Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Allgemeine Zeitung. Nr. 96. Augsburg, 5. April 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

gab, sondern auch Fräulein Pixis, so unschuldig diese an diesem Vorgang war, von der Insel zu verweisen, was unter der hiesigen Bevölkerung großes Aufsehen machte.

Der National enthält ein Schreiben aus Messina vom 19 März, welches über den Gegenstand des Streits zwischen England und Neapel folgende Aufschlüsse gibt. Das Monopol des Schwefelverkaufs in Sicilien wurde auf den Antrag des Ministers San Angelo im Jahr 1838 einer französischen Compagnie (den HH. Taix und Aycard) verliehen, welche sich anheischig machte, die jährliche Schwefelproduction, die auf 600,000 Cantari (160 Pf.) limitirt wurde, zum Preis von 21 bis 25 Carlini je nach der Qualität zu bezahlen. Da erwiesen, daß früherhin 300,000 Cantari mehr producirt worden, so verpflichtete sich die Compagnie für letztere Quantität, welche in den Minen verblieb, vier Carlini per Cantaro an die Eigenthümer zu entrichten. Der Verkaufspreis durfte 41 bis 45 Carlini nie überschreiten. Das Capital der Compagnie belief sich auf 1,200,000 Ducati. Sie verpflichtete sich, alljährlich 400,000 Ducati an Steuern zu bezahlen. Die Regierung selbst trat dem Unternehmen als Associe mit 600,000 Ducati bei. Den Eigenthümern stand frei, ihren Schwefel an wen sie wollten zu verkaufen, jedoch nur gegen eine Entschädigung von 20 Carlini per Cantaro an die Compagnie. Um den Betrag der Production einer jeden Mine im Verhältniß der 900,000 Cantari, welche früher ausgezogen wurden, zu bestimmen, mußte jeder Eigenthümer erklären, welche Quantität Schwefel er während der Jahre 1834 bis 1837 gewonnen. Drei Commissäre der Regierung sollten die Vollziehung all' dieser Bestimmungen überwachen. Dieß waren die Hauptbedingungen des Contracts, der auswärts sowohl, als auch im Innern Siciliens so viel Mißvergnügen erregte. Man sagt, 100,000 Ducati seyen zuvor verwendet worden, einige hohe neapolitanische Beamte günstig dafür zu stimmen. Es erhoben sich bald Klagen der Producenten (welchen die Compagnie laut des Contracts den dritten Theil des Werthes ihres zu producirenden Schwefels als Vorschuß bezahlen sollte) über die willkürliche Beschränkung der jährlichen Ausbeute auf 600,000 Cantari. Später liefen Klagen über Nichterfüllung des Contracts ein, über die Weigerung der Compagnie, den in Geldverlegenheit steckenden Producenten Vorschüsse zu machen, und den in die Depots gelieferten Schwefel zu dem ausbedungenen Preis anzunehmen. Die Eigenthümer waren dabei nicht frei von Tadel. Auf die Nachricht von den Unterhandlungen wegen des obigen Contracts hatten sie sich beeilt, so viel Schwefel als möglich zu erzeugen, womit sie alle Märkte Europa's überschwemmten. Dabei gaben die Eigenthümer auch den Ertrag ihrer Minen weit höher an, als er wirklich gewesen, wodurch jeder einen möglichst großen Theil der Summe, welche ihnen die Compagnie bezahlen sollte, an sich zu ziehen hoffte. Statt der 900,000 Cantari, wie die alljährliche Ausbeute bisher geschätzt worden, gaben die Eigenthümer 2 bis 3 Millionen Cantari an. Man reducirte nun den Antheil eines Jeden im Verhältniß der angegebenen Summe nach obigen 900,000 Cantari. Daraus ergaben sich dann eine Menge Irrthümer, Ungerechtigkeiten und in deren Folge Klagen der Opfer. Die aufgeklärten Männer in Sicilien, so sehr sie auch die Compagnie tadeln, gestehen doch, daß obiger Contract für ihr Land äußerst vortheilhaft wäre, wenn er von beiden Seiten ehrlich vollzogen würde. Vor der Abschließung des Contracts war der Schwefel auf 12 und sogar auf 11 Carlini per Cantaro gefallen. Die Kosten betrugen 10 1/2 Carlini, so daß dem Producenten nur ein winziger Gewinn von etwa 5 Grani blieb, während der im Contract mit der Compagnie ausbedungene Preis den Eigenthümern der Minen einen Gewinn von mindestens 5 Carlini per Cantaro sicherte. Der zu Ende 1837 in Marseille und in Malta aufgehäufte Schwefelvorrath war bald erschöpft. Die Compagnie hielt mit ihren Preisen. Der brittische Handel gerieth darüber in Bewegung, und richtete an das Parlament Bittschriften, um einem Monopol ein Ende zu machen, welches den Preis einer den englischen Gewerben unumgänglich nothwendigen Materie um mehr als das Doppelte in die Höhe getrieben hatte. Diese Reclamationen fanden warme Vertheidiger unter den Tories. Das englische Ministerium antwortete damals, auf eine Depesche des Hrn. Kennedy, seines Gesandten in Neapel, hin, daß es Hoffnung hege, Alles werde sich bald auf eine für Großbritannien befriedigende Weise ausgleichen. Das englische Cabinet hatte in der That einige Zeit zuvor eine äußerst lebhafte Note über diesen Gegenstand an seinen diplomatischen Agenten abgeschickt. Dieser theilte solche dem Principe Cassaro, Minister der auswärtigen Angelegenheiten in Neapel, mit, welcher ihn dringend bat, eine in ihren Ausdrücken so verletzende Depesche nicht dem König zu überreichen, und ihm versprach, die Differenzen zu beseitigen. Hr. Kennedy schrieb hierauf in diesem Sinne an seine Regierung, welche auf diese Versicherung dem Parlament die obenerwähnte Antwort gab, als ob Alles bereits beendigt sey. Da aber keine Aenderung im Stand der Dinge vorgenommen wurde, richtete der englische Gesandte an Fürst Cassaro eine neue Eingabe. Nach fünfundzwanzigtägigem Stillschweigen antwortete der Minister endlich, der König habe sich geweigert, den Contract ohne ehrenwerthes und ernstliches Motiv zu brechen. Jedoch wurde der Generalprocurator von Sicilien beauftragt, den Contract zu untersuchen, um darin irgend etwas zu entdecken, worauf sich eine gesetzliche Nullitätserklärung des Contracts gründen ließe. Als aber mittlerweile das englische Cabinet die entschiedene Weigerung des Königs Ferdinand erfahren, erließ es an ihn die Aufforderung, den Contract unverzüglich aufzuheben und tausend Pfund Sterling als Schadenersatz für jeden Tag seit dessen Abschluß zu bezahlen *), wofern er sich nicht durch Zwangsmittel hiezu genöthigt sehen wolle. Die englische Regierung gründet ihre Forderungen auf einen im Jahr 1816 zwischen Großbritannien und dem König von Neapel abgeschlossenen Vertrag, dem zufolge England hinsichtlich der mineralogischen Producte Siciliens auf dem Fuße der begünstigtsten Nationen behandelt werden soll. Da diese Begünstigung durch die Concession des Schwefelmonopols aufgehoben wird, so betrachtet England das Monopol als eine Verletzung des älteren Vetrags. Der Correspondent des National fügt bei: die Schwefelfrage sey ein bloßer Vorwand; Englands eigentliche Absicht sey die Occupation Siciliens. Seit langen Jahren laure es von seinem Felsen zu Malta auf den Besitz jenes Eilandes. Frankreich müsse daher die ehrgeizigen Entwürfe seines treuen Alliirten bewachen. Uebrigens zweifelt der Correspondent des National, daß England, welches gegenwärtig auf so vielen Punkten beschäftigt sey, acht Linienschiffe zur Blokade der Küsten Siciliens abschicken könne.

Ein Schreiben des Commerce aus Neapel vom 17 März bestätigt im Wesentlichen die Angaben des National. Die Engländer, meint der Correspondent jenes Blatts, hätten bis jetzt noch keinen Nachtheil erlitten, da man sich beeilt habe, einen Monat vor dem Abschluß des Contracts so bedeutende Quantitäten Schwefel auszuführen, daß dadurch der auswärtige Bedarf auf ein paar Jahre gedeckt gewesen. "Der Ton der letzten englischen Note stimmt mit den Anmaßungen Englands

*) Die Presse sagt wohl richtiger: vom Tage der Uebergabe der brittischen Note an gerechnet.

gab, sondern auch Fräulein Pixis, so unschuldig diese an diesem Vorgang war, von der Insel zu verweisen, was unter der hiesigen Bevölkerung großes Aufsehen machte.

Der National enthält ein Schreiben aus Messina vom 19 März, welches über den Gegenstand des Streits zwischen England und Neapel folgende Aufschlüsse gibt. Das Monopol des Schwefelverkaufs in Sicilien wurde auf den Antrag des Ministers San Angelo im Jahr 1838 einer französischen Compagnie (den HH. Taix und Aycard) verliehen, welche sich anheischig machte, die jährliche Schwefelproduction, die auf 600,000 Cantari (160 Pf.) limitirt wurde, zum Preis von 21 bis 25 Carlini je nach der Qualität zu bezahlen. Da erwiesen, daß früherhin 300,000 Cantari mehr producirt worden, so verpflichtete sich die Compagnie für letztere Quantität, welche in den Minen verblieb, vier Carlini per Cantaro an die Eigenthümer zu entrichten. Der Verkaufspreis durfte 41 bis 45 Carlini nie überschreiten. Das Capital der Compagnie belief sich auf 1,200,000 Ducati. Sie verpflichtete sich, alljährlich 400,000 Ducati an Steuern zu bezahlen. Die Regierung selbst trat dem Unternehmen als Associé mit 600,000 Ducati bei. Den Eigenthümern stand frei, ihren Schwefel an wen sie wollten zu verkaufen, jedoch nur gegen eine Entschädigung von 20 Carlini per Cantaro an die Compagnie. Um den Betrag der Production einer jeden Mine im Verhältniß der 900,000 Cantari, welche früher ausgezogen wurden, zu bestimmen, mußte jeder Eigenthümer erklären, welche Quantität Schwefel er während der Jahre 1834 bis 1837 gewonnen. Drei Commissäre der Regierung sollten die Vollziehung all' dieser Bestimmungen überwachen. Dieß waren die Hauptbedingungen des Contracts, der auswärts sowohl, als auch im Innern Siciliens so viel Mißvergnügen erregte. Man sagt, 100,000 Ducati seyen zuvor verwendet worden, einige hohe neapolitanische Beamte günstig dafür zu stimmen. Es erhoben sich bald Klagen der Producenten (welchen die Compagnie laut des Contracts den dritten Theil des Werthes ihres zu producirenden Schwefels als Vorschuß bezahlen sollte) über die willkürliche Beschränkung der jährlichen Ausbeute auf 600,000 Cantari. Später liefen Klagen über Nichterfüllung des Contracts ein, über die Weigerung der Compagnie, den in Geldverlegenheit steckenden Producenten Vorschüsse zu machen, und den in die Depots gelieferten Schwefel zu dem ausbedungenen Preis anzunehmen. Die Eigenthümer waren dabei nicht frei von Tadel. Auf die Nachricht von den Unterhandlungen wegen des obigen Contracts hatten sie sich beeilt, so viel Schwefel als möglich zu erzeugen, womit sie alle Märkte Europa's überschwemmten. Dabei gaben die Eigenthümer auch den Ertrag ihrer Minen weit höher an, als er wirklich gewesen, wodurch jeder einen möglichst großen Theil der Summe, welche ihnen die Compagnie bezahlen sollte, an sich zu ziehen hoffte. Statt der 900,000 Cantari, wie die alljährliche Ausbeute bisher geschätzt worden, gaben die Eigenthümer 2 bis 3 Millionen Cantari an. Man reducirte nun den Antheil eines Jeden im Verhältniß der angegebenen Summe nach obigen 900,000 Cantari. Daraus ergaben sich dann eine Menge Irrthümer, Ungerechtigkeiten und in deren Folge Klagen der Opfer. Die aufgeklärten Männer in Sicilien, so sehr sie auch die Compagnie tadeln, gestehen doch, daß obiger Contract für ihr Land äußerst vortheilhaft wäre, wenn er von beiden Seiten ehrlich vollzogen würde. Vor der Abschließung des Contracts war der Schwefel auf 12 und sogar auf 11 Carlini per Cantaro gefallen. Die Kosten betrugen 10 1/2 Carlini, so daß dem Producenten nur ein winziger Gewinn von etwa 5 Grani blieb, während der im Contract mit der Compagnie ausbedungene Preis den Eigenthümern der Minen einen Gewinn von mindestens 5 Carlini per Cantaro sicherte. Der zu Ende 1837 in Marseille und in Malta aufgehäufte Schwefelvorrath war bald erschöpft. Die Compagnie hielt mit ihren Preisen. Der brittische Handel gerieth darüber in Bewegung, und richtete an das Parlament Bittschriften, um einem Monopol ein Ende zu machen, welches den Preis einer den englischen Gewerben unumgänglich nothwendigen Materie um mehr als das Doppelte in die Höhe getrieben hatte. Diese Reclamationen fanden warme Vertheidiger unter den Tories. Das englische Ministerium antwortete damals, auf eine Depesche des Hrn. Kennedy, seines Gesandten in Neapel, hin, daß es Hoffnung hege, Alles werde sich bald auf eine für Großbritannien befriedigende Weise ausgleichen. Das englische Cabinet hatte in der That einige Zeit zuvor eine äußerst lebhafte Note über diesen Gegenstand an seinen diplomatischen Agenten abgeschickt. Dieser theilte solche dem Principe Cassaro, Minister der auswärtigen Angelegenheiten in Neapel, mit, welcher ihn dringend bat, eine in ihren Ausdrücken so verletzende Depesche nicht dem König zu überreichen, und ihm versprach, die Differenzen zu beseitigen. Hr. Kennedy schrieb hierauf in diesem Sinne an seine Regierung, welche auf diese Versicherung dem Parlament die obenerwähnte Antwort gab, als ob Alles bereits beendigt sey. Da aber keine Aenderung im Stand der Dinge vorgenommen wurde, richtete der englische Gesandte an Fürst Cassaro eine neue Eingabe. Nach fünfundzwanzigtägigem Stillschweigen antwortete der Minister endlich, der König habe sich geweigert, den Contract ohne ehrenwerthes und ernstliches Motiv zu brechen. Jedoch wurde der Generalprocurator von Sicilien beauftragt, den Contract zu untersuchen, um darin irgend etwas zu entdecken, worauf sich eine gesetzliche Nullitätserklärung des Contracts gründen ließe. Als aber mittlerweile das englische Cabinet die entschiedene Weigerung des Königs Ferdinand erfahren, erließ es an ihn die Aufforderung, den Contract unverzüglich aufzuheben und tausend Pfund Sterling als Schadenersatz für jeden Tag seit dessen Abschluß zu bezahlen *), wofern er sich nicht durch Zwangsmittel hiezu genöthigt sehen wolle. Die englische Regierung gründet ihre Forderungen auf einen im Jahr 1816 zwischen Großbritannien und dem König von Neapel abgeschlossenen Vertrag, dem zufolge England hinsichtlich der mineralogischen Producte Siciliens auf dem Fuße der begünstigtsten Nationen behandelt werden soll. Da diese Begünstigung durch die Concession des Schwefelmonopols aufgehoben wird, so betrachtet England das Monopol als eine Verletzung des älteren Vetrags. Der Correspondent des National fügt bei: die Schwefelfrage sey ein bloßer Vorwand; Englands eigentliche Absicht sey die Occupation Siciliens. Seit langen Jahren laure es von seinem Felsen zu Malta auf den Besitz jenes Eilandes. Frankreich müsse daher die ehrgeizigen Entwürfe seines treuen Alliirten bewachen. Uebrigens zweifelt der Correspondent des National, daß England, welches gegenwärtig auf so vielen Punkten beschäftigt sey, acht Linienschiffe zur Blokade der Küsten Siciliens abschicken könne.

Ein Schreiben des Commerce aus Neapel vom 17 März bestätigt im Wesentlichen die Angaben des National. Die Engländer, meint der Correspondent jenes Blatts, hätten bis jetzt noch keinen Nachtheil erlitten, da man sich beeilt habe, einen Monat vor dem Abschluß des Contracts so bedeutende Quantitäten Schwefel auszuführen, daß dadurch der auswärtige Bedarf auf ein paar Jahre gedeckt gewesen. „Der Ton der letzten englischen Note stimmt mit den Anmaßungen Englands

*) Die Presse sagt wohl richtiger: vom Tage der Uebergabe der brittischen Note an gerechnet.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jArticle" n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0004" n="0764"/>
gab, sondern auch Fräulein Pixis, so unschuldig diese an diesem Vorgang war, von der Insel zu verweisen, was unter der hiesigen Bevölkerung großes Aufsehen machte.</p><lb/>
          <p>Der <hi rendition="#g">National</hi> enthält ein Schreiben aus <hi rendition="#b">Messina</hi> vom 19 März, welches über den Gegenstand des Streits zwischen England und Neapel folgende Aufschlüsse gibt. Das Monopol des Schwefelverkaufs in Sicilien wurde auf den Antrag des Ministers San Angelo im Jahr 1838 einer französischen Compagnie (den HH. Taix und Aycard) verliehen, welche sich anheischig machte, die jährliche Schwefelproduction, die auf 600,000 Cantari (160 Pf.) limitirt wurde, zum Preis von 21 bis 25 Carlini je nach der Qualität zu bezahlen. Da erwiesen, daß früherhin 300,000 Cantari mehr producirt worden, so verpflichtete sich die Compagnie für letztere Quantität, welche in den Minen verblieb, vier Carlini per Cantaro an die Eigenthümer zu entrichten. Der Verkaufspreis durfte 41 bis 45 Carlini nie überschreiten. Das Capital der Compagnie belief sich auf 1,200,000 Ducati. Sie verpflichtete sich, alljährlich 400,000 Ducati an Steuern zu bezahlen. Die Regierung selbst trat dem Unternehmen als Associé mit 600,000 Ducati bei. Den Eigenthümern stand frei, ihren Schwefel an wen sie wollten zu verkaufen, jedoch nur gegen eine Entschädigung von 20 Carlini per Cantaro an die Compagnie. Um den Betrag der Production einer jeden Mine im Verhältniß der 900,000 Cantari, welche früher ausgezogen wurden, zu bestimmen, mußte jeder Eigenthümer erklären, welche Quantität Schwefel er während der Jahre 1834 bis 1837 gewonnen. Drei Commissäre der Regierung sollten die Vollziehung all' dieser Bestimmungen überwachen. Dieß waren die Hauptbedingungen des Contracts, der auswärts sowohl, als auch im Innern Siciliens so viel Mißvergnügen erregte. Man sagt, 100,000 Ducati seyen zuvor verwendet worden, einige hohe neapolitanische Beamte günstig dafür zu stimmen. Es erhoben sich bald Klagen der Producenten (welchen die Compagnie laut des Contracts den dritten Theil des Werthes ihres zu producirenden Schwefels als Vorschuß bezahlen sollte) über die willkürliche Beschränkung der jährlichen Ausbeute auf 600,000 Cantari. Später liefen Klagen über Nichterfüllung des Contracts ein, über die Weigerung der Compagnie, den in Geldverlegenheit steckenden Producenten Vorschüsse zu machen, und den in die Depots gelieferten Schwefel zu dem ausbedungenen Preis anzunehmen. Die Eigenthümer waren dabei nicht frei von Tadel. Auf die Nachricht von den Unterhandlungen wegen des obigen Contracts hatten sie sich beeilt, so viel Schwefel als möglich zu erzeugen, womit sie alle Märkte Europa's überschwemmten. Dabei gaben die Eigenthümer auch den Ertrag ihrer Minen weit höher an, als er wirklich gewesen, wodurch jeder einen möglichst großen Theil der Summe, welche ihnen die Compagnie bezahlen sollte, an sich zu ziehen hoffte. Statt der 900,000 Cantari, wie die alljährliche Ausbeute bisher geschätzt worden, gaben die Eigenthümer 2 bis 3 Millionen Cantari an. Man reducirte nun den Antheil eines Jeden im Verhältniß der angegebenen Summe nach obigen 900,000 Cantari. Daraus ergaben sich dann eine Menge Irrthümer, Ungerechtigkeiten und in deren Folge Klagen der Opfer. Die aufgeklärten Männer in Sicilien, so sehr sie auch die Compagnie tadeln, gestehen doch, daß obiger Contract für ihr Land äußerst vortheilhaft wäre, wenn er von beiden Seiten ehrlich vollzogen würde. Vor der Abschließung des Contracts war der Schwefel auf 12 und sogar auf 11 Carlini per Cantaro gefallen. Die Kosten betrugen 10 1/2 Carlini, so daß dem Producenten nur ein winziger Gewinn von etwa 5 Grani blieb, während der im Contract mit der Compagnie ausbedungene Preis den Eigenthümern der Minen einen Gewinn von mindestens 5 Carlini per Cantaro sicherte. Der zu Ende 1837 in Marseille und in Malta aufgehäufte Schwefelvorrath war bald erschöpft. Die Compagnie hielt mit ihren Preisen. Der brittische Handel gerieth darüber in Bewegung, und richtete an das Parlament Bittschriften, um einem Monopol ein Ende zu machen, welches den Preis einer den englischen Gewerben unumgänglich nothwendigen Materie um mehr als das Doppelte in die Höhe getrieben hatte. Diese Reclamationen fanden warme Vertheidiger unter den Tories. Das englische Ministerium antwortete damals, auf eine Depesche des Hrn. Kennedy, seines Gesandten in Neapel, hin, daß es Hoffnung hege, Alles werde sich bald auf eine für Großbritannien befriedigende Weise ausgleichen. Das englische Cabinet hatte in der That einige Zeit zuvor eine äußerst lebhafte Note über diesen Gegenstand an seinen diplomatischen Agenten abgeschickt. Dieser theilte solche dem Principe Cassaro, Minister der auswärtigen Angelegenheiten in Neapel, mit, welcher ihn dringend bat, eine in ihren Ausdrücken so verletzende Depesche nicht dem König zu überreichen, und ihm versprach, die Differenzen zu beseitigen. Hr. Kennedy schrieb hierauf in diesem Sinne an seine Regierung, welche auf diese Versicherung dem Parlament die obenerwähnte Antwort gab, als ob Alles bereits beendigt sey. Da aber keine Aenderung im Stand der Dinge vorgenommen wurde, richtete der englische Gesandte an Fürst Cassaro eine neue Eingabe. Nach fünfundzwanzigtägigem Stillschweigen antwortete der Minister endlich, der König habe sich geweigert, den Contract ohne ehrenwerthes und ernstliches Motiv zu brechen. Jedoch wurde der Generalprocurator von Sicilien beauftragt, den Contract zu untersuchen, um darin irgend etwas zu entdecken, worauf sich eine gesetzliche Nullitätserklärung des Contracts gründen ließe. Als aber mittlerweile das englische Cabinet die entschiedene Weigerung des Königs Ferdinand erfahren, erließ es an ihn die Aufforderung, den Contract unverzüglich aufzuheben und tausend Pfund Sterling als Schadenersatz für jeden Tag seit dessen Abschluß zu bezahlen <note place="foot" n="*)"> Die <hi rendition="#g">Presse</hi> sagt wohl richtiger: vom Tage der Uebergabe der brittischen Note an gerechnet.</note>, wofern er sich nicht durch Zwangsmittel hiezu genöthigt sehen wolle. Die englische Regierung gründet ihre Forderungen auf einen im Jahr 1816 zwischen Großbritannien und dem König von Neapel abgeschlossenen Vertrag, dem zufolge England hinsichtlich der mineralogischen Producte Siciliens auf dem Fuße der begünstigtsten Nationen behandelt werden soll. Da diese Begünstigung durch die Concession des Schwefelmonopols aufgehoben wird, so betrachtet England das Monopol als eine Verletzung des älteren Vetrags. Der Correspondent des <hi rendition="#g">National</hi> fügt bei: die Schwefelfrage sey ein bloßer Vorwand; Englands eigentliche Absicht sey die Occupation Siciliens. Seit langen Jahren laure es von seinem Felsen zu Malta auf den Besitz jenes Eilandes. Frankreich müsse daher die ehrgeizigen Entwürfe seines treuen Alliirten bewachen. Uebrigens zweifelt der Correspondent des National, daß England, welches gegenwärtig auf so vielen Punkten beschäftigt sey, acht Linienschiffe zur Blokade der Küsten Siciliens abschicken könne.</p><lb/>
          <p>Ein Schreiben des <hi rendition="#g">Commerce</hi> aus <hi rendition="#b">Neapel</hi> vom 17 März bestätigt im Wesentlichen die Angaben des National. Die Engländer, meint der Correspondent jenes Blatts, hätten bis jetzt noch keinen Nachtheil erlitten, da man sich beeilt habe, einen Monat vor dem Abschluß des Contracts so bedeutende Quantitäten Schwefel auszuführen, daß dadurch der auswärtige Bedarf auf ein paar Jahre gedeckt gewesen. &#x201E;Der Ton der letzten englischen Note stimmt mit den Anmaßungen Englands<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0764/0004] gab, sondern auch Fräulein Pixis, so unschuldig diese an diesem Vorgang war, von der Insel zu verweisen, was unter der hiesigen Bevölkerung großes Aufsehen machte. Der National enthält ein Schreiben aus Messina vom 19 März, welches über den Gegenstand des Streits zwischen England und Neapel folgende Aufschlüsse gibt. Das Monopol des Schwefelverkaufs in Sicilien wurde auf den Antrag des Ministers San Angelo im Jahr 1838 einer französischen Compagnie (den HH. Taix und Aycard) verliehen, welche sich anheischig machte, die jährliche Schwefelproduction, die auf 600,000 Cantari (160 Pf.) limitirt wurde, zum Preis von 21 bis 25 Carlini je nach der Qualität zu bezahlen. Da erwiesen, daß früherhin 300,000 Cantari mehr producirt worden, so verpflichtete sich die Compagnie für letztere Quantität, welche in den Minen verblieb, vier Carlini per Cantaro an die Eigenthümer zu entrichten. Der Verkaufspreis durfte 41 bis 45 Carlini nie überschreiten. Das Capital der Compagnie belief sich auf 1,200,000 Ducati. Sie verpflichtete sich, alljährlich 400,000 Ducati an Steuern zu bezahlen. Die Regierung selbst trat dem Unternehmen als Associé mit 600,000 Ducati bei. Den Eigenthümern stand frei, ihren Schwefel an wen sie wollten zu verkaufen, jedoch nur gegen eine Entschädigung von 20 Carlini per Cantaro an die Compagnie. Um den Betrag der Production einer jeden Mine im Verhältniß der 900,000 Cantari, welche früher ausgezogen wurden, zu bestimmen, mußte jeder Eigenthümer erklären, welche Quantität Schwefel er während der Jahre 1834 bis 1837 gewonnen. Drei Commissäre der Regierung sollten die Vollziehung all' dieser Bestimmungen überwachen. Dieß waren die Hauptbedingungen des Contracts, der auswärts sowohl, als auch im Innern Siciliens so viel Mißvergnügen erregte. Man sagt, 100,000 Ducati seyen zuvor verwendet worden, einige hohe neapolitanische Beamte günstig dafür zu stimmen. Es erhoben sich bald Klagen der Producenten (welchen die Compagnie laut des Contracts den dritten Theil des Werthes ihres zu producirenden Schwefels als Vorschuß bezahlen sollte) über die willkürliche Beschränkung der jährlichen Ausbeute auf 600,000 Cantari. Später liefen Klagen über Nichterfüllung des Contracts ein, über die Weigerung der Compagnie, den in Geldverlegenheit steckenden Producenten Vorschüsse zu machen, und den in die Depots gelieferten Schwefel zu dem ausbedungenen Preis anzunehmen. Die Eigenthümer waren dabei nicht frei von Tadel. Auf die Nachricht von den Unterhandlungen wegen des obigen Contracts hatten sie sich beeilt, so viel Schwefel als möglich zu erzeugen, womit sie alle Märkte Europa's überschwemmten. Dabei gaben die Eigenthümer auch den Ertrag ihrer Minen weit höher an, als er wirklich gewesen, wodurch jeder einen möglichst großen Theil der Summe, welche ihnen die Compagnie bezahlen sollte, an sich zu ziehen hoffte. Statt der 900,000 Cantari, wie die alljährliche Ausbeute bisher geschätzt worden, gaben die Eigenthümer 2 bis 3 Millionen Cantari an. Man reducirte nun den Antheil eines Jeden im Verhältniß der angegebenen Summe nach obigen 900,000 Cantari. Daraus ergaben sich dann eine Menge Irrthümer, Ungerechtigkeiten und in deren Folge Klagen der Opfer. Die aufgeklärten Männer in Sicilien, so sehr sie auch die Compagnie tadeln, gestehen doch, daß obiger Contract für ihr Land äußerst vortheilhaft wäre, wenn er von beiden Seiten ehrlich vollzogen würde. Vor der Abschließung des Contracts war der Schwefel auf 12 und sogar auf 11 Carlini per Cantaro gefallen. Die Kosten betrugen 10 1/2 Carlini, so daß dem Producenten nur ein winziger Gewinn von etwa 5 Grani blieb, während der im Contract mit der Compagnie ausbedungene Preis den Eigenthümern der Minen einen Gewinn von mindestens 5 Carlini per Cantaro sicherte. Der zu Ende 1837 in Marseille und in Malta aufgehäufte Schwefelvorrath war bald erschöpft. Die Compagnie hielt mit ihren Preisen. Der brittische Handel gerieth darüber in Bewegung, und richtete an das Parlament Bittschriften, um einem Monopol ein Ende zu machen, welches den Preis einer den englischen Gewerben unumgänglich nothwendigen Materie um mehr als das Doppelte in die Höhe getrieben hatte. Diese Reclamationen fanden warme Vertheidiger unter den Tories. Das englische Ministerium antwortete damals, auf eine Depesche des Hrn. Kennedy, seines Gesandten in Neapel, hin, daß es Hoffnung hege, Alles werde sich bald auf eine für Großbritannien befriedigende Weise ausgleichen. Das englische Cabinet hatte in der That einige Zeit zuvor eine äußerst lebhafte Note über diesen Gegenstand an seinen diplomatischen Agenten abgeschickt. Dieser theilte solche dem Principe Cassaro, Minister der auswärtigen Angelegenheiten in Neapel, mit, welcher ihn dringend bat, eine in ihren Ausdrücken so verletzende Depesche nicht dem König zu überreichen, und ihm versprach, die Differenzen zu beseitigen. Hr. Kennedy schrieb hierauf in diesem Sinne an seine Regierung, welche auf diese Versicherung dem Parlament die obenerwähnte Antwort gab, als ob Alles bereits beendigt sey. Da aber keine Aenderung im Stand der Dinge vorgenommen wurde, richtete der englische Gesandte an Fürst Cassaro eine neue Eingabe. Nach fünfundzwanzigtägigem Stillschweigen antwortete der Minister endlich, der König habe sich geweigert, den Contract ohne ehrenwerthes und ernstliches Motiv zu brechen. Jedoch wurde der Generalprocurator von Sicilien beauftragt, den Contract zu untersuchen, um darin irgend etwas zu entdecken, worauf sich eine gesetzliche Nullitätserklärung des Contracts gründen ließe. Als aber mittlerweile das englische Cabinet die entschiedene Weigerung des Königs Ferdinand erfahren, erließ es an ihn die Aufforderung, den Contract unverzüglich aufzuheben und tausend Pfund Sterling als Schadenersatz für jeden Tag seit dessen Abschluß zu bezahlen *), wofern er sich nicht durch Zwangsmittel hiezu genöthigt sehen wolle. Die englische Regierung gründet ihre Forderungen auf einen im Jahr 1816 zwischen Großbritannien und dem König von Neapel abgeschlossenen Vertrag, dem zufolge England hinsichtlich der mineralogischen Producte Siciliens auf dem Fuße der begünstigtsten Nationen behandelt werden soll. Da diese Begünstigung durch die Concession des Schwefelmonopols aufgehoben wird, so betrachtet England das Monopol als eine Verletzung des älteren Vetrags. Der Correspondent des National fügt bei: die Schwefelfrage sey ein bloßer Vorwand; Englands eigentliche Absicht sey die Occupation Siciliens. Seit langen Jahren laure es von seinem Felsen zu Malta auf den Besitz jenes Eilandes. Frankreich müsse daher die ehrgeizigen Entwürfe seines treuen Alliirten bewachen. Uebrigens zweifelt der Correspondent des National, daß England, welches gegenwärtig auf so vielen Punkten beschäftigt sey, acht Linienschiffe zur Blokade der Küsten Siciliens abschicken könne. Ein Schreiben des Commerce aus Neapel vom 17 März bestätigt im Wesentlichen die Angaben des National. Die Engländer, meint der Correspondent jenes Blatts, hätten bis jetzt noch keinen Nachtheil erlitten, da man sich beeilt habe, einen Monat vor dem Abschluß des Contracts so bedeutende Quantitäten Schwefel auszuführen, daß dadurch der auswärtige Bedarf auf ein paar Jahre gedeckt gewesen. „Der Ton der letzten englischen Note stimmt mit den Anmaßungen Englands *) Die Presse sagt wohl richtiger: vom Tage der Uebergabe der brittischen Note an gerechnet.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_096_18400405
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_096_18400405/4
Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 96. Augsburg, 5. April 1840, S. 0764. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_096_18400405/4>, abgerufen am 27.11.2024.