht, was Sie gethan haben. Sie können, statt etwas Gutes, etwas sehr Schlimmes, und wahrscheinlich nur das letztere bewirkt haben. Innere Verhältnisse wie die, von denen die Rede ist, können, wie begreiflich, nur nach und nach geordnet, nicht aber auf einmal auf den wünschenswerthen Zustand zurückgeführt werden. Man muß hierzu Zeit und Ruhe gewahren, allein diese Ruhe wollen Sie nun der hannover'schen Regierung durch Ihre indirecte Einwirkung entziehen. Ihr Streben ist mithin zwar zunächst gegen Hannover, dann aber auch gegen den Bund selbst gerichtet, indem dieser den Ausspruch that, gegen den Sie sich erheben. Die Regierung des Großherzogs ist gewohnt, das formelle Recht zu achten, und sie wird sich in diesem Falle wie in allen andern Fällen nach demselben zu richten wissen. Ich ersuche Sie deßhalb, in die innern Angelegenheiten des Königreichs Hannover nicht einzugreifen, und nicht außer Acht zu lassen, daß es im Grunde der Bund ist, den Sie angreifen, indem von dem Könige von Hannover dermalen nicht die Rede seyn kann.“

Posselt: „Ohne mich in die Sache selbst einzulassen, ohne mich über den Antrag, der gestellt worden, vorerst auszusprechen, finde ich mich veranlaßt, als gerader, schlichter und loyaler Bürger einige Worte zu sagen. Ich halte es nämlich für meine Pflicht, hier öffentlich ein wahres und einfaches Zeugniß über die Ansichten und Besorgnisse abzulegen, die unter unsern Mitbürgern über diese Sache, ich darf wohl sagen, allgemein herrschend sind. Die Bürger, denen das Wohl und Gedeihen ihrer Familien am Herzen liegt, die ihrem Berufe mit Eifer und Treue vorstehen, fühlen wohl, daß dieß nur möglich ist, wenn Ruhe und Ordnung, d. h. gesetzliche Ordnung, herrscht, weil sie nur darin eine Gewähr für die Dauer erkennen. Sie sind die natürlichen Feinde aller Unordnung, jeder Störung der gesetzlichen Ordnung, sie sind die festeste Stütze, die eifrigsten Vertheidiger derselben, aber auch ängstlich und mißtrauisch, wenn sie dieselbe von irgend einer Seite, von nah oder von fern, bedroht glauben. So konnten denn auch jene Ereignisse in Hannover ihre Wirkung auf die Gemüther unserer badischen Bürger zu äußern nicht verfehlen. Alle sehen auf jenes bedrängte, in seinem Rechte schwer verletzte Brudervolk mit banger Erwartung hin. Jeder kann, wenn er z. B. von Minoritätswahlen liest, wovon alle Zeitungen voll sind, leicht selbst beurtheilen, wie es dort um die gesetzliche Ordnung steht. Diese Vorfälle haben einen tiefen Eindruck überall im Lande gemacht. Alle

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Sie wollen, wenn möglich, die Verfassung von 1833 in dem Königreiche Hannover wieder herstellen; das ist Ihr Streben, und nur darum bedienen Sie sich des Mittels der Oeffentlichkeit, die wir Ihnen nicht entziehen können; nur darum, wenn Sie mir erlauben dieß zu sagen, tragen Sie in Schilderung der hannover'schen Zustande die Farben stark auf, nur aus dem Grunde malen Sie ins Schwarze und heben nur die Eine Seite der Sache hervor. Indem Sie aber die Gefahren und möglichen Folgen jener Zustände übertreiben, tragen Sie das Ihrige dazu bei, um vielleicht diese Folgen erst herbeizuführen. Es ist dieß ein Streben, das ich von meinem Standpunkt aus nicht gut heißen kann, es ist dieß ein Streben, das von keiner deutschen Regierung, der es um das Wohl von Deutschland zu thun ist, gut geheißen werden darf; Sie mischen sich auf diese Weise direct in die Angelegenheiten eines andern Bundesstaates, Sie unterwerfen die einzelnen Handlungen einer befreundeten Regierung Ihrer Kritik und provociren gleichsam zum Widerstande gegen die von ihr ergriffenen Maaßregeln. Dieß ist aber nicht der Weg der ruhigen Ueberlegung und gesetzmäßigen Einwirkung, nicht der Weg, auf dem solche Verhältnisse geordnet werden können. Der Bundesbeschluß, der schon oft angeführt wurde, besteht, und er wird also auch nothwendigerweise seine Folgen äußern. Diese Folgen sind gewiß gut gemeint, und der Beschluß selbst ist aus reifer Erwägung der Verhältnisse hervorgegangen. Es kann vielleicht nicht jeder damit einverstanden seyn, allein er enthält unläugbar den Gesammtausdruck der Ansichten der deutschen Fürsten. Es besteht sonach hier eine große Autorität Ihnen gegenüber, und diese Autorität mit einer gewissen Geringschätzung bei Seite zu schieben und zu sagen, es sey materielles Unrecht damit begangen worden, ist zuverlässig sehr gewagt, denn bemerken muß ich, daß gerade die wichtigsten Confiderationen Ihnen entgangen sind und von Ihrem Standpunkt aus Ihnen entgehen mußten. Es ist freilich sehr bequem und leicht, zu sagen, die Verfassung von 1833 soll hergestellt werden. Es ist dieß ein einfaches, fast unschuldiges Wort in dem Munde des Privaten; allein solche Worte von einem Vereine von Fürsten ausgesprochen, wiegen ungleich schwerer und haben ganz andere Folgen. Diese wollen überlegt und bedacht seyn, und im Anblick desselben wählt man nicht selten das geringere Uebel. Es standen hier verschiedene Wege offen. Der eine ist der, den der Hr. Abg. v. Itzstein mit Ungestüm zu erstreben sucht, und der andere ist der, der in dem Bundesbeschlusse vom 5 Sept. v. J. bezeichnet ist. Es fragt sich, welches der richtige ist? Ich kann und will in diesem Saale hierüber nicht entscheiden, allein die wichtigsten Gründe sprechen gewiß für denjenigen Weg, der von dem Bunde gewählt worden ist. Wenn nun aber von dem Vereine der deutschen Fürsten dieser Weg betreten und der Wunsch ausgesprochen wurde, es möchte dem Könige von Hannover gelingen, ohne fremde Dazwischenkunft, die immer ein Unglück, ja vielleicht das größte, mithin auch ein größeres Unglück ist, als selbst der Umsturz einer Verfassung, die innern Angelegenheiten wieder zu ordnen; wenn ihm ans Herz gelegt wurde, er möge sich mit einer Versammlung von ehrenwerthen Männern, welche die Ständeversammlung des Königreichs Hannover bilden.... (Mehrere Stimmen: sie existirt ja gar nicht!) Das ist etwas, was noch zu beweisen wäre, und was Sie nicht entscheiden werden und ich auch nicht. 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Die Regierung des Großherzogs ist gewohnt, das formelle Recht zu achten, und sie wird sich in diesem Falle wie in allen andern Fällen nach demselben zu richten wissen. Ich ersuche Sie deßhalb, in die innern Angelegenheiten des Königreichs Hannover nicht einzugreifen, und nicht außer Acht zu lassen, daß es im Grunde der Bund ist, den Sie angreifen, indem von dem Könige von Hannover dermalen nicht die Rede seyn kann.&#x201C;</p><lb/>
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[1234/0010] Jahr 1817 dort in der Mitte dieser erlauchten Versammlung in folgender Erklärung aussprach: „Die Bundesversammlung wird, eingedenk der hohen Bestimmung, zu der sie berufen worden, und der Vorschriften und Zwecke der Bundesacte, sich durch keine ungleiche Beurtheilung eines einzelnen Bundesmitgliedes abhalten lassen, innerhalb der ihr vorgezeichneten Schranken, die sie nie vergessen hat noch je vergessen wird, selbst bedrängter Unterthanen sich anzunehmen, um auch ihnen die Ueberzeugung zu verschaffen, daß Deutschland nur darum mit dem Blute der Völker von fremdem Joche befreit und Länder ihren rechtmäßigen Regenten zurückgegeben wurden, damit überall ein rechtlicher Zustand an die Stelle der Willkür treten möge.“ Ja, gewiß! meine Herren, der Bundestag wird auch in Hannover einen rechtlichen Zustand an die Stelle der Willkür treten lassen. Er wird eben so thun, wie es in Braunschweig geschehen ist. Es wird ein Volk nicht untergehen lassen, das sich so benimmt wie das hannover'sche. Es kann der Geist, der die angeführten Worte des Bundespräsidialgesandten dictirt hat, aus jener erhabenen Versammlung nicht entschwunden, es kann noch nicht vergessen seyn, was die Völker Deutschlands für die Befreiung des Vaterlandes gethan haben, es kann nicht vergessen seyn, was ihnen im Fürstencongresse zu Wien in feierlicher Acte versprochen wurde.“ Staatsminister v. Blittersdorff entgegnete: „Auch diese Rede konnte mich nicht überraschen, denn was man wünscht, sucht man auf jede Weise zu erstreben. Es ist begreiflich, daß Sie die Verfassungsformen, unter denen Sie sich, wie ich mir schmeichle, wohl befinden, auch dem Königreiche Hannover gönnen und zuzuwenden trachten. Es ist aber die Frage, ob der Hr. Abg. v. Itzstein den rechten Weg gewählt hat, um das Wohl der Hannoveraner zu befördern, denn darum wird es ihm doch zuletzt zu thun seyn, und nicht um Formen.“ v. Itzstein: „Auch um unser Wohl, um das Wohl Badens ist es mir zu thun.“ Staatsminister v. Blittersdorff: „Das Ihrige ist nicht dabei betheiligt. Der Bundesbeschluß vom 5 Sept. enthält weiter nichts als die Entscheidung eines besondern Falls unter gegebenen Verhältnissen. Er enthält sonst nichts und kann nichts Anderes enthalten, denn es war ja nicht die Absicht des Bundestags, allgemeine Normen in dieser Hinsicht aufzustellen. Der Bundestag hat vielmehr nur schon bestehende Normen angewendet, und zwar so, wie der Bundesbeschluß vom 5 Sept. es besagt. Es ist also insofern kein Grund zu einer Besorgniß von Ihrer Seite vorhanden, und das, was Sie hier sprechen, kann nicht auf unser Land einen Bezug haben, denn es würde auf Unterstellungen beruhen, die nicht vorhanden sind. Das, was Sie hier äußern, muß somit eine andere, weiter gehende Beziehung haben, und Sie haben solches auch nicht verhehlt. Sie wollen, wenn möglich, die Verfassung von 1833 in dem Königreiche Hannover wieder herstellen; das ist Ihr Streben, und nur darum bedienen Sie sich des Mittels der Oeffentlichkeit, die wir Ihnen nicht entziehen können; nur darum, wenn Sie mir erlauben dieß zu sagen, tragen Sie in Schilderung der hannover'schen Zustande die Farben stark auf, nur aus dem Grunde malen Sie ins Schwarze und heben nur die Eine Seite der Sache hervor. Indem Sie aber die Gefahren und möglichen Folgen jener Zustände übertreiben, tragen Sie das Ihrige dazu bei, um vielleicht diese Folgen erst herbeizuführen. Es ist dieß ein Streben, das ich von meinem Standpunkt aus nicht gut heißen kann, es ist dieß ein Streben, das von keiner deutschen Regierung, der es um das Wohl von Deutschland zu thun ist, gut geheißen werden darf; Sie mischen sich auf diese Weise direct in die Angelegenheiten eines andern Bundesstaates, Sie unterwerfen die einzelnen Handlungen einer befreundeten Regierung Ihrer Kritik und provociren gleichsam zum Widerstande gegen die von ihr ergriffenen Maaßregeln. Dieß ist aber nicht der Weg der ruhigen Ueberlegung und gesetzmäßigen Einwirkung, nicht der Weg, auf dem solche Verhältnisse geordnet werden können. Der Bundesbeschluß, der schon oft angeführt wurde, besteht, und er wird also auch nothwendigerweise seine Folgen äußern. Diese Folgen sind gewiß gut gemeint, und der Beschluß selbst ist aus reifer Erwägung der Verhältnisse hervorgegangen. Es kann vielleicht nicht jeder damit einverstanden seyn, allein er enthält unläugbar den Gesammtausdruck der Ansichten der deutschen Fürsten. Es besteht sonach hier eine große Autorität Ihnen gegenüber, und diese Autorität mit einer gewissen Geringschätzung bei Seite zu schieben und zu sagen, es sey materielles Unrecht damit begangen worden, ist zuverlässig sehr gewagt, denn bemerken muß ich, daß gerade die wichtigsten Confiderationen Ihnen entgangen sind und von Ihrem Standpunkt aus Ihnen entgehen mußten. Es ist freilich sehr bequem und leicht, zu sagen, die Verfassung von 1833 soll hergestellt werden. Es ist dieß ein einfaches, fast unschuldiges Wort in dem Munde des Privaten; allein solche Worte von einem Vereine von Fürsten ausgesprochen, wiegen ungleich schwerer und haben ganz andere Folgen. Diese wollen überlegt und bedacht seyn, und im Anblick desselben wählt man nicht selten das geringere Uebel. Es standen hier verschiedene Wege offen. Der eine ist der, den der Hr. Abg. v. Itzstein mit Ungestüm zu erstreben sucht, und der andere ist der, der in dem Bundesbeschlusse vom 5 Sept. v. J. bezeichnet ist. Es fragt sich, welches der richtige ist? Ich kann und will in diesem Saale hierüber nicht entscheiden, allein die wichtigsten Gründe sprechen gewiß für denjenigen Weg, der von dem Bunde gewählt worden ist. Wenn nun aber von dem Vereine der deutschen Fürsten dieser Weg betreten und der Wunsch ausgesprochen wurde, es möchte dem Könige von Hannover gelingen, ohne fremde Dazwischenkunft, die immer ein Unglück, ja vielleicht das größte, mithin auch ein größeres Unglück ist, als selbst der Umsturz einer Verfassung, die innern Angelegenheiten wieder zu ordnen; wenn ihm ans Herz gelegt wurde, er möge sich mit einer Versammlung von ehrenwerthen Männern, welche die Ständeversammlung des Königreichs Hannover bilden.... (Mehrere Stimmen: sie existirt ja gar nicht!) Das ist etwas, was noch zu beweisen wäre, und was Sie nicht entscheiden werden und ich auch nicht. Es ist einmal eine Versammlung da, die sich nennt: Stände des Königreichs Hannover – und nun sage ich, wenn es möglich wäre, auf diesem Wege die innern Verhältnisse Hannovers zu ordnen, so wird gewiß dieser Weg nur ein heilsamer genannt werden können, und jeder ruhig Denkende hiermit einverstanden seyn. Treten Sie nun aber diesem Weg entgegen, so wissen Sie wahrlich nicht, was Sie gethan haben. Sie können, statt etwas Gutes, etwas sehr Schlimmes, und wahrscheinlich nur das letztere bewirkt haben. Innere Verhältnisse wie die, von denen die Rede ist, können, wie begreiflich, nur nach und nach geordnet, nicht aber auf einmal auf den wünschenswerthen Zustand zurückgeführt werden. Man muß hierzu Zeit und Ruhe gewahren, allein diese Ruhe wollen Sie nun der hannover'schen Regierung durch Ihre indirecte Einwirkung entziehen. Ihr Streben ist mithin zwar zunächst gegen Hannover, dann aber auch gegen den Bund selbst gerichtet, indem dieser den Ausspruch that, gegen den Sie sich erheben. Die Regierung des Großherzogs ist gewohnt, das formelle Recht zu achten, und sie wird sich in diesem Falle wie in allen andern Fällen nach demselben zu richten wissen. Ich ersuche Sie deßhalb, in die innern Angelegenheiten des Königreichs Hannover nicht einzugreifen, und nicht außer Acht zu lassen, daß es im Grunde der Bund ist, den Sie angreifen, indem von dem Könige von Hannover dermalen nicht die Rede seyn kann.“ Posselt: „Ohne mich in die Sache selbst einzulassen, ohne mich über den Antrag, der gestellt worden, vorerst auszusprechen, finde ich mich veranlaßt, als gerader, schlichter und loyaler Bürger einige Worte zu sagen. Ich halte es nämlich für meine Pflicht, hier öffentlich ein wahres und einfaches Zeugniß über die Ansichten und Besorgnisse abzulegen, die unter unsern Mitbürgern über diese Sache, ich darf wohl sagen, allgemein herrschend sind. Die Bürger, denen das Wohl und Gedeihen ihrer Familien am Herzen liegt, die ihrem Berufe mit Eifer und Treue vorstehen, fühlen wohl, daß dieß nur möglich ist, wenn Ruhe und Ordnung, d. h. gesetzliche Ordnung, herrscht, weil sie nur darin eine Gewähr für die Dauer erkennen. Sie sind die natürlichen Feinde aller Unordnung, jeder Störung der gesetzlichen Ordnung, sie sind die festeste Stütze, die eifrigsten Vertheidiger derselben, aber auch ängstlich und mißtrauisch, wenn sie dieselbe von irgend einer Seite, von nah oder von fern, bedroht glauben. So konnten denn auch jene Ereignisse in Hannover ihre Wirkung auf die Gemüther unserer badischen Bürger zu äußern nicht verfehlen. Alle sehen auf jenes bedrängte, in seinem Rechte schwer verletzte Brudervolk mit banger Erwartung hin. Jeder kann, wenn er z. B. von Minoritätswahlen liest, wovon alle Zeitungen voll sind, leicht selbst beurtheilen, wie es dort um die gesetzliche Ordnung steht. Diese Vorfälle haben einen tiefen Eindruck überall im Lande gemacht. Alle

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 155. Augsburg, 3. Juni 1840, S. 1234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_155_18400603/10>, abgerufen am 26.04.2024.