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Allgemeine Zeitung. Nr. 115. Augsburg, 24. April 1840.

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Zucker (aus andern Ländern als die französischen Colonien) zahlt 20 Fr. mehr als letzterer. Für beide Arten ist die Auflage noch für den Fall erhöht, wo der Zucker nicht durch französische Schiffe eingeführt wird. Der Zusatz von 20 Fr. auf den ausländischen Zucker wurde erst in der letzten Versammlung der Commission beigefügt, worin zwei Gegner des einheimischen Zuckers, die HH. Ducos und Wustemberg, sich nicht eingefunden hatten, die deßhalb dagegen protestiren. - Gestern wurde auch die Commission zur Prüfung der Klage gegen Hrn. Lestiboudois ernannt; letzterer hatte die Vorsicht, in seinem Bureau selbst dahin zu stimmen, daß die Ermächtigung ertheilt werde. Außer ihm ist die Klage noch gegen fünf oder sechs angesehene Personen, besonders Bankiers in Lille, gerichtet, die für bedeutendere Theile als er in der Unternehmung betheiligt sind. Die Klager haben den Mitgliedern der Kammer eine Druckschrift vertheilen lassen, enthaltend eine kurze Darstellung der Thatsachen, nebst einem Gutachten der hiesigen Advocaten Chaix d'Est-Ange (auch Deputirter) und Paillet, welche die Klage für begründet erachten. Das liberale Journal von Lille (Echo du Nord), sonst politischer Gegner von Lestiboudois (Legitimist) hat seine Partie ergriffen, und macht unter Anderm dem Hrn. Chaix d'Est-Ange ein Verbrechen daraus, daß er als Deputirter ein Gutachten gegen seinen Collegen ertheilt habe! - Der Deputirte Dubois, Nachfolger des Hrn. Cousin im Amte des Directors der Normalschule, hat seine Entlassung als Secretär der Kammer gegeben, und morgen soll er durch die Wahl ersetzt werden. Der dem Ministerium gewogene Theil der Deputirten ist über seinen Candidaten noch nicht einig: die meisten Stimmen der Linken scheinen sich auf Hrn. Vejux zu vereinigen, der, wie man glaubt, gerade keine 163 Stimmen gegen sich haben würde, wie neulich Hr. Berger. Das Ministerium sucht eine Collision zu vermeiden, die seine Schwäche von neuem offen legen könnte.

Belgien.

Das Ministerium, über dessen Zusammensetzung bis auf den letzten Augenblick die verschiedenartigsten Gerüchte im Umlauf waren, kann seit gestern als constituirt betrachtet werden. Die Liste der Mitglieder desselben ist gestern von Hrn. Lebeau dem Könige vorgelegt worden und dürfte dessen Billigung erhalten. Hr. Devaux, das intellectuelle Haupt der Partei, welche ans Ruder kommt, hatte in den letzten Tagen einen Versuch gemacht, diejenige Fraction der katholischen Partei, welche sich in der letzten Discussion vom Ministerium getrennt hatte, zur Theilnahme an der Gewalt zu bewegen; dringende Aufforderungen waren zu diesem Zwecke an Hrn. Deschamps ergangen, der als einer der Führer der katholischen Linken angesehen werden kann, aber er hatte sie zurückgewiesen. Eben so vergeblich waren die bei dem Baron d'Huart gemachten Bemühungen, ihn zur Annahme eines Portefeuille zu bewegen. Es blieb den Doctrinärs nichts übrig, wollten sie anders der ihnen anvertrauten Mission entsprechen, als rein liberale Elemente unter ihrer Oberleitung an die Spitze der Geschäfte zu stellen. Das ist denn auch geschehen. Das Ministerium, dessen Ernennung, treten nicht anders ganz unvorhergesehene Umstände dazwischen, heute oder morgen im Moniteur erscheinen wird, besteht aus Hrn. Lebeau für die auswärtigen Angelegenheiten und die Präsidenz des Conseils, wie sie Hr. de Theux besaß, Hrn. Rogier für das Innere, Hrn. Liedts, Präsidenten des Antwerpener Tribunals, für die Justiz; Hrn. Mercier, bisher Chef der Verwaltung der directen Steuern im Finanzministerium, für die öffentlichen Arbeiten und den Handel; Hrn. Dumon-Dumortier, einen der Secretäre des Senats, für die Finanzen, und dem General Buzen, commandirenden General der Provinz Brabant und Gouverneur von Brüssel, für den Krieg. Mit Ausnahme des Generals Buzen sind alle Minister Mitglieder der Kammer oder des Senats. Die Bildung dieses Ministeriums ist für die innere Geschichte Belgiens eine Thatsache von der größten Wichtigkeit, es ist der Versuch, eine Verwaltung zu constituiren, die sich ganz außerhalb der katholischen Partei hält, und ihre Stützpunkte daher anderswo als in der Majorität der Nation und der bisherigen Majorität der Legislatur suchen muß. Wie es diese höchst schwierige Aufgabe zu lösen versuchen wird, ist ein Problem, das, so lange wir sein Programm nicht kennen, dunkel bleiben muß. Der auf den 22 d. festgesetzte Zusammentritt der Kammer und die Nothwendigkeit, in der Hr. Lebeau sich alsdann befindet, sein System, wenigstens den Grundzügen nach, darzulegen, werden der Ungewißheit, in der sich Jedermann befindet, bis auf einen gewissen Grad ein Ende machen; das Erstaunen aber, welche diese Zusammensetzung der Verwaltung bei allen denen, die einigermaßen Inneres und Wesen der belgischen Verhältnisse kennen, veranlaßt hat, dürfte dadurch, wie diese Explicationen auch ausfallen mögen, kaum vermindert werden. Der im Ganzen schnell zu nennende Ausgang der Krisis dürfte, zum Theil wenigstens, auch dadurch herbeigeführt seyn, daß Se. Majestät wahrscheinlich in den nächsten Tagen nach Ostern zur Vermählungsfeier seiner Nichte, der Prinzessin Victoria mit dem Herzoge von Nemours, wahrscheinlich nach Fontainebleau abgehen wird, und die neue Verwaltung noch vor der Abreise zu constituiren wünschte.

Italien.

Am verflossenen Sonntag früh kam ein englisches Kriegsdampfschiff hier an, und brachte dem brittischen Gesandten weitere Depeschen, worauf derselbe Sr. Maj. dem König eine Schlußnote vorgelegt haben soll, über deren Inhalt Niemand etwas Näheres anzugeben weiß. Die Bedingungen sollen von Sr. Maj. im Ganzen angenommen worden seyn, jedoch mit der Clausel, daß er sich in seine Souveränetätsrechte auf keine Weise eingreifen lasse. Dieses Gerücht verbreitete allgemeines Vertrauen, was sich durch den raschen Aufschlag der Rente auf 104 am deutlichsten äußerte. Wie es nun aber scheint, verlangt England eine unwiderrufliche und unbedingte Annahme seiner dem König gemachten Vorschläge, da der Gesandte keinerlei Clausel gelten lassen will, welche die definitive Frage wieder in Zweifel stellen könnte. Somit kehrte mit der Ungewißheit auch wieder das Mißtrauen zurück, und den andern Tag, Montag, war die Rente von neuem auf 100 gefallen. Ueber die englische Flotte weiß man nichts Näheres; indessen scheint England doch zu gewaltthätigen Maaßregeln seine Zuflucht nehmen zu wollen, da ein neues heute früh erschienenes Circular des englischen Consuls die im hiesigen Hafen liegenden englischen Capitäne auffordert, mit ihren Schiffen den Hafen so schnell wie möglich, selbst wenn es Extraunkosten verursachen sollte, zu verlassen. Das neapolitanische Dampfschiff, die Marie Christine, das gestern mit 150 Passagieren von Palermo ankam, erhielt sogleich Befehl von der Regierung sich bereit zu machen, und diese Nacht ging es mit einem Regiment Gendarmen nach Sicilien ab, ob nach Messina, ob nach Palermo, weiß man nicht. Eine telegraphische Nachricht soll die Veranlassung dazu gewesen seyn.

Man ist noch immer in Ungewißheit über die fernere Entwicklung der sicilianischen Monopolsfrage. Viele behaupten, daß der König von Neapel sich mehr denn je zur Nachgiebigkeit gestimmt fühle, und daß dem Fürsten

Zucker (aus andern Ländern als die französischen Colonien) zahlt 20 Fr. mehr als letzterer. Für beide Arten ist die Auflage noch für den Fall erhöht, wo der Zucker nicht durch französische Schiffe eingeführt wird. Der Zusatz von 20 Fr. auf den ausländischen Zucker wurde erst in der letzten Versammlung der Commission beigefügt, worin zwei Gegner des einheimischen Zuckers, die HH. Ducos und Wustemberg, sich nicht eingefunden hatten, die deßhalb dagegen protestiren. – Gestern wurde auch die Commission zur Prüfung der Klage gegen Hrn. Lestiboudois ernannt; letzterer hatte die Vorsicht, in seinem Bureau selbst dahin zu stimmen, daß die Ermächtigung ertheilt werde. Außer ihm ist die Klage noch gegen fünf oder sechs angesehene Personen, besonders Bankiers in Lille, gerichtet, die für bedeutendere Theile als er in der Unternehmung betheiligt sind. Die Klager haben den Mitgliedern der Kammer eine Druckschrift vertheilen lassen, enthaltend eine kurze Darstellung der Thatsachen, nebst einem Gutachten der hiesigen Advocaten Chaix d'Est-Ange (auch Deputirter) und Paillet, welche die Klage für begründet erachten. Das liberale Journal von Lille (Echo du Nord), sonst politischer Gegner von Lestiboudois (Legitimist) hat seine Partie ergriffen, und macht unter Anderm dem Hrn. Chaix d'Est-Ange ein Verbrechen daraus, daß er als Deputirter ein Gutachten gegen seinen Collegen ertheilt habe! – Der Deputirte Dubois, Nachfolger des Hrn. Cousin im Amte des Directors der Normalschule, hat seine Entlassung als Secretär der Kammer gegeben, und morgen soll er durch die Wahl ersetzt werden. Der dem Ministerium gewogene Theil der Deputirten ist über seinen Candidaten noch nicht einig: die meisten Stimmen der Linken scheinen sich auf Hrn. Vejux zu vereinigen, der, wie man glaubt, gerade keine 163 Stimmen gegen sich haben würde, wie neulich Hr. Berger. Das Ministerium sucht eine Collision zu vermeiden, die seine Schwäche von neuem offen legen könnte.

Belgien.

Das Ministerium, über dessen Zusammensetzung bis auf den letzten Augenblick die verschiedenartigsten Gerüchte im Umlauf waren, kann seit gestern als constituirt betrachtet werden. Die Liste der Mitglieder desselben ist gestern von Hrn. Lebeau dem Könige vorgelegt worden und dürfte dessen Billigung erhalten. Hr. Devaux, das intellectuelle Haupt der Partei, welche ans Ruder kommt, hatte in den letzten Tagen einen Versuch gemacht, diejenige Fraction der katholischen Partei, welche sich in der letzten Discussion vom Ministerium getrennt hatte, zur Theilnahme an der Gewalt zu bewegen; dringende Aufforderungen waren zu diesem Zwecke an Hrn. Deschamps ergangen, der als einer der Führer der katholischen Linken angesehen werden kann, aber er hatte sie zurückgewiesen. Eben so vergeblich waren die bei dem Baron d'Huart gemachten Bemühungen, ihn zur Annahme eines Portefeuille zu bewegen. Es blieb den Doctrinärs nichts übrig, wollten sie anders der ihnen anvertrauten Mission entsprechen, als rein liberale Elemente unter ihrer Oberleitung an die Spitze der Geschäfte zu stellen. Das ist denn auch geschehen. Das Ministerium, dessen Ernennung, treten nicht anders ganz unvorhergesehene Umstände dazwischen, heute oder morgen im Moniteur erscheinen wird, besteht aus Hrn. Lebeau für die auswärtigen Angelegenheiten und die Präsidenz des Conseils, wie sie Hr. de Theux besaß, Hrn. Rogier für das Innere, Hrn. Liedts, Präsidenten des Antwerpener Tribunals, für die Justiz; Hrn. Mercier, bisher Chef der Verwaltung der directen Steuern im Finanzministerium, für die öffentlichen Arbeiten und den Handel; Hrn. Dumon-Dumortier, einen der Secretäre des Senats, für die Finanzen, und dem General Buzen, commandirenden General der Provinz Brabant und Gouverneur von Brüssel, für den Krieg. Mit Ausnahme des Generals Buzen sind alle Minister Mitglieder der Kammer oder des Senats. Die Bildung dieses Ministeriums ist für die innere Geschichte Belgiens eine Thatsache von der größten Wichtigkeit, es ist der Versuch, eine Verwaltung zu constituiren, die sich ganz außerhalb der katholischen Partei hält, und ihre Stützpunkte daher anderswo als in der Majorität der Nation und der bisherigen Majorität der Legislatur suchen muß. Wie es diese höchst schwierige Aufgabe zu lösen versuchen wird, ist ein Problem, das, so lange wir sein Programm nicht kennen, dunkel bleiben muß. Der auf den 22 d. festgesetzte Zusammentritt der Kammer und die Nothwendigkeit, in der Hr. Lebeau sich alsdann befindet, sein System, wenigstens den Grundzügen nach, darzulegen, werden der Ungewißheit, in der sich Jedermann befindet, bis auf einen gewissen Grad ein Ende machen; das Erstaunen aber, welche diese Zusammensetzung der Verwaltung bei allen denen, die einigermaßen Inneres und Wesen der belgischen Verhältnisse kennen, veranlaßt hat, dürfte dadurch, wie diese Explicationen auch ausfallen mögen, kaum vermindert werden. Der im Ganzen schnell zu nennende Ausgang der Krisis dürfte, zum Theil wenigstens, auch dadurch herbeigeführt seyn, daß Se. Majestät wahrscheinlich in den nächsten Tagen nach Ostern zur Vermählungsfeier seiner Nichte, der Prinzessin Victoria mit dem Herzoge von Nemours, wahrscheinlich nach Fontainebleau abgehen wird, und die neue Verwaltung noch vor der Abreise zu constituiren wünschte.

Italien.

Am verflossenen Sonntag früh kam ein englisches Kriegsdampfschiff hier an, und brachte dem brittischen Gesandten weitere Depeschen, worauf derselbe Sr. Maj. dem König eine Schlußnote vorgelegt haben soll, über deren Inhalt Niemand etwas Näheres anzugeben weiß. Die Bedingungen sollen von Sr. Maj. im Ganzen angenommen worden seyn, jedoch mit der Clausel, daß er sich in seine Souveränetätsrechte auf keine Weise eingreifen lasse. Dieses Gerücht verbreitete allgemeines Vertrauen, was sich durch den raschen Aufschlag der Rente auf 104 am deutlichsten äußerte. Wie es nun aber scheint, verlangt England eine unwiderrufliche und unbedingte Annahme seiner dem König gemachten Vorschläge, da der Gesandte keinerlei Clausel gelten lassen will, welche die definitive Frage wieder in Zweifel stellen könnte. Somit kehrte mit der Ungewißheit auch wieder das Mißtrauen zurück, und den andern Tag, Montag, war die Rente von neuem auf 100 gefallen. Ueber die englische Flotte weiß man nichts Näheres; indessen scheint England doch zu gewaltthätigen Maaßregeln seine Zuflucht nehmen zu wollen, da ein neues heute früh erschienenes Circular des englischen Consuls die im hiesigen Hafen liegenden englischen Capitäne auffordert, mit ihren Schiffen den Hafen so schnell wie möglich, selbst wenn es Extraunkosten verursachen sollte, zu verlassen. Das neapolitanische Dampfschiff, die Marie Christine, das gestern mit 150 Passagieren von Palermo ankam, erhielt sogleich Befehl von der Regierung sich bereit zu machen, und diese Nacht ging es mit einem Regiment Gendarmen nach Sicilien ab, ob nach Messina, ob nach Palermo, weiß man nicht. Eine telegraphische Nachricht soll die Veranlassung dazu gewesen seyn.

Man ist noch immer in Ungewißheit über die fernere Entwicklung der sicilianischen Monopolsfrage. Viele behaupten, daß der König von Neapel sich mehr denn je zur Nachgiebigkeit gestimmt fühle, und daß dem Fürsten

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Zucker (aus andern Ländern als die französischen Colonien) zahlt 20 Fr. mehr als letzterer. Für beide Arten ist die Auflage noch für den Fall erhöht, wo der Zucker nicht durch französische Schiffe eingeführt wird. Der Zusatz von 20 Fr. auf den ausländischen Zucker wurde erst in der letzten Versammlung der Commission beigefügt, worin zwei Gegner des einheimischen Zuckers, die HH. Ducos und Wustemberg, sich nicht eingefunden hatten, die deßhalb dagegen protestiren. &#x2013; Gestern wurde auch die Commission zur Prüfung der Klage gegen Hrn. Lestiboudois ernannt; letzterer hatte die Vorsicht, in seinem Bureau selbst dahin zu stimmen, daß die Ermächtigung ertheilt werde. Außer ihm ist die Klage noch gegen fünf oder sechs angesehene Personen, besonders Bankiers in Lille, gerichtet, die für bedeutendere Theile als er in der Unternehmung betheiligt sind. Die Klager haben den Mitgliedern der Kammer eine Druckschrift vertheilen lassen, enthaltend eine kurze Darstellung der Thatsachen, nebst einem Gutachten der hiesigen Advocaten Chaix d'Est-Ange (auch Deputirter) und Paillet, welche die Klage für begründet erachten. Das liberale Journal von Lille (Echo du Nord), sonst politischer Gegner von Lestiboudois (Legitimist) hat seine Partie ergriffen, und macht unter Anderm dem Hrn. Chaix d'Est-Ange ein Verbrechen daraus, daß er als Deputirter ein Gutachten gegen seinen Collegen ertheilt habe! &#x2013; Der Deputirte Dubois, Nachfolger des Hrn. Cousin im Amte des Directors der Normalschule, hat seine Entlassung als Secretär der Kammer gegeben, und morgen soll er durch die Wahl ersetzt werden. Der dem Ministerium gewogene Theil der Deputirten ist über seinen Candidaten noch nicht einig: die meisten Stimmen der Linken scheinen sich auf Hrn. Vejux zu vereinigen, der, wie man glaubt, gerade keine 163 Stimmen gegen sich haben würde, wie neulich Hr. Berger. Das Ministerium sucht eine Collision zu vermeiden, die seine Schwäche von neuem offen legen könnte.</p><lb/>
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[0917/0005] Zucker (aus andern Ländern als die französischen Colonien) zahlt 20 Fr. mehr als letzterer. Für beide Arten ist die Auflage noch für den Fall erhöht, wo der Zucker nicht durch französische Schiffe eingeführt wird. Der Zusatz von 20 Fr. auf den ausländischen Zucker wurde erst in der letzten Versammlung der Commission beigefügt, worin zwei Gegner des einheimischen Zuckers, die HH. Ducos und Wustemberg, sich nicht eingefunden hatten, die deßhalb dagegen protestiren. – Gestern wurde auch die Commission zur Prüfung der Klage gegen Hrn. Lestiboudois ernannt; letzterer hatte die Vorsicht, in seinem Bureau selbst dahin zu stimmen, daß die Ermächtigung ertheilt werde. Außer ihm ist die Klage noch gegen fünf oder sechs angesehene Personen, besonders Bankiers in Lille, gerichtet, die für bedeutendere Theile als er in der Unternehmung betheiligt sind. Die Klager haben den Mitgliedern der Kammer eine Druckschrift vertheilen lassen, enthaltend eine kurze Darstellung der Thatsachen, nebst einem Gutachten der hiesigen Advocaten Chaix d'Est-Ange (auch Deputirter) und Paillet, welche die Klage für begründet erachten. Das liberale Journal von Lille (Echo du Nord), sonst politischer Gegner von Lestiboudois (Legitimist) hat seine Partie ergriffen, und macht unter Anderm dem Hrn. Chaix d'Est-Ange ein Verbrechen daraus, daß er als Deputirter ein Gutachten gegen seinen Collegen ertheilt habe! – Der Deputirte Dubois, Nachfolger des Hrn. Cousin im Amte des Directors der Normalschule, hat seine Entlassung als Secretär der Kammer gegeben, und morgen soll er durch die Wahl ersetzt werden. Der dem Ministerium gewogene Theil der Deputirten ist über seinen Candidaten noch nicht einig: die meisten Stimmen der Linken scheinen sich auf Hrn. Vejux zu vereinigen, der, wie man glaubt, gerade keine 163 Stimmen gegen sich haben würde, wie neulich Hr. Berger. Das Ministerium sucht eine Collision zu vermeiden, die seine Schwäche von neuem offen legen könnte. Belgien. _ Brüssel, 17 April. Das Ministerium, über dessen Zusammensetzung bis auf den letzten Augenblick die verschiedenartigsten Gerüchte im Umlauf waren, kann seit gestern als constituirt betrachtet werden. Die Liste der Mitglieder desselben ist gestern von Hrn. Lebeau dem Könige vorgelegt worden und dürfte dessen Billigung erhalten. Hr. Devaux, das intellectuelle Haupt der Partei, welche ans Ruder kommt, hatte in den letzten Tagen einen Versuch gemacht, diejenige Fraction der katholischen Partei, welche sich in der letzten Discussion vom Ministerium getrennt hatte, zur Theilnahme an der Gewalt zu bewegen; dringende Aufforderungen waren zu diesem Zwecke an Hrn. Deschamps ergangen, der als einer der Führer der katholischen Linken angesehen werden kann, aber er hatte sie zurückgewiesen. Eben so vergeblich waren die bei dem Baron d'Huart gemachten Bemühungen, ihn zur Annahme eines Portefeuille zu bewegen. Es blieb den Doctrinärs nichts übrig, wollten sie anders der ihnen anvertrauten Mission entsprechen, als rein liberale Elemente unter ihrer Oberleitung an die Spitze der Geschäfte zu stellen. Das ist denn auch geschehen. Das Ministerium, dessen Ernennung, treten nicht anders ganz unvorhergesehene Umstände dazwischen, heute oder morgen im Moniteur erscheinen wird, besteht aus Hrn. Lebeau für die auswärtigen Angelegenheiten und die Präsidenz des Conseils, wie sie Hr. de Theux besaß, Hrn. Rogier für das Innere, Hrn. Liedts, Präsidenten des Antwerpener Tribunals, für die Justiz; Hrn. Mercier, bisher Chef der Verwaltung der directen Steuern im Finanzministerium, für die öffentlichen Arbeiten und den Handel; Hrn. Dumon-Dumortier, einen der Secretäre des Senats, für die Finanzen, und dem General Buzen, commandirenden General der Provinz Brabant und Gouverneur von Brüssel, für den Krieg. Mit Ausnahme des Generals Buzen sind alle Minister Mitglieder der Kammer oder des Senats. Die Bildung dieses Ministeriums ist für die innere Geschichte Belgiens eine Thatsache von der größten Wichtigkeit, es ist der Versuch, eine Verwaltung zu constituiren, die sich ganz außerhalb der katholischen Partei hält, und ihre Stützpunkte daher anderswo als in der Majorität der Nation und der bisherigen Majorität der Legislatur suchen muß. Wie es diese höchst schwierige Aufgabe zu lösen versuchen wird, ist ein Problem, das, so lange wir sein Programm nicht kennen, dunkel bleiben muß. Der auf den 22 d. festgesetzte Zusammentritt der Kammer und die Nothwendigkeit, in der Hr. Lebeau sich alsdann befindet, sein System, wenigstens den Grundzügen nach, darzulegen, werden der Ungewißheit, in der sich Jedermann befindet, bis auf einen gewissen Grad ein Ende machen; das Erstaunen aber, welche diese Zusammensetzung der Verwaltung bei allen denen, die einigermaßen Inneres und Wesen der belgischen Verhältnisse kennen, veranlaßt hat, dürfte dadurch, wie diese Explicationen auch ausfallen mögen, kaum vermindert werden. Der im Ganzen schnell zu nennende Ausgang der Krisis dürfte, zum Theil wenigstens, auch dadurch herbeigeführt seyn, daß Se. Majestät wahrscheinlich in den nächsten Tagen nach Ostern zur Vermählungsfeier seiner Nichte, der Prinzessin Victoria mit dem Herzoge von Nemours, wahrscheinlich nach Fontainebleau abgehen wird, und die neue Verwaltung noch vor der Abreise zu constituiren wünschte. Italien. _ Neapel, 14 April. Am verflossenen Sonntag früh kam ein englisches Kriegsdampfschiff hier an, und brachte dem brittischen Gesandten weitere Depeschen, worauf derselbe Sr. Maj. dem König eine Schlußnote vorgelegt haben soll, über deren Inhalt Niemand etwas Näheres anzugeben weiß. Die Bedingungen sollen von Sr. Maj. im Ganzen angenommen worden seyn, jedoch mit der Clausel, daß er sich in seine Souveränetätsrechte auf keine Weise eingreifen lasse. Dieses Gerücht verbreitete allgemeines Vertrauen, was sich durch den raschen Aufschlag der Rente auf 104 am deutlichsten äußerte. Wie es nun aber scheint, verlangt England eine unwiderrufliche und unbedingte Annahme seiner dem König gemachten Vorschläge, da der Gesandte keinerlei Clausel gelten lassen will, welche die definitive Frage wieder in Zweifel stellen könnte. Somit kehrte mit der Ungewißheit auch wieder das Mißtrauen zurück, und den andern Tag, Montag, war die Rente von neuem auf 100 gefallen. Ueber die englische Flotte weiß man nichts Näheres; indessen scheint England doch zu gewaltthätigen Maaßregeln seine Zuflucht nehmen zu wollen, da ein neues heute früh erschienenes Circular des englischen Consuls die im hiesigen Hafen liegenden englischen Capitäne auffordert, mit ihren Schiffen den Hafen so schnell wie möglich, selbst wenn es Extraunkosten verursachen sollte, zu verlassen. Das neapolitanische Dampfschiff, die Marie Christine, das gestern mit 150 Passagieren von Palermo ankam, erhielt sogleich Befehl von der Regierung sich bereit zu machen, und diese Nacht ging es mit einem Regiment Gendarmen nach Sicilien ab, ob nach Messina, ob nach Palermo, weiß man nicht. Eine telegraphische Nachricht soll die Veranlassung dazu gewesen seyn. _ Turin, 16 April. Man ist noch immer in Ungewißheit über die fernere Entwicklung der sicilianischen Monopolsfrage. Viele behaupten, daß der König von Neapel sich mehr denn je zur Nachgiebigkeit gestimmt fühle, und daß dem Fürsten

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 115. Augsburg, 24. April 1840, S. 0917. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_115_18400424/5>, abgerufen am 30.04.2024.