Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Allgemeine Zeitung. Nr. 95. Augsburg, 4. April 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

des Herzogthums Lucca anvertraut; seiner so milden als gerechten Verwaltung verdankt man die äußerst einfache und geregelte Rechtspflege, einen wohlgeordneten Staatshaushalt und das nach allen Seiten hin sich verkündende Aufstreben einer eben so zahlreichen als betriebsamen Bevölkerung. - In dem Präsidenten der Consulta und des Cassationshofs, Aurelio Puccini, verlor Toscana am 25 d. M. nicht allein einen seiner bedeutendsten Juristen und Geschäftsmänner, sondern, was mehr heißen will, einen Mann von hoher politischer Bildung und von durchaus unbefleckter Rechtlichkeit, den, wie wohl keinen der Mitlebenden, die genaueste Kenntniß der Verhältnisse seines Landes, die Erfahrung vieljähriger Dienste und bei vorgerücktem Alter eine noch jugendliche Energie zu dem tauglichsten Organ eines zeitgemäßen und vernünftigen Fortschritts stempelten. Andere ausgezeichnete Männer mit ihm widmeten dieser Aufgabe ihr Leben; der schönste Ring in dieser Kette war aber der Name Puccini's. Hoch hat ihn zu allen Zeiten die Gunst seines Fürsten geehrt, ihm blieb auf der Stufenleiter irdischer Ehren kaum etwas zu wünschen übrig. Und dabei war er, wenn auch seiner männlich sich bewußt, anspruchslos in seiner äußern Erscheinung; kaum daß während der heißen Sommermonate einige Tage in den Bädern von Montecatini die angestrengtesten Arbeiten des ganzen Jahres unterbrachen. Solche Italiener muß man gekannt haben, um sich von der Moralität, welche dem höhern Beamtenstande in Ober- und Mittel-Italien inwohnt, eine Vorstellung machen zu können. - Man versichert hier mit Bestimmtheit, daß nun in der kommenden Woche eine völlige Amnestie auch für die Lombardo-Venezianer verkündet werde, welche sich im Jahr 1821 compromittirt hatten.

Schweiz.

So wenig erwünscht es für die ganze Schweiz seyn mag, so ist nun doch die Wiederberufung der nur vertagten Tagsatzung nothwendig geworden. Die Walliser Parteinngen nämlich haben sich auf einen Grad erhitzt, daß wir nicht wissen, ob sie nicht zum offenen Bürgerkriege ausschlagen werden. Es zeigt der folgende Vorfall die herrschende Stimmung. Die Gemeinde Evolenaz gehört zu den zweifelhaften Gemeinden, von denen man nicht recht weiß, ob sie zu Unter- oder zu Oberwallis zu zählen seyen. Die Ortschaft um die Kirche herum rechnet sich der Mehrheit nach zu dem Unterwallis. Die Ortschaften in der Berggegend von Evolenaz dagegen halten es mit dem Oberwallis. Die letztern bilden die Mehrheit der ganzen Gemeinde, aber die Regierung des Unterwallis hat die Dorfschaft um die Kirche zu einer besondern Gemeinde Evolenaz neu erheben wollen. Nun befand sich daselbst eine Salzwage, welche das Salz von Unterwallis bezog. Ihr entgegen wollte nun die Gegenpartei auch eine Salzwage herstellen, welche von Oberwallis versehen wurde. Die Regierung von Unterwallis untersagte das Auswägen von Salz in derselben, und als nicht Folge geleistet wurde, schickte sie sechs Landjäger ab, um dieselbe nöthigenfalls mit Gewalt zu schließen. Da entspann sich eine Rauferei, die mit dem Tode und der Verwundung einiger Bauern, welche für Oberwallis stritten, und mit der Flucht der Landjäger endigte, welche zum Theil übel zugerichtet waren. Die Oberwalliser Partei besetzte nunmehr das ganze Dorf. Der große Rath des Unterwallis trat zusammen, ließ rüsten und droht nun die Gemeinde mit Waffengewalt zu überziehen. Die Oberwalliser scheinen ebenfalls gerüstet und zur Vertheidigung entschlossen. Der Vorort hat nun die nächsten Stände wieder gemahnt, ihre Truppen in Bereitschaft zu halten und zugleich Einleitung zur Versammlung der Tagsatzung getroffen, die noch im Monat April zusammentreten wird.

Deutschland.

Se. Maj. der König hat geruht, durch Signat vom 30 März den Stadtgerichtsdirector in Bayreuth, Karl Friedrich Christ. v. Harsdorf, Abgeordneten zur Ständeversammlung, zum Oberappellationsgerichtsrath zu befördern. Die Function desselben hat am 1 Mai zu beginnen. - Das Schleimfieber herrscht hier noch fortwährend, und sucht, in einzelnen Fällen bösartig, zumeist unter den jungen Leuten ihre Opfer, doch ist die Sterblichkeit keineswegs bedeutend, ja den amtlichen Anzeigen zufolge selbst geringer als sie sonst in diesen Monaten zu seyn pflegt. Wir halten diese Versicherung nicht für überflüssig, da nach Aussage der Reisenden der Gesundheitszustand unsrer Stadt im Auslande sehr ungünstig geschildert wird.

In der gestrigen Sitzung der zweiten Kammer der allgemeinen Ständeversammlung begründete der Abgeordnete der Stadt Göttingen (Wachsmuth) umständlich seinen früher angekündigten Antrag, im Wesentlichen dahin gehend, daß die baldige Auflösung der jetzigen Ständeversammlung dem k. Cabinette anheim gegeben werden möge. Hierüber entstand eine längere Berathung, deren Resultat war, daß der Antrag nur vier Stimmen für sich gewinnen konnte. - In der heutigen Sitzung wurde ein gestern schon gefaßter Beschluß, die Gültigkeit der sogenannten Minoritätswahlen durch eine gemeinschaftliche Commission beider Kammern prüfen zu lassen, wiederholt, und sogleich zur Wahl der Mitglieder der Commission geschritten. Hiernächst kam das k. Schreiben vom 19 d. M., die Mittheilung des neuen Entwurfs der Verfassungsurkunde betreffend, zur Verlesung, und wurde darauf die erste Berathung des Entwurfs sofort begonnen. Ein von einem Mitgliede wegen Wichtigkeit der Sache und wegen der Unvollzähligkeit der Kammer, wie in Betracht der Hoffnung, daß die Zahl der Mitglieder sich noch erheblich vermehren werde, schon vor der ersten Berathung gemachter Antrag, eine gemeinschaftliche Commission beider Kammern zur Prüfung des Entwurfs niederzusetzen, fand durchaus keinen Beifall. (Hann. Z.)

Seit etwa acht Tagen nimmt eine dem Vernehmen nach nicht ganz leichte Krankheit unseres Monarchen die Theilnahme des Publicums auf eine Weise in Anspruch, daß man sogar der Existenz der Ständeversammlung und deren Verhandlungen wenig Theilnahme zuwendet. Daß man nichts Officielles darüber erfährt (Bulletins werden nicht ausgegeben) vermehrt die gespannte gedrückte Stimmung; seit gestern Morgen soll die zu den Gemächern des Königs führende Thür verschlossen seyn. - Die zweite Kammer hat vorgestern die erste Berathung des neuen Verfassungsentwurfs begonnen; da sich nur 36 Mitglieder anwesend fanden, man also eine Mahnung daran erhielt, auf wie schwachen Füßen die Beschlußfähigkeit der Kammer stehe, so ward auf Antrag des Hofraths Klenze auf die heutige Tagesordnung das bereits von der Hannov. Zeitung publicirte Cabinetsschreiben wegen Aenderung der Verhältnißzahl, nach welcher die Beschlußfähigkeit einer Kammer zu berechnen, gesetzt. *)*) Dasselbe kam denn auch heute zur Berathung, ward aber (unter alleinigem Dissens des Hofraths Klenze) von der Kammer einstimmig verworfen. Im Publicum glaubt man, jedoch wohl mit Unrecht, daß die Krankheit Sr. Maj. des Königs nicht ohne Einfluß auf diesen Beschluß der Kammer gewesen sey, obgleich auf der andern Seite vorherzusehen war, daß die erste Kammer auf

*) Daß nämlich nur die Hälfte der beeidigten Mitglieder der Kammer anwesend zu seyn brauche.

des Herzogthums Lucca anvertraut; seiner so milden als gerechten Verwaltung verdankt man die äußerst einfache und geregelte Rechtspflege, einen wohlgeordneten Staatshaushalt und das nach allen Seiten hin sich verkündende Aufstreben einer eben so zahlreichen als betriebsamen Bevölkerung. – In dem Präsidenten der Consulta und des Cassationshofs, Aurelio Puccini, verlor Toscana am 25 d. M. nicht allein einen seiner bedeutendsten Juristen und Geschäftsmänner, sondern, was mehr heißen will, einen Mann von hoher politischer Bildung und von durchaus unbefleckter Rechtlichkeit, den, wie wohl keinen der Mitlebenden, die genaueste Kenntniß der Verhältnisse seines Landes, die Erfahrung vieljähriger Dienste und bei vorgerücktem Alter eine noch jugendliche Energie zu dem tauglichsten Organ eines zeitgemäßen und vernünftigen Fortschritts stempelten. Andere ausgezeichnete Männer mit ihm widmeten dieser Aufgabe ihr Leben; der schönste Ring in dieser Kette war aber der Name Puccini's. Hoch hat ihn zu allen Zeiten die Gunst seines Fürsten geehrt, ihm blieb auf der Stufenleiter irdischer Ehren kaum etwas zu wünschen übrig. Und dabei war er, wenn auch seiner männlich sich bewußt, anspruchslos in seiner äußern Erscheinung; kaum daß während der heißen Sommermonate einige Tage in den Bädern von Montecatini die angestrengtesten Arbeiten des ganzen Jahres unterbrachen. Solche Italiener muß man gekannt haben, um sich von der Moralität, welche dem höhern Beamtenstande in Ober- und Mittel-Italien inwohnt, eine Vorstellung machen zu können. – Man versichert hier mit Bestimmtheit, daß nun in der kommenden Woche eine völlige Amnestie auch für die Lombardo-Venezianer verkündet werde, welche sich im Jahr 1821 compromittirt hatten.

Schweiz.

So wenig erwünscht es für die ganze Schweiz seyn mag, so ist nun doch die Wiederberufung der nur vertagten Tagsatzung nothwendig geworden. Die Walliser Parteinngen nämlich haben sich auf einen Grad erhitzt, daß wir nicht wissen, ob sie nicht zum offenen Bürgerkriege ausschlagen werden. Es zeigt der folgende Vorfall die herrschende Stimmung. Die Gemeinde Evolenaz gehört zu den zweifelhaften Gemeinden, von denen man nicht recht weiß, ob sie zu Unter- oder zu Oberwallis zu zählen seyen. Die Ortschaft um die Kirche herum rechnet sich der Mehrheit nach zu dem Unterwallis. Die Ortschaften in der Berggegend von Evolenaz dagegen halten es mit dem Oberwallis. Die letztern bilden die Mehrheit der ganzen Gemeinde, aber die Regierung des Unterwallis hat die Dorfschaft um die Kirche zu einer besondern Gemeinde Evolenaz neu erheben wollen. Nun befand sich daselbst eine Salzwage, welche das Salz von Unterwallis bezog. Ihr entgegen wollte nun die Gegenpartei auch eine Salzwage herstellen, welche von Oberwallis versehen wurde. Die Regierung von Unterwallis untersagte das Auswägen von Salz in derselben, und als nicht Folge geleistet wurde, schickte sie sechs Landjäger ab, um dieselbe nöthigenfalls mit Gewalt zu schließen. Da entspann sich eine Rauferei, die mit dem Tode und der Verwundung einiger Bauern, welche für Oberwallis stritten, und mit der Flucht der Landjäger endigte, welche zum Theil übel zugerichtet waren. Die Oberwalliser Partei besetzte nunmehr das ganze Dorf. Der große Rath des Unterwallis trat zusammen, ließ rüsten und droht nun die Gemeinde mit Waffengewalt zu überziehen. Die Oberwalliser scheinen ebenfalls gerüstet und zur Vertheidigung entschlossen. Der Vorort hat nun die nächsten Stände wieder gemahnt, ihre Truppen in Bereitschaft zu halten und zugleich Einleitung zur Versammlung der Tagsatzung getroffen, die noch im Monat April zusammentreten wird.

Deutschland.

Se. Maj. der König hat geruht, durch Signat vom 30 März den Stadtgerichtsdirector in Bayreuth, Karl Friedrich Christ. v. Harsdorf, Abgeordneten zur Ständeversammlung, zum Oberappellationsgerichtsrath zu befördern. Die Function desselben hat am 1 Mai zu beginnen. – Das Schleimfieber herrscht hier noch fortwährend, und sucht, in einzelnen Fällen bösartig, zumeist unter den jungen Leuten ihre Opfer, doch ist die Sterblichkeit keineswegs bedeutend, ja den amtlichen Anzeigen zufolge selbst geringer als sie sonst in diesen Monaten zu seyn pflegt. Wir halten diese Versicherung nicht für überflüssig, da nach Aussage der Reisenden der Gesundheitszustand unsrer Stadt im Auslande sehr ungünstig geschildert wird.

In der gestrigen Sitzung der zweiten Kammer der allgemeinen Ständeversammlung begründete der Abgeordnete der Stadt Göttingen (Wachsmuth) umständlich seinen früher angekündigten Antrag, im Wesentlichen dahin gehend, daß die baldige Auflösung der jetzigen Ständeversammlung dem k. Cabinette anheim gegeben werden möge. Hierüber entstand eine längere Berathung, deren Resultat war, daß der Antrag nur vier Stimmen für sich gewinnen konnte. – In der heutigen Sitzung wurde ein gestern schon gefaßter Beschluß, die Gültigkeit der sogenannten Minoritätswahlen durch eine gemeinschaftliche Commission beider Kammern prüfen zu lassen, wiederholt, und sogleich zur Wahl der Mitglieder der Commission geschritten. Hiernächst kam das k. Schreiben vom 19 d. M., die Mittheilung des neuen Entwurfs der Verfassungsurkunde betreffend, zur Verlesung, und wurde darauf die erste Berathung des Entwurfs sofort begonnen. Ein von einem Mitgliede wegen Wichtigkeit der Sache und wegen der Unvollzähligkeit der Kammer, wie in Betracht der Hoffnung, daß die Zahl der Mitglieder sich noch erheblich vermehren werde, schon vor der ersten Berathung gemachter Antrag, eine gemeinschaftliche Commission beider Kammern zur Prüfung des Entwurfs niederzusetzen, fand durchaus keinen Beifall. (Hann. Z.)

Seit etwa acht Tagen nimmt eine dem Vernehmen nach nicht ganz leichte Krankheit unseres Monarchen die Theilnahme des Publicums auf eine Weise in Anspruch, daß man sogar der Existenz der Ständeversammlung und deren Verhandlungen wenig Theilnahme zuwendet. Daß man nichts Officielles darüber erfährt (Bulletins werden nicht ausgegeben) vermehrt die gespannte gedrückte Stimmung; seit gestern Morgen soll die zu den Gemächern des Königs führende Thür verschlossen seyn. – Die zweite Kammer hat vorgestern die erste Berathung des neuen Verfassungsentwurfs begonnen; da sich nur 36 Mitglieder anwesend fanden, man also eine Mahnung daran erhielt, auf wie schwachen Füßen die Beschlußfähigkeit der Kammer stehe, so ward auf Antrag des Hofraths Klenze auf die heutige Tagesordnung das bereits von der Hannov. Zeitung publicirte Cabinetsschreiben wegen Aenderung der Verhältnißzahl, nach welcher die Beschlußfähigkeit einer Kammer zu berechnen, gesetzt. *)*) Dasselbe kam denn auch heute zur Berathung, ward aber (unter alleinigem Dissens des Hofraths Klenze) von der Kammer einstimmig verworfen. Im Publicum glaubt man, jedoch wohl mit Unrecht, daß die Krankheit Sr. Maj. des Königs nicht ohne Einfluß auf diesen Beschluß der Kammer gewesen sey, obgleich auf der andern Seite vorherzusehen war, daß die erste Kammer auf

*) Daß nämlich nur die Hälfte der beeidigten Mitglieder der Kammer anwesend zu seyn brauche.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="jArticle" n="2">
          <p><pb facs="#f0005" n="0757"/>
des Herzogthums Lucca anvertraut; seiner so milden als gerechten Verwaltung verdankt man die äußerst einfache und geregelte Rechtspflege, einen wohlgeordneten Staatshaushalt und das nach allen Seiten hin sich verkündende Aufstreben einer eben so zahlreichen als betriebsamen Bevölkerung. &#x2013; In dem Präsidenten der Consulta und des Cassationshofs, <hi rendition="#g">Aurelio Puccini</hi>, verlor Toscana am 25 d. M. nicht allein einen seiner bedeutendsten Juristen und Geschäftsmänner, sondern, was mehr heißen will, einen Mann von hoher politischer Bildung und von durchaus unbefleckter Rechtlichkeit, den, wie wohl keinen der Mitlebenden, die genaueste Kenntniß der Verhältnisse seines Landes, die Erfahrung vieljähriger Dienste und bei vorgerücktem Alter eine noch jugendliche Energie zu dem tauglichsten Organ eines zeitgemäßen und vernünftigen Fortschritts stempelten. Andere ausgezeichnete Männer mit ihm widmeten dieser Aufgabe ihr Leben; der schönste Ring in dieser Kette war aber der Name Puccini's. Hoch hat ihn zu allen Zeiten die Gunst seines Fürsten geehrt, ihm blieb auf der Stufenleiter irdischer Ehren kaum etwas zu wünschen übrig. Und dabei war er, wenn auch seiner männlich sich bewußt, anspruchslos in seiner äußern Erscheinung; kaum daß während der heißen Sommermonate einige Tage in den Bädern von Montecatini die angestrengtesten Arbeiten des ganzen Jahres unterbrachen. Solche Italiener muß man gekannt haben, um sich von der Moralität, welche dem höhern Beamtenstande in Ober- und Mittel-Italien inwohnt, eine Vorstellung machen zu können. &#x2013; Man versichert hier mit Bestimmtheit, daß nun in der kommenden Woche eine <hi rendition="#g">völlige Amnestie auch für die Lombardo</hi>-<hi rendition="#g">Venezianer verkündet werde</hi>, <hi rendition="#g">welche sich im Jahr</hi> 1821 <hi rendition="#g">compromittirt hatten</hi>.</p><lb/>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Schweiz.</hi> </head><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <byline>
            <docAuthor>
              <gap reason="insignificant"/>
            </docAuthor>
          </byline>
          <dateline><hi rendition="#b">Zürich,</hi> 31 März.</dateline>
          <p> So wenig erwünscht es für die ganze Schweiz seyn mag, so ist nun doch die Wiederberufung der nur vertagten Tagsatzung nothwendig geworden. Die Walliser Parteinngen nämlich haben sich auf einen Grad erhitzt, daß wir nicht wissen, ob sie nicht zum offenen Bürgerkriege ausschlagen werden. Es zeigt der folgende Vorfall die herrschende Stimmung. Die Gemeinde Evolenaz gehört zu den zweifelhaften Gemeinden, von denen man nicht recht weiß, ob sie zu Unter- oder zu Oberwallis zu zählen seyen. Die Ortschaft um die Kirche herum rechnet sich der Mehrheit nach zu dem Unterwallis. Die Ortschaften in der Berggegend von Evolenaz dagegen halten es mit dem Oberwallis. Die letztern bilden die Mehrheit der ganzen Gemeinde, aber die Regierung des Unterwallis hat die Dorfschaft um die Kirche zu einer besondern Gemeinde Evolenaz neu erheben wollen. Nun befand sich daselbst eine Salzwage, welche das Salz von Unterwallis bezog. Ihr entgegen wollte nun die Gegenpartei auch eine Salzwage herstellen, welche von Oberwallis versehen wurde. Die Regierung von Unterwallis untersagte das Auswägen von Salz in derselben, und als nicht Folge geleistet wurde, schickte sie sechs Landjäger ab, um dieselbe nöthigenfalls mit Gewalt zu schließen. Da entspann sich eine Rauferei, die mit dem Tode und der Verwundung einiger Bauern, welche für Oberwallis stritten, und mit der Flucht der Landjäger endigte, welche zum Theil übel zugerichtet waren. Die Oberwalliser Partei besetzte nunmehr das ganze Dorf. Der große Rath des Unterwallis trat zusammen, ließ rüsten und droht nun die Gemeinde mit Waffengewalt zu überziehen. Die Oberwalliser scheinen ebenfalls gerüstet und zur Vertheidigung entschlossen. Der Vorort hat nun die nächsten Stände wieder gemahnt, ihre Truppen in Bereitschaft zu halten und zugleich Einleitung zur Versammlung der Tagsatzung getroffen, die noch im Monat April zusammentreten wird.</p><lb/>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Deutschland.</hi> </head><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <byline>
            <docAuthor>
              <gap reason="insignificant"/>
            </docAuthor>
          </byline>
          <dateline><hi rendition="#b">München,</hi> 2 April.</dateline>
          <p> Se. Maj. der König hat geruht, durch Signat vom 30 März den Stadtgerichtsdirector in Bayreuth, Karl Friedrich Christ. v. Harsdorf, Abgeordneten zur Ständeversammlung, zum Oberappellationsgerichtsrath zu befördern. Die Function desselben hat am 1 Mai zu beginnen. &#x2013; Das Schleimfieber herrscht hier noch fortwährend, und sucht, in einzelnen Fällen bösartig, zumeist unter den jungen Leuten ihre Opfer, doch ist die Sterblichkeit keineswegs bedeutend, ja den amtlichen Anzeigen zufolge selbst geringer als sie sonst in diesen Monaten zu seyn pflegt. Wir halten diese Versicherung nicht für überflüssig, da nach Aussage der Reisenden der Gesundheitszustand unsrer Stadt im Auslande sehr ungünstig geschildert wird.</p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <byline>
            <docAuthor>
              <gap reason="insignificant"/>
            </docAuthor>
          </byline>
          <dateline><hi rendition="#b">Hannover,</hi> 28 März.</dateline>
          <p> In der gestrigen Sitzung der zweiten Kammer der allgemeinen Ständeversammlung begründete der Abgeordnete der Stadt Göttingen (<hi rendition="#g">Wachsmuth</hi>) umständlich seinen früher angekündigten Antrag, im Wesentlichen dahin gehend, daß die baldige <hi rendition="#g">Auflösung der jetzigen Ständeversammlung</hi> dem k. Cabinette anheim gegeben werden möge. Hierüber entstand eine längere Berathung, deren Resultat war, daß der Antrag nur <hi rendition="#g">vier</hi> Stimmen für sich gewinnen konnte. &#x2013; In der heutigen Sitzung wurde ein gestern schon gefaßter Beschluß, die Gültigkeit der sogenannten Minoritätswahlen durch eine gemeinschaftliche Commission beider Kammern prüfen zu lassen, wiederholt, und sogleich zur Wahl der Mitglieder der Commission geschritten. Hiernächst kam das k. Schreiben vom 19 d. M., die Mittheilung des neuen Entwurfs der Verfassungsurkunde betreffend, zur Verlesung, und wurde darauf die erste Berathung des Entwurfs sofort begonnen. Ein von einem Mitgliede wegen Wichtigkeit der Sache und wegen der Unvollzähligkeit der Kammer, wie in Betracht der Hoffnung, daß die Zahl der Mitglieder sich noch erheblich vermehren werde, schon vor der ersten Berathung gemachter Antrag, eine gemeinschaftliche Commission beider Kammern zur Prüfung des Entwurfs niederzusetzen, fand durchaus keinen Beifall. (<hi rendition="#g">Hann</hi>. Z.)</p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <byline>
            <docAuthor>
              <gap reason="insignificant"/>
            </docAuthor>
          </byline>
          <dateline><hi rendition="#b">Hannover,</hi> 30 März.</dateline>
          <p> Seit etwa acht Tagen nimmt eine dem Vernehmen nach nicht ganz leichte Krankheit unseres Monarchen die Theilnahme des Publicums auf eine Weise in Anspruch, daß man sogar der Existenz der Ständeversammlung und deren Verhandlungen wenig Theilnahme zuwendet. Daß man nichts Officielles darüber erfährt (Bulletins werden nicht ausgegeben) vermehrt die gespannte gedrückte Stimmung; seit gestern Morgen soll die zu den Gemächern des Königs führende Thür verschlossen seyn. &#x2013; Die zweite Kammer hat vorgestern die erste Berathung des neuen Verfassungsentwurfs begonnen; da sich nur 36 Mitglieder anwesend fanden, man also eine Mahnung daran erhielt, auf wie schwachen Füßen die Beschlußfähigkeit der Kammer stehe, so ward auf Antrag des Hofraths Klenze auf die heutige Tagesordnung das bereits von der Hannov. Zeitung publicirte Cabinetsschreiben wegen Aenderung der Verhältnißzahl, nach welcher die Beschlußfähigkeit einer Kammer zu berechnen, gesetzt. <hi rendition="#sup">*)</hi><note place="foot" n="*)"> Daß nämlich nur die Hälfte der <hi rendition="#g">beeidigten</hi> Mitglieder der Kammer anwesend zu seyn brauche.</note> Dasselbe kam denn auch heute zur Berathung, ward aber (unter alleinigem Dissens des Hofraths Klenze) von der Kammer <hi rendition="#g">einstimmig verworfen</hi>. Im Publicum glaubt man, jedoch wohl mit Unrecht, daß die Krankheit Sr. Maj. des Königs nicht ohne Einfluß auf diesen Beschluß der Kammer gewesen sey, obgleich auf der andern Seite vorherzusehen war, daß die erste Kammer auf<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0757/0005] des Herzogthums Lucca anvertraut; seiner so milden als gerechten Verwaltung verdankt man die äußerst einfache und geregelte Rechtspflege, einen wohlgeordneten Staatshaushalt und das nach allen Seiten hin sich verkündende Aufstreben einer eben so zahlreichen als betriebsamen Bevölkerung. – In dem Präsidenten der Consulta und des Cassationshofs, Aurelio Puccini, verlor Toscana am 25 d. M. nicht allein einen seiner bedeutendsten Juristen und Geschäftsmänner, sondern, was mehr heißen will, einen Mann von hoher politischer Bildung und von durchaus unbefleckter Rechtlichkeit, den, wie wohl keinen der Mitlebenden, die genaueste Kenntniß der Verhältnisse seines Landes, die Erfahrung vieljähriger Dienste und bei vorgerücktem Alter eine noch jugendliche Energie zu dem tauglichsten Organ eines zeitgemäßen und vernünftigen Fortschritts stempelten. Andere ausgezeichnete Männer mit ihm widmeten dieser Aufgabe ihr Leben; der schönste Ring in dieser Kette war aber der Name Puccini's. Hoch hat ihn zu allen Zeiten die Gunst seines Fürsten geehrt, ihm blieb auf der Stufenleiter irdischer Ehren kaum etwas zu wünschen übrig. Und dabei war er, wenn auch seiner männlich sich bewußt, anspruchslos in seiner äußern Erscheinung; kaum daß während der heißen Sommermonate einige Tage in den Bädern von Montecatini die angestrengtesten Arbeiten des ganzen Jahres unterbrachen. Solche Italiener muß man gekannt haben, um sich von der Moralität, welche dem höhern Beamtenstande in Ober- und Mittel-Italien inwohnt, eine Vorstellung machen zu können. – Man versichert hier mit Bestimmtheit, daß nun in der kommenden Woche eine völlige Amnestie auch für die Lombardo-Venezianer verkündet werde, welche sich im Jahr 1821 compromittirt hatten. Schweiz. _ Zürich, 31 März. So wenig erwünscht es für die ganze Schweiz seyn mag, so ist nun doch die Wiederberufung der nur vertagten Tagsatzung nothwendig geworden. Die Walliser Parteinngen nämlich haben sich auf einen Grad erhitzt, daß wir nicht wissen, ob sie nicht zum offenen Bürgerkriege ausschlagen werden. Es zeigt der folgende Vorfall die herrschende Stimmung. Die Gemeinde Evolenaz gehört zu den zweifelhaften Gemeinden, von denen man nicht recht weiß, ob sie zu Unter- oder zu Oberwallis zu zählen seyen. Die Ortschaft um die Kirche herum rechnet sich der Mehrheit nach zu dem Unterwallis. Die Ortschaften in der Berggegend von Evolenaz dagegen halten es mit dem Oberwallis. Die letztern bilden die Mehrheit der ganzen Gemeinde, aber die Regierung des Unterwallis hat die Dorfschaft um die Kirche zu einer besondern Gemeinde Evolenaz neu erheben wollen. Nun befand sich daselbst eine Salzwage, welche das Salz von Unterwallis bezog. Ihr entgegen wollte nun die Gegenpartei auch eine Salzwage herstellen, welche von Oberwallis versehen wurde. Die Regierung von Unterwallis untersagte das Auswägen von Salz in derselben, und als nicht Folge geleistet wurde, schickte sie sechs Landjäger ab, um dieselbe nöthigenfalls mit Gewalt zu schließen. Da entspann sich eine Rauferei, die mit dem Tode und der Verwundung einiger Bauern, welche für Oberwallis stritten, und mit der Flucht der Landjäger endigte, welche zum Theil übel zugerichtet waren. Die Oberwalliser Partei besetzte nunmehr das ganze Dorf. Der große Rath des Unterwallis trat zusammen, ließ rüsten und droht nun die Gemeinde mit Waffengewalt zu überziehen. Die Oberwalliser scheinen ebenfalls gerüstet und zur Vertheidigung entschlossen. Der Vorort hat nun die nächsten Stände wieder gemahnt, ihre Truppen in Bereitschaft zu halten und zugleich Einleitung zur Versammlung der Tagsatzung getroffen, die noch im Monat April zusammentreten wird. Deutschland. _ München, 2 April. Se. Maj. der König hat geruht, durch Signat vom 30 März den Stadtgerichtsdirector in Bayreuth, Karl Friedrich Christ. v. Harsdorf, Abgeordneten zur Ständeversammlung, zum Oberappellationsgerichtsrath zu befördern. Die Function desselben hat am 1 Mai zu beginnen. – Das Schleimfieber herrscht hier noch fortwährend, und sucht, in einzelnen Fällen bösartig, zumeist unter den jungen Leuten ihre Opfer, doch ist die Sterblichkeit keineswegs bedeutend, ja den amtlichen Anzeigen zufolge selbst geringer als sie sonst in diesen Monaten zu seyn pflegt. Wir halten diese Versicherung nicht für überflüssig, da nach Aussage der Reisenden der Gesundheitszustand unsrer Stadt im Auslande sehr ungünstig geschildert wird. _ Hannover, 28 März. In der gestrigen Sitzung der zweiten Kammer der allgemeinen Ständeversammlung begründete der Abgeordnete der Stadt Göttingen (Wachsmuth) umständlich seinen früher angekündigten Antrag, im Wesentlichen dahin gehend, daß die baldige Auflösung der jetzigen Ständeversammlung dem k. Cabinette anheim gegeben werden möge. Hierüber entstand eine längere Berathung, deren Resultat war, daß der Antrag nur vier Stimmen für sich gewinnen konnte. – In der heutigen Sitzung wurde ein gestern schon gefaßter Beschluß, die Gültigkeit der sogenannten Minoritätswahlen durch eine gemeinschaftliche Commission beider Kammern prüfen zu lassen, wiederholt, und sogleich zur Wahl der Mitglieder der Commission geschritten. Hiernächst kam das k. Schreiben vom 19 d. M., die Mittheilung des neuen Entwurfs der Verfassungsurkunde betreffend, zur Verlesung, und wurde darauf die erste Berathung des Entwurfs sofort begonnen. Ein von einem Mitgliede wegen Wichtigkeit der Sache und wegen der Unvollzähligkeit der Kammer, wie in Betracht der Hoffnung, daß die Zahl der Mitglieder sich noch erheblich vermehren werde, schon vor der ersten Berathung gemachter Antrag, eine gemeinschaftliche Commission beider Kammern zur Prüfung des Entwurfs niederzusetzen, fand durchaus keinen Beifall. (Hann. Z.) _ Hannover, 30 März. Seit etwa acht Tagen nimmt eine dem Vernehmen nach nicht ganz leichte Krankheit unseres Monarchen die Theilnahme des Publicums auf eine Weise in Anspruch, daß man sogar der Existenz der Ständeversammlung und deren Verhandlungen wenig Theilnahme zuwendet. Daß man nichts Officielles darüber erfährt (Bulletins werden nicht ausgegeben) vermehrt die gespannte gedrückte Stimmung; seit gestern Morgen soll die zu den Gemächern des Königs führende Thür verschlossen seyn. – Die zweite Kammer hat vorgestern die erste Berathung des neuen Verfassungsentwurfs begonnen; da sich nur 36 Mitglieder anwesend fanden, man also eine Mahnung daran erhielt, auf wie schwachen Füßen die Beschlußfähigkeit der Kammer stehe, so ward auf Antrag des Hofraths Klenze auf die heutige Tagesordnung das bereits von der Hannov. Zeitung publicirte Cabinetsschreiben wegen Aenderung der Verhältnißzahl, nach welcher die Beschlußfähigkeit einer Kammer zu berechnen, gesetzt. *) *) Dasselbe kam denn auch heute zur Berathung, ward aber (unter alleinigem Dissens des Hofraths Klenze) von der Kammer einstimmig verworfen. Im Publicum glaubt man, jedoch wohl mit Unrecht, daß die Krankheit Sr. Maj. des Königs nicht ohne Einfluß auf diesen Beschluß der Kammer gewesen sey, obgleich auf der andern Seite vorherzusehen war, daß die erste Kammer auf *) Daß nämlich nur die Hälfte der beeidigten Mitglieder der Kammer anwesend zu seyn brauche.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_095_18400404
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_095_18400404/5
Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 95. Augsburg, 4. April 1840, S. 0757. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_095_18400404/5>, abgerufen am 04.05.2024.