Augsburger Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchsten Privilegien.
Sonnabend
Nr. 95.
4 April 1840.
Großbritannien.
London, 28 März.
Die interessanten Unterhausverhandlungen vom 27 März über die orientalischen Angelegenheiten haben wir jetzt in den Londoner Journalen selbst vorliegen. Lord Palmerstons Erklärung, die wir gestern nur sehr mangelhaft mittheilen konnten, lautete vollständiger also: „Das Haus wird wohl einsehen, daß es mir nicht möglich ist, in den Antrag auf Vorlegung der gewünschten Papiere einzustimmen, denn wenn irgend etwas in der Parlamentspraxis feststeht, so ist es die Regel, keine Actenstücke zu verlangen, die sich auf eine schwebende Unterhandlung beziehen. (Hr. Hume hatte zunächst die Theile der Correspondenz zwischen Lord Ponsonby und dem Staatssecretariat des Auswärtigen gewünscht, welche die Unterhandlungen der Jahre 1839 und 1840 zwischen dem Sultan und Mehemed Ali über den Erbbesitz Aegyptens und anderer von dem Pascha angesprochenen Provinzen, die Abschließung des Friedens zwischen diesen beiden Gegnern und die Auslieferung der türkischen Flotte von Seite Aegyptens betreffen.) Ueberdieß ist mein ehrenwerther Freund, das Mitglied für Kilkenny (Hume) über die meisten von ihm berührten Punkte ganz im Irrthum befangen. Der angezogene Paragraph der Thronrede bedarf keiner näheren Erörterung. Derselbe besagt, die Eintracht der fünf Großmächte habe den Frieden Europa's in Hinsicht auf den Orient aufrecht erhalten, und er drückt die Hoffnung aus, daß dieselbe Eintracht diese schwierigen Negociationen zu einem friedlichen und befriedigenden Ausgang führen werde.“ Der Minister wiederholt gegen Hume die so oft von der ministeriellen Presse, namentlich dem M. Chronicle, geführte Argumentation, daß nicht der Sultan, sondern Mehemed Ali in dem letzten Zusammenstoß der angreifende Theil gewesen, mit dem Beifügen, Hr. Hume irre durchaus, indem er meine, nach der Schlacht bei Koniah sey zwischen Ibrahim Pascha und Reschid Pascha ein Vertrag geschlossen worden, in welchem der brittische Gesandte dem Mehemed Ali die Abtretung Syriens garantirt; England habe vielmehr an der damaligen Transaction durchaus keinen Theil genommen. Der Redner fuhr fort:„Mein ehrenwerther Freund hat geäußert, wenn Rußland einen seinen Interessen ganz ergebenen Agenten im brittischen Cabinet sitzen hätte, so hätte dieser den Russen nicht aufrichtiger dienen können, als ich ihnen gedient habe. Um gerecht und aufrichtig zu seyn, fühle ich mich zu der Erklärung verpflichtet, daß irgend eine Regierung unmöglich redlicher und ehrenhafter handeln kann, als die russische Regierung gegen die andern Mächte in Hinsicht auf die Türkei gehandelt hat. Auf die Gesinnung läßt sich nur aus dem Benehmen schließen; diesem Grundsatze zufolge ist es aber nicht recht, in Rußlands jetzigem Benehmen irgend eine feindselige Tendenz gegen die Integrität des türkischen Reichs zu argwöhnen. Trüge sich aber Rußland wirklich mit solchen Entwürfen, dann wäre, scheint es mir, der von meinem ehrenwerthen Freund eingeschlagene Weg gerade das sicherste Mittel, dieselben zu fördern; denn die von meinem ehrenwerthen Freund empfohlene Politik müßte unmittelbar zur Zerstückelung des osmanischen Reichs führen, und Alles, was davon übrig bliebe, Rußland oder irgend einer andern Macht hülflos zu Füßen legen. Was würde man mir wohl antworten, wenn ich den Satz aufstellen wollte, das beste Mittel zur Aufrechthaltung der Integrität des brittischen Reichs sey, den Lordstatthalter von Irland zum selbstständigen Erben und Souverän von Irland und Schottland zu erheben, denn dieß werde die Bevölkerung der brittischen Inseln am festesten an einander knüpfen? Mein ehrenwerther Freund hat erwähnt, zur Zeit, als er (Hume) Aegypten besucht, habe man nur mit großer Gefahr in jenem Lande reisen können, und überhaupt sey das ganze türkische Reich vergleichsweise in einem Zustande der Anarchie gewesen, wohingegen heutzutage ein Europäer in Aegypten mit aller Sicherheit reisen könne. Das sey nun allerdings wahr, und gelte nicht von Aegypten allein, sondern so ziemlich von allen Ländern des türkischen Reichs; aber er (Palmerston) sehe nicht ein, was die in Aegypten vorgenommenen inneren Verbesserungen mit der großen Frage zu thun haben, ob Englands Interesse es erheische, die Integrität des türkischen Reichs aufrecht zu halten, oder nicht. Was den Uebergang der türkischen Flotte zu Mehemed Ali betrifft, will mein ehrenwerther Freund wissen, alle Officiere der türkischen Flotte seyen über diesen Schritt einig gewesen. Meine Nachrichten über
diesen Vorfall lauten anders. Von einem Officier, der sich an Bord jener Flotte befand, weiß ich, daß keiner der türkischen Officiere um die Absicht des Admirals, nach Alexandria zu segeln, wußte, daß, als die Flotte den Hafen von Alexandria und das ägyptische Geschwader zu Gesicht bekam, die Türken so wenig eine Ahnung hatten, zu welchem Zwecke sie dahin geführt worden, daß wirklich viele von den Schiffen Anstalten zum Gefecht trafen, weil sie einen Feind, nicht einen Freund, vor sich zu haben glaubten. Mein ehrenwerther Freund irrt deßgleichen, wenn er behauptet, unserm Consul in Alexandria, dem Obristen Hodges, sey der Zutritt zum Pascha verwehrt worden. Dieß war so wenig der Fall, daß vielmehr Obrist Hodges, Berichten zufolge, die ganz neuerlich von ihm eingelaufen sind, unlängst persönlich mit dem Pascha und dessen Minister, Boghos Bey, in Geschäften verkehrte. Das Haus fühlt gewiß, daß für einen Mann in meiner amtlichen Stellung nichts so ungelegen seyn kann, als auf solche halb zufällige Weise zur Discussion so wichtiger Materien aufgerufen zu werden, welche zudem Gegenstand schwebender Unterhandlungen nicht nur mit Aegypten, sondern fast mit allen Mächten Europa's sind. Ich beschränke mich daher auf die einfache Erklärung, daß Ihrer Maj. Regierung in dieser Angelegenheit an der in der Thronrede bezeichneten Politik festhält, und daß, unserer Ueberzeugung zufolge, Englands Interessen die Wahrung einer unabhängigen Türkei gebieterisch erfordern. Sind erst die Verhandlungen zum Schluß gebracht, gleichviel was der Ausgang seyn mag, dann werde ich bereit seyn, das von Ihrer Maj. Regierung eingehaltene Verfahren vor dem Parlament, und zwar, wie ich hoffe, mit Erfolg, zu vertheidigen.“ Nach den gestern erwähnten Bemerkungen mehrerer Mitglieder – Hrn. Fectors, Lord Claude Hamiltons und Sir R. Peels, welche die Erklärung des Ministers trotz aller Discretion, welche die Umstände erfordern möchten, doch allzu rückhaltig und ungenügend fanden, fügte Lord Palmerston bei: „Frägt man mich endlich, ob sich eine Annäherung zu einer Beilegung der orientalischen Frage ergeben habe, so bemerk' ich, daß bei dieser Frage sehr viele Punkte in Betracht zu kommen haben, auf deren Erörterung ich hier nicht eingehen kann; doch darf ich sagen, so weit die Unterhandlungen fortgeschritten, sind sie gewiß befriedigend (hört, hört!) – im Allgemeinen nämlich (in a general way.“ Gelächter). Hr. Ch. Buller (Durhams talentvoller Secretär in Canada) contrastirte die Offenheit, womit Angelegenheiten der auswärtigen Politik von der Regierung der Vereinigten Staaten behandelt werden, mit dieser, fast beleidigenden Praxis des edlen Viscount, das Reichsparlament im Dunkeln zu lassen, und dieß in einem Augenblick, wo England zwölf Linienschiffe im Mittelmeer habe, und Frankreich ebenso viel, und wo es als sehr wahrscheinlich gelte, daß diese beiden Seemächte sich auf verschiedene Seiten stellen werden. „Meine Meinung ist,“ sagte Hr. Buller, „wir stehen im Begriff, den einzigen verständigen und civilisirten osmanischen Fürsten zu bekriegen – den Fürsten, der überdieß derselbe Mann ist, der die Schlüssel zu unsern indischen Besitzungen in seiner Hand hält, und dieß Alles zu dem Zweck, um ihn zu einer Art von irischem Lordstatthalter der hohen Pforte zu machen. (Gelächter.) Der edle Viscount mag in allem, was er thut, Recht haben, aber das Haus sollte etwas davon erfahren.“ Hier suchte Lord J. Russell die weitern Debatten durch die Bemerkung abzuschneiden, daß dieses Drängen auf eine Documentenmittheilung, welche die Regierung ein- für allemal als unthunlich erkläre, unparlamentarisch sey. „Man behauptet,“ erklärte er, „Frankreich hege andere An- und Absichten in der orientalischen Frage als die übrigen Mächte, aber ich glaube I believe), daß Frankreich die Integrität des osmanischen Reichs zu erhalten wünscht, und an der vorjährigen Erklärung an den Sultan haben alle fünf Großmächte Theil genommen. Englands Regierung ist verpflichtet, das türkische Reich in seiner Ganzheit zu wahren, das ehrenw. Mitglied für Kilkenny aber verlangt, wir sollten den Sultan im Stiche lassen. Träte das Haus dieser Meinung bei, so hieße dieß der Regierung zumuthen, sie solle ihr im vorigen Jahr dem Sultan gegebenes Versprechen brechen, und auf diese Weise Rußland zum einzigen Protector der Türkei machen. Ich für meinen Theil glaube an keinen Krieg im Osten, hoffe vielmehr zuversichtlich auf eine friedliche Beilegung der türkisch-ägyptischen Händel.“ Nach diesem erklärte Hr. Hume, er wolle für jetzt seinen Antrag nicht urgiren, werde aber, wenn mittlerweile von Seite der Regierung nichts in der Sache geschehe, denselben wiederholen und dann zur Abstimmung treiben.
Frankreich.
Paris, 21 März.
(Moniteur.) Telegraphische Depeschen. I. Toulon, 29 März. Scherschel, 15 März. Marschall Valée an den Kriegsminister. Die Armee hat heute von Scherschel Besitz ergriffen. Der Feind hat weder in der Ebene Metidscha, noch auf den Scherschel umgebenden Bergen ernstlichen Widerstand geleistet. – II. Toulon, 29 März. Algier, den 22, 6 Uhr Abends. Marschall Valée an den Kriegsminister. Das Expeditionscorps von Scherschel ist am 21 ins obere Lager von Blida zurückgekommen, ohne daß es einen Kampf bestanden hätte. Das Wetter ist sehr schlecht geworden und hindert für den Augenblick jede Bewegung. – III. Toulon, 29 März. Der Seepräfect an den Seeminister. Am 12 hatten die Spahis von Oran und ein Bataillon des ersten Linienregiments, die von Mizerghin ausgerückt waren, eine halbe Stunde vom Lager einen hartnäckigen Kampf von 10 Uhr Morgens bis 5 Uhr Abends mit mehrern tausend arabischen Reitern zu bestehen, welche die Heerden der Duaren wegnehmen wollten. Unser Verlust beträgt 41 Todte und 51 Verwundete. Der Verlust des Feindes wird auf 400 Todte geschätzt. Wir sind Meister des Schlachtfelds geblieben. Der Marinecommandant von Algier meldet die freiwillige Unterwerfung von Collo.
Das Commerce bemerkt: „Diese Depeschen sind seltsamerweise auf eine Art abgefaßt, daß man daraus gar nicht ersieht, ob Scherschel von unsern Truppen occupirt geblieben oder nach seiner Einnahme wieder geräumt worden ist.“
Ueber die Kriegserklärung des Kaisers von Marokko gegen Frankreich ist, wie gestern erwähnt, der französischen Regierung noch keine officielle und sichere Nachricht zugekommen. Hr. Berryer berührte diesen Gegenstand auf der Rednerbühne; die Minister blieben die Antwort schuldig. Das Journal des Débats versichert, das Ministerium wisse nur eben so viel, als die Journale. Bis jetzt beruhe jene Nachricht bloß auf einer Mittheilung des Commandanten der Gabarre Lamproie, welcher auf der Rhede von Mahon dem Commandanten des Dampfboots Sphinx mit dem Sprachrohr zugerufen: Marokko habe den Krieg erklärt; dem amerikanischen Consul in Mahon sey diese Nachricht von seinem Collegen in Tanger zugekommen. (Die Allg. Ztg. hatte dieß schon vor acht Tagen in einem Schreiben aus Toulon gemeldet.) Vielleicht, meint das Journal des Débats, sey dieses Gerücht nur veranlaßt worden durch den Ausbruch eines Volksaufstandes in Tanger, bei welchem alle christlichen Consuln auf das gröbste beleidigt worden seyen, ohne daß die Ortsbehörden sich irgend bemüht hätten, die Gewaltthätigkeiten des Pöbels zu unterdrücken. Wie dem nun sey, so habe die Regierung auf jeden Fall hin Vorkehrungen getroffen, und dem Admiral Rosamel Befehl gegeben, mit einem
Geschwader nach Tanger zu segeln. – Das Journal des Débats gibt zugleich Auszüge aus dem Marseiller Sud, welcher die Nachricht der Kriegserklärung noch etwas bezweifelt. Muley-Abderhaman und sein Minister Sidi-Bendriß seyen kluge vorsichtige Männer, welche sich nicht leichtsinnig in ein solches Unternehmen stürzen würden. Ueberdieß habe der Kaiser, welcher gegenwärtig in der Stadt Marokko, also vom Kriegsschauplatz weit entfernt sich befindet, seine regulären Truppen selbst nöthig, um sein Ansehen unter den wilden Bewohnern seines großen Reichs aufrecht zu erhalten: es sey daher gar nicht wahrscheinlich, daß er eine Armee in die Provinz Oran senden werde. Weder die vorgeblichen Aufreizungen der Engländer, noch die Abtretung von Tlemsan durch Abd-El-Kader würden den Kaiser zu einem solchen Entschluß bringen. Indessen könne er einige fanatische Gränzstämme nicht hindern, sich als Freiwillige unter Abd-El-Kaders Fahne einzureihen. Ein Krieg mit Marokko, meint das Marseiller Blatt, wäre für Frankreich sehr kostspielig, und ein Bombardement von Tanger oder eine Blokade sämmtlicher Seehäfen Marokko's würde schwerlich zu einem Resultat führen, da die Macht dieses Reichs hauptsächlich nur in seinen beiden großen Binnenstädten bestehe. Uebrigens sey es immerhin rathsam, einige Fahrzeuge an die Küste von Marokko abzusenden, wäre es auch nur, um dem Kaiser einen guten Vorwand zu geben, trotz des fanatischen Geschreis seiner Unterthanen dem Emir jede Unterstützung zu verweigern. Muley Abderhaman habe ohnehin Abd-El-Kaders Ehrgeiz zu fürchten; denn letzterer gehe bereits mit dem Plan um, sich ganz Marokko's bei erster Gelegenheit zu bemächtigen. – Abd-El-Kaders Umtriebe beschränken sich übrigens nicht bloß auf Marokko. Ein Schreiben des Journal des Débats aus Toulon vom 24 März meldet, Emissäre Abd-El-Kaders durchzögen die Regentschaft Tunis in allen Richtungen, und predigten überall den „heiligen Krieg“ gegen die Franzosen. Eine große Aufregung herrsche unter den dortigen Arabern. Am Schlusse seines Schreibens bemerkt der Correspondent des Journal des Débats, es gebe in Algier und Toulon mehrere Personen, welche beharrlich glaubten, England reize insgeheim Tunis und Marokko zum Krieg und versehe sie mit Waffen und Munition. Das Journal des Débats bemerkt hiezu: „Es ist nicht das erstemal, daß gegen England dergleichen Beschuldigungen erhoben werden; aber eben weil dieselben so schwer sind, muß die öffentliche Meinung sich hüten, ihnen ohne Beweise Glauben zu schenken. Es handelt sich hier um die Ehre einer civilisirten und christlichen Regierung, welche man eines gehässigen Einverständnisses mit Barbaren anklagt, deren blutdürstige Wildheit ganz Europa einen gerechten Abscheu einflößt. Wohl mögen Kaufleute, Privatleute Waffen und Pulver an der Küste Afrikas verkauft haben, wie sie deren in Amerika und selbst in Frankreich verkaufen. Man kann hierin nur eine Handelsspeculation sehen, welche nicht einmal auf unserer Algierer Küste stattgefunden, und die von der englischen Regierung an der Küste Marokko's verboten würde, wenn dieser barbarische Staat wirklich mit Frankreich im Kriege wäre.“ Das Journal des Débats bezweifelt die Journalberichte, daß die auf dem Kampfplatz bei Uad-Lalleg gefundenen Flinten von englischem Fabricat gewesen seyen; dagegen wisse man, daß die französische Regierung selbst dem Vertrag an der Tafna zufolge an den Emir einige hundert Flinten verkauft habe. Endlich gibt das Journal des Débats einen Auszug aus einer kürzlich erschienenen Broschüre der HH. Falbe und Grenville Temple. Diese Herren begleiteten die Expedition nach Constantine. Nach der Erstürmung dieser Stadt fanden sie in dem Hause, das sie bewohnten, einige leere Pulverpakete mit der Etiquette: „ Poudre de chasse à 6 Fr. 50 C. le Kilogr. – Poudrerie royale de Saint Chamas, Marseille. (Dieß ist eine bekannte Pulverfabrik in Marseille.) Sie brachten solche ins Hauptquartier; Pulverpakete mit Etiquetten in englischer oder überhaupt anderer als französischer Sprache waren nicht gefunden worden. Als diese Herren später Tunis besuchten, zogen sie genaue Erkundigungen ein über die im Laufe des Jahres 1837 eingelaufenen Schiffe, welche mit Waffen und Kriegsmunition befrachtet waren. Unter fünfzehn Schiffen waren 1 von Livorno, 1 von Triest, 1 von Malta und 12 von Marseille gekommen.
Das Commerce will über die Vorfälle in Tanger folgende directe Nachrichten aus Gibraltar erhalten haben. „Im Laufe des Februars während des großen Bairamfestes brach eine Masse von Arabern der Landschaft bewaffnet in die Stadt Tanger ein und insultirte die Christen, welche, ohne Unterschied der Nationalität, gezwungen wurden, sich in ihren Häusern zu verbarricadiren. Der Generalconsul von Frankreich hatte alle Vorsichtsmaaßregeln getroffen, um die Franzosen und ihr Eigenthum in Sicherheit zu bringen. Alle Consulargebäude wurden von Kugeln durchlöchert; inzwischen machten die Araber keinen Versuch, sie mit stürmender Hand zu nehmen. Der Generalconsul, welcher sich auf der Terrasse zeigen wollte, wurde durch eine Kugel am Ohre verletzt. Dieser Zustand dauerte acht Tage. Man rühmt sehr die Energie, welche der französische Agent entwickelte, bedauert aber, daß Frankreich seit dem Einfall Abd-El-Kaders vor Tanger kein Geschwader in Station gelassen hat. Nur eine kleine Corvette war daselbst angekommen. Es herrschte große Unruhe im Lande.“
Briefe aus Gibraltar vom 14 März, welche in Marseille eingetroffen, erwähnen mit keiner Sylbe der Kriegserklärung Marokko's. Es ist daher gar nicht wahrscheinlich, daß man am 18 März in Mahon ein Ereigniß erfahren haben konnte, von dem man in Gibraltar am 14 nichts gewußt. Der Handelsstand von Marseille war wieder ganz beruhigt. In den Depeschen, welche die französische Regierung aus Tanger vom 7 März erhalten, deutete – versichert der Constitutionnel – gar nichts auf eine nahe Kriegserklärung; in dieser Stadt war es wieder völlig ruhig geworden.
Paris, 26 März. Es scheint, daß Hr. Guizot sich sehr in London gefällt, und daß er auf dem besten Fuß mit Lord Palmerston steht. Er hat bis jetzt allerdings große Reserve beobachten müssen, da er ohne Instructionen gelassen wurde, und nur nach Inspirationen sich äußern konnte; allein er ist genug mit den hiesigen Verhältnissen bekannt, um zu wissen, was jedem Ministerium frommt, und wie es die auswärtige Politik zu beurtheilen und zu handhaben hat. Das Engouement, das er für Lord Palmerston fühlt, ist daher das sicherste Zeichen, daß wir uns nicht von England entfernen, sondern mit demselben gehen werden, um die orientalische Frage, die doch voran steht, zur allgemeinen Zufriedenheit lösen zu können. Ist diese einmal beseitigt, so ist es jedem Ministerium ein Leichtes, die Allianz mit England streng einzuhalten, und auf diese Weise den Frieden Europa's zu wahren. Lord Palmerston soll freilich bei dem Satze beharren, daß Mehemed Ali nicht auf Kosten der Pforte vergrößert werden dürfe; allein er soll auch bereits so weit gekommen seyn, einzusehen, daß es kaum ein Mittel gibt, ihm Zwang anthun zu können, und daß nur auf dem Wege der Unterhandlung ein Resultat zu erreichen ist, welches man bis jetzt vergebens gesucht hat, und zu dem man nie anders gelangen wird. Dieß ist Alles, was man hier wünschen kann, und was die Sache sehr vereinfacht, weil wir dann unbefangener in der Conferenz uns bewegen können, die in London
eröffnet werden soll. Solchergestalt nimmt es wirklich den Anschein, daß die orientalischen Zerwürfnisse ruhig und ohne große Störung werden ausgeglichen werden.
Paris, 30 März. Die Blätter geben heute eine Personalliste des Generalstabs der französischen Armee mit Bemerkung des Alters bei jedem Individuum. Man ersieht daraus, daß auch in Frankreich der Generalstab während der verflossenen fünfundzwanzig Friedensjahre so ziemlich ergraut ist. Frankreich zählt zur Zeit zehn Marschälle, wovon die beiden jüngsten, Gérard und Valée, 66 Jahre alt sind. Molitor ist 68, Soult 69, die Herzoge von Tarent und Reggio 72, Grouchy 73, der Herzog von Belluno 75, der Herzog von Conegliano 85. Es gibt zur Zeit 73 Generallieutenants in der französischen Armee, wovon der jüngste 48 Jahre alt ist; zwischen 50 und 55 Jahren stehen zwölf, zwischen 55 und 60 Jahren achtzehn, zwischen 60 und 65 Jahren zweiunddreißig, zwischen 65 und 70 Jahren acht, und zwischen 70 und 75 Jahren zwei Generallieutenants.
Niederlande.
Vom Niederrhein, 29 März. So viel man vernimmt, sind die Mitglieder der Generalstaaten mit dem vorgelegten Budget nichts weniger als einverstanden. Die Berathungen in den Abtheilungen sollen sowohl über das Budget als über den Vorschlag wegen Abschaffung der Syndikats zu Ende seyn, und man behauptet, daß das Budget sowohl in seiner Anlage, als in der Größe der verschiedenen Summen für ganz unannehmbar erklärt worden sey. Gestern sollten die Berathschlagungen über die Antworten, welche die Regierung auf die Bemerkungen hinsichtlich der Veränderungen im Grundgesetz gemacht hat, beginnen, und sie werden wohl kaum günstiger ausfallen, als die Bemerkungen über das Budget. Als auffallend muß ich Ihnen melden, daß die alte Eifersucht der übrigen Provinzen gegen Holland wieder mehrfach hervortritt; in der öffentlichen Sitzung am 25 März wurde über die Bildung eines Viehfonds debattirt, aus welchem die Verluste durch Viehkrankheiten vergütet werden sollten, und dabei bemerkt, man habe der wiederholt herrschenden Viehseuche nicht die mindeste Aufmerksamkeit geschenkt, bis sie endlich auch in der Provinz Holland ausgebrochen sey. So ließen sich namentlich Cats und van Sytzama vernehmen. Auch sonst ist diese Sitzung durch den ziemlich unzufriedenen Ton gegen die Regierung auffallend, und namentlich Hr. Warin bemerkte gelegentlich, man soll die Geduld der Nation nicht aufs Aeußerste treiben.
Vom Niederrhein, 31 März. Wenn es vor einigen Tagen noch zweifelhaft hätte seyn können, ob das von der Regierung vorgelegte Budget verworfen werden würde oder nicht, so ist letzteres gewiß, seitdem man in dem Gesetzesentwurf zur Abschaffung des Syndikats gleichsam zufälligerweise eine Anleihe von 30 Millionen entdeckt hat. Im J. 1836 wurde eine Schuld von 30 Millionen creirt, um früher eingegangene Verbindlichkeiten der ostindischen Besitzungen abzulösen, damit nur Eine Art ostindischer Schuld, und so eine Gleichförmigkeit in den Finanzen dieser Colonien bestehe. Da man aber nicht wußte, ob die Einziehung der alten ostindischen Schuld so schnell und so bequem zu bewerkstelligen seyn würde, so wurde festgesetzt, daß die Ausgabe der Obligationen und die Art der Ablösung später durch ein Gesetz geregelt werden sollten. Seit jener Zeit hat man nichts davon vernommen, und nun soll bei Gelegenheit der Aufhebung des Syndikats dieses Anlehen flüssig gemacht werden, und zwar zu ganz andern Zwecken, als es ursprünglich bestimmt war, denn das Anlehen soll zum Vortheil des Staatsschatzes verwirklicht werden. Was aus der alten ostindischen Schuld geworden, weiß man nicht; abgelöst ist sie nicht, sonst hätte man die 30 Millionen längst von den Generalstaaten verlangt, und weitere Aufklärungen hat die Regierung durchaus keine gegeben. Was soll mit diesen 30 Millionen geschehen? Das Syndikat hatte alte Verbindlichkeiten des Staats, Cautionen ehemaliger Beamten u. dgl. zu berichtigen, aber alle diese Items können nicht über 10 Millionen betragen; wozu nun die übrigen zwanzig Millionen? Man antwortet ganz offen: wohl wahrscheinlich, um die Unregelmäßigkeiten zu decken, welche man allmählich in den financiellen Staatsverhandlungen entdeckt hat, und wozu die Regierung am Ende des vorigen Jahrs zuerst die 56 Millionen (worunter 40 für die Handelsmaatschappy) und nachher die 15 Millionen verlangte. Erwägt man, daß außer den obigen 30 Millionen ohnehin noch 12,700,000 fl. aufgenommen werden sollen, so ist dieß wieder eine Summe von 43 Millionen, über welche kein genügender Aufschluß gegeben wird. Alle Umstände deuten darauf hin, daß die Generalstaaten nicht darauf eingehen werden: man verlangt Offenheit, und ehe die Regierung nicht diese Offenheit zeigt, werden ihre Vorschläge verworfen werden. Man verlangt Aufklärung über die ostindischen Finanzen, Aufklärung namentlich auch über die Verhältnisse der Handelsmaatschappy zur Regierung, und diese muß nachgeben, wenn nicht mehr und mehr die Krone unter den Anschuldigungen leiden soll. Die Angriffe werden immer bestimmter und rücksichtsloser, und die Regierung darf nicht daran denken, die Presse deßhalb vor Gericht ziehen zu wollen, da sie sich dadurch in ein Labyrinth verwickeln würde, aus dem schwer ein Entkommen wäre.
Italien.
Rom, 25 März. Unterm 11 d. hatte ich die Ankunft des portugiesischen Diplomaten Grafen de Carreira gemeldet, was sich nun als ein Irrthum ergibt; die Ankunft eines gleichnamigen Herrn bei der brasilianischen Gesandtschaft hatte Anlaß zu dieser Verwechselung gegeben. Uebrigens wird der Graf bald hier eintreffen, und ich höre, daß zur Regulirung der Angelegenheit mit Portugal die Aussichten sich immer besser gestalten. Das Gerücht von Dom Miguels Entsagung auf den portugiesischen Thron gewinnt immer mehr Glauben; man will sogar wissen, welche Summe ihm als jährliche Einnahme zugesichert sey. Nur gewisse Anhänger seiner Partei sind nicht damit einverstanden und wenden Alles an, um eine Versöhnung zu hintertreiben. Die in Modena erscheinende Zeitung la voce della verita liefert mehrere Aufsätze, welche man aus der Feder eines bedeutenden Mannes in dieser Angelegenheit geflossen glaubt. – Einige Arrestationen haben hier und in Viterbo stattgefunden; das Gerücht sagt wegen politischer Umtriebe. – Overbek hat sein großes Bild für Frankfurt: „den göttlichen Einfluß auf die Kunst,“ vollendet. Alle Kenner bewundern gegenwärtig in seinem Atelier dieses Meisterwerk der neuern Malerei. – Heute früh hatten wir das seltene Schauspiel ganz Rom und die Campagna, so weit das Auge reicht, mit Schnee bedeckt zu sehen. Ein solcher Schneefall, der mehrere Stunden anhielt und einen halben Fuß hohen Schnee zur Erde brachte, hat man seit vielen Jahren hier nicht gesehen. Jetzt ist der Himmel wieder heiter, und die warm scheinende Sonne wird uns den Anblick des Contrastes – Schnee zwischen Palmen, Orangen, Citronen und andern Südfrüchten – nicht lange gestatten.
Florenz, 28 März. Lucca und Toscana haben in diesem Augenblick den Tod zweier Männer zu betrauern, deren Verlust für jetzt wenigstens unersetzlich scheint. Der Sorge des Marchese Mansi, welcher vor einigen Tagen starb, waren seit einer Reihe von Jahren die innern und äußern Angelegenheiten
des Herzogthums Lucca anvertraut; seiner so milden als gerechten Verwaltung verdankt man die äußerst einfache und geregelte Rechtspflege, einen wohlgeordneten Staatshaushalt und das nach allen Seiten hin sich verkündende Aufstreben einer eben so zahlreichen als betriebsamen Bevölkerung. – In dem Präsidenten der Consulta und des Cassationshofs, Aurelio Puccini, verlor Toscana am 25 d. M. nicht allein einen seiner bedeutendsten Juristen und Geschäftsmänner, sondern, was mehr heißen will, einen Mann von hoher politischer Bildung und von durchaus unbefleckter Rechtlichkeit, den, wie wohl keinen der Mitlebenden, die genaueste Kenntniß der Verhältnisse seines Landes, die Erfahrung vieljähriger Dienste und bei vorgerücktem Alter eine noch jugendliche Energie zu dem tauglichsten Organ eines zeitgemäßen und vernünftigen Fortschritts stempelten. Andere ausgezeichnete Männer mit ihm widmeten dieser Aufgabe ihr Leben; der schönste Ring in dieser Kette war aber der Name Puccini's. Hoch hat ihn zu allen Zeiten die Gunst seines Fürsten geehrt, ihm blieb auf der Stufenleiter irdischer Ehren kaum etwas zu wünschen übrig. Und dabei war er, wenn auch seiner männlich sich bewußt, anspruchslos in seiner äußern Erscheinung; kaum daß während der heißen Sommermonate einige Tage in den Bädern von Montecatini die angestrengtesten Arbeiten des ganzen Jahres unterbrachen. Solche Italiener muß man gekannt haben, um sich von der Moralität, welche dem höhern Beamtenstande in Ober- und Mittel-Italien inwohnt, eine Vorstellung machen zu können. – Man versichert hier mit Bestimmtheit, daß nun in der kommenden Woche eine völlige Amnestie auch für die Lombardo-Venezianer verkündet werde, welche sich im Jahr 1821 compromittirt hatten.
Schweiz.
Zürich, 31 März. So wenig erwünscht es für die ganze Schweiz seyn mag, so ist nun doch die Wiederberufung der nur vertagten Tagsatzung nothwendig geworden. Die Walliser Parteinngen nämlich haben sich auf einen Grad erhitzt, daß wir nicht wissen, ob sie nicht zum offenen Bürgerkriege ausschlagen werden. Es zeigt der folgende Vorfall die herrschende Stimmung. Die Gemeinde Evolenaz gehört zu den zweifelhaften Gemeinden, von denen man nicht recht weiß, ob sie zu Unter- oder zu Oberwallis zu zählen seyen. Die Ortschaft um die Kirche herum rechnet sich der Mehrheit nach zu dem Unterwallis. Die Ortschaften in der Berggegend von Evolenaz dagegen halten es mit dem Oberwallis. Die letztern bilden die Mehrheit der ganzen Gemeinde, aber die Regierung des Unterwallis hat die Dorfschaft um die Kirche zu einer besondern Gemeinde Evolenaz neu erheben wollen. Nun befand sich daselbst eine Salzwage, welche das Salz von Unterwallis bezog. Ihr entgegen wollte nun die Gegenpartei auch eine Salzwage herstellen, welche von Oberwallis versehen wurde. Die Regierung von Unterwallis untersagte das Auswägen von Salz in derselben, und als nicht Folge geleistet wurde, schickte sie sechs Landjäger ab, um dieselbe nöthigenfalls mit Gewalt zu schließen. Da entspann sich eine Rauferei, die mit dem Tode und der Verwundung einiger Bauern, welche für Oberwallis stritten, und mit der Flucht der Landjäger endigte, welche zum Theil übel zugerichtet waren. Die Oberwalliser Partei besetzte nunmehr das ganze Dorf. Der große Rath des Unterwallis trat zusammen, ließ rüsten und droht nun die Gemeinde mit Waffengewalt zu überziehen. Die Oberwalliser scheinen ebenfalls gerüstet und zur Vertheidigung entschlossen. Der Vorort hat nun die nächsten Stände wieder gemahnt, ihre Truppen in Bereitschaft zu halten und zugleich Einleitung zur Versammlung der Tagsatzung getroffen, die noch im Monat April zusammentreten wird.
Deutschland.
München, 2 April. Se. Maj. der König hat geruht, durch Signat vom 30 März den Stadtgerichtsdirector in Bayreuth, Karl Friedrich Christ. v. Harsdorf, Abgeordneten zur Ständeversammlung, zum Oberappellationsgerichtsrath zu befördern. Die Function desselben hat am 1 Mai zu beginnen. – Das Schleimfieber herrscht hier noch fortwährend, und sucht, in einzelnen Fällen bösartig, zumeist unter den jungen Leuten ihre Opfer, doch ist die Sterblichkeit keineswegs bedeutend, ja den amtlichen Anzeigen zufolge selbst geringer als sie sonst in diesen Monaten zu seyn pflegt. Wir halten diese Versicherung nicht für überflüssig, da nach Aussage der Reisenden der Gesundheitszustand unsrer Stadt im Auslande sehr ungünstig geschildert wird.
Hannover, 28 März. In der gestrigen Sitzung der zweiten Kammer der allgemeinen Ständeversammlung begründete der Abgeordnete der Stadt Göttingen (Wachsmuth) umständlich seinen früher angekündigten Antrag, im Wesentlichen dahin gehend, daß die baldige Auflösung der jetzigen Ständeversammlung dem k. Cabinette anheim gegeben werden möge. Hierüber entstand eine längere Berathung, deren Resultat war, daß der Antrag nur vier Stimmen für sich gewinnen konnte. – In der heutigen Sitzung wurde ein gestern schon gefaßter Beschluß, die Gültigkeit der sogenannten Minoritätswahlen durch eine gemeinschaftliche Commission beider Kammern prüfen zu lassen, wiederholt, und sogleich zur Wahl der Mitglieder der Commission geschritten. Hiernächst kam das k. Schreiben vom 19 d. M., die Mittheilung des neuen Entwurfs der Verfassungsurkunde betreffend, zur Verlesung, und wurde darauf die erste Berathung des Entwurfs sofort begonnen. Ein von einem Mitgliede wegen Wichtigkeit der Sache und wegen der Unvollzähligkeit der Kammer, wie in Betracht der Hoffnung, daß die Zahl der Mitglieder sich noch erheblich vermehren werde, schon vor der ersten Berathung gemachter Antrag, eine gemeinschaftliche Commission beider Kammern zur Prüfung des Entwurfs niederzusetzen, fand durchaus keinen Beifall. (Hann. Z.)
Hannover, 30 März. Seit etwa acht Tagen nimmt eine dem Vernehmen nach nicht ganz leichte Krankheit unseres Monarchen die Theilnahme des Publicums auf eine Weise in Anspruch, daß man sogar der Existenz der Ständeversammlung und deren Verhandlungen wenig Theilnahme zuwendet. Daß man nichts Officielles darüber erfährt (Bulletins werden nicht ausgegeben) vermehrt die gespannte gedrückte Stimmung; seit gestern Morgen soll die zu den Gemächern des Königs führende Thür verschlossen seyn. – Die zweite Kammer hat vorgestern die erste Berathung des neuen Verfassungsentwurfs begonnen; da sich nur 36 Mitglieder anwesend fanden, man also eine Mahnung daran erhielt, auf wie schwachen Füßen die Beschlußfähigkeit der Kammer stehe, so ward auf Antrag des Hofraths Klenze auf die heutige Tagesordnung das bereits von der Hannov. Zeitung publicirte Cabinetsschreiben wegen Aenderung der Verhältnißzahl, nach welcher die Beschlußfähigkeit einer Kammer zu berechnen, gesetzt. *) Daß nämlich nur die Hälfte der beeidigten Mitglieder der Kammer anwesend zu seyn brauche. Dasselbe kam denn auch heute zur Berathung, ward aber (unter alleinigem Dissens des Hofraths Klenze) von der Kammer einstimmig verworfen. Im Publicum glaubt man, jedoch wohl mit Unrecht, daß die Krankheit Sr. Maj. des Königs nicht ohne Einfluß auf diesen Beschluß der Kammer gewesen sey, obgleich auf der andern Seite vorherzusehen war, daß die erste Kammer auf
jene vom Cabinet beantragte Aenderung der Verfassung von 1819 nimmermehr eingegangen seyn würde. – Außer dem Deputirten der Universität haben von den neugewählten Deputirten auch noch 2) der Dep. der Stadt Göttingen, 3) der Dep. der Stadt Uelzen, 4) der Dep. der ritterschaftlichen Freien der Grafschaften Hoya-Diepholz resignirt. – Aus Osnabrück schreibt man, daß die kleine Stadt Fürstenau, wohin Landdrost Graf Wedel sich selbst begeben, um sowohl die Urwahlen als die Deputirtenwahl zu leiten, am 28 d. M. den Bürgermeister Stüve zum Deputirten gewählt, die Wahl eines Ersatzmanns für denselben aber hartnäckig verweigert habe.
Preußen.
Berlin, 28 März. Auf glänzende Weise sind im Laufe dieser Woche die Winterlustbarkeiten unseres Hofs durch ein großes Fest geschlossen worden, auf welchem die interessanten und pompösen Maskenzüge, die vorher bereits auf zwei Bällen im Palais des Prinzen Wilhelm und in Potsdam aufgeführt worden waren, wiederholt wurden. Der Kronprinz war Wirth bei diesem Feste, an welchem auch der König und die beiden hier anwesenden Großherzoge von Mecklenburg Theil nahmen. – Das fünfzigjährige Dienstjubiläum des Ministers v. Kamptz, der bei dieser Gelegenheit den schwarzen Adlerorden erhielt, hat ebenfalls zahlreiche Festlichkeiten veranlaßt. Hr. v. Kamptz gehört wohl zu den rüstigsten unter den zahlreichen Jubelgreisen, die wir in diesem Augenblick in der höhern Verwaltung zählen und denen nun auch noch in diesen Tagen der Kriegsminister, General der Infanterie, v. Rauch, beizurechnen seyn wird. Ein Bruder desselben, Obrist v. Rauch, der seit mehreren Jahren in Petersburg eine militärische Mission bekleidet, ist in dieser Woche aus der russischen Hauptstadt hier eingetroffen. – Dem Director unserer Kunstakademie, Professor Schadow, hat es keinen Beifall erworben, daß er in den hiesigen Zeitungen durch einen unmotivirten Tadel gegen das in Leipzig erscheinende Prachtwerk über das Leben Friedrichs (von Kugler und Menzel) sich ausließ. Wenn Director Schadow wirklich ein eigenes ähnliches Werk beabsichtigt, so kann er einer beifälligen Aufnahme desselben gewiß seyn, auch wenn bereits ein anderes sich der Gunst des Publicums erfreut.
Berlin, 30 März. Se. Maj. der König hat sich vorgestern auf einer Soirée beim Prinzen Albrecht etwas erkältet und leidet seitdem an einem Katarrhfieber, das jedoch zu keinerlei Besorgniß Anlaß gibt; vielmehr hofft man, Se. Majestät bald wieder ganz hergestellt zu sehen. – In den Zimmern des Kronprinzen auf dem Schlosse ist jetzt ein Erzabguß der Amazonengruppe von Kiß aufgestellt, den Se. k. Hoheit, wie man vernimmt, zum Geschenk für den Herzog von Orleans bestimmt hat. – Die Nachricht von dem ersten parlamentarischen Siege des Hrn. Thiers ist heute durch den Telegraphen hier eingegangen und hat nur die Erwartungen bestätigt, die man hier von den Fähigkeiten dieses Staatsmannes hegt. – Auf der heutigen Parade wurden die großen Avancements bekannt, die gewöhnlich um diese Jahreszeit bei unserm Heere stattzufinden pflegen. Unter Anderm sind vier Generalmajors, die HH. v. Ledebuhr, v. Rohr, v. Diest und v. Brauchitsch, zu Generallieutenants befördert worden. – Nach „Savigny's System des heutigen römischen Rechts“, dessen erster Band im Laufe dieses Monats ausgegeben wurde, ist so großes Begehren, daß die Verleger, ungeachtet der großen Auflage, dasselbe kaum zu befriedigen vermögen.
Rußland.
St. Petersburg, 24 März. Der diesseitige Botschafter in Paris, Generaladjutant Graf von der Pahlen, ist am 12 d. M, von hier auf seinen Posten zurückgekehrt. (Russ. Bl.)
Berlin, 27 März. Nachrichten aus Rußland bestätigen die (gestern erwähnte) Kunde von dem gänzlichen Mißlingen der Perowsky'schen Expedition nach Chiwa. Das russische Corps hatte noch nicht den halben Weg durch die Wüste zurückgelegt, als die Unmöglichkeit eines weitern Vordringens allen Officieren klar wurde. Der größte Theil der Kamele war durch die übermäßige Kälte und Anstrengung zu Grunde gegangen, die Cavallerie hatte ihre Pferde zum Theil eingebüßt und sah sich zuerst durch den Mangel an Fourrage genöthigt, den Rückweg anzutreten. Hierauf folgte das ganze Corps, das bereits in dem jammervollsten Zustande auf russischem Boden angelangt ist. Man glaubt allgemein, daß in einer günstigern Jahreszeit die Expedition erneuert werden dürfte. – Se. kais. H. der Großfürst-Thronfolger von Rußland wird in Berlin bis zum zweiten April erwartet. Ihre Maj. die Kaiserin werden diesen Sommer schwerlich St. Petersburg verlassen, wenigstens Deutschland nicht besuchen, da, wie es scheint, die Aerzte über die Ersprießlichkeit einer Badecour sehr getheilter Meinung sind.
Oesterreich.
Wien, 30 März. Dem Vernehmen nach ist der Banus von Croatien, Frhr. v. Vlasits, an die Stelle des verstorbenen Generals der Cavallerie, Frhr. v. Spleny, zum Capitän der k. ungarischen adeligen Leibgarde bestimmt, damit dürften dann noch weitere Veränderungen in den höhern Militärwürden in Verbindung stehen. – Der Generalmajor Prinz Friedrich von Nassau, welcher schon seit langer Zeit kränkelt, ist mit Charakter aus den k. k. Militärdiensten getreten. – Obgleich die herrschenden gastrischen Krankheiten, insbesondere aber die so bösartigen Typhusfälle mehr und mehr abnehmen, so gibt es hier doch außerordentlich viele Leidende. Der Krankenstand in dem Wiener allgemeinen Krankenhaus steigt mit jedem Tage, und belief sich am gestrigen auf die nie erlebte Höhe von 2812 Individuen, wovon jedoch ein guter Theil auf die gewöhnliche Erscheinung dieser Jahreszeit, welche alljährlich die meisten Kranken zählt, zu rechnen ist. – Se. Maj. der Kaiser hat durch einen neulichen Gnadenact gegen den bekannten italienischen Grafen Gonfalonieri einen wiederholten Beweis der seine Regierung charakterisirenden Milde geliefert. Kaum war es nämlich Sr. Maj. kund geworden, daß der Vater des Deportirten bedenklich krank darnieder liege, und den sehnlichen Wunsch hege, vor seinem Ende einmal noch den Sohn zu umarmen, als auch schon Befehl erlassen wurde, letzterem die Erlaubniß zu ertheilen, sich nach Mailand begeben und drei Monate aufhalten zu dürfen. Dem Vernehmen nach wird bald ein neuer allgemeiner Gnadenact als Fortsetzung der bei der lombardisch-venetianischen Krönung erlassenen Amnestie erfolgen, und mehrere von dieser bisher ausgeschlossene, wegen politischer Vergehen contumacirte oder deportirte Italiener, wenn auch nur bedingungsweise, begreifen. – Der k. k. Gesandte am Dresdener Hofe, Baron v. Binder, wird ehestens hier zurückerwartet, und man versichert, daß er sich nicht wieder auf seinen Posten begeben, sondern wie früher, bei der Staatskanzlei dahier fungiren werde.
Wien, 28 März. Se. kais. Hoh. der Erzherzog Johann begab sich dieser Tage nach Olmütz, um, wie verlautet, die Festungsbauten daselbst in Augenschein zu nehmen. Höchstdieselben haben die Reise bis Brünn und von dort zurück nach der Hauptstadt auf der Nordbahn zurückgelegt. Mit Vergnügen bemerkt man, wie angemessen die Friedenszeit benützt wird, um Oesterreich im Innern und an seinen Gränzen zu befestigen. Angefangen im Westen bei dem Lagerbau um Linz und vorschreitend gegen Süden zu den neuen Werken in Tyrol und
Verona, dann im Osten zur Festungserweiterung von Comorn und endlich im Norden zu jener von Olmütz, erscheint das Stammland mit der Hauptstadt in einem Rundkreise von Fortificationsbauten des neuesten Systems dergestalt in die Mitte genommen, daß es in der Folge feindlichem Andrange, von welcher Seite er erfolge, schwer halten dürfte, je wieder bis ins Herz von Oesterreich durchzubrechen. Faßt man dasjenige, was hier zu Lande dießfalls in aller Stille geschieht, mit dem zusammen, was im Nachbarstaat durch den großen Ingolstädter Festungsbau beabsichtigt, was in Rheinpreußen durch Ehrenbreitsteins herrliche Vesten und in Rheinhessen durch die ausgedehnten mächtigen Werke bei Mainz seit langer Zeit verwirklicht ist, so ergibt sich eine Fortificationslinie vom deutschen Westland bis zum äußersten Südosten, welche für Deutschlands Schirm innerhalb seiner Marken wahrlich vielversprechend sich darstellt. *) Welche Wünsche dagegen in Bezug auf die Vertheidigung des südwestlichen Deutschlands sich aufdringen, beleuchtet ein Aufsatz im letzten Hefte der Deutschen Vierteljahrsschrift (Januar bis März 1840.) Aber mit noch größerer Beruhigung dürfte der Vaterlandsfreund die Beobachtung festhalten, wie von Zeit zu Zeit in Deutschland eine Gesinnungsmanifestation aufstrahlt, die für unbezwingliche Gränzhut und ungeschwächte Kraft der Nation bessere Bürgschaft leistet, als Mauern und Bollwerke sie zu geben vermögen, und die bei willfähriger Einschmelzung des Rückhalts aus Motiven der Verschiedenheit deutscher Völkernamen in den Prägschatz des gemeinsamen Interesse's, sich hoffentlich noch bis zu jenem Grade von Einheit in sich und in der That erhärten wird, welcher dem deutschen Volke das lebendige Bewußtseyn und die volle Zuversicht seiner Unüberwindlichkeit zuletzt einflößen, und damit die furchtbarste Waffe, die allein siegreiche, gegen seine Feinde in die Hand geben wird. – Irrig weist die Mainzer Zeitung, indem sie des Brandes erwähnt, der durch die Funkensprühe eines Locomotivs unlängst auf der Eisenbahnroute im Niederwalde zwischen Höchst und Frankfurt sich ereignete, beispielweise auf die Feuersbrunst hin, welche in einem mährischen Dorfe vor einigen Monaten eben bei der Durchfahrt des Nordbahntrains ausbrach. Diese Feuersbrunst ist nicht, wie in allen Zeitungen verlautete, durch aussprühende Funken der Locomotive, sondern durch andere Zufälle entstanden. – Es haben sich in hiesigen Blättern einige Stimmen erhoben, welche den Erfinder der Buchdruckerkunst zum Böhmen machen, indem sie sich auf das Zeugniß eines böhmischen Chronisten und den Namensgleichlaut Guttenberg mit Kuttenberg in Böhmen berufen, von wo Guttenberg gebürtig und nach Mainz ausgewandert seyn soll. Wenn gleich mit alle dem und manch anderm Argument die böhmische Abkunft nicht erwiesen ist, und großer Spielraum zu gerechtem Zweifel übrig bleibt, so ward man hier von der aufgeworfenen Behauptung sicherlich doch eben so stark afficirt, als man es in Mainz gewesen wäre, hätte man sie dort gemacht. Wenn es auch hier nicht an Erwiederungen fehlen dürfte, so bleibt es doch wünschenswerth, daß sie überall von dort ausgehen möchten, wo man im Stande ist, über Guttenbergs deutsche Abkunft und seine Lebensverhältnisse Authentisches zu bieten, um so mehr, als die gedachte Behauptung ernstlicher gemeint zu seyn scheint, als man etwa glauben dürfte. – Wie schnell in Oesterreich die Geldkräfte zu einem gewinnreich in Aussicht sich stellenden Industrieunternehmen zusammen fließen, läßt sich unter Anderm wieder bei der ungarischen Centraleisenbahn des linken Ufers wahrnehmen. Von 10 Millionen des Fundationscapitals derselben waren schon zu Anfang des vorigen Jahrs 6 Millionen in Folge von Anmeldungen und Zusagen vergeben. Wenn daraus deutlich hervorgeht, daß die Capitalisten ihre Fonds vorzugsweise gern ins Stammcapital industrieller Etablissements hinterlegen, so erscheint es um so wünschenswerther, daß, nachdem die dießartige Verwendung des Geldes sich eben so gut wie jene in der Börsespeculation zuletzt erschöpfen muß, auch eine, ein Gleichgewicht herstellende Vertheilung desselben in größern Unternehmungen des Waarenhandels, besonders nach dem Orient, nach dem Waarenmarkte eintreten möge, der bei gehöriger Energie und Thätigkeit der Handelswelt eine höchst günstige Zukunft in Aussicht stellt. Was würde das ganze projectirte und so thatkräftig begonnene Eisenbahnnetz und die Dampfschifffahrtsausdehnung uns nützen, beschränkten wir uns bloß auf den Binnenhandel, der, beim wahren Lichte betrachtet, mit geringern Chancen, aber immerhin auch ohne diese neue Communicationseröffnung bestehen könnte. – Die gedachte Eisenbahn bringt im Anschlusse an die Nordbahn und bei Weiterführung bis Arad und Großwardein, Siebenbürgen, Ungarn, Mähren, Schlesien und Böhmen in eine dem Verkehr mit ungarischen Natur- und mit böhmischen Industrieproducten allerdings sehr gedeihliche Verbindung.
Griechenland.
Athen, 15 März. Das mehrere Wochen außergewöhnlich kalte Wetter, welches uns sogar in die Ebene den Schnee – eine Seltenheit hier – brachte, und in Folge dessen in den Provinzen ganze Heerden von Schafen zu Grunde gingen, endete, nachdem uns viele öffentliche Carnevalsfreuden dadurch verdorben worden, mit dem Schlusse des Faschings, so daß das übliche Volksfest in der Nähe der Jupiter-Säulen bei schönstem Wetter abgehalten werden konnte. Es war interessant, den König, welchen man auswärts bei jedem Schritt in Gefahr glaubt, so vertrauensvoll unter seinem Volke zu erblicken. Ich war Augenzeuge, wie ein Grieche aus dem Kreise seiner am Boden umhersitzenden Familie aufsprang und dem König ein Glas Wein reichte. Der König stieg schnell vom Pferd, trank und bestieg dann wieder sein Roß, worauf der Grieche dann vollends das Glas auf das Wohl der ebenfalls anwesenden Königin leerte, und ein ungeheurer Jubel der tausend Umstehenden dazu erschallte. – Am 11 d. brachte uns die holländische Fregatte „Rhein“ den Prinzen Heinrich von Oranien. Er versieht die Stelle eines Lieutenants auf genanntem Schiffe. Vorgestern machte der Prinz seine Aufwartung bei den Majestäten, zu welchem Behuf er mit königlicher Equipage vom Piräeus abgeholt wurde, und am Palais eine Compagnie Infanterie paradirte. Noch denselben Abend stattete ihm der König einen Gegenbesuch im Hotel des holländischen Generalconsuls, Hrn. Travers, ab. Mehrere Hoffeste ihm zu Ehren sind bereits angeordnet. – Zographos kam vorgestern, von Konstantinopel zurückkehrend, auf einem österreichischen Kriegsschiffe hier an.
Türkei.
Konstantinopel, 13 März. Nachgerade fängt die orientalische Frage an langweilig zu werden. Sie geht nicht vorwärts, nicht rückwärts. Die Pforte leidet am meisten dabei. Sie ist in der peinlichsten Ungewißheit und weiß nicht, was sie thun oder lassen soll. Mehemed Ali ist minder als die Pforte gebunden und bewegt sich mehr nach eigenem Gutdünken. Er muß große Opfer bringen, allein doch nur solche, die er dereinst reichlich ersetzt zu sehen hofft. Solche Hoffnungen darf die Pforte aber nicht nähren; bei ihr ist Alles reiner Verlust, wenn sie auch durch fremde Beihülfe einige Stücke Landes den Aegyptiern abzudringen hofft, weil, bis dieß geschehen, sie übermäßige Anstrengungen zu machen hat, die alle Hülfsquellen
aufzehren und wogegen kaum die Restitution des ganzen Syriens Ersatz bietet. Es ist ein recht leidender, beklagenswerther Zustand, in dem man sich hier befindet. Er muß bald enden, soll nicht Aergeres daraus erwachsen, Aergeres durch innere Aufregungen unter den dem Sultan noch ergebenen Provinzen, womit die ganze Herrlichkeit seiner Macht aufhören würde. Wo ist aber Gewißheit vorhanden, daß dieß abgewendet wird? Wie die Sachen stehen, kann Niemand sagen, was die Zukunft und zwar die nahe Zukunft bringt. Mehemed Ali, der von Allem Nutzen zieht, und der sehr wohl weiß, wo die Pforte der Schuh drückt, sucht sich ihr zu nähern und gibt sich alle Mühe ihr zu beweisen, daß es klüger und einfacher wäre, wenn sie sich mit ihm abfände, statt durch das Dazuthun Anderer nur das zu erreichen, was er auf gütlichem Wege zugestehen wolle. Erst vor einigen Tagen hat er wieder einen Versuch gemacht, es zu einem Arrangement zu bringen; allein so gern die Pforte vielleicht auch darauf eingehen möchte, so hat sie sich doch selbst die Thür verstopft und wagt nichts zu thun, was sie um die Gunst der Mächte bringen könnte. Die Insinuationen Mehemed Ali's lauten dießmal sehr verführerisch, woraus geschlossen wird, daß auch er sich sehr unbehaglich fühlen muß, was ihm auch auf Anrathen Lord Ponsonby's von der Pforte sehr deutlich zu verstehen gegeben ward. Er hatte aber Alles vorgesehen, und da ihm bekannt ist, daß die Pforte nie bei sich selbst Rath erhält, so hatte er seinen Mittelsmann auf alle ihm werdenden Einwendungen vorbereitet und so zu sagen die Antwort schon in den Mund gelegt. Dieser verhehlte denn auch nicht, daß der Pascha sehnlichst wünsche, aus allen Verwickelungen herauszukommen, daß er ja auch deßhalb sich so versöhnlich zeige und keinen Schritt verschmähe, der ihn hoffen ließe, seinen Wunsch erfüllt zu sehen, daß aber diejenigen sich täuschen, die da glauben, sein Schiff sey dem Sinken nahe; man werde sich vielmehr am Tage der Entscheidung überzeugen, wie ungegründet dieß sey; wäre trotz dem sein Untergang unvermeidlich, so würde er nicht allein sinken, sondern andere gewiß mit ihm. Er sey bereit sich zu verständigen, aber auch bereit Alles zu wagen und dem Beispiele des großen Washington zu folgen, dessen bürgerliche Tugenden er stets bewundert habe und sich auch anzueignen bemühen werde, denn er wolle nur für sein Volk leben oder mit demselben sterben. – Die Anspielung auf Washington war allerdings bei den Haaren herbeigezogen, Mehemed Ali scheint aber geflissentlich vorgeschrieben zu haben, sie herauszuheben, um Lord Ponsonby, der, wie er weiß, die Pforte am meisten bevormundet und sein größter Widersacher ist, an eine Epoche zu erinnern, die mit der gegenwärtigen einige Aehnlichkeit hat, und ihn zu mahnen, daß sie im äußersten Falle gleiche Resultate haben, eben so folgenreich seyn könnte als der Unabhängigkeitskampf Nordamerika's hatte, nämlich die völlige Unabhängigkeit Mehemed Ali's und die Entstehung eines vereinigten arabischen Reichs. Gleichwohl ward auf solche Hinweisungen nicht geachtet und der Vicekönig wird nächstens unterrichtet werden, daß er sich hier vergeblich abmüht. Er muß von der Zeit abwarten, was sie bringt, oder muß ihr vorzugreifen den Muth fassen.
Nubien, Sennaar und Abyssinien.
Kartum (Sennaar), 12 Januar. (Durch einen unserer Alexandrinischen Correspondenten mitgetheilt.) Obgleich Sie wohl schon wissen werden, was sich im vorigen Jahr hier zutrug, muß ich dennoch darauf zurückkommen, theils damit Sie besser von dem Vorgefallenen in Kenntniß gesetzt werden, theils um Ihnen den eigentlichen Grund anzuführen, warum der Gouverneur des Sennaar, Achmed Pascha, eine große Expedition nach der Halbinsel Atbara, zwischen dem Nil und dem Takkassefluß, vorbereitet.
Als die alten Könige von Sennaar noch die Ufer des weißen und blauen Flusses beherrschten, waren diese sowohl wie die Ufer des Takkasse ungemein bevölkert, kaum aber setzte sich die türkische Regierung Mehemed Ali's in Besitz dieser Länder, so verminderte sich die Bevölkerung auf eine erschreckliche Weise. Der Sohn Mehemed Ali's, Ismael Pascha, ward von dem Schech Rimmer (Tiger) von Schendi verbrannt, worauf Mehemed Ali seinen Schwiegersohn, den Defterdar Mohammed Bey nach diesem Lande schickte, um den Tod seines Sohnes zu rächen. Er entledigte sich seines Auftrags auf eine dieses Wüthrichs würdige Weise, indem er den größten Theil der Einwohner, von Berber an bis zur Spitze der Halbinsel Sennaar, wo jetzt Kartum steht, niederhauen ließ, und den übrigen Theil in die Sklaverei abführte. Als Kurschid Pascha später Gouverneur des Sennaar ward, war es ihm darum zu thun, diesen ganz verödeten Landstrich wieder zu bevölkern. Er berief deßhalb einen in der Wüste von Dongola herumziehenden Beduinenstamm, die Kaigies, dorthin, die sich auch unter dem Versprechen daselbst niederließen, ewig von Abgaben und Steuern befreit zu seyn. Sie verpflichteten sich nur zu unentgeltlichen Kriegsdiensten in den jährlichen Zügen gegen die Neger der Gebirge. Im vorigen Sommer aber erklärte Achmed Pascha, der Nachfolger Kurschids, den eingegangenen Tractat nicht länger halten zu wollen, und verlangte von ihnen die landesüblichen Contributionen. Diese Zumuthung ward aber zurückgewiesen; es ward dem Gouverneur der Gehorsam verweigert, und sämmtliche Kaigies, von ihrem Schech Mohammed angeführt, brachen auf und zogen gegen Abyssinien zu, die Halbinsel Atbara hinauf. Achmed Pascha eilte ihnen mit einem starken Truppencorps nach, er konnte sie aber nicht mehr erreichen; zwar gelang es ihm späterhin, den Schech Mohammed durch viele Versprechungen zu bewegen, zurückzukehren, allein der bei weitem größte Theil der Kaigies blieb zurück, sagend, daß den Türken auf keine Weise zu trauen sey. Somit stehen die Ufer des Nils von Berber bis Kartum wieder so verlassen und verödet da wie zu den Zeiten des Defterdar, und um sie gewaltsam wieder zu bevölkern, will Achmed Pascha Ende dieses Monats eine Expedition nach der Halbinsel unternehmen. Während das hier vorging, machte sich der Schech der Abade-Beduinen, mit Namen Waraga, auf, um einen türkischen Schatzmeister (Khasnadar) zu verfolgen, der mit 2000 Börsen (100,000 fl. C.) nach Aegypten geschickt ward. Bei einem Brunnen der Wüste traf er ihn, nahm ihm das Geld ab und ermordete ihn daselbst. Hierauf revoltirte er den ganzen Stamm der Beni-Abade, der bisher immer dem ägyptischen Gouvernement unterworfen war, lagerte sich quer in die Wüste von Berber und schrieb an Achmet Pascha: „Du hast mich im vorigen Jahr in voller Divanssitzung eine H..e genannt, jetzt hat diese H..e die Wüste geschlossen, und nun versuch's, ob du, Pascha, den Weg durch die Wüste wieder öffnen kannst.“ Noch bis jetzt hat Achmed Pascha nichts dagegen thun können, und Alle, die nach Aegypten reisen, müssen den weiten Weg über Dongola machen. Der Ueberbringer des Briefs hat allein die Rache des Pascha's fühlen müssen: er ward sogleich nach Durchlesung desselben aufgehängt.
Die Entdeckungsexpedition auf dem weißen Fluß ist, nachdem sie schon einmal mißglückt war, zum zweitenmal, den 10 November, von hier abgereist. Bei ihr befindet sich nur Ein Europäer, der Franzose Thibaut, von dem aber wenig zu erwarten steht, indem er eigentlich nur dasselbe Geschäft betreibt wie der Franzose Vaissière, welcher der renommirteste Sklavenhändler im ganzen Lande ist, und dieses Geschäft, ungeachtet der Reclamationen des englischen Generalconsuls in Aegypten, nach wie vor fort betreibt. Die Schilluks, so wie viele den weißen Fluß genau kennende Araber, versichern, daß es mit den großen Barken der Expedition unmöglich sey, bis zu dessen Quelle vorzudringen, nicht nur der vielen feindlichen Völkerschaften wegen, die an den Ufern desselben wohnen, sondern auch weil sich der Fluß oberhalb des Landes der Schilluks in drei Arme theile, die nach der Ueberschwemmung so seicht sind, daß man sie überall durchwaten kann. Unmittelbar nach der Regenzeit ist es vielleicht möglich, weit vorzudringen; aber die jetzige Expedition hat sich viel zu lange in Kartum aufgehalten, als daß es möglich wäre, daß sie ihren Zweck erreiche. Soliman Kaschef befehligt die Expedition; man hat ihm eine Menge Waaren mitgegeben, damit er mit den anwohnenden Negern einen Handel eröffnen könne.
In Abyssinien ist vergangenen Sommer der Dedschasmadsch Komfu gestorben. Nach seinem Tode schlugen sich seine Söhne, wie es in diesem Lande gewöhnlich geschieht, um das Erbe, und diese Unruhen wurden so stark, daß alle Verbindung zwischen dem Sennaar und Abyssinien völlig unterbrochen ward. Endlich machte Ras Ali der Sache ein Ende: er schickte eine Armee an Ort und Stelle, ließ die Söhne des verstorbenen Komfu gefangen nach Gondar abführen und ernannte einen neuen Statthalter für die von Komfu besessenen Provinzen. Vor acht Tagen ist eine abyssinische Gesandtschaft mit Geschenken für Achmed Pascha hier angekommen, um die früheren freundschaftlichen Verbindungen wieder anzuknüpfen. Sollten wirklich die an Kalabath gränzenden abyssinischen Provinzen von den herumstreifenden Räuberbanden gesäubert werden, und es dem Ras Ali Ernst seyn, mit dem ägyptischen Gouvernement auf gutem nachbarlichen Fuß stehen zu wollen, so könnte sich zwischen dem Sennaar und Abyssinien ein lebhafter Handel etabliren, und es vielleicht auch den Weißen möglich werden, auf dieser Seite nach Abyssinien vorzudringen. Mit Ausnahme von Bruce hat noch kein Europäer den Weg von Abyssinien nach dem Sennaar gemacht.
Aus dem Fasoglu empfangen wir nichts als traurige Nachrichten. Das Klima und namentlich die mörderische Regenzeit rafft Alles dahin. Ein vor einigen Tagen aus Wadi Medina kommender französischer Arzt brachte uns die Nachricht, daß nicht nur der bei weitem größte Theil der dorthin gesandten ägyptischen Handwerker, Dolmetscher und Schreiber an Krankheiten umgekommen, sondern daß auch der daselbst commandirende General Haredin Bey und die HH. Boreani und Lefèvre gestorben sind. Man beklagt die letztern, namentlich den Hrn. Lefèvre sehr, der ein Mann war, der mit vielen Kenntnissen eine außerordentliche unermüdliche Activität verband. In Betreff
des Goldes, das man dort in großen Klumpen finden würde, hat man sich auf das bitterste getäuscht. Alle Arbeiten, die dort vorgenommen wurden, waren ganz unnütz; die Schächte des Hrn. Boreani, welche die Araber Brunnen nennen, haben nirgends Gold geliefert; und man sah sich genöthigt, die Arbeiten ganz aufzugeben und den Negern auf ihre alte gebräuchliche Weise das Gold waschen zu lassen. Das, was dabei herauskommt, ist so unbedeutend, daß noch nicht der zwanzigste Theil der darauf verwandten Kosten gedeckt wird. Mehemed Ali gab im vergangenen Sommer den Befehl, alle Arbeiten gänzlich einzustellen; die Ingenieurs wurden nach Aegypten zurückgerufen, allein zu ihren Unglück blieben sie dort, indem sie sich schmeichelten, auf dem noch nicht untersuchten Dschebbel Dull die bis jetzt vergebens gesuchten Schätze zu finden. Ueber diesen Berg sind die wunderbarsten Sagen im Umlauf; die, welche von allen Einwohnern des Sennaar und des Fasoglu auf das festeste geglaubt wird, ist, daß wenn man die Bäume dort umhaut, das Gold klumpenweise aus dem Innern derselben herausfällt. Die Türken glauben dergleichen Unsinn eben so gut als die Neger, und sehnen sich nach nichts mehr, als nach einer bewaffneten Expedition zum Dschebbel Dull, wo sie fürs erste wohl die dortigen Wälder bedeutend lichten werden. Stellt man genau die bisher so winzigen Resultate des Goldgrabens mit den pompösen Berichten zusammen, die Mehemed Ali über den Reichthum der Minen des Fasoglu gemacht wurden, so daß er sich entschloß, sie selbst in Person zu besuchen, und hört man an Ort und Stelle alle die wunderbaren Erzählungen, die darüber im Schivange gehen, so möchte ich beinahe glauben, daß die Berichte eher aus letzterer Quelle, als aus eigner gründlicher Besichtigung geflossen sind. Die Leute lügen hier so unverschämt, daß sie sich lieber hängen lassen, als die Wahrheit sagen; auch Mehemed Ali ward auf das lächerlichste getäuscht, obgleich der Araber, der es wagte, sehr gut wußte, daß ihm sein Spaß den Hals kosten konnte. Es ward ihm nämlich eines Tages ein Araber vorgeführt, der aussagte, daß er zur Regenzeit einmal barfuß über das Gebirge Beni-Schangoll gegangen sey, und als er sich in einem Bach seine Füße gewaschen, habe er in dem daran klebenden Koth eine halbe Handvoll Goldkörner gefunden. Diese Aussage wiederholte er mehreremal so bestimmt, daß Mehemed Ali, hocherfreut über eine solche Entdeckung, diesen Goldmann, so wie alle seine Nachkommen sogleich von allen Steuern, Abgaben und sonstigen Lasten befreite, und ihm befahl, ihn zu diesem Berg zu geleiten und die Stelle zu zeigen, wo er seine Füße gewaschen habe. Auf der Reise dahin wurden die vortrefflichsten Caleuls gemacht: wenn, sagte man, dieser Araber in zwei Pfund Koth, denn mehr wird er an seinen nackten Füßen nicht getragen haben, eine halbe Handvoll Goldkörner fand, die doch wenigstens zwei Dublonen werth waren, wie viel muß man demnach in einer Million Centner solchen Koths finden können? Die Berechnung war bald gemacht, man rechnete wenigstens auf einen Fund von 100 Millionen Dublonen an Werth, und wenn die Aufsuchungskosten auch noch so hoch kämen, immer sähe sich der Pascha im Besitz einer Summe von weit über eine Milliarde spanischer Thaler, mit der er dem Sultan von Konstantinopel bald den Garaus machen würde. Die Berechnungen gingen in die kleinsten Details, man dachte an Alles, es fehlte an nichts mehr, als an dem Ort, wo der Schatz zu heben sey. Aber dieser fand sich leider nirgends; der Araber suchte, an dem Dschebbel angekommen, überall nach seinem Fluß, aber der schien weggeflossen zu seyn, das Gebirge, über das er marschirt seyn wollte, war nicht mehr zu erkennen, und nachdem er den Pascha überall bis an die abyssinische Gränze herumgezogen hatte, erklärte er plötzlich, sein Berg sey fünf Tagereisen weiter, also ziemlich tief in Abyssinien. Der Pascha, der auf solche Expeditionen nicht vorbereitet war, kehrte mit seinen Luftschlössern um, und gab den Befehl, gelegentlich einmal mit einigen Bataillonen bis auf fünf Tage weit in Abyssinien einzurücken, um dort das Gold aufzusuchen.
Die Regen waren vergangenes Jahr stärker, als die ältesten Leute sich erinnern konnten, dafür waren aber auch die tödtlichen Fieber während dieser Zeit häufiger, als je, und viele Menschen in Kartum sind daran gestorben. Man muß sich nach Ramla, zwei Tagereisen von hier, begeben, und da die Regenzeit abwarten, denn dort ist die Luft weit reiner und gesünder als in Kartum und nächster Umgegend. Gewöhnlich fangen die Regen gegen den 15 Julius an und dauern bis gegen den 15 October.
Westindien.
London, 26 März. Die Nachrichten aus Westindien vom Anfang des Jahrs, welche das Paketboot Tyrian gebracht hat, sind im Allgemeinen günstig. Die Mäßigung des neuen Gouverneurs von Jamaica, Sir Ch. Metcalfe, früher Gouverneur von Agra in Ostindien, hat den bittern Geist von Opposition der Pflanzer ziemlich gelegt. Die Neger arbeiten regelmäßiger als ihre ehemaligen Herren gehofft hatten, aber diesen droht eine große Gefahr in der immer allgemeiner werdenden Tendenz der Neger selbst Landeigenthümer zu werden. Wo nur auf den Inseln kleine Stücke Landes verkäuflich sind, werden sie von Negern angekauft, und ihre Baptistenprediger suchen sie zu Gemeinschaften zu vereinigen, welche große Güter kaufen und sie unter sich zerschlagen, um ein Dorf zu bilden. So hatten vor einiger Zeit die Neger auf einer Kaffeepflanzung in Jamaica von dem Besitzer höheren Taglohn verlangt; er verweigerte es, und erklärte ihnen, sie müßten entweder fortfahren zu arbeiten oder die Schlüssel ihrer Hütten abliefern. Zu seinem großen Erstaunen und zu seiner noch größern Verlegenheit gaben sie die Schlüssel ab, und zogen sich auf ein Gut zurück, das sie gekauft hatten, das sie aber erst nach einiger Zeit selbst zu bebauen wünschten, wenn sie ihr Capital vermehrt hätten. In Guiana ist die Tendenz der Neger dieselbe, und bei der kleineren Bevölkerung der Erfolg schon sehr sichtbar; so haben z. B. 156 Neger dort ein beträchtliches Gut gekauft und unter sich vertheilt. Freilich ist es nur ein kleiner Theil der Neger, welcher Stätigkeit genug hat, diesen Plan zu verfolgen, und die Pflanzer begnügen sich daher mit der gegenwärtigen Ruhe und der Arbeit, welche sie erhalten können; für die Zukunft rechnen sie auf die aus den weggenommenen Sklavenschiffen befreiten Neger, welche die Kriegsschiffe gegenwärtig nach Westindien bringen, wo die Neger freigesprochen und den Pflanzern als Lehrlinge ausgetheilt werden. Früher wurden sie meistens nach Brasilien und Cuba vor die gemischten Commissionen gebracht und dort, wie man sagte, in die Lehre gegeben, aber in der That den Sklavenbesitzern überlassen, da sie sich bald in der Sklavenmasse absorbirten. Die Pflanzer in Trinidad fahren fort freie Neger und Creolen aus den Vereinigten Staaten einzuführen, und die Journale der Insel sprechen von den dortigen Aussichten als sehr günstig, doch hat die legislative Versammlung für nöthig gefunden, eine Petition an das Parlament gegen die Gleichstellung der Zölle auf ost- und westindischen Zucker zu richten. Sie sagt in dieser Petition, daß die Insel 1,536,000 Morgen enthalte, von denen eine Million zum Zuckerbau tauglich sey. Gegenwärtig seyen erst 55,000 Morgen
umgebrochen, welche jährlich im Durchschnitt 18,000 Tonnen liefern, daher die Insel, wenn sie vollständig bebaut wäre, 330,000 Tonnen liefern könnte, ein Drittheil mehr als die ganze Consumtion von England, und zu bedeutend niedrigeren Kosten als die übrigen westindischen Inseln. Wenn dieß aber so ist, so haben sie selbst zur Genüge bewiesen, daß sie kein Privilegium in Zollsachen anzusprechen haben. Allein das Ganze ist eine phantastische Rechnung, denn wo so viel Land wüst liegt, werden sie finden, daß es unmöglich ist, die arbeitende Bevölkerung abzuhalten selbst kleine Landbesitzer zu werden, welche auf ihrem Grund und Boden Lebensmittel oder Kaffee, aber keinen Zucker bauen.
Auf der Jamaica gegenüber liegenden Küste von Guatimala hat eine Londoner Gesellschaft eine Colonie gebildet. Sie hat von der Republik von Centralamerika einen District von 24,000 engl. Quadratmeilen gekauft, der mehrere beträchtliche Ströme und den Hafen von Santo Thomas einschließt. Sie hat an dem Fluß Polochie, etwa 40 Stunden von seinem Einfluß, die Stadt Abbotsville gegründet, hält ein Dampfboot auf dem Fluß, um ihre Schiffe herauf zu bugsiren und die Verbindung mit dem Meer zu erhalten. Sie hat englische und deutsche Colonisten dahin geschickt, und verkauft ihre Ländereien etwa zu dem Preis, den sie in den Vereinigten Staaten haben, zu fünf Schilling den Morgen. Sie hat von der Republik so gut als die Souveränetät ihres werdenden Staates erkauft, das Recht sich durch selbstgewählte Municipalbeamte zu regieren, ihre eigene Polizei zu bestellen, sie besteuert sich selbst und bloß für ihre eigenen Bedürfnisse, hat Geschwornengerichte und völlige Toleranz in Religionssachen. Dennoch ist es sehr zweifelhaft, ob diese Colonie gedeihen wird, denn noch nie ist eine an diesem Ufer gediehen, weil die heiße und flache Zone am Meer ungesund ist, und da, wo das hohe Land anfängt ein gesundes Klima zu geben, die Communication mit dem Meere durch Wasserfälle erschwert ist.
Verhandlungen der badischen zweiten Kammer über das Strafgesetzbuch.
Karlsruhe, 27 März. (Fortsetzung.) Ueber die Tit. III-VI hat der Abg. Welcker den Bericht erstattet. Bemerkenswerth ist, daß von den drei Berichterstattern über den allgemeinen Theil (v. Rotteck, Welcker und Trefurt) jeder eine andere Strafrechtstheorie aufstellte. Alle drei huldigen im Allgemeinen einer Gerechtigkeitstheorie im Gegensatz der Feuerbach'schen Abschreckungstheorie. Trefurt ist in einem gewissen Sinne Hegelianer. Hegels Grundsätze sind es aber hauptsächlich, welche Welcker bekämpft, die er aber in einem andern Sinn aufzufassen scheint. Die Theorie, welche Welcker in seinem schon 1813 erschienenen Buche: „Die letzten Gründe von Recht, Staat und Strafe“ aufstellte, wurde von Rotteck in seinem Lehrbuch des Vernunftrechts bekämpft. Dagegen bekämpfte nun Welcker in seinem Commissionsberichte die Ansichten Rottecks, was dem letztern Anlaß gab, bei Eröffnung der Discussion über den 3ten Titel zu bemerken: er betrachte die von ihm, von Welcker und von Trefurt aufgestellten Theorien nur als Ansichten der einzelnen Berichterstatter. Die Commission habe keine derselben als die ihrige erklärt, und noch weniger könnte eine Erörterung und Abstimmung über die verschiedenen Theorien in der Kammer eintreten. Da aber Welcker seine Theorie im Bericht nicht nur als die seinige, sondern als die Theorie des Gesetzesentwurfs, folglich als diesem zur Auslegung dienend, darzustellen gesucht habe, so wolle er (Rotteck) hiegegen nur seinen Widerspruch einlegen. Geheimerath Duttlinger: die drei Berichterstatter, welche die Art, wie der Entwurf ausgeführt sey, ihren, wenn gleich verschiedenen Strafrechtstheorien entsprechend finden, liefern nur den Beweis, daß man auch auf verschiedenen Wegen die Wahrheit finden und zum nämlichen Ziele gelangen könne. Staatsrath Jolly: der Entwurf sey von gar keiner Schultheorie ausgegangen, sonst wäre er jedenfalls einseitig geworden. Welcker: er lasse die andern Theorien auf ihrem Werth oder Unwerth. Seine Aufgabe sey es aber gewesen, zu prüfen, ob nach der von ihm als die richtige erkannten Theorie die Bestimmungen des Entwurfs gerecht seyen. Dieß habe er nun im Bericht bejahend nachgewiesen. Auf den in den Regierungsmotiven enthaltenen Satz, daß bei Fertigung des Entwurfs keine der neueren Strafrechtstheorien einzeln verfolgt worden sey, bemerkte Welcker schon in seinem Bericht: „Es braucht nicht einmal des theoretisch klaren Bewußtseyns dieser (der im Bericht entwickelten) ewigen Rechtsgrundsätze freier Völker und ihres praktischen Rechts, um ihnen zu huldigen, sobald praktische Männer ein praktisches Gesetzbuch entwerfen wollen. Sie werden mit Nothwendigkeit durch das rechtliche praktische Bedürfniß und den richtigen Tact zu demselben und zur innern Harmonie getrieben.“
Was die Sache selbst betrifft, so sind Rottecks und Welckers Straftheorien wohl mehr in der Form, in der Darstellungsweise, im Ideengang, als in dem materiellen Gehalt und in den Ergebnissen verschieden. Rotteck erklärt die strafende Gewalt des Staats als ein Postulat der Vernunft. Dieselbe sey nämlich „zu Erhaltung des Rechtszustands in der Gesellschaft, überhaupt zur Erreichung der Staatszwecke unentbehrlich, und daher, da der Staatszweck ein von der rechtlichen Vernunft gesetzter sey, eine rechtmäßige.“ Bedingung ihrer Ausübung (specieller Rechtsgrund der Strafe) sey aber, die eigene Rechtsverwirkung des Verbrechers, wobei dann der Staat, sofern er nur diese Bedingung und die Verhältnißmäßigkeit zwischen Strafe und Verbrechen nicht überschreite, verschiedene Staatszwecke zu Strafzwecken machen, d. h. innerhalb des rechtlich erlaubten Maaßes nach verschiedenen rechtmäßigen Zwecken die Strafbestimmungen modificiren könne. „Die Strafgewalt im Staat, sagt v. Rotteck, spricht zum Verbrecher: ich strafe dich, d. h. ich füge dir ein Uebel zu, weil du verbrochen, und dadurch ein dem Maaß deiner Rechtsübertretung entsprechendes Maaß deines eigenen Rechts verwirkt hast. Ich thue es aber nicht bloß zur Rache, wie etwa Private, welche verletzt wurden, gegen ihren Beleidiger thun könnten, sondern ich thue es als dazu eingesetzte öffentliche Autorität, d. h. im Auftrag der Gesammtheit und zum Frommen derselben, überhaupt zu Zwecken, deren Erstrebung mir pflichtmäßig obliegt.“ Welcker postulirt die sittliche Nothwendigkeit einer in der Staatsgesellschaft bestehenden weltlichen Rechtsordnung. Daraus fließt ihm das Recht des Staats, eine eingetretene Störung dieser Rechtsordnung wieder aufzuheben, d. h. durch Bestrafung von Verbrechen die gestörte Rechtsordnung wiederherzustellen. Die Strafe soll also „eine gerechte Aufhebung der verbrecherischen Störung der Rechtsordnung seyn, und um diese Störung aufzuheben, so weit es dazu nöthig ist, rechtlich genugthun, abschrecken und bessern.“ Darnach soll die Strafe eine dreifache Richtung oder drei Hauptzwecke haben. Der erste Hauptzweck ist „die Genugthuung oder die Herstellung der Achtung und Sühnung der öffentlich verächtlich behandelten und beleidigten Verletzten und des beleidigten Gesetzes.“ Der zweite Hauptzweck geht dahin, „die Aufhebung der schädlichen Wirkungen, welche das Verbrechen
für die friedliche Rechtsordnung bei den übrigen Bürgern bewirkte, durch ihre Abschreckung oder durch Wiederherstellung ihrer friedlichen Willensstimmung für das Gesetz, wie gegen den Verbrecher zu bewirken.“ Endlich ist nach Welcker der dritte Hauptzweck der Strafe, „wo möglich die innere oder moralische, und mindestens die äußere oder politische Besserung.“
Der IIIte Tit. des Gesetzesentwurfs handelt von den allgemeinen Voraussetzungen der Zurechnung, von dem Nothstand und von der Nothwehr.
Die §§. 66 und 67 von der Zurechnung, welche durch den Mangel des Bewußtseyns der Strafbarkeit der Handlung, so wie durch den Mangel der Willkür (Willensfreiheit) des Handelnden ausgeschlossen wird, gaben nicht zu vielen Discussionen Anlaß, und eben so wenig die Corollarien in den §§. 67a-73 vom Irrthum in Thatsachen, von Rechtsirrthum, von religiösem Wahn, von Raserei, Wahnsinn, Blödsinn, Verrücktheit, Verwirrung der Sinne, und von Taubstummen. In Bezug auf die Jugend bestimmen die §§. 74 und 75, daß die Verbrechen den Kindern unter zwölf Jahren gar nicht, und jenen vom vollendeten zwölften bis vollendeten sechzehnten Jahr nur zu gemilderter Strafe zugerechnet werden; letzteres jedoch nur in dem Falle, wo das Kind die zur Unterscheidung der Strafbarkeit der Handlung erforderliche Ausbildung bereits erlangt hat. Den Anfang der geminderten Zurechnung wollten Sander, Izstein, Welcker und Kunzer vom zwölften allgemein weiter hinaus auf das zurückgelegte vierzehnte Jahr verlegen, weil erst hier die Verstandesreife eintrete, und dieß in Schule und Kirche, so wie im bürgerlichen Leben ein für die Kinder wichtiger Zeitabschnitt sey. Vicekanzler Bekk führt Beispiele an, wie Kinder zwischen zwölf und vierzehn Jahren manchmal schon mit großer Bosheit sehr schwere Verbrechen (z. B. Brandstiftungen) verüben. Es müsse daher möglich seyn, wenigstens da, wo sich im einzelnen Fall eine hinreichende Verstandesreife und Ueberlegung zeige, eine, wenn auch gemilderte Strafe eintreten zu lassen. Der Redner weist zugleich aus einer Zusammenstellung einer Menge anderer Gesetze nach, daß in keinem andern Staat ein späteres Alter, als das vollendete zwölfte Jahr angenommen sey, um eine geminderte Zurechnung eintreten zu lassen, und daß viele (insbesondere deutsche) Staaten schon das zehnte und selbst das achte Jahr dazu bestimmt haben. Sanders Antrag wurde sofort abgelehnt.
Nach §. 76 a fällt die Zurechnung weg, wenn der Handelnde die Uebertretung in einem nicht durch eigenes Verschulden herbeigeführten Nothstande beging, um eine gegenwärtige, dringende, auf andere Weise nicht abwendbare Gefahr für sein Leben oder für das Leben seiner Angehörigen abzuwenden. Rotteck führt aus, daß die Gefahr für das eigene Leben nie ein Rechtsgrund seyn könne, Andere zu tödten oder zu verletzen, indem der Staat sonst zwei sich gegenüberstehende Rechte (des im Nothstand befindlichen Angreifers und des zur Selbstvertheidigung berechtigten Angegriffenen) anerkennen, also mit sich selbst in Widerspruch kommen würde. Der Nothstand könne nur die Strafbarkeit mindern und nach Umständen (etwa wenn das verübte Verbrechen im Verhältniß zu der vorhanden gewesenen Lebensgefahr nicht groß sey) bis zur Straflosigkeit führen. Ein dießfalls gestellter Antrag wurde jedoch von den Regierungscommissären Duttlinger und Bekk, so wie von Welcker und Andern bekämpft, sofort durch große Mehrheit abgelehnt, weil die verbrecherische Handlung des im Nothstand Befindlichen nicht als ein Recht desselben erklärt, sondern er nur als entschuldigt betrachtet werde, indem man dem Menschen im Strafgesetz nicht den Heroismus zumuthen dürfe, lieber zu sterben, als ein Verbrechen zu begehen.
Der §. 77 handelt von dem Falle, wo der Uebertreter durch physischen oder psychologischen Zwang zur That genöthigt worden ist, ihm also nicht zugerechnet wird. Als psychologischer Zwang sind nun die Drohungen anerkannt, welche mit einer gegenwärtigen und anders nicht abzuwendenden Gefahr für Leib oder Leben des Genöthigten oder seiner Angehörigen verbunden sind. Die Kammer beschloß, im Fall einer Drohung mit Gefahr für den Leib oder für andere große Güter (außer dem Leben) im Allgemeinen nur eine Strafmilderung eintreten zu lassen, welche nach Verhältniß des gedrohten Uebels zu den verübten Verbrechen im einzelnen Falle bis zur Straflosigkeit führen könne.
Die heftigsten Debatten ergaben sich beim §. 81, wo verordnet ist, daß da, wo die Nothwehr wegen eines Angriffs (nicht auf die Person selbst, sondern auf ein Vermögensstück, §. 78 Nro. 2, oder gegen ein gewaltthätiges Eindringen in fremdes Besitzthum, §. 78 Nro. 3) an und für sich begründet ist, gleichwohl keine lebensgefährlichen Vertheidigungsmittel gebraucht werden dürfen, „insofern dieselben nicht mit dem Werth, den das bedrohte Gut für den Angegriffenen hat, in einem angemessenen Verhältniß stehen.“ Die Commission hat diese Bestimmung dahin modificirt, daß lebensgefährliche Vertheidigungsmittel nur dann nicht erlaubt seyen, „wenn das bedrohte Gut für den Angegriffenen nur einen ganz unbedeutenden Werth habe.“ Auch diese Beschränkung wurde nun von Welcker, Sander und Andern für den Angegriffenen noch zu hart gefunden, wogegen v. Rotteck und Trefurt in entgegengesetzter Richtung eine noch größere Beschränkung in einer dem Regierungsentwurf ähnlichen Fassung verlangten. Die letztern hielten es für unmenschlich und nicht gerechtfertigt, wenn z. B. der Eigenthümer den fliehenden Dieb, der ihm nichts Bedeutendes entwendet, erschieße. Welcker und Sander beantragten die Streichung des §. 81, und damit die Aufhebung jeder Beschränkung der Gegenwehr, soweit sie zur Rettung des bedrohten Guts überhaupt nothwendig sey. Der Eigenthümer sey in seinem Recht, und wenn man die Geringfügigkeit des bedrohten Guts als das Merkmal für die Beschränkung des Vertheidigungsrechts annehme, so sey das Recht der Nothwehr unsicher gemacht, und ehrliche Leute seyen zum Nachtheil der Diebe gefährdet. Die Sache wurde an die Commission zurückgewiesen, wo die Regierungscommissäre folgende bei der nochmaligen Berathung in der Kammer angenommene Fassung vorschlugen: „Wenn in den Fällen Nro. 2 und 3 des §. 78 das bedrohte Gut, sowohl im Allgemeinen als auch nach den Verhältnissen des Angegriffenen, für diesen von nur geringen Werth ist, und im Falle Nro. 3 zugleich das bedrohte Gut nicht zu den Gebäuden oder geschlossenen Hofräumen gehört, so gilt die vorsätzliche Tödtung oder vorsätzliche lebensgefährliche Verletzung des Angreifers nicht für entschuldigt.“ Diese Beschränkung findet jedoch keine Anwendung auf die Vertheidigung gegen Räuber, gefährliche (§. 342) oder nächtliche Diebe, noch überhaupt da, wo der Angegriffene aus der Art des Angriffs oder andern dabei vorkommenden Umständen zugleich Gefahr für seine Person zu besorgen Grund hatte.
Der §. 86 gibt das Recht der Selbsthülfe unter andern auch „dem Eigenthümer oder sonst Berechtigten, um Personen, an welche er aus Verbrechen oder andern Gründen Ansprüche hat, festzuhalten und vor die nächste Obrigkeit zu führen, wenn durch die Flucht derselben oder durch andere Umstände die Gefahr begründet ist, daß sonst die obrigkeitliche Hülfe vereitelt würde.“ Sander erklärte sich gegen diese Bestimmung, als
gegen eine gefährliche, da dadurch ein Krieg Aller gegen Alle eröffnet werde. Geheimrath Duttlinger: sie habe ja doch schon bei den Römern gegolten. Wo die Möglichkeit der Staatshülfe aufhöre, müsse das Recht der Selbsthülfe wieder aufleben. Rindeschwender: wenn der festgehaltene Schuldner nichts schuldig zu seyn glaube, so habe er gegen den Angreifer das Recht der Nothwehr. Das Gesetz statuire also zwei sich gegenüberstehende Rechte. Welcker: bei thatsächlichem Irrthum könne sich ein solcher Widerstreit allerdings ergeben. Allein wenn die Staatshülfe augenblicklich nicht möglich sey, so sey die Sache eben nicht anders zu machen. Jeder Theil übernehme, was er thue, auf seine Gefahr. Gerbel: die civilrechtlichen Wege müssen genügen. Bekk: die Selbsthülfe sey ja nur eingeräumt, wo wegen Eile die obrigkeitliche Hülfe nicht mehr eingeholt werden könne, und nur um diese zu bewahren. Der Artikel wurde hierauf angenommen.
Der IV. Titel handelt von Vorsatz, von Fahrlässigkeit, von Vollendung und Versuch, von Urhebern und Gehülfen.
Die Bestimmungen über Vorsatz und Fahrlässigkeit veranlaßten keine Discussion, ausgenommen in Bezug auf den von der Commission vorgeschlagenen §. 88 a, wo die in der würtembergischen Kammer so umständlich erörterte Streitfrage über den allgemeinen Vorsatz (dolus generalis) dahin entschieden ist, daß der beabsichtigte Erfolg dem Thäter, der ihn durch eine seiner Handlungen herbeiführte, zum Vorsatz zugerechnet werde, wenn er gleich aus einer andern Handlung hervorging, als durch welche der Thäter denselben herbeizuführen glaubte. Als Beispiele wurden in der Discussion angeführt: eine unehelich Gebärende suchte ihr Kind durch Ersticken zu tödten, und als sie es todt glaubte, begrub sie es. Später zeigte sich, daß es nicht am Ersticken, sondern erst im Boden, wo es begraben war, gestorben sey. Sander erzählte den Fall aus Kleins Annalen, wo ein Actuar den Amtmann tödten wollte, und ihn zu diesem Zweck mit einem Hammer auf die Schläfe schlug, sodann, als er ihn todt glaubte, den Leichnam aufhängte, um glauben zu machen, derselbe habe sich selbst erhängt. Eine Juristenfacultät habe nun, da es sich herausstellte, daß der Amtmann erst durch das Aufhängen getödtet worden sey, den Actuar nicht der vorsätzlichen, sondern nur der schuldhaften Tödtung für schuldig erklärt, und dieß sey nicht recht, der §. 88 a also nothwendig. Geheimrath Duttlinger: die Ehre dieses Urtheils gebühre nicht einer Juristenfacultät, sondern einem Gerichtshof. Mittermaier verließ den Präsidentenstuhl und theilte aus dem reichen Schatz seiner Erfahrungen und seiner Belesenheit die verschiedensten hier einschlagenden Fälle mit, bei deren einem die Zurechnung zum Vorsatz stattfinde, bei dem andern aber nicht. Er zeigte, daß die Aufstellung einer solchen Regel, wie der §. 88 a sie enthalte, darnach unzulässig sey, und die allgemeinen Sätze von Vorsatz und von Fahrlässigkeit hinreichten. Dessen ungeachtet wurde der §. 88 a mit geringer Stimmenmehrheit angenommen.
Deutschland.
München. Wir tragen aus der Kammer der Abg. am 28 März Folgendes nach. Bei fortgesetzter Berathung über die Generalübersicht der Kreislasten und Kreisfonds machte Freiherr v. Schäzler den Antrag zur Unterstützung der polytechnischen Schule in Augsburg mit 6000 fl. jährlich, und sprach zur Begründung seines Antrags unter Anderm: Der Landrath von Schwaben und Neuburg, den Nutzen des Instituts anerkennend, hat einen namhaften Zuschuß aus dem Kreisfonds gemacht; in der Folge will er aber nichts mehr leisten. Die Stadtkämmerei-Casse kann noch weniger diesen Ausfall in den jährlichen Unkosten einer Staatsanstalt decken; dieselbe hat übrigens in den ersten drei Jahren 7500 fl. beigetragen, und gibt jetzt noch jährlich einen Zuschuß von 2250 fl. für die Gewerbsschule und 500 fl. für die polytechnische Schule. Außerdem findet in der Stadt durch Sammlungen von Beiträgen ein weiterer Zuschuß statt. Erhält aber die Schule keine weitern Beiträge aus Staatsmitteln, so ist ihr Fortkommen gefährdet. Augsburg ist wohl die erste Fabrikstadt in Bayern, und somit dürfte wohl eine polytechnische Schule am geeigneten Orte seyn. Ich kann unmöglich glauben, daß, wo so bedeutende Ueberschüsse im Staatshaushalte sich ergeben, keine Mittel gefunden werden sollten, um zu verhindern, daß eine so wichtige Unterrichtsanstalt eingehe. Die Industrie bedarf der polytechnischen Schulen, so wie der Gewerbschulen; diese Unterrichtsanstalten müssen uns die Leute heranbilden, auf daß die inländische Industrie nicht bloß mit der Industrie der übrigen Vereinslande, sondern auch mit dem Auslande gleichen Schritt halten kann. Augsburg hat in der Stadt und in der nächsten Umgebung drei Kattunfabriken, drei Messingfabriken, drei Fabriken für endloses Papier, eine mechanische Baumwollspinnerei und Weberei, eine Kammgarnspinnerei, Tabakfabriken, eine Schwefelsäurefabrik, eine Seidenweberei, eine Bleiweißfabrik, eine Bleich- und Appretiranstalt, lauter Etablissements in der größten Ausdehnung, deren Betrieb auf den Grundsätzen der Chemie und Mechanik beruhen, und welche mehrere Tausende von Menschen theils direct, theils indirect beschäftigen. Weiter zählt Augsburg noch viele kleine Fabriken und Spinnereien, die alle technische Vorbildung bedürfen. Auch in den übrigen Theilen des Kreises, nicht sehr ferne von Augsburg, entstehen großartige Etablissements. Ich brauche nur die große Spinnerei zu nennen, welche erst kürzlich in Kaufbeuren errichtet wurde. Aus diesen Thatsachen ergibt sich, daß Augsburg hinsichtlich seiner Industrie sich mit jeder ihrer Schwesterstädte messen kann. Was nun aber das Verhältniß der Geldzuschüsse betrifft, so kommen 15,286 fl. auf München, 8500 auf Nürnberg und nur 805 fl. auf Augsburg. Und doch ergibt sich aus dem Gesagten, daß eine polytechnische Schule in Augsburg ein eben so dringendes Bedürfniß ist, als in München und Nürnberg. Ich bin weit entfernt, München oder Nürnberg ihre wohl erworbenen Rechte schmälern zu wollen; auch erkenne ich den großen Nutzen, welchen die polytechnischen Schulen daselbst gestiftet haben, aber man kann das Eine thun und das Andere nicht vernachlässigen, und wahrlich drei polytechnische Schulen in Bayern sind nicht zu viel. Augsburg dürfte als der erste Fabrikort Bayerns derjenige Ort seyn, wo eine polytechnische Schule zu bestehen habe, und somit ist es sehr bedauerlich zu sehen, daß die Schule daselbst so spärlich dotirt ist, zu deren Etablirung und Einrichtung Privatleute namhafte Beiträge geliefert haben. Augsburg ist freilich die jüngste Schule, wurde am spärlichsten ausgestattet; indessen würde durch Sachverständige untersucht werden, welche Schule ihrem Alter und ihrer Einnahme nach am meisten gethan hat, so würde Augsburg nichts zu fürchten haben. Auch dürfte noch zu beachten seyn, daß, wenn die Schule nun aufgehoben werden müßte, wer sodann die bedeutenden Schulden, welche wegen des Baues der polytechnischen Schule contrahirt werden mußten, bezahlen würde? Doch wohl nicht der Kreis oder gar die Stadt? Wer würde denn auch der Stadt ihre Kunstschule zurückgeben, welche durch die polytechnische Schule absorbirt worden ist? Dann dem Gewerbsstande das technische Lesezimmer, das dermalen so fleißig von Gewerbsleuten besucht wird. Ist das Verdrängen eines kaum aufblühenden,
so höchst erfreulichen Geistes bei den Gewerbmeistern, die man so oft und so hart jeder Besserung unfähig erklärte, denn so ganz gleichgültig? Ich glaube nein! Da man auf der einen Seite von der königlichen Regierung verlangt, daß alle Gewerbsleute bei der Erlangung des Meisterrechts ausführlich geprüft werden, so wird sie doch wohl nicht beabsichtigen, daß man von der andern Seite die hiezu nöthigen Unterrichtsanstalten vermindere. Eine polytechnische Schule ist keine Kreissache, ihr wohlthätiger Einfluß betrifft das ganze Land, und die wenigen Tausende, welche hiefür ausgegeben werden, tragen reiche Zinsen. Zum Fortbestehen bedarf die polytechnische Schule in Augsburg, wenn der Kreisfonds und die Stadtcasse keine neuen Lasten erhalten sollen, jährlich 6000 fl., und diese werden wohl zu finden seyn. Nürnberg hat 8500 fl. und Augsburg kann wohl auf eine gleiche Summe Anspruch machen. Ich gebe mich der Hoffnung hin, Sie werden mich keine Fehlbitte thun lassen, indem ich Sie um Ihre Unterstützung und Zustimmung ersuche.“
Nach dem Abg. Freiherrn v. Schäzler nahm der Abg. Freiherr v. Welden das Wort und stellte den Antrag, es möchten die drei polytechnischen Schulen in Eine vereinigt werden. Er suchte seinen Antrag dadurch zu begründen, daß er die großen Kosten so wie die Schwierigkeit, tüchtige Lehrer für solche Anstalten zu finden, ins Auge faßte.
Frhr. v. Rotenhan unterstützte den Antrag des Frhr. v. Welden. Es sey besser, eine gute als viele schlechte Schulen zu haben.
Walch: Er glaube, die Gewerbsschulen sollten vor Allem gehoben werden.
Frhr. v. Thon-Dittmer: Er stimme gegen den Antrag des Frhrn. v. Welden, eben so gegen den Antrag des Frhrn. v. Schäzler.
v. Schäzler vertheidigte seine frühere Ansicht.
Bei der Abstimmung wurde der Wunsch des Frhr. v. Welden, wie der Antrag des Frhr. v. Schäzler abgelehnt.
(Bayr. Bl.)
[1206]
Ankündigung einer Bade-Anstalt.
Die glänzenden Resultate, welche in der neuern Zeit die Anwendung des kalten Wassers als Heilmittel erzielt hat, mußten jeden unbefangenen, mit der Zeit voranschreitenden Arzt auffordern, dem Gegenstande diejenige Aufmerksamkeit zu schenken, welche er seiner großen Wichtigkeit halber ohne Zweifel verdient.
Der Unterzeichnete, längst schon diesen neuen Zweig der Heilkunde in seiner Entwickelung verfolgend, und durch die im verwichenen Frühjahre dahier eröffnete Badeanstalt des Hrn. Dr. Schmitz in Stand gesetzt, die großen Heilkräfte des frischen Wassers ganz in der Nähe zu beobachten, fühlte sich doppelt veranlaßt, seine ganze Aufmerksamkeit einem Heilverfahren zuzuwenden, das schon bei seinem Entstehen von so glücklichen Folgen für das Wohl der Menschen begleitet war. Durch Aneignung der darüber vorhandenen Litteratur immer tiefer in den Gegenstand eindringend, fühlte er endlich den lebhaften Wunsch in sich rege werden, daß auch ihm die Gelegenheit seyn möchte, in seiner Praxis das kalte Wasser, nach Prießnitzens Methode, anwenden zu können, ohne diejenigen seiner Patienten, bei welchen er dessen Anwendung für ersprießlich halten möchte, an eine fremde Anstalt verweisen zu müssen.
Eher, als er anfangs hoffen zu dürfen glaubte, hat diese Gelegenheit sich ihm dargeboten. Eine nahe gelegene Mühle nämlich, die mehrere Jahre zuvor ein Raub der Flammen geworden war, sollte aufs neue hergestellt werden. Diesen günstigen Augenblick ergreifend, trat er mit deren Eigenthümer, Hrn. Jakob Mallmann hierselbst, in Gemeinschaft, und vermochte ihn – da die Localität zu einer solchen Anlage sich eignete – dem Neubau eine solche Ausdehnung zu geben, um alle zu einer vollständigen Badeanstalt erforderlichen Einrichtungen damit verbinden zu können. Auf diese Weise vom Zufall begünstigt, wird er nun die Freude haben, schon mit dem kommenden Sommer die Bäder in ihrem ganzen Umfange anwenden zu können.
Nicht ferne von hier, in den tiefen Waldschluchten des jäh nach dem Rheine sich herabsenkenden Hundsrückens, entspringen zahlreiche Quellen, die, in einem schönen Thale unserer Umgebung sich sammelnd, bald zu einem Bache anschwellen, weicher schäumend in seinem Felsenbette dem Rheine zueilt, und dicht unterhalb unserer Stadt, kaum eine halbe Stunde von seinem Ursprunge entfernt, mit dessen Fluthen sich vereinigt. Dieser kurze Lauf des Bächleins durch ein enges, waldbewachsenes Thal ist Ursache, daß dasselbe stets eine erfrischende Kühle bewahrt, und nie auf längere Zeit getrübt wird. Die Temperatur seines Wassers steigt selbst in den heißesten Sommertagen nicht über 12 Grad Réaumur, und nur starke Regengüsse vermögen den reinen Krystall seiner Wellen auf wenige Stunden zu trüben. Dieß ist der Bach, an dessen Mündung die fragliche Mühle gelegen, und der zugleich bestimmt ist, die damit verbundene Badeanstalt mit dem nöthigen Wasser zu versorgen.
Ursprünglich zwar nur für einheimische Patienten bestimmt, wird letztere jedoch, bei der vorhandenen reichlichen Wasserfülle, auch auswärtige aufzunehmen und zu befriedigen im Stande seyn, und soll deren Einrichtung so getroffen werden, daß die Kranken, welche Lust haben, von den Bädern Gebrauch zu machen, nach ihrem Belieben entweder in der Anstalt selbst, oder auch in der Stadt wohnen können, ohne daß letzteres für sie mit besondern Unbequemlichkeiten verbunden wäre, da die Mühle nicht eine halbe Viertelstunde von der Stadt entlegen ist.
Die Anstalt wird übrigens alle nöthigen Einrichtungen zu jeder möglichen Anwendung des kalten sowohl als des erwärmten Wassers enthalten, und die Nähe des Rheines wird es überdieß möglich machen, die längst mit Recht so gepriesenen Rheinbäder damit in Verbindung zu setzen. Frisches Quellwasser vom reinsten Geschmack ist zum Trinken in reichlichem Ueberfluß vorhanden, und wird sowohl vor der Anstalt, als in deren Innerem an verschiedenen Orten springen.
Treten nicht unvorhergesehne Hindernisse ein, so wird letztere bis zu Ende des Monats Mai d. J. so weit gediehen seyn, daß schon vom 1 Junius ab die Bäder gebraucht werden können.
Die Lage dieser Mühle ist äußerst reizend, und bietet vielfache Gelegenheit zum Genuß der reinsten Gebirgsluft. Dicht vor ihr führt die große Rheinstraße entlang, und kaum hundert Schritte weiter fließt der Rhein. Ringsum finden sich die schönsten Partien zu Spaziergängen, allenthalben anmuthige Landschaften und herrliche Aussichten.
Vorläufig diese Anzeige! Ich behalte mir vor, nach Vollendung der Anstalt das Weitere darüber bekannt zu machen; sollte indessen früher schon nähere Auskunft gewünscht werden, so bin ich bereit, sie auf besondere Anfragen gerne zu ertheilen.
Boppard am Rhein, den 11 Februar 1840.
Dr. Heusner, prakticirender Arzt und königl. Kreisphysikus.
[1190]
Bekanntmachung der Lebensversicherungs-Gesellschaft zu Leipzig.
Das unterzeichnete Directorium hat die Hauptrechnung für das neunte Rechnungsjahr vom 1 Januar bis 31 December 1839 verfassungsmäßig abgelegt; es ist dieselbe nach der Seiten des Deputirten des Raths der Stadt Leipzig, des Gesellschaftsausschusses und des verpflichteten Revisors vorgenommenen Prüfung und Justification den Agenten zugefertigt worden, und kann bei ihnen in Empfang genommen werden.
Leipzig, den 23 März 1840.
Das Directorium der Lebensversicherungs-Gesellschaft.
[1176-78]
Venediger Handelsgesellschaft.
Im Sinne der Statuten werden die HH. Unterzeichner auf Actien hiemit eingeladen, die erste Einzahlung von 20 Proc. auf den Betrag jeder Actie von heute an
innerhalb drei Monaten
zu leisten.
Gegen diese Einzahlung wird ein Interims-Actienschein erlassen, und die vom 1 Julius an mit 4 Proc. pr. Jahr darauf fallenden Zinsen werden bei der nächstfolgenden Einzahlung der P. T. Actionnäre eingerechnet werden.
Zum Behufe dieser ersten Einzahlung, die in Venedig zu erfolgen hat, wird die Casse der Gesellschaft, mit Ausnahme der Festtage, vom 16 bis 30 Junius offen stehen. – Venedig, den 31 März 1840.
Die Directoren: Sp. Papadopoli. Joseph Reali.
[1191]
Nydeck, Brückenbau zu Bern in der Schweiz.
Es wird andurch den HH. Bauunternehmern zur Kenntniß gebracht, daß vom
6 April
nächstkünftig hinweg ein Concurs vermittelst versiegelter Angebote zum Behuf der Ausführung dieser zunächst bei der Stadt Bern zu erbauenden Brücke eröffnet wird.
Die gänzlich aus Stein auszuführende Brücke wird bestehen:
1) aus einem großen kreisförmigen Bogen über die Aare von 156 Schweizerfuß (der Fuß zu drei franz. Decimetres) Spannung und 61 Fuß Pfeilhöhe, welcher auf zwei 20 Fuß hohen, im Flußbette gegründeten Pfeilern ruht.
Die Gesammthöhe des Brückenpflasters über dem niedrigen Wasserstande beträgt 81.43 Fuß und die Breite des Bogens zwischen den beiden Stirnseiten 40 Fuß.
2) Aus zwei halbkreisförmigen Nebenbogen von 50 Fuß Durchmesser, welche auf Pfeiler von 17 bis 34 Fuß Höhe aufgesetzt sind, die Breite der Seitenbogen mißt 52 Fuß.
3) Aus Anfahrten von aufgeführter Erde mit Stützmauern, welche theilweise eine Höhe von 65 Fuß über dem Boden erreichen.
Die Gesammtlänge der Brücke beträgt 426 Fuß, diejenige der Anfahrten 190 Fuß. Alle Grundmauern liegen auf dem Felsen.
Die Eingaben zur Uebernahme dieses Baues sind bis den
14 Junius
nächsthin nach Anleitung des Vorschriftenheftes der Direction der Nydeckbrücken-Gesellschaft zu übergeben.
Die Bauunternehmer, welche geneigt sind, diesen Bau auszuführen, können bei dem Unterzeichneten Einsicht der Plane, Devise und des Vorschriftenheftes nehmen; derselbe wird auch fernere Erläuterungen über dieses große Werk ertheilen.
Bern, den 23 März 1840.
Der dirigirende Ingenieur St. Wurstemberger.
[1170]
Verschollenheits-Erklärung.
Joseph Pentenrieder, Milchmannssohn von hier, wird nunmehr, da sich derselbe oder seine allenfallsige Descendenz, der unterm 6 September v. J. erlassenen öffentlichen Aufforderung ungeachtet, innerhalb der gesetzten Frist von sechs Monaten nicht gestellt oder sonst Nachricht von sich gegeben hat, für verschollen erklärt und sein diesseits vorliegendes Vermögen, aus 500 fl. Elterngut bestehend, an dessen nächste Intestaterben gegen juratorische Caution ausgehändigt.
Am 17 März 1840.
Königliches Kreis- und Stadtgericht München.
Graf v. Lerchenfeld, Dir.
Wirtl.
[1020-21]
Bekanntmachung.
Von dem k. Kreis- und Stadtgericht Augsburg werden hiermit alle diejenigen, welche an den Nachlaß des am 3 März d. J. verstorbenen Gutsherrn und Patrimonialgerichts-Inhabers, Hrn. Joseph v. Silbermann zu Straß bei Neuburg, aus was immer für einem Titel Forderungen zu machen haben, zur Anmeldung dieser ihrer Ansprüche binnen eines Termines von
30 Tagen
unter dem Rechtsnachtheile aufgefordert, daß widrigenfalls bei der Auseinandersetzung der Verlassenschaft auf sie keine Rücksicht genommen würde.
Augsburg, den 17 März 1840.
Königliches Kreis- und Stadtgericht.
Lic. Kellerer, Dir.
Deuringer, Rathsacc.
[1147]
Verschollenheits-Erkenntniß.
Nachdem weder Susanna Elisabetha Rosenfellner, verehelichte Keßler, selbst, noch auch deren allenfallsige Leibeserben auf die unterm 23 November 1832 erlassene öffentliche Vorladung sich wegen des ihr aus dem Nachlasse der verstorbenen Kaufmanns-Wittwe Susanna Elisabetha Royko zugefallenen Erbtheils bisher nicht gemeldet haben, so wird diese Susanna Elisabetha Rosenfellner, verehelichte Keßler, welche inzwischen das 71ste Lebensjahr zurückgelegt hat, auf Antrag der Miterben hiemit für todt erklärt, und ihr Erbtheil in Gemäßheit des in der Stadt Regensburg geltenden Statutar-Gesetzes vom 7 October 1799 den Miterben ohne Caution verabfolgt werden.
Regensburg, den 24 März 1840.
Königl. bayer. Kreis- und Stadtgericht.
Hörl, Dir.
Leiblein.
[1181-83]
Sigmaringen.
Brauerei-Verpachtung.
Montag, den 15 künftigen Monats April, Vormittags 10 Uhr, wird die herrschaftliche Brauerei dahier auf mehrere Jahre in der hiesigen Rentamtskanzlei im Aufstreich in Pacht gegeben werden. Die Pachtbedingungen können täglich bis zur anberaumten Tagfahrt bei dem fürstlichen Rentamt dahier eingesehen werden. In Betreff der Pachtliebhaber ist noch zu bemerken, daß sich dieselben vermittelst amtlich beglaubigter Zeugnisse über zureichendes Vermögen, guten Leumund und hauptsächlich noch darüber auszuweisen haben, daß sie die Brauerei vollständig erlernt haben.
Sigmaringen, den 29 März 1840.
Fürstliches Rentamt.
Lauchert.
[1037]
Für Gymnasien, Real- und Bürgerschulen sind in der Hinrichs'schen Buchhandlung in Leipzig erschienen und in allen österreichischen, bayerischen, schwäbischen und schweizerischen Buchhandlungen zu finden:
Fiedler, Prof. Dr. Frz., Geschichte des römischen Staates und Volkes. Dritte verm. Aufl. Mit Urkunden und Stammtafeln. gr. 8. (34 Bogen) 1839. 1 Rthlr. 16 gr.
Forbiger, Conrect. Dr. A., Aufgaben zur Bildung des latein. Styls für mittl. Classen in Gymnasien, aus den besten neueren Latinisten entlehnt, und mit grammat., lexikal., stylist. Anmerk., steten Hinweis. auf die G ammat. von Zumpt, Ramshorn und Billroth versehen. 3te verb. u. verm. Aufl. gr. 8. 16 gr.
Hoffmann, Dr. K. J., grammatikal.-latein. Lesebuch für Gymnasien etc. Mit Verweisungen auf die Grammatiken von O. Schulz, Zumpt und Ramshorn. gr. 8. (20 1/2 B.) 1ster Curs. 8 gr. 2ter Curs. 10 gr.
– – methodische Anleitung zum Uebersetzen aus dem Lateinischen ins Deutsche, und aus dem Deutschen ins Latein., gleich von Erlernung der ersten Sprachelemente an, mit besond. Berücksichtigung der Grammat. von Schulz, Zumpt und Ramshorn. gr. 8. (17 B.) 16 gr.
Plauti, Psoudolus, Ruden, Truculentus. Denuo recens. et explicavit Fr. Henr. Bothe 8maj. 1840. 16 gr.
Pölitz, K. H. L., kleine Weltgeschichte oder gedrängte Darstellung der allgemeinen Geschichte für höhere Lehranstalten. (Mit ausgewählter Litteratur.) 7te verm. Aufl. gr. 8. (36 1/2 B.) 1 Thlr.
Rebs, Dr. C. G., Naturlehre für die Jugend. Für Volks- und Bürgerschulen und die untern Classen der Gymnasien etc. 2te verm. Aufl. 8. 18 gr.
Reinhardt, Conrect. Dr. H. F., die Analogien der von Buttmann in der Schul-Grammatik aufgeführten unregelmäßigen griechischen Verba, zum Gebrauche der 3ten Gymnasialclasse. 2 Tabellen. Imp. Fol. 6 gr.
Selecta e poëtis latinis carmina ad initiandos poësi Romanae tironum animos. Ed. Fr. Lindemann. II partes. 8maj. (16 B.) 16 gr.
Steins kleine Geographie für den Schul- und Handgebrauch. Nach den neueren Ansichten umgearb. vom Prof. Ferd. Hörschelmann in Berlin. Einundzwanzigste, rechtmäßige Auflage. Bearbeitet von Dr. K. Theod. Wagner, an der Realschule zu Leipzig etc. gr. 8. (23 1/2 B.) 1839. 16 gr.
Steins Naturgeschichte für Schulen. Mit besond. Hinsicht auf Geograhie und Technologie. Vierte umgearb. und verm. Aufl. von Dr. Ferd. Reuter. Mit 2 Kupfert. gr. 8. 1839. 16 gr.
Virgilii Opera adnot. illustr. et Indic. adjec. A. Forbiger. III Partes. (106 B. compress. gr. 8.) 1837-1839. 4 Thlr. 8 gr.
Vogel, Dr. K., Schulatlas der neueren Erdkunde für Gymnasien und Bürgerschulen etc. 2te Aufl. In 15 schön gestoch. und col. Karten mit naturhistor. und geschichtl. Randzeichn. v. H. F. Brauer. kl. qu. Fol. 1859. cart. 1 Thlr. 8 gr.
– – Ueber die Idee, Ausführung und Benutzung des „neuen Schulatlas“ nebst Erklär. der Randzeichnung. Ein Hülfsbuch für Lehrer und Schüler. 8. 1839. geb. 8 gr.
– – Schulatlas der physikal. Elementargeographie m. Randzeichnungen. 6 Bl. kl. Quart-Fol. col. 1840. 12 gr.
Wachsmuth, Ritter, Prof. W., Leitfaden zu Vorlesungen über die Allgemeine Weltgeschichte. gr. 8. 1833. 1 Thlr.
Xenophons Feldzug, griechisch mit Inhaltsanzeigen und Wortregister versehen von F. H. Bothe. Vierte umgearbeitete Aufl. gr. 8. 1835. 21 gr.
[1217]
Bei Tendler & Schäfer in Wien ist in Commission erschienen und in allen Buchhandlungen des In- und Auslandes zu haben:
Christkatholische Erbauungsreden,
zunächst für die studirende Jugend von Leander Knöpfer,
Religionslehrer am k. k. Gymnasium des Benedictiner-Stiftes zu den Sotten in Wien.
Wien, 1840. gr. 8. br. 1 Thlr.
Indem die Verlagshandlung hiemit das Werk eines in seinem bisherigen Wirken als Prediger, Seelsorger und Jugendlehrer, als geist- und gemüthsvollen Darstellers bekannten und geachteten Hrn. Professors dem Publicum übergibt, so schmeichelt sie sich den Dank aller gebildeten Katholiken des In- und Auslandes zu verdienen. Es dürfte sich in unsern Tagen kaum ein Buch dieser Art finden, das so in das praktische Leben eingeht, und auf alle Verhältnisse des studirenden Jünglings so berechnet ist, wie es sich in diesen Erbauungsreden findet. Auch Erwachsene werden darin für Geist und Herz hinlängliche Nahrung finden, und die darin enthaltenen Betrachtungen über das Leiden des Erlösers und das heiligste Altarssacrament dürften gerade in der jetzigen Fastenzeit für Jedermann zur Erbauung dienen. Die Verlagshandlung ließ daher auch an der äußern Ausstattung des Buchs nichts fehlen.
[908-10]
Dienst-Offert.
Eine Schnupftabaks-Fabrik im südlichen Deutschland sucht einen soliden Commissions-Reisenden, welcher zweimal im Jahr die Schweiz bereist und bereits daselbst Verbindungen hat, zum Behuf des Absatzes ihrer Fabricate.
Deßfallsige Offerte beliebe man an die Expedition unter dem Buchstaben R versiegelt abzugeben, worauf dann directe Erwiederungen erfolgen werden.
[1025-27]
Durch alle Buchhandlungen des In- und Auslandes ist jetzt vollständig, jedoch nur noch bis zum ersten Mai, zum Subscriptionspreise von 12 Thlrn oder 21 fl. 56 kr. rhn. zu beziehen (Augsburg durch die K. Kollmann'sche):
G. E. Lessings sämmtl. Schriften,
herausgegeben von Karl Lachmann.
12 Bde gr. 8. Mit Lessings Portrait in Stahlstich und 8 Kupfern.
Mit dem ersten Mai tritt der Ladenpreis von 16 Thlrn. oder 28 fl. 48 kr. rhn. unwiderruflich ein. – Berlin, den 15 März 1840.
Voß'sche Buchhandlung.
[998]
Im Verlage von Friedrich Vieweg & Sohn in Braunschweig ist so eben erschienen:
Dr. Thomas Grahams Lehrbuch der Chemie.
Bearbeitet von Dr. Fr. Jul. Otto,
Professor der Chemie am Collegio Carolino zu Braunschweig.
1ste und 2te Lieferung mit 56 in den Text eingedruckten Holzschnitten. gr. 8. fein Velino. geh. 1 Thlr. oder 1 fl. 48 kr. rhn.
Dieses ausgezeichnete Werk, über dessen Plan und besondere Vorzüge wir uns auf die allen Exemplaren vorgeheftete ausführliche Ankündigung beziehen, erscheint in zehn Lieferungen. Der Subscriptionspreis jeder Lieferung ist 12 gGr.; der bei Vollendung des Ganzen eintretende Ladenpreis 16 gGr. für die Lieferung.
Wir können dasselbe nicht besser empfehlen, als durch die nachstehenden Worte des Professors Justus Liebig in Giessen:
„Mit dem hohen wissenschaftlichen Werth von Dr. Grahams Lehrbuch der Chemie genau bekannt, hat der Unterzeichnete zum Theil mit Veranlassung zur deutschen Bearbeitung desselben gegeben. Sie konnte in keine würdigere Hände gelegt werden, als in die des Professors Otto, welcher durch seine werthvollen litterarischen und praktischen Arbeiten seit langem schon einen ausgezeichneten Platz unter Deutschlands Chemikern einnimmt. Das Lehrbuch Grahams hat durch die gediegenen Zusätze und Erläuterungen namentlich für den Selbstunterricht ausserordentlich gewonnen, ohne an Eigenthümlichkeit und Brauchbarkeit im Uebrigen einzubüssen. Den Plan der Bearbeitung hat Professor Otto die Güte gehabt, mir vor der Ausführung mitzutheilen; ich habe seine Ansicht in Hinsicht auf die Verwandlung der englischen Atomgewichte in die von Berzelius in Deutschland eingeführten vollkommen getheilt, indem ich der Meinung war, dass nur durch eine Uebereinkunft aller Chemiker, ohne Nachtheil für die Verbreitung und Cultur der Wissenschaft, eine Aenderung getroffen werden darf. Gewiss verdient Professor Otto den Dank des Publicums, indem die verhältnissmässig kleine Anzahl der vorzüglichen Lehrbücher Deutschlands um Eins durch ihn vermehrt worden ist, was man den besten an die Seite stellen kann.“
Dr. Justus Liebig.
In Augsburg in der Kollmann'schen Buchhandlung vorräthig.
[1043]
Tscherkessisches Lied von Fr. Kücken
für eine Bass- oder Baritonstimme (auch f. Alt). Op. 27,
erschien so eben, mit Begleitung des Pianoforte 14 gr. oder 1 fl., mit Guitarr 6 gr.
Im Möser'schen Concert fand diese Composition den allgemeinsten Beifall; die Kritik erklärte sie für die originellste von Kücken, und so dürfte der Tscherkesse eine gleiche Verbreitung finden wie dessen so sehr beliebten Lieder: Herein! Flieg' Vöglein, das Posthorn, über die Berge, und Gern willst du wissen aus Op. 24, das Sylvester-Lied.
Durch alle Buch- und Musikhandlungen zu beziehen.
Berlin.
Schlesinger'sche Buch- u. Musikhandlung.
[1196]
Heute, den 30 März 1840 Eröffnung des neu errichteten Hôtels:
RHEINISCHER HOF in Leipzig.
Dasselbe ist an dem Postgebäude so wie in der Nähe des Bahnhofs gelegen.
Um geneigte Berücksichtigung bittet ergebenst Karl Grohmann.
[1211]
Anzeige.
Wir erlauben uns den geehrten Kunstliebhabern Deutschlands die Nachricht mitzutheilen, daß
künftigen 6 April
in Straßburg eine Sammlung vorzüglicher Gemälde, von berühmten und allgemein geschätzten, theils italienischen, theils niederländischen Meistern verfertigt, versteigert werden wird. Man schmeichelt sich mit der Hoffnung, daß viele wahre Kenner und Kunstfreunde sich dabei einfinden werden. Höflichst einladend
die Commission.
Sich für Kataloge durch frankirte Briefe und persönlich an die Zeitungs-Expedition und Inserate-Bureau von G. A. Alexandre, Brandgasse Nr. 28 in Straßburg, zu wenden.