Allgemeine Zeitung. Nr. 122. Augsburg, 1. Mai 1840.Der Naval and Military Gazette zufolge wird in kurzem die ganze brittische Linien-Infanterie mit Percussions-Flinten bewaffnet werden. Mit dem 42sten Regiment Hochländer ist der Anfang gemacht. Die brittische wissenschaftliche Association wird sich im September dieses Jahrs in Glasgow versammeln, wo bereits Anstalten zu ihrem Empfange getroffen werden. London, 22 April. In Leicester hat die erste Versammlung stattgefunden, um den Sturm gegen die Getreidegesetze zu einem allgemeinen umzugestalten. Man verlangt Ausdehnung des Wahlrechtes auf alle Hauswirthe, dreijährige Wahlen und die Ballotage. Dieß sind bekanntlich die Bedingungen, welche einst Lord Durham als allein hinreichend zur Sicherung einer wirklichen Volksvertretung angegeben, und man hofft wohl später diesen kräftigen Mann dabei zum Haupt und Führer zu erlangen. Es steht nun noch dahin, ob sich zu dieser Beschränkung die Massen verstehen werden, welche als Chartisten bekanntlich das Stimmrecht für alle großjährigen Mannspersonen und jährliche Wahlen verlangen. Geschieht dieses, so könnte die radicale Partei in ein paar Jahren sehr bedeutend werden, besonders da sie O'Connell und dessen großen Anhang auf ihrer Seite haben würde. Fürs erste jedoch macht dieser Anfang aufs gesellige Leben keinen Eindruck. Gegen die allzugroßen Ansprüche der Klerisei erhebt sich selbst in ihrer Mitte Einsprache, und alle Versammlungen, welche zur Stiftung von kirchlichen Schulvereinen stattfanden und noch beständig stattfinden, haben nichts weiter bewirkt als einen größeren Eifer für den öffentlichen Unterricht, und die Stiftung, Ausdehnung und Verbesserung von Schulen, zunächst für die Armen, und sodann, rückwirkend, auch für die Reicheren. - Eine eben erschienene Schrift von einem Oxforder Professor (Baden Powell) verweist seinen geistlichen Mitbrüdern ihre Ansprüche auf das ausschließliche Recht von Seite des Staates die Erziehung der ganzen Jugend anvertraut zu erhalten, und zeigt vielmehr, auf welchem Wege eine gemeinschaftliche Erziehung der Kinder aus allen christlichen Secten möglich wäre, ohne daß der Glaube im Allgemeinen oder das Ansehen der Kirche darunter litte. Der arme Verfasser wird freilich fürs erste verketzert werden; doch können solche Worte der Weisheit und des Friedens nur wohlthätig wirken. Auch die Selbstbesteuerung der Pfründen für die Stiftung neuer Pfarren kommt jetzt häufiger zur Sprache, ehe die Kirche das Parlament um Unterstützung anginge. Ich glaube zwar nicht, daß die Idee hierzu noch hinlänglich Wurzel geschlagen, und zweifle nicht, Inglis werde nach Ostern seinen vergeblichen Vorschlag um Unterstützung vom Staate machen; aber die Sache bleibt am Ende unvermeidlich. - Die Armencommission hat dem Ministerium einen höchst interessanten Bericht vorgelegt, woraus unabweislich erhellt, daß die fernere Verbesserung des Armenwesens nur durch die Beibehaltung einer solchen Commission bewirkt werden könne. Auch wird dieses, trotz der Opposition der Times, geschehen. Frankreich. Paris, 26 April. (Moniteur.) Die Herzogin Victoria von Sachsen-Coburg, der Herzog Ferdinand, ihr Vater, und ihr Bruder, Prinz August, sind am 25 April um 7 Uhr Abends in St. Cloud eingetroffen. Der König der Belgier war am Abend zuvor um halb 10 Uhr ebendaselbst angekommen. Die Prinzessin Victoria war am 24 Abends mit dem Prinzen Ferdinand, ihrem Vater, und dem Prinzen August, ihrem Bruder, in Compiegne angekommen. Die Stadt ward von freien Stücken illuminirt. Am 25 Abends 7 Uhr traf sie in St. Cloud ein. So wie die Prinzessin den König erblickte, beugte sie die Kniee, Se. Maj. hob sie aber auf und umarmte sie aufs herzlichste. Alle Minister waren in St. Cloud und hatten die Ehre, jeder einzeln der Prinzessin vorgestellt zu werden. Se. Durchl. der Prinz Ferdinand von Sachsen-Coburg hat aus den Händen des Königs das große Band der Ehrenlegion erhalten. Hr. Poisson, Pair von Frankreich, Mitglied der Akademie der Wissenschaften und des k. Conseils des öffentlichen Unterrichts, ist am 25 April, in Folge einer langen Krankheit, Hr. Tripier, Pair von Frankreich, Rath bei dem Cassationshof, an demselben Tage gestorben. Aus der Rede des Hrn. Thiers über den deutschen Zollverein, welche wir gestern einer stenographirten Mittheilung entnommen hatten, tragen wir noch einige berichtigende oder ergänzende Stellen nach. "Alle Staaten des deutschen Zollvereins hatten ein unermeßliches Interesse sich zu vereinen; zuerst ein bloßes Handels-, dann auch ein politisches Interesse. Der erste Grund lag in den unerträglichen Hindernissen, welche die vielfachen Zolllinien dem Verkehr jener Staaten unter sich entgegensetzten. Diesem Interesse gegenüber konnten wir nicht sagen: laßt ab vom Verein, ihr genirt unsre Industrien, ihr durchkreuzt unsre Handelspolitik. Nur einige der Gränzstaaten, Baden z. B. hätte man abhalten können, dem Zollverein beizutreten, wenn man ihm eine Herabsetzung des Zolls auf das Schlachtvieh angeboten haben würde. Die Regierung hat diese Herabsetzung zweimal bei den Kammern beantragt; sie wurde verworfen. (Eine Stimme links: "Man that wohl daran.") Wenn also der preußische Zollverein sich am Ende vervollständigt hat, liegt die Schuld nicht an der französischen Regierung, sondern an den französischen Interessen, welche hier überwogen, wenn Sie wollen, überwiegen mußten; aber durch dieses Ueberwiegen beraubten Sie die Regierung der Mittel, die Gränzstaaten von einem Beitritt zum preußischen Zollverein abzuhalten. Die Natur des Zollvereins änderte sich zuletzt, er ist politisch geworden. Sie konnten ihn nicht hindern, seinen natürlichen Gang zu gehen. Ich wiederhole, was die Gränzstaaten Frankreichs anbelangt, so hätte man ihnen Concessionen anbieten können; man verweigerte dieselben. Also darf man nicht darüber klagen, denn jene Staaten traten dem Zollverein bei, weil sie keine Zugeständnisse von unserer Seite erhielten. Die Regierung ist seit einem Jahr in Unterhandlung mit dem preußischen Hofe. Ich glaube, wir werden vortheilhafte Bedingungen für den französischen Handel erlangen; Sie müssen sich aber gefaßt halten, Concessionen dagegen zu machen, denn man wird die deutschen Zölle auf diese oder jene Artikel nicht herabsetzen, wenn nicht das Gleiche von französischer Seite geschieht. Freilich hat die Kammer erst vor kurzem durch ihr Votum hinsichtlich einer Bittschrift, welche eine Verminderung des Schlachtviehzolls verlangte, uns zu den Concessionen, die wir zu machen haben, wenig aufgemuntert. Indessen erkläre ich auf unsere Verantwortlichkeit, daß wir, wenn wir einmal definitiv in Unterhandlung sind - welche Unterhandlungen erst bei Anwesenheit aller Bevollmächtigten der Vereinsstaaten in Berlin ernstlich eröffnet werden können - die Concessionen machen werden, die uns billig scheinen und für die wir hinreichenden Ersatz erhalten. Wir werden diese Concessionen der Kammer vorlegen und darüber mit aller Wärme debattiren. Nimmt die Kammer sie an, so haben die Unterhandlungen ein Resultat; verweigert sie die Kammer, so wird man uns wenigstens nicht vorwerfen können, daß wir die französischen Interessen vernachlässigt haben. (Beifall.) Ich will jene Bedingungen Der Naval and Military Gazette zufolge wird in kurzem die ganze brittische Linien-Infanterie mit Percussions-Flinten bewaffnet werden. Mit dem 42sten Regiment Hochländer ist der Anfang gemacht. Die brittische wissenschaftliche Association wird sich im September dieses Jahrs in Glasgow versammeln, wo bereits Anstalten zu ihrem Empfange getroffen werden. London, 22 April. In Leicester hat die erste Versammlung stattgefunden, um den Sturm gegen die Getreidegesetze zu einem allgemeinen umzugestalten. Man verlangt Ausdehnung des Wahlrechtes auf alle Hauswirthe, dreijährige Wahlen und die Ballotage. Dieß sind bekanntlich die Bedingungen, welche einst Lord Durham als allein hinreichend zur Sicherung einer wirklichen Volksvertretung angegeben, und man hofft wohl später diesen kräftigen Mann dabei zum Haupt und Führer zu erlangen. Es steht nun noch dahin, ob sich zu dieser Beschränkung die Massen verstehen werden, welche als Chartisten bekanntlich das Stimmrecht für alle großjährigen Mannspersonen und jährliche Wahlen verlangen. Geschieht dieses, so könnte die radicale Partei in ein paar Jahren sehr bedeutend werden, besonders da sie O'Connell und dessen großen Anhang auf ihrer Seite haben würde. Fürs erste jedoch macht dieser Anfang aufs gesellige Leben keinen Eindruck. Gegen die allzugroßen Ansprüche der Klerisei erhebt sich selbst in ihrer Mitte Einsprache, und alle Versammlungen, welche zur Stiftung von kirchlichen Schulvereinen stattfanden und noch beständig stattfinden, haben nichts weiter bewirkt als einen größeren Eifer für den öffentlichen Unterricht, und die Stiftung, Ausdehnung und Verbesserung von Schulen, zunächst für die Armen, und sodann, rückwirkend, auch für die Reicheren. – Eine eben erschienene Schrift von einem Oxforder Professor (Baden Powell) verweist seinen geistlichen Mitbrüdern ihre Ansprüche auf das ausschließliche Recht von Seite des Staates die Erziehung der ganzen Jugend anvertraut zu erhalten, und zeigt vielmehr, auf welchem Wege eine gemeinschaftliche Erziehung der Kinder aus allen christlichen Secten möglich wäre, ohne daß der Glaube im Allgemeinen oder das Ansehen der Kirche darunter litte. Der arme Verfasser wird freilich fürs erste verketzert werden; doch können solche Worte der Weisheit und des Friedens nur wohlthätig wirken. Auch die Selbstbesteuerung der Pfründen für die Stiftung neuer Pfarren kommt jetzt häufiger zur Sprache, ehe die Kirche das Parlament um Unterstützung anginge. Ich glaube zwar nicht, daß die Idee hierzu noch hinlänglich Wurzel geschlagen, und zweifle nicht, Inglis werde nach Ostern seinen vergeblichen Vorschlag um Unterstützung vom Staate machen; aber die Sache bleibt am Ende unvermeidlich. – Die Armencommission hat dem Ministerium einen höchst interessanten Bericht vorgelegt, woraus unabweislich erhellt, daß die fernere Verbesserung des Armenwesens nur durch die Beibehaltung einer solchen Commission bewirkt werden könne. Auch wird dieses, trotz der Opposition der Times, geschehen. Frankreich. Paris, 26 April. (Moniteur.) Die Herzogin Victoria von Sachsen-Coburg, der Herzog Ferdinand, ihr Vater, und ihr Bruder, Prinz August, sind am 25 April um 7 Uhr Abends in St. Cloud eingetroffen. Der König der Belgier war am Abend zuvor um halb 10 Uhr ebendaselbst angekommen. Die Prinzessin Victoria war am 24 Abends mit dem Prinzen Ferdinand, ihrem Vater, und dem Prinzen August, ihrem Bruder, in Compiegne angekommen. Die Stadt ward von freien Stücken illuminirt. Am 25 Abends 7 Uhr traf sie in St. Cloud ein. So wie die Prinzessin den König erblickte, beugte sie die Kniee, Se. Maj. hob sie aber auf und umarmte sie aufs herzlichste. Alle Minister waren in St. Cloud und hatten die Ehre, jeder einzeln der Prinzessin vorgestellt zu werden. Se. Durchl. der Prinz Ferdinand von Sachsen-Coburg hat aus den Händen des Königs das große Band der Ehrenlegion erhalten. Hr. Poisson, Pair von Frankreich, Mitglied der Akademie der Wissenschaften und des k. Conseils des öffentlichen Unterrichts, ist am 25 April, in Folge einer langen Krankheit, Hr. Tripier, Pair von Frankreich, Rath bei dem Cassationshof, an demselben Tage gestorben. Aus der Rede des Hrn. Thiers über den deutschen Zollverein, welche wir gestern einer stenographirten Mittheilung entnommen hatten, tragen wir noch einige berichtigende oder ergänzende Stellen nach. „Alle Staaten des deutschen Zollvereins hatten ein unermeßliches Interesse sich zu vereinen; zuerst ein bloßes Handels-, dann auch ein politisches Interesse. Der erste Grund lag in den unerträglichen Hindernissen, welche die vielfachen Zolllinien dem Verkehr jener Staaten unter sich entgegensetzten. Diesem Interesse gegenüber konnten wir nicht sagen: laßt ab vom Verein, ihr genirt unsre Industrien, ihr durchkreuzt unsre Handelspolitik. Nur einige der Gränzstaaten, Baden z. B. hätte man abhalten können, dem Zollverein beizutreten, wenn man ihm eine Herabsetzung des Zolls auf das Schlachtvieh angeboten haben würde. Die Regierung hat diese Herabsetzung zweimal bei den Kammern beantragt; sie wurde verworfen. (Eine Stimme links: „Man that wohl daran.“) Wenn also der preußische Zollverein sich am Ende vervollständigt hat, liegt die Schuld nicht an der französischen Regierung, sondern an den französischen Interessen, welche hier überwogen, wenn Sie wollen, überwiegen mußten; aber durch dieses Ueberwiegen beraubten Sie die Regierung der Mittel, die Gränzstaaten von einem Beitritt zum preußischen Zollverein abzuhalten. Die Natur des Zollvereins änderte sich zuletzt, er ist politisch geworden. Sie konnten ihn nicht hindern, seinen natürlichen Gang zu gehen. Ich wiederhole, was die Gränzstaaten Frankreichs anbelangt, so hätte man ihnen Concessionen anbieten können; man verweigerte dieselben. Also darf man nicht darüber klagen, denn jene Staaten traten dem Zollverein bei, weil sie keine Zugeständnisse von unserer Seite erhielten. Die Regierung ist seit einem Jahr in Unterhandlung mit dem preußischen Hofe. Ich glaube, wir werden vortheilhafte Bedingungen für den französischen Handel erlangen; Sie müssen sich aber gefaßt halten, Concessionen dagegen zu machen, denn man wird die deutschen Zölle auf diese oder jene Artikel nicht herabsetzen, wenn nicht das Gleiche von französischer Seite geschieht. Freilich hat die Kammer erst vor kurzem durch ihr Votum hinsichtlich einer Bittschrift, welche eine Verminderung des Schlachtviehzolls verlangte, uns zu den Concessionen, die wir zu machen haben, wenig aufgemuntert. Indessen erkläre ich auf unsere Verantwortlichkeit, daß wir, wenn wir einmal definitiv in Unterhandlung sind – welche Unterhandlungen erst bei Anwesenheit aller Bevollmächtigten der Vereinsstaaten in Berlin ernstlich eröffnet werden können – die Concessionen machen werden, die uns billig scheinen und für die wir hinreichenden Ersatz erhalten. Wir werden diese Concessionen der Kammer vorlegen und darüber mit aller Wärme debattiren. Nimmt die Kammer sie an, so haben die Unterhandlungen ein Resultat; verweigert sie die Kammer, so wird man uns wenigstens nicht vorwerfen können, daß wir die französischen Interessen vernachlässigt haben. (Beifall.) Ich will jene Bedingungen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0002" n="0970"/> <p>Der <hi rendition="#g">Naval and Military Gazette</hi> zufolge wird in kurzem die ganze brittische Linien-Infanterie mit Percussions-Flinten bewaffnet werden. Mit dem 42sten Regiment Hochländer ist der Anfang gemacht.</p><lb/> <p>Die brittische wissenschaftliche Association wird sich im September dieses Jahrs in Glasgow versammeln, wo bereits Anstalten zu ihrem Empfange getroffen werden.</p> </div><lb/> <div n="2"> <byline> <gap reason="insignificant" unit="chars" quantity="1"/> </byline> <dateline><hi rendition="#b">London,</hi> 22 April.</dateline> <p> In Leicester hat die erste Versammlung stattgefunden, um den Sturm gegen die Getreidegesetze zu einem allgemeinen umzugestalten. Man verlangt Ausdehnung des Wahlrechtes auf alle Hauswirthe, dreijährige Wahlen und die Ballotage. Dieß sind bekanntlich die Bedingungen, welche einst Lord Durham als allein hinreichend zur Sicherung einer wirklichen Volksvertretung angegeben, und man hofft wohl später diesen kräftigen Mann dabei zum Haupt und Führer zu erlangen. Es steht nun noch dahin, ob sich zu dieser Beschränkung die Massen verstehen werden, welche als Chartisten bekanntlich das Stimmrecht für alle großjährigen Mannspersonen und <hi rendition="#g">jährliche</hi> Wahlen verlangen. Geschieht dieses, so könnte die radicale Partei in ein paar Jahren sehr bedeutend werden, besonders da sie O'Connell und dessen großen Anhang auf ihrer Seite haben würde. Fürs erste jedoch macht dieser Anfang aufs gesellige Leben keinen Eindruck. Gegen die allzugroßen Ansprüche der Klerisei erhebt sich selbst in ihrer Mitte Einsprache, und alle Versammlungen, welche zur Stiftung von kirchlichen Schulvereinen stattfanden und noch beständig stattfinden, haben nichts weiter bewirkt als einen größeren Eifer für den öffentlichen Unterricht, und die Stiftung, Ausdehnung und Verbesserung von Schulen, zunächst für die Armen, und sodann, rückwirkend, auch für die Reicheren. – Eine eben erschienene Schrift von einem Oxforder Professor (Baden Powell) verweist seinen geistlichen Mitbrüdern ihre Ansprüche auf das ausschließliche Recht von Seite des Staates die Erziehung der ganzen Jugend anvertraut zu erhalten, und zeigt vielmehr, auf welchem Wege eine gemeinschaftliche Erziehung der Kinder aus allen christlichen Secten möglich wäre, ohne daß der Glaube im Allgemeinen oder das Ansehen der Kirche darunter litte. Der arme Verfasser wird freilich fürs erste verketzert werden; doch können solche Worte der Weisheit und des Friedens nur wohlthätig wirken. Auch die Selbstbesteuerung der Pfründen für die Stiftung neuer Pfarren kommt jetzt häufiger zur Sprache, ehe die Kirche das Parlament um Unterstützung anginge. Ich glaube zwar nicht, daß die Idee hierzu noch hinlänglich Wurzel geschlagen, und zweifle nicht, Inglis werde nach Ostern seinen vergeblichen Vorschlag um Unterstützung vom Staate machen; aber die Sache bleibt am Ende unvermeidlich. – Die Armencommission hat dem Ministerium einen höchst interessanten Bericht vorgelegt, woraus unabweislich erhellt, daß die fernere Verbesserung des Armenwesens nur durch die Beibehaltung einer solchen Commission bewirkt werden könne. Auch wird dieses, trotz der Opposition der Times, geschehen.</p> </div> </div><lb/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Frankreich.</hi> </head><lb/> <div n="2"> <byline> <docAuthor> <gap reason="insignificant"/> </docAuthor> </byline> <dateline><hi rendition="#b">Paris,</hi> 26 April.</dateline><lb/> <p>(<hi rendition="#g">Moniteur</hi>.) Die Herzogin Victoria von Sachsen-Coburg, der Herzog Ferdinand, ihr Vater, und ihr Bruder, Prinz August, sind am 25 April um 7 Uhr Abends in St. Cloud eingetroffen. Der König der Belgier war am Abend zuvor um halb 10 Uhr ebendaselbst angekommen. Die Prinzessin Victoria war am 24 Abends mit dem Prinzen Ferdinand, ihrem Vater, und dem Prinzen August, ihrem Bruder, in Compiegne angekommen. Die Stadt ward von freien Stücken illuminirt. Am 25 Abends 7 Uhr traf sie in St. Cloud ein. So wie die Prinzessin den König erblickte, beugte sie die Kniee, Se. Maj. hob sie aber auf und umarmte sie aufs herzlichste. Alle Minister waren in St. Cloud und hatten die Ehre, jeder einzeln der Prinzessin vorgestellt zu werden. Se. Durchl. der Prinz Ferdinand von Sachsen-Coburg hat aus den Händen des Königs das große Band der Ehrenlegion erhalten.</p><lb/> <p>Hr. Poisson, Pair von Frankreich, Mitglied der Akademie der Wissenschaften und des k. Conseils des öffentlichen Unterrichts, ist am 25 April, in Folge einer langen Krankheit, Hr. Tripier, Pair von Frankreich, Rath bei dem Cassationshof, an demselben Tage gestorben.</p><lb/> <p>Aus der Rede des Hrn. Thiers über den deutschen Zollverein, welche wir gestern einer stenographirten Mittheilung entnommen hatten, tragen wir noch einige berichtigende oder ergänzende Stellen nach. „Alle Staaten des deutschen Zollvereins hatten ein unermeßliches Interesse sich zu vereinen; zuerst ein bloßes Handels-, dann auch ein politisches Interesse. Der erste Grund lag in den unerträglichen Hindernissen, welche die vielfachen Zolllinien dem Verkehr jener Staaten unter sich entgegensetzten. Diesem Interesse gegenüber konnten wir nicht sagen: laßt ab vom Verein, ihr genirt unsre Industrien, ihr durchkreuzt unsre Handelspolitik. Nur einige der Gränzstaaten, Baden z. B. hätte man abhalten können, dem Zollverein beizutreten, wenn man ihm eine Herabsetzung des Zolls auf das Schlachtvieh angeboten haben würde. Die Regierung hat diese Herabsetzung zweimal bei den Kammern beantragt; sie wurde verworfen. (Eine Stimme links: „Man that wohl daran.“) Wenn also der preußische Zollverein sich am Ende vervollständigt hat, liegt die Schuld nicht an der französischen Regierung, sondern an den französischen Interessen, welche hier überwogen, wenn Sie wollen, überwiegen mußten; aber durch dieses Ueberwiegen beraubten Sie die Regierung der Mittel, die Gränzstaaten von einem Beitritt zum preußischen Zollverein abzuhalten. Die Natur des Zollvereins änderte sich zuletzt, er ist politisch geworden. Sie konnten ihn nicht hindern, seinen natürlichen Gang zu gehen. Ich wiederhole, was die Gränzstaaten Frankreichs anbelangt, so hätte man ihnen Concessionen anbieten können; man verweigerte dieselben. Also darf man nicht darüber klagen, denn jene Staaten traten dem Zollverein bei, weil sie keine Zugeständnisse von unserer Seite erhielten. Die Regierung ist seit einem Jahr in Unterhandlung mit dem preußischen Hofe. Ich glaube, wir werden vortheilhafte Bedingungen für den französischen Handel erlangen; Sie müssen sich aber gefaßt halten, Concessionen dagegen zu machen, denn man wird die deutschen Zölle auf diese oder jene Artikel nicht herabsetzen, wenn nicht das Gleiche von französischer Seite geschieht. Freilich hat die Kammer erst vor kurzem durch ihr Votum hinsichtlich einer Bittschrift, welche eine Verminderung des Schlachtviehzolls verlangte, uns zu den Concessionen, die wir zu machen haben, wenig aufgemuntert. Indessen erkläre ich auf unsere Verantwortlichkeit, daß wir, wenn wir einmal definitiv in Unterhandlung sind – welche Unterhandlungen erst bei Anwesenheit aller Bevollmächtigten der Vereinsstaaten in Berlin ernstlich eröffnet werden können – die Concessionen machen werden, die uns billig scheinen und für die wir hinreichenden Ersatz erhalten. Wir werden diese Concessionen der Kammer vorlegen und darüber mit aller Wärme debattiren. Nimmt die Kammer sie an, so haben die Unterhandlungen ein Resultat; verweigert sie die Kammer, so wird man uns wenigstens nicht vorwerfen können, daß wir die französischen Interessen vernachlässigt haben. (Beifall.) Ich will jene Bedingungen<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0970/0002]
Der Naval and Military Gazette zufolge wird in kurzem die ganze brittische Linien-Infanterie mit Percussions-Flinten bewaffnet werden. Mit dem 42sten Regiment Hochländer ist der Anfang gemacht.
Die brittische wissenschaftliche Association wird sich im September dieses Jahrs in Glasgow versammeln, wo bereits Anstalten zu ihrem Empfange getroffen werden.
_ London, 22 April. In Leicester hat die erste Versammlung stattgefunden, um den Sturm gegen die Getreidegesetze zu einem allgemeinen umzugestalten. Man verlangt Ausdehnung des Wahlrechtes auf alle Hauswirthe, dreijährige Wahlen und die Ballotage. Dieß sind bekanntlich die Bedingungen, welche einst Lord Durham als allein hinreichend zur Sicherung einer wirklichen Volksvertretung angegeben, und man hofft wohl später diesen kräftigen Mann dabei zum Haupt und Führer zu erlangen. Es steht nun noch dahin, ob sich zu dieser Beschränkung die Massen verstehen werden, welche als Chartisten bekanntlich das Stimmrecht für alle großjährigen Mannspersonen und jährliche Wahlen verlangen. Geschieht dieses, so könnte die radicale Partei in ein paar Jahren sehr bedeutend werden, besonders da sie O'Connell und dessen großen Anhang auf ihrer Seite haben würde. Fürs erste jedoch macht dieser Anfang aufs gesellige Leben keinen Eindruck. Gegen die allzugroßen Ansprüche der Klerisei erhebt sich selbst in ihrer Mitte Einsprache, und alle Versammlungen, welche zur Stiftung von kirchlichen Schulvereinen stattfanden und noch beständig stattfinden, haben nichts weiter bewirkt als einen größeren Eifer für den öffentlichen Unterricht, und die Stiftung, Ausdehnung und Verbesserung von Schulen, zunächst für die Armen, und sodann, rückwirkend, auch für die Reicheren. – Eine eben erschienene Schrift von einem Oxforder Professor (Baden Powell) verweist seinen geistlichen Mitbrüdern ihre Ansprüche auf das ausschließliche Recht von Seite des Staates die Erziehung der ganzen Jugend anvertraut zu erhalten, und zeigt vielmehr, auf welchem Wege eine gemeinschaftliche Erziehung der Kinder aus allen christlichen Secten möglich wäre, ohne daß der Glaube im Allgemeinen oder das Ansehen der Kirche darunter litte. Der arme Verfasser wird freilich fürs erste verketzert werden; doch können solche Worte der Weisheit und des Friedens nur wohlthätig wirken. Auch die Selbstbesteuerung der Pfründen für die Stiftung neuer Pfarren kommt jetzt häufiger zur Sprache, ehe die Kirche das Parlament um Unterstützung anginge. Ich glaube zwar nicht, daß die Idee hierzu noch hinlänglich Wurzel geschlagen, und zweifle nicht, Inglis werde nach Ostern seinen vergeblichen Vorschlag um Unterstützung vom Staate machen; aber die Sache bleibt am Ende unvermeidlich. – Die Armencommission hat dem Ministerium einen höchst interessanten Bericht vorgelegt, woraus unabweislich erhellt, daß die fernere Verbesserung des Armenwesens nur durch die Beibehaltung einer solchen Commission bewirkt werden könne. Auch wird dieses, trotz der Opposition der Times, geschehen.
Frankreich.
_ Paris, 26 April.
(Moniteur.) Die Herzogin Victoria von Sachsen-Coburg, der Herzog Ferdinand, ihr Vater, und ihr Bruder, Prinz August, sind am 25 April um 7 Uhr Abends in St. Cloud eingetroffen. Der König der Belgier war am Abend zuvor um halb 10 Uhr ebendaselbst angekommen. Die Prinzessin Victoria war am 24 Abends mit dem Prinzen Ferdinand, ihrem Vater, und dem Prinzen August, ihrem Bruder, in Compiegne angekommen. Die Stadt ward von freien Stücken illuminirt. Am 25 Abends 7 Uhr traf sie in St. Cloud ein. So wie die Prinzessin den König erblickte, beugte sie die Kniee, Se. Maj. hob sie aber auf und umarmte sie aufs herzlichste. Alle Minister waren in St. Cloud und hatten die Ehre, jeder einzeln der Prinzessin vorgestellt zu werden. Se. Durchl. der Prinz Ferdinand von Sachsen-Coburg hat aus den Händen des Königs das große Band der Ehrenlegion erhalten.
Hr. Poisson, Pair von Frankreich, Mitglied der Akademie der Wissenschaften und des k. Conseils des öffentlichen Unterrichts, ist am 25 April, in Folge einer langen Krankheit, Hr. Tripier, Pair von Frankreich, Rath bei dem Cassationshof, an demselben Tage gestorben.
Aus der Rede des Hrn. Thiers über den deutschen Zollverein, welche wir gestern einer stenographirten Mittheilung entnommen hatten, tragen wir noch einige berichtigende oder ergänzende Stellen nach. „Alle Staaten des deutschen Zollvereins hatten ein unermeßliches Interesse sich zu vereinen; zuerst ein bloßes Handels-, dann auch ein politisches Interesse. Der erste Grund lag in den unerträglichen Hindernissen, welche die vielfachen Zolllinien dem Verkehr jener Staaten unter sich entgegensetzten. Diesem Interesse gegenüber konnten wir nicht sagen: laßt ab vom Verein, ihr genirt unsre Industrien, ihr durchkreuzt unsre Handelspolitik. Nur einige der Gränzstaaten, Baden z. B. hätte man abhalten können, dem Zollverein beizutreten, wenn man ihm eine Herabsetzung des Zolls auf das Schlachtvieh angeboten haben würde. Die Regierung hat diese Herabsetzung zweimal bei den Kammern beantragt; sie wurde verworfen. (Eine Stimme links: „Man that wohl daran.“) Wenn also der preußische Zollverein sich am Ende vervollständigt hat, liegt die Schuld nicht an der französischen Regierung, sondern an den französischen Interessen, welche hier überwogen, wenn Sie wollen, überwiegen mußten; aber durch dieses Ueberwiegen beraubten Sie die Regierung der Mittel, die Gränzstaaten von einem Beitritt zum preußischen Zollverein abzuhalten. Die Natur des Zollvereins änderte sich zuletzt, er ist politisch geworden. Sie konnten ihn nicht hindern, seinen natürlichen Gang zu gehen. Ich wiederhole, was die Gränzstaaten Frankreichs anbelangt, so hätte man ihnen Concessionen anbieten können; man verweigerte dieselben. Also darf man nicht darüber klagen, denn jene Staaten traten dem Zollverein bei, weil sie keine Zugeständnisse von unserer Seite erhielten. Die Regierung ist seit einem Jahr in Unterhandlung mit dem preußischen Hofe. Ich glaube, wir werden vortheilhafte Bedingungen für den französischen Handel erlangen; Sie müssen sich aber gefaßt halten, Concessionen dagegen zu machen, denn man wird die deutschen Zölle auf diese oder jene Artikel nicht herabsetzen, wenn nicht das Gleiche von französischer Seite geschieht. Freilich hat die Kammer erst vor kurzem durch ihr Votum hinsichtlich einer Bittschrift, welche eine Verminderung des Schlachtviehzolls verlangte, uns zu den Concessionen, die wir zu machen haben, wenig aufgemuntert. Indessen erkläre ich auf unsere Verantwortlichkeit, daß wir, wenn wir einmal definitiv in Unterhandlung sind – welche Unterhandlungen erst bei Anwesenheit aller Bevollmächtigten der Vereinsstaaten in Berlin ernstlich eröffnet werden können – die Concessionen machen werden, die uns billig scheinen und für die wir hinreichenden Ersatz erhalten. Wir werden diese Concessionen der Kammer vorlegen und darüber mit aller Wärme debattiren. Nimmt die Kammer sie an, so haben die Unterhandlungen ein Resultat; verweigert sie die Kammer, so wird man uns wenigstens nicht vorwerfen können, daß wir die französischen Interessen vernachlässigt haben. (Beifall.) Ich will jene Bedingungen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-06-28T11:37:15Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-06-28T11:37:15Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (?): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |