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Allgemeine Zeitung. Nr. 99. Augsburg, 8. April 1840.

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meiner Motion zu kennen, ein billiger ist, so lege ich sie hiermit geschrieben vor. (Man ruft: "Lesen Sie!") Sie lautet: ""Nach Einsicht der auf China bezüglichen Papiere, die auf Befehl Ihrer Maj. dem Hause vorgelegt worden, will es diesem Hause scheinen, daß die Unterbrechung unseres Handels und freundlichen Verkehrs mit jenem Lande, und die Feindseligkeiten, die seitdem vorgefallen, hauptsächlich dem Mangel an Voraussicht und Behutsamkeit auf Seite der jetzigen Rathgeber Ihrer Maj. in unsern Verhältnissen zu China, namentlich ihrer Nachlässigkeit zuzuschreiben ist, daß sie den Handelsoberaufseher in Canton nicht mit den gehörigen Instructionen in Bezug auf den Schmuggelhandel mit Opium ausrüsteten und diese Instructionen der neuen und schwierigen Stellung, worin der Oberaufseher versetzt war, anpaßten." Hr. Villiers eröffnete hierauf die Debatten über die Korngesetze; er sprach noch, als die Post abging. Die für Abschaffung dieser Gesetze eifernden liberalen Blätter legen besonderes Gewicht auf die Aussagen der vor den Anti-Cornlaw-Vereinen im Lande vernommenen Feldtaglöhner, als den Beweis liefernd, daß diese Classe von Arbeitern unter den hohen Brodpreisen nicht minder zu leiden habe, als die Fabrikarbeiter.

Das Ergebniß der französischen Kammerdebatte vom 24 März wird von der Londoner Presse vielfach besprochen. Der Globe vom 28 März sagt: "Das Hauptgespräch in der City ist die unerwartete Wendung in der Politik zu Paris. Die große Majorität, welche Hr. Thiers in der Deputirtenkammer gewonnen, hat sehr befriedigt, denn sie wird als eine Bürgschaft für Aufrechthaltung der freundlichen Beziehungen zwischen Frankreich, so wie als eine Sicherheit für das Uebergewicht eines freisinnigen Systems in Spanien betrachtet." Das M. Chronicle bemerkt, das Talent sey fast ausschließlich auf der ministeriellen Seite gewesen, doch sey der demüthige Ton aufgefallen, in welchem alle Hauptredner gesprochen. "Thiers, Lamartine und Odilon-Barrot redeten wie römische Candidaten vor den Comitien in der Kleidung der Niedrigkeit, wegen ihrer Auszeichnung und ihres Ambitus um Verzeihung flehend. Jeder suchte der Reihe nach zu beweisen, daß er das, was er gethan, zu thun gezwungen war. ... Sonderbar ist die Stellung des Hrn. Berryer. Vor sechs Jahren erregte sein Aufstehen in der Kammer jedesmal Murren, wenn nicht Geschrei des Mißfallens, er hat seine damaligen Gesinnungen nicht geändert, verbirgt sie nicht mehr als damals, doch hat er die gegen ihn gehegten Vorurtheile besiegt, und ist ganz und gar ein Liebling geworden. Hr. Berryer betrat ein kitzliches Feld, als er erörterte, die Frage schwebe noch immer, ob die Krone oder das Parlament überwiegenden Einfluß haben solle. Aber die eigentliche Kraft seiner Beredsamkeit versparte er zu einer Philippika wider England - ein fruchtbares Declamationsthema, das er gut ausbeutete. Er beschuldigte uns, daß wir dem Abd-El-Kader Waffen lieferten, und an diese Lüge knüpfte er eine Reihe von Uebertreibungen, die auf seine Zuhörer ihre volle Wirkung thaten. Der französischen Regierung warf er vor, sie unterstütze thörichterweise Isabelle von Spanien, während die Aufrechthaltung des Don Carlos den französischen Einfluß in Spanien gesichert haben würde. Hrn. Berryer kümmert es wenig, ob andere Länder Freiheit haben oder nicht, wenn nur Frankreich daselbst herrscht. Das Ergötzlichste an seiner Argumentation war ihre durchgängige Falschheit, denn in diesem Augenblick ist Ludwig Philipp, durch Isturitz und Toreno, vollständig Herr und Meister der spanischen Regierung. ... Hrn. Thiers' Rede war ein Meisterstück von Gewandtheit: sie widerlegte seine persönlichen Feinde, versöhnte seine politischen Widersacher, antwortete dem legitimistischen Redner, ohne ihn zu reizen, und behauptete die Eroberung der wirklichen Präsidentschaft des Conseils in Worten, welche König und Hof nicht beleidigen konnten." - Das Urtheil des torystischen Standard, der neulich auf die Bildung des Ministeriums Thiers so übel zu sprechen war, trifft mit dem des M. Chronicle ziemlich zusammen. "Die Rede des Premierministers," sagt er, "war seines Talents und seiner Schlauheit würdig. Das Ergebniß dieser Debatte wird für die Verhältnisse Frankreichs und Englands, so wie für den europäischen Frieden überhaupt, nothwendig von hoher Wichtigkeit seyn. Hr. Thiers scheint die Wichtigkeit des englischen Bündnisses in der That tiefer zu fühlen, als man ihm bisher zugetraut hatte, und wenn seine Ansichten über die orientalische Frage wirklich keine Aenderung erlitten haben, so braucht sie nicht länger eine Quelle der Eifersucht und des Haders für die fünf Mächte zu seyn. Bei discreter Benutzung wird dieser hochwichtige Sieg dem Cabinet Thiers einen kaum geahnten Festbestand verleihen." - Der Courier glaubt, Ludwig Philipp habe den Sieg des Hrn. Thiers nicht nur gewünscht, sondern auch dazu beigetragen, weil er die Verlegenheiten gefürchtet, welche die Niederlage des Ministeriums nach sich gezogen haben würde.

Die Times ließ sich vor einigen Tagen von ihrem Pariser Correspondenten unter Anderm melden: "Hrn. Thiers Eintritt ins Ministerium hat bereits einige Wirkungen gethan. Die eine davon ist, daß Graf Pahlen alsbald nach Paris zurückkehren soll, um die Functionen seines Botschafterpostens wieder zu übernehmen, da Hr. Thiers auf diesem Acte der Höflichkeit besteht. Auch hat er, sagt man, in Verbindung mit Hrn. Guizot den Ton der Communicationen zwischen Großbritannien und Frankreich beträchtlich verbessert, und viel dafür gethan, die Unterhandlungen in der orientalischen Frage auf eine befriedigende Basis zu stellen. Alles das ist Wermuth für Rußland, welche Macht England und Frankreich zu beargwohnen gleich guten Grund haben, Frankreich aber allerdings noch mehr als England. Der neueste Beweis der feindseligen Gesinnung Rußlands gegen Frankreich war der Versuch, eine vorgebliche Verschwörung unter den polnischen Flüchtlingen gegen die Person des Kaisers Nikolaus der französischen Regierung, als erster Anstifterin, Schuld zu geben. Eine solche Verschwörung unter jenen verfolgten und gereizten unglücklichen Männern wäre freilich nichts Unmögliches; dennoch war diese ganze Verschwörung eine Erdichtung russischer Agenten und Spione. Die französische Regierung kennt indessen ihre Machinationen, und wird sie zur gehörigen Zeit ans Licht ziehen und bestrafen."

Vor einigen Tagen wurden dem Colonialminister zwei Neffen des Königs der Ashantis, William Quantamissah und John Ansah, durch ihren Lehrer, den Geistlichen Thomas Pyne, vorgestellt.

Unstreitig hat England in der letzten Zeit eine Position eingenommen, von welcher aus ihm die Möglichkeit gegeben ist, nach Beschaffenheit der Umstände sich an Frankreich oder an andere Continentalmächte anzuschließen. Man hat nachgerade eingesehen, daß die europäische Diplomatie bei ihren zeitherigen Demonstrationen nicht mehr Mehemed Ali oder die Pforte allein, sondern eigene Interessen in Bezug auf Weltverhältnisse, eine neue Gestaltung der europäischen Politik, eine neue Stellung der Mächte gegen einander im Auge gehabt und nach diesem Ziel nicht ohne Anstrengung gestrebt hat. Zwar haben sich die ersten Symptome einer verborgenen allgemeinen Bewegung zuerst in Asien geäußert, die orientalischen Verhältnisse bildeten jedoch bald nur ein Moment größerer

meiner Motion zu kennen, ein billiger ist, so lege ich sie hiermit geschrieben vor. (Man ruft: „Lesen Sie!“) Sie lautet: „„Nach Einsicht der auf China bezüglichen Papiere, die auf Befehl Ihrer Maj. dem Hause vorgelegt worden, will es diesem Hause scheinen, daß die Unterbrechung unseres Handels und freundlichen Verkehrs mit jenem Lande, und die Feindseligkeiten, die seitdem vorgefallen, hauptsächlich dem Mangel an Voraussicht und Behutsamkeit auf Seite der jetzigen Rathgeber Ihrer Maj. in unsern Verhältnissen zu China, namentlich ihrer Nachlässigkeit zuzuschreiben ist, daß sie den Handelsoberaufseher in Canton nicht mit den gehörigen Instructionen in Bezug auf den Schmuggelhandel mit Opium ausrüsteten und diese Instructionen der neuen und schwierigen Stellung, worin der Oberaufseher versetzt war, anpaßten.“ Hr. Villiers eröffnete hierauf die Debatten über die Korngesetze; er sprach noch, als die Post abging. Die für Abschaffung dieser Gesetze eifernden liberalen Blätter legen besonderes Gewicht auf die Aussagen der vor den Anti-Cornlaw-Vereinen im Lande vernommenen Feldtaglöhner, als den Beweis liefernd, daß diese Classe von Arbeitern unter den hohen Brodpreisen nicht minder zu leiden habe, als die Fabrikarbeiter.

Das Ergebniß der französischen Kammerdebatte vom 24 März wird von der Londoner Presse vielfach besprochen. Der Globe vom 28 März sagt: „Das Hauptgespräch in der City ist die unerwartete Wendung in der Politik zu Paris. Die große Majorität, welche Hr. Thiers in der Deputirtenkammer gewonnen, hat sehr befriedigt, denn sie wird als eine Bürgschaft für Aufrechthaltung der freundlichen Beziehungen zwischen Frankreich, so wie als eine Sicherheit für das Uebergewicht eines freisinnigen Systems in Spanien betrachtet.“ Das M. Chronicle bemerkt, das Talent sey fast ausschließlich auf der ministeriellen Seite gewesen, doch sey der demüthige Ton aufgefallen, in welchem alle Hauptredner gesprochen. „Thiers, Lamartine und Odilon-Barrot redeten wie römische Candidaten vor den Comitien in der Kleidung der Niedrigkeit, wegen ihrer Auszeichnung und ihres Ambitus um Verzeihung flehend. Jeder suchte der Reihe nach zu beweisen, daß er das, was er gethan, zu thun gezwungen war. ... Sonderbar ist die Stellung des Hrn. Berryer. Vor sechs Jahren erregte sein Aufstehen in der Kammer jedesmal Murren, wenn nicht Geschrei des Mißfallens, er hat seine damaligen Gesinnungen nicht geändert, verbirgt sie nicht mehr als damals, doch hat er die gegen ihn gehegten Vorurtheile besiegt, und ist ganz und gar ein Liebling geworden. Hr. Berryer betrat ein kitzliches Feld, als er erörterte, die Frage schwebe noch immer, ob die Krone oder das Parlament überwiegenden Einfluß haben solle. Aber die eigentliche Kraft seiner Beredsamkeit versparte er zu einer Philippika wider England – ein fruchtbares Declamationsthema, das er gut ausbeutete. Er beschuldigte uns, daß wir dem Abd-El-Kader Waffen lieferten, und an diese Lüge knüpfte er eine Reihe von Uebertreibungen, die auf seine Zuhörer ihre volle Wirkung thaten. Der französischen Regierung warf er vor, sie unterstütze thörichterweise Isabelle von Spanien, während die Aufrechthaltung des Don Carlos den französischen Einfluß in Spanien gesichert haben würde. Hrn. Berryer kümmert es wenig, ob andere Länder Freiheit haben oder nicht, wenn nur Frankreich daselbst herrscht. Das Ergötzlichste an seiner Argumentation war ihre durchgängige Falschheit, denn in diesem Augenblick ist Ludwig Philipp, durch Isturitz und Toreno, vollständig Herr und Meister der spanischen Regierung. ... Hrn. Thiers' Rede war ein Meisterstück von Gewandtheit: sie widerlegte seine persönlichen Feinde, versöhnte seine politischen Widersacher, antwortete dem legitimistischen Redner, ohne ihn zu reizen, und behauptete die Eroberung der wirklichen Präsidentschaft des Conseils in Worten, welche König und Hof nicht beleidigen konnten.“ – Das Urtheil des torystischen Standard, der neulich auf die Bildung des Ministeriums Thiers so übel zu sprechen war, trifft mit dem des M. Chronicle ziemlich zusammen. „Die Rede des Premierministers,“ sagt er, „war seines Talents und seiner Schlauheit würdig. Das Ergebniß dieser Debatte wird für die Verhältnisse Frankreichs und Englands, so wie für den europäischen Frieden überhaupt, nothwendig von hoher Wichtigkeit seyn. Hr. Thiers scheint die Wichtigkeit des englischen Bündnisses in der That tiefer zu fühlen, als man ihm bisher zugetraut hatte, und wenn seine Ansichten über die orientalische Frage wirklich keine Aenderung erlitten haben, so braucht sie nicht länger eine Quelle der Eifersucht und des Haders für die fünf Mächte zu seyn. Bei discreter Benutzung wird dieser hochwichtige Sieg dem Cabinet Thiers einen kaum geahnten Festbestand verleihen.“ – Der Courier glaubt, Ludwig Philipp habe den Sieg des Hrn. Thiers nicht nur gewünscht, sondern auch dazu beigetragen, weil er die Verlegenheiten gefürchtet, welche die Niederlage des Ministeriums nach sich gezogen haben würde.

Die Times ließ sich vor einigen Tagen von ihrem Pariser Correspondenten unter Anderm melden: „Hrn. Thiers Eintritt ins Ministerium hat bereits einige Wirkungen gethan. Die eine davon ist, daß Graf Pahlen alsbald nach Paris zurückkehren soll, um die Functionen seines Botschafterpostens wieder zu übernehmen, da Hr. Thiers auf diesem Acte der Höflichkeit besteht. Auch hat er, sagt man, in Verbindung mit Hrn. Guizot den Ton der Communicationen zwischen Großbritannien und Frankreich beträchtlich verbessert, und viel dafür gethan, die Unterhandlungen in der orientalischen Frage auf eine befriedigende Basis zu stellen. Alles das ist Wermuth für Rußland, welche Macht England und Frankreich zu beargwohnen gleich guten Grund haben, Frankreich aber allerdings noch mehr als England. Der neueste Beweis der feindseligen Gesinnung Rußlands gegen Frankreich war der Versuch, eine vorgebliche Verschwörung unter den polnischen Flüchtlingen gegen die Person des Kaisers Nikolaus der französischen Regierung, als erster Anstifterin, Schuld zu geben. Eine solche Verschwörung unter jenen verfolgten und gereizten unglücklichen Männern wäre freilich nichts Unmögliches; dennoch war diese ganze Verschwörung eine Erdichtung russischer Agenten und Spione. Die französische Regierung kennt indessen ihre Machinationen, und wird sie zur gehörigen Zeit ans Licht ziehen und bestrafen.“

Vor einigen Tagen wurden dem Colonialminister zwei Neffen des Königs der Ashantis, William Quantamissah und John Ansah, durch ihren Lehrer, den Geistlichen Thomas Pyne, vorgestellt.

Unstreitig hat England in der letzten Zeit eine Position eingenommen, von welcher aus ihm die Möglichkeit gegeben ist, nach Beschaffenheit der Umstände sich an Frankreich oder an andere Continentalmächte anzuschließen. Man hat nachgerade eingesehen, daß die europäische Diplomatie bei ihren zeitherigen Demonstrationen nicht mehr Mehemed Ali oder die Pforte allein, sondern eigene Interessen in Bezug auf Weltverhältnisse, eine neue Gestaltung der europäischen Politik, eine neue Stellung der Mächte gegen einander im Auge gehabt und nach diesem Ziel nicht ohne Anstrengung gestrebt hat. Zwar haben sich die ersten Symptome einer verborgenen allgemeinen Bewegung zuerst in Asien geäußert, die orientalischen Verhältnisse bildeten jedoch bald nur ein Moment größerer

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[0786/0002] meiner Motion zu kennen, ein billiger ist, so lege ich sie hiermit geschrieben vor. (Man ruft: „Lesen Sie!“) Sie lautet: „„Nach Einsicht der auf China bezüglichen Papiere, die auf Befehl Ihrer Maj. dem Hause vorgelegt worden, will es diesem Hause scheinen, daß die Unterbrechung unseres Handels und freundlichen Verkehrs mit jenem Lande, und die Feindseligkeiten, die seitdem vorgefallen, hauptsächlich dem Mangel an Voraussicht und Behutsamkeit auf Seite der jetzigen Rathgeber Ihrer Maj. in unsern Verhältnissen zu China, namentlich ihrer Nachlässigkeit zuzuschreiben ist, daß sie den Handelsoberaufseher in Canton nicht mit den gehörigen Instructionen in Bezug auf den Schmuggelhandel mit Opium ausrüsteten und diese Instructionen der neuen und schwierigen Stellung, worin der Oberaufseher versetzt war, anpaßten.“ Hr. Villiers eröffnete hierauf die Debatten über die Korngesetze; er sprach noch, als die Post abging. Die für Abschaffung dieser Gesetze eifernden liberalen Blätter legen besonderes Gewicht auf die Aussagen der vor den Anti-Cornlaw-Vereinen im Lande vernommenen Feldtaglöhner, als den Beweis liefernd, daß diese Classe von Arbeitern unter den hohen Brodpreisen nicht minder zu leiden habe, als die Fabrikarbeiter. Das Ergebniß der französischen Kammerdebatte vom 24 März wird von der Londoner Presse vielfach besprochen. Der Globe vom 28 März sagt: „Das Hauptgespräch in der City ist die unerwartete Wendung in der Politik zu Paris. Die große Majorität, welche Hr. Thiers in der Deputirtenkammer gewonnen, hat sehr befriedigt, denn sie wird als eine Bürgschaft für Aufrechthaltung der freundlichen Beziehungen zwischen Frankreich, so wie als eine Sicherheit für das Uebergewicht eines freisinnigen Systems in Spanien betrachtet.“ Das M. Chronicle bemerkt, das Talent sey fast ausschließlich auf der ministeriellen Seite gewesen, doch sey der demüthige Ton aufgefallen, in welchem alle Hauptredner gesprochen. „Thiers, Lamartine und Odilon-Barrot redeten wie römische Candidaten vor den Comitien in der Kleidung der Niedrigkeit, wegen ihrer Auszeichnung und ihres Ambitus um Verzeihung flehend. Jeder suchte der Reihe nach zu beweisen, daß er das, was er gethan, zu thun gezwungen war. ... Sonderbar ist die Stellung des Hrn. Berryer. Vor sechs Jahren erregte sein Aufstehen in der Kammer jedesmal Murren, wenn nicht Geschrei des Mißfallens, er hat seine damaligen Gesinnungen nicht geändert, verbirgt sie nicht mehr als damals, doch hat er die gegen ihn gehegten Vorurtheile besiegt, und ist ganz und gar ein Liebling geworden. Hr. Berryer betrat ein kitzliches Feld, als er erörterte, die Frage schwebe noch immer, ob die Krone oder das Parlament überwiegenden Einfluß haben solle. Aber die eigentliche Kraft seiner Beredsamkeit versparte er zu einer Philippika wider England – ein fruchtbares Declamationsthema, das er gut ausbeutete. Er beschuldigte uns, daß wir dem Abd-El-Kader Waffen lieferten, und an diese Lüge knüpfte er eine Reihe von Uebertreibungen, die auf seine Zuhörer ihre volle Wirkung thaten. Der französischen Regierung warf er vor, sie unterstütze thörichterweise Isabelle von Spanien, während die Aufrechthaltung des Don Carlos den französischen Einfluß in Spanien gesichert haben würde. Hrn. Berryer kümmert es wenig, ob andere Länder Freiheit haben oder nicht, wenn nur Frankreich daselbst herrscht. Das Ergötzlichste an seiner Argumentation war ihre durchgängige Falschheit, denn in diesem Augenblick ist Ludwig Philipp, durch Isturitz und Toreno, vollständig Herr und Meister der spanischen Regierung. ... Hrn. Thiers' Rede war ein Meisterstück von Gewandtheit: sie widerlegte seine persönlichen Feinde, versöhnte seine politischen Widersacher, antwortete dem legitimistischen Redner, ohne ihn zu reizen, und behauptete die Eroberung der wirklichen Präsidentschaft des Conseils in Worten, welche König und Hof nicht beleidigen konnten.“ – Das Urtheil des torystischen Standard, der neulich auf die Bildung des Ministeriums Thiers so übel zu sprechen war, trifft mit dem des M. Chronicle ziemlich zusammen. „Die Rede des Premierministers,“ sagt er, „war seines Talents und seiner Schlauheit würdig. Das Ergebniß dieser Debatte wird für die Verhältnisse Frankreichs und Englands, so wie für den europäischen Frieden überhaupt, nothwendig von hoher Wichtigkeit seyn. Hr. Thiers scheint die Wichtigkeit des englischen Bündnisses in der That tiefer zu fühlen, als man ihm bisher zugetraut hatte, und wenn seine Ansichten über die orientalische Frage wirklich keine Aenderung erlitten haben, so braucht sie nicht länger eine Quelle der Eifersucht und des Haders für die fünf Mächte zu seyn. Bei discreter Benutzung wird dieser hochwichtige Sieg dem Cabinet Thiers einen kaum geahnten Festbestand verleihen.“ – Der Courier glaubt, Ludwig Philipp habe den Sieg des Hrn. Thiers nicht nur gewünscht, sondern auch dazu beigetragen, weil er die Verlegenheiten gefürchtet, welche die Niederlage des Ministeriums nach sich gezogen haben würde. Die Times ließ sich vor einigen Tagen von ihrem Pariser Correspondenten unter Anderm melden: „Hrn. Thiers Eintritt ins Ministerium hat bereits einige Wirkungen gethan. Die eine davon ist, daß Graf Pahlen alsbald nach Paris zurückkehren soll, um die Functionen seines Botschafterpostens wieder zu übernehmen, da Hr. Thiers auf diesem Acte der Höflichkeit besteht. Auch hat er, sagt man, in Verbindung mit Hrn. Guizot den Ton der Communicationen zwischen Großbritannien und Frankreich beträchtlich verbessert, und viel dafür gethan, die Unterhandlungen in der orientalischen Frage auf eine befriedigende Basis zu stellen. Alles das ist Wermuth für Rußland, welche Macht England und Frankreich zu beargwohnen gleich guten Grund haben, Frankreich aber allerdings noch mehr als England. Der neueste Beweis der feindseligen Gesinnung Rußlands gegen Frankreich war der Versuch, eine vorgebliche Verschwörung unter den polnischen Flüchtlingen gegen die Person des Kaisers Nikolaus der französischen Regierung, als erster Anstifterin, Schuld zu geben. Eine solche Verschwörung unter jenen verfolgten und gereizten unglücklichen Männern wäre freilich nichts Unmögliches; dennoch war diese ganze Verschwörung eine Erdichtung russischer Agenten und Spione. Die französische Regierung kennt indessen ihre Machinationen, und wird sie zur gehörigen Zeit ans Licht ziehen und bestrafen.“ Vor einigen Tagen wurden dem Colonialminister zwei Neffen des Königs der Ashantis, William Quantamissah und John Ansah, durch ihren Lehrer, den Geistlichen Thomas Pyne, vorgestellt. _ London, 28 März. Unstreitig hat England in der letzten Zeit eine Position eingenommen, von welcher aus ihm die Möglichkeit gegeben ist, nach Beschaffenheit der Umstände sich an Frankreich oder an andere Continentalmächte anzuschließen. Man hat nachgerade eingesehen, daß die europäische Diplomatie bei ihren zeitherigen Demonstrationen nicht mehr Mehemed Ali oder die Pforte allein, sondern eigene Interessen in Bezug auf Weltverhältnisse, eine neue Gestaltung der europäischen Politik, eine neue Stellung der Mächte gegen einander im Auge gehabt und nach diesem Ziel nicht ohne Anstrengung gestrebt hat. Zwar haben sich die ersten Symptome einer verborgenen allgemeinen Bewegung zuerst in Asien geäußert, die orientalischen Verhältnisse bildeten jedoch bald nur ein Moment größerer

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 99. Augsburg, 8. April 1840, S. 0786. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_099_18400408/2>, abgerufen am 21.11.2024.