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Allgemeine Zeitung. Nr. 88. Augsburg, 28. März 1840.

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rein slavisch; Croatien, Slawonien, Dalmatien sind Slaven; von Batska, der türkischen Gränze, bis nach Ofen und Raab hinauf sind Serben: und in einem solchen Lande sollen nach drei Jahren überall alle Kirchenbücher, Processe, Aemter, Gerichte, Zünfte u. s. w. magyarisch geführt werden! Und sollte dieß alles möglich seyn: wird es auch rechtlich und menschlich? wird es auch für das wahre Wohl nützlich und ersprießlich seyn? Das Schweizerland beherbergt auch dreierlei Stämme und Sprachen: Deutsche, Franzosen und Italiener, ungefähr in dem Verhältniß wie das Ungarland: Slaven, Magyaren, Deutsche. - Die Geschichte ist das Weltgericht. Die Geschichte hat nie gebilligt die Sprachtyrannei der Römer, nie gebilligt die Germanisirung der Wenden in Deutschland, nie gebilligt die Englisirung der Indianer in Amerika und Asien: so wird sie auch die jetzige Russisirung der Finnen, die Magyarisirung der Deutschen und Slaven in Ungarn, und andere dergleichen Mißgeburten der Rohheit nicht nur nicht billigen, sondern als unwürdige Völkerplagen verdammen.

Serbien.

*) Nach der Verbannung des Fürsten Milosch aus Serbien hoffte man die wohlthätigen Folgen der neuen Verfassung in vollem Maaße zu genießen, die Rechte gesichert, die allgemeine Ruhe und Ordnung im Lande eingeführt zu sehen. Aber diese schönen Hoffnungen sind nur Täuschungen gewesen und fromme Wünsche. Die gegenwärtige Verwaltung ist meistentheils aus beschränkten oder geldgierigen Menschen zusammengesetzt. Ihr Losungswort ist: "wir wollen keine Schwaben (Deutschen) im Lande dulden." Mit dieser unpolitischen Prahlerei wollen sie sich unter dem Pöbel einen Namen machen. Man hegt einen allgemeinen Haß gegen die Deutschen. Die regulären Truppen haben nach mehreren tumultuarischen Bewegungen den militärischen Gehorsam ganz aufgesagt, und sind mit Sack und Pack und scharfgeladenen Gewehren am Ende des vergangenen Monats zur Mittagsstunde unter Hurrahruf nach Hause gezogen. Als sie von ihren Officieren an ihre Pflicht gegen die gegenwärtige Verwaltung gemahnt wurden, antworteten sie: "Wem sollen wir dienen? Wir haben keinen Fürsten. Der neuen Verwaltung wollen wir keinen Gehorsam leisten. Wer hat die bestehende Verwaltung erwählt? Sie hat sich selbst eingesetzt; sie ist nicht gesetzlich." Major Schiwkowitsch, ein österreichischer Flüchtling, unter dem angenommenen Namen Hranislaw, der sein Vaterland verläugnet, beugte sich vor den Soldaten und wünschte ihnen eine glückliche Reise! Man versichert, daß mehrere Große des Landes ansehnliche Summen aus der Nationalcasse unter dem Vorwand, daß das Capital Zinsen tragen soll, genommen haben, um im Nothfall Serbien zu verlassen und ins Ausland mit vollen Beuteln zu ziehen. - In allen Verwaltungszweigen herrscht die größte Zwietracht, selbst in dem Sowjet (Rath) sollen mehrmal tumultuarische Auftritte vorgefallen seyn, die in persönliche Beleidigungen übergingen und mit dem Faustrecht endigten. Jeder überschreitet seinen Wirkungskreis und mischt sich in die Angelegenheiten des Andern. Fürst Milosch war ein einziger Despot im Lande; nach seiner Verbannung aber sind mehrere Hundert Despoten in Serbien aufgestanden: jeder will nur befehlen, keiner gehorchen. In mehreren Bezirken verweigert das Volk die Abgaben. Ueberall Zwietracht und Parteigeist. Die gemäßigte Partei will Michael Obrenowitsch zum Fürsten haben, die Gegenpartei will den Enkel oder den Sohn des berühmten Helden Georg Petrowitsch Czerni zum Fürsten proclamiren; Mancher ist nur darum thätig, den status quo zu erhalten, um im Trüben fischen und bei einer günstigen Gelegenheit sich selbst zum Fürsten erheben zu können. So wird das arme Volk durch die widersprechenden Absichten seiner Gewalthaber hin und her geworfen - ein betrogenes, aber doch ein schönes, kräftiges, muthiges Geschlecht, aus dem man eine edle Nation bilden könnte; wenn an der Spitze ein Joseph oder Friedrich stände, würde man Wunder sehen. Belgrad befindet sich durch Intriguen in einem Zustande, wie zu Kriegszeiten, als wenn der Feind nahe wäre; in der Nacht werden die Patrouillen in allen Gassen, oft einige Hundert Mann stark, gezählt; alle Fahrzeuge auf der Saawe und auf der Donau werden Tag und Nacht bewacht. Einige besorgen die Ankunft des Fürsten Milosch; Andere haben ganz besondere Plane dabei; die Zeit wird sie enthüllen. Wenige Männer, wie Wutschitsch, Petroniewitsch, Ephrem Obrenowitsch und noch einige, sind es, die das allgemeine Beste wollen, aber sie haben noch nicht den wahren Weg gefunden. - Der junge Fürst Michael Obrenowitsch wird am 14 März in Belgrad erwartet; der russische Consul ist ihm entgegen gereist; man ist beschäftigt, um ihn glänzend zu empfangen. Es sind zwei Triumphpforten errichtet, und die Nationalversammlung ist schon auf den 11 März, in Belgrad zu erscheinen, einberufen worden. Die Illuminationen sollen drei Tage dauern. Den Fürsten soll ein Mihmindar und noch ein Wessier von Konstantinopel aus nach Belgrad begleiten. Es soll eine neue Organisation in allen Verwaltungszweigen in Serbien vorgenommen werden. Wenn aber nach der Ankunft des jungen Fürsten keine bessere Ordnung eintritt, und die Parteien sich nicht ausgleichen, so muß jeder Patriot ausrufen: Unglücklicher Fürst! Unglückliches Serbien!

Die gemischten Ehen in der griechischen Kirche.

Die Streitigkeiten wegen der gemischten Ehen haben in der griechischen Kirche etwa zu derselben Zeit begonnen, zu welcher die Kölnischen Wirren ausbrachen. Die Veranlassung war folgende. Seit der Constituirung des Königreichs Griechenland wurden hier Verheirathungen zwischen Fremden, die dem griechischen Glauben nicht zugethan waren, und Griechinnen immer häufiger, und die griechischen Frauen sollen dergleichen Verbindungen nichts weniger als abgeneigt gewesen seyn. Bald aber suchte die heilige Synode zu Athen dem Ueberhandnehmen solcher Verbindungen entgegenzuwirken, zum Theil aus Glaubenseifer, zum Theil getrieben von der Eifersucht der griechischen Männer und der allgemeinen Antipathie gegen die Fremden. Indessen hatten die Maaßregeln, welche die Synode ergriff, einstweilen nur den Erfolg, daß sich die gemischten Paare von den stets bereitwilligen griechischen Geistlichen auf den jonischen Inseln und namentlich auf Cephalonia trauen ließen. Deßhalb scheint der Patriarch veranlaßt worden zu seyn, den jonischen Geistlichen die Einsegnung der gemischten Ehen durch einen Hirtenbrief zu untersagen.

Im Julius 1838, wo ich dem Patriarchen Gregorios meine Aufwartung zu machen Gelegenheit hatte, und mit dessen Grammatikos (Secretär) öfters zusammenkam, war man gerade mit dieser Angelegenheit beschäftigt. Der Patriarch war entschieden gegen die Zulassung der gemischten Ehen, weil sie das Recht der griechischen Kirche bestimmt für nichtig erkläre. Der 72ste Kanon der sechsten ökumenischen Synode verordnet: "daß es einem orthodoxen Manne nicht gestattet seyn solle, eine ketzerische Frau zu nehmen, noch einer orthodoxen Frau, einen Ketzer zu heirathen: und wenn ein Fall der Art vorgekommen sey, so solle die Ehe als nichtig angesehen werden, und die ungesetzliche

*) Von einem Serben.

rein slavisch; Croatien, Slawonien, Dalmatien sind Slaven; von Batska, der türkischen Gränze, bis nach Ofen und Raab hinauf sind Serben: und in einem solchen Lande sollen nach drei Jahren überall alle Kirchenbücher, Processe, Aemter, Gerichte, Zünfte u. s. w. magyarisch geführt werden! Und sollte dieß alles möglich seyn: wird es auch rechtlich und menschlich? wird es auch für das wahre Wohl nützlich und ersprießlich seyn? Das Schweizerland beherbergt auch dreierlei Stämme und Sprachen: Deutsche, Franzosen und Italiener, ungefähr in dem Verhältniß wie das Ungarland: Slaven, Magyaren, Deutsche. – Die Geschichte ist das Weltgericht. Die Geschichte hat nie gebilligt die Sprachtyrannei der Römer, nie gebilligt die Germanisirung der Wenden in Deutschland, nie gebilligt die Englisirung der Indianer in Amerika und Asien: so wird sie auch die jetzige Russisirung der Finnen, die Magyarisirung der Deutschen und Slaven in Ungarn, und andere dergleichen Mißgeburten der Rohheit nicht nur nicht billigen, sondern als unwürdige Völkerplagen verdammen.

Serbien.

*) Nach der Verbannung des Fürsten Milosch aus Serbien hoffte man die wohlthätigen Folgen der neuen Verfassung in vollem Maaße zu genießen, die Rechte gesichert, die allgemeine Ruhe und Ordnung im Lande eingeführt zu sehen. Aber diese schönen Hoffnungen sind nur Täuschungen gewesen und fromme Wünsche. Die gegenwärtige Verwaltung ist meistentheils aus beschränkten oder geldgierigen Menschen zusammengesetzt. Ihr Losungswort ist: „wir wollen keine Schwaben (Deutschen) im Lande dulden.“ Mit dieser unpolitischen Prahlerei wollen sie sich unter dem Pöbel einen Namen machen. Man hegt einen allgemeinen Haß gegen die Deutschen. Die regulären Truppen haben nach mehreren tumultuarischen Bewegungen den militärischen Gehorsam ganz aufgesagt, und sind mit Sack und Pack und scharfgeladenen Gewehren am Ende des vergangenen Monats zur Mittagsstunde unter Hurrahruf nach Hause gezogen. Als sie von ihren Officieren an ihre Pflicht gegen die gegenwärtige Verwaltung gemahnt wurden, antworteten sie: „Wem sollen wir dienen? Wir haben keinen Fürsten. Der neuen Verwaltung wollen wir keinen Gehorsam leisten. Wer hat die bestehende Verwaltung erwählt? Sie hat sich selbst eingesetzt; sie ist nicht gesetzlich.“ Major Schiwkowitsch, ein österreichischer Flüchtling, unter dem angenommenen Namen Hranislaw, der sein Vaterland verläugnet, beugte sich vor den Soldaten und wünschte ihnen eine glückliche Reise! Man versichert, daß mehrere Große des Landes ansehnliche Summen aus der Nationalcasse unter dem Vorwand, daß das Capital Zinsen tragen soll, genommen haben, um im Nothfall Serbien zu verlassen und ins Ausland mit vollen Beuteln zu ziehen. – In allen Verwaltungszweigen herrscht die größte Zwietracht, selbst in dem Sowjet (Rath) sollen mehrmal tumultuarische Auftritte vorgefallen seyn, die in persönliche Beleidigungen übergingen und mit dem Faustrecht endigten. Jeder überschreitet seinen Wirkungskreis und mischt sich in die Angelegenheiten des Andern. Fürst Milosch war ein einziger Despot im Lande; nach seiner Verbannung aber sind mehrere Hundert Despoten in Serbien aufgestanden: jeder will nur befehlen, keiner gehorchen. In mehreren Bezirken verweigert das Volk die Abgaben. Ueberall Zwietracht und Parteigeist. Die gemäßigte Partei will Michael Obrenowitsch zum Fürsten haben, die Gegenpartei will den Enkel oder den Sohn des berühmten Helden Georg Petrowitsch Czerni zum Fürsten proclamiren; Mancher ist nur darum thätig, den status quo zu erhalten, um im Trüben fischen und bei einer günstigen Gelegenheit sich selbst zum Fürsten erheben zu können. So wird das arme Volk durch die widersprechenden Absichten seiner Gewalthaber hin und her geworfen – ein betrogenes, aber doch ein schönes, kräftiges, muthiges Geschlecht, aus dem man eine edle Nation bilden könnte; wenn an der Spitze ein Joseph oder Friedrich stände, würde man Wunder sehen. Belgrad befindet sich durch Intriguen in einem Zustande, wie zu Kriegszeiten, als wenn der Feind nahe wäre; in der Nacht werden die Patrouillen in allen Gassen, oft einige Hundert Mann stark, gezählt; alle Fahrzeuge auf der Saawe und auf der Donau werden Tag und Nacht bewacht. Einige besorgen die Ankunft des Fürsten Milosch; Andere haben ganz besondere Plane dabei; die Zeit wird sie enthüllen. Wenige Männer, wie Wutschitsch, Petroniewitsch, Ephrem Obrenowitsch und noch einige, sind es, die das allgemeine Beste wollen, aber sie haben noch nicht den wahren Weg gefunden. – Der junge Fürst Michael Obrenowitsch wird am 14 März in Belgrad erwartet; der russische Consul ist ihm entgegen gereist; man ist beschäftigt, um ihn glänzend zu empfangen. Es sind zwei Triumphpforten errichtet, und die Nationalversammlung ist schon auf den 11 März, in Belgrad zu erscheinen, einberufen worden. Die Illuminationen sollen drei Tage dauern. Den Fürsten soll ein Mihmindar und noch ein Wessier von Konstantinopel aus nach Belgrad begleiten. Es soll eine neue Organisation in allen Verwaltungszweigen in Serbien vorgenommen werden. Wenn aber nach der Ankunft des jungen Fürsten keine bessere Ordnung eintritt, und die Parteien sich nicht ausgleichen, so muß jeder Patriot ausrufen: Unglücklicher Fürst! Unglückliches Serbien!

Die gemischten Ehen in der griechischen Kirche.

Die Streitigkeiten wegen der gemischten Ehen haben in der griechischen Kirche etwa zu derselben Zeit begonnen, zu welcher die Kölnischen Wirren ausbrachen. Die Veranlassung war folgende. Seit der Constituirung des Königreichs Griechenland wurden hier Verheirathungen zwischen Fremden, die dem griechischen Glauben nicht zugethan waren, und Griechinnen immer häufiger, und die griechischen Frauen sollen dergleichen Verbindungen nichts weniger als abgeneigt gewesen seyn. Bald aber suchte die heilige Synode zu Athen dem Ueberhandnehmen solcher Verbindungen entgegenzuwirken, zum Theil aus Glaubenseifer, zum Theil getrieben von der Eifersucht der griechischen Männer und der allgemeinen Antipathie gegen die Fremden. Indessen hatten die Maaßregeln, welche die Synode ergriff, einstweilen nur den Erfolg, daß sich die gemischten Paare von den stets bereitwilligen griechischen Geistlichen auf den jonischen Inseln und namentlich auf Cephalonia trauen ließen. Deßhalb scheint der Patriarch veranlaßt worden zu seyn, den jonischen Geistlichen die Einsegnung der gemischten Ehen durch einen Hirtenbrief zu untersagen.

Im Julius 1838, wo ich dem Patriarchen Gregorios meine Aufwartung zu machen Gelegenheit hatte, und mit dessen Grammatikos (Secretär) öfters zusammenkam, war man gerade mit dieser Angelegenheit beschäftigt. Der Patriarch war entschieden gegen die Zulassung der gemischten Ehen, weil sie das Recht der griechischen Kirche bestimmt für nichtig erkläre. Der 72ste Kanon der sechsten ökumenischen Synode verordnet: „daß es einem orthodoxen Manne nicht gestattet seyn solle, eine ketzerische Frau zu nehmen, noch einer orthodoxen Frau, einen Ketzer zu heirathen: und wenn ein Fall der Art vorgekommen sey, so solle die Ehe als nichtig angesehen werden, und die ungesetzliche

*) Von einem Serben.
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[0700/0012] rein slavisch; Croatien, Slawonien, Dalmatien sind Slaven; von Batska, der türkischen Gränze, bis nach Ofen und Raab hinauf sind Serben: und in einem solchen Lande sollen nach drei Jahren überall alle Kirchenbücher, Processe, Aemter, Gerichte, Zünfte u. s. w. magyarisch geführt werden! Und sollte dieß alles möglich seyn: wird es auch rechtlich und menschlich? wird es auch für das wahre Wohl nützlich und ersprießlich seyn? Das Schweizerland beherbergt auch dreierlei Stämme und Sprachen: Deutsche, Franzosen und Italiener, ungefähr in dem Verhältniß wie das Ungarland: Slaven, Magyaren, Deutsche. – Die Geschichte ist das Weltgericht. Die Geschichte hat nie gebilligt die Sprachtyrannei der Römer, nie gebilligt die Germanisirung der Wenden in Deutschland, nie gebilligt die Englisirung der Indianer in Amerika und Asien: so wird sie auch die jetzige Russisirung der Finnen, die Magyarisirung der Deutschen und Slaven in Ungarn, und andere dergleichen Mißgeburten der Rohheit nicht nur nicht billigen, sondern als unwürdige Völkerplagen verdammen. Serbien. _ Von der serbischen Gränze, 8 März. *) Nach der Verbannung des Fürsten Milosch aus Serbien hoffte man die wohlthätigen Folgen der neuen Verfassung in vollem Maaße zu genießen, die Rechte gesichert, die allgemeine Ruhe und Ordnung im Lande eingeführt zu sehen. Aber diese schönen Hoffnungen sind nur Täuschungen gewesen und fromme Wünsche. Die gegenwärtige Verwaltung ist meistentheils aus beschränkten oder geldgierigen Menschen zusammengesetzt. Ihr Losungswort ist: „wir wollen keine Schwaben (Deutschen) im Lande dulden.“ Mit dieser unpolitischen Prahlerei wollen sie sich unter dem Pöbel einen Namen machen. Man hegt einen allgemeinen Haß gegen die Deutschen. Die regulären Truppen haben nach mehreren tumultuarischen Bewegungen den militärischen Gehorsam ganz aufgesagt, und sind mit Sack und Pack und scharfgeladenen Gewehren am Ende des vergangenen Monats zur Mittagsstunde unter Hurrahruf nach Hause gezogen. Als sie von ihren Officieren an ihre Pflicht gegen die gegenwärtige Verwaltung gemahnt wurden, antworteten sie: „Wem sollen wir dienen? Wir haben keinen Fürsten. Der neuen Verwaltung wollen wir keinen Gehorsam leisten. Wer hat die bestehende Verwaltung erwählt? Sie hat sich selbst eingesetzt; sie ist nicht gesetzlich.“ Major Schiwkowitsch, ein österreichischer Flüchtling, unter dem angenommenen Namen Hranislaw, der sein Vaterland verläugnet, beugte sich vor den Soldaten und wünschte ihnen eine glückliche Reise! Man versichert, daß mehrere Große des Landes ansehnliche Summen aus der Nationalcasse unter dem Vorwand, daß das Capital Zinsen tragen soll, genommen haben, um im Nothfall Serbien zu verlassen und ins Ausland mit vollen Beuteln zu ziehen. – In allen Verwaltungszweigen herrscht die größte Zwietracht, selbst in dem Sowjet (Rath) sollen mehrmal tumultuarische Auftritte vorgefallen seyn, die in persönliche Beleidigungen übergingen und mit dem Faustrecht endigten. Jeder überschreitet seinen Wirkungskreis und mischt sich in die Angelegenheiten des Andern. Fürst Milosch war ein einziger Despot im Lande; nach seiner Verbannung aber sind mehrere Hundert Despoten in Serbien aufgestanden: jeder will nur befehlen, keiner gehorchen. In mehreren Bezirken verweigert das Volk die Abgaben. Ueberall Zwietracht und Parteigeist. Die gemäßigte Partei will Michael Obrenowitsch zum Fürsten haben, die Gegenpartei will den Enkel oder den Sohn des berühmten Helden Georg Petrowitsch Czerni zum Fürsten proclamiren; Mancher ist nur darum thätig, den status quo zu erhalten, um im Trüben fischen und bei einer günstigen Gelegenheit sich selbst zum Fürsten erheben zu können. So wird das arme Volk durch die widersprechenden Absichten seiner Gewalthaber hin und her geworfen – ein betrogenes, aber doch ein schönes, kräftiges, muthiges Geschlecht, aus dem man eine edle Nation bilden könnte; wenn an der Spitze ein Joseph oder Friedrich stände, würde man Wunder sehen. Belgrad befindet sich durch Intriguen in einem Zustande, wie zu Kriegszeiten, als wenn der Feind nahe wäre; in der Nacht werden die Patrouillen in allen Gassen, oft einige Hundert Mann stark, gezählt; alle Fahrzeuge auf der Saawe und auf der Donau werden Tag und Nacht bewacht. Einige besorgen die Ankunft des Fürsten Milosch; Andere haben ganz besondere Plane dabei; die Zeit wird sie enthüllen. Wenige Männer, wie Wutschitsch, Petroniewitsch, Ephrem Obrenowitsch und noch einige, sind es, die das allgemeine Beste wollen, aber sie haben noch nicht den wahren Weg gefunden. – Der junge Fürst Michael Obrenowitsch wird am 14 März in Belgrad erwartet; der russische Consul ist ihm entgegen gereist; man ist beschäftigt, um ihn glänzend zu empfangen. Es sind zwei Triumphpforten errichtet, und die Nationalversammlung ist schon auf den 11 März, in Belgrad zu erscheinen, einberufen worden. Die Illuminationen sollen drei Tage dauern. Den Fürsten soll ein Mihmindar und noch ein Wessier von Konstantinopel aus nach Belgrad begleiten. Es soll eine neue Organisation in allen Verwaltungszweigen in Serbien vorgenommen werden. Wenn aber nach der Ankunft des jungen Fürsten keine bessere Ordnung eintritt, und die Parteien sich nicht ausgleichen, so muß jeder Patriot ausrufen: Unglücklicher Fürst! Unglückliches Serbien! Die gemischten Ehen in der griechischen Kirche. Die Streitigkeiten wegen der gemischten Ehen haben in der griechischen Kirche etwa zu derselben Zeit begonnen, zu welcher die Kölnischen Wirren ausbrachen. Die Veranlassung war folgende. Seit der Constituirung des Königreichs Griechenland wurden hier Verheirathungen zwischen Fremden, die dem griechischen Glauben nicht zugethan waren, und Griechinnen immer häufiger, und die griechischen Frauen sollen dergleichen Verbindungen nichts weniger als abgeneigt gewesen seyn. Bald aber suchte die heilige Synode zu Athen dem Ueberhandnehmen solcher Verbindungen entgegenzuwirken, zum Theil aus Glaubenseifer, zum Theil getrieben von der Eifersucht der griechischen Männer und der allgemeinen Antipathie gegen die Fremden. Indessen hatten die Maaßregeln, welche die Synode ergriff, einstweilen nur den Erfolg, daß sich die gemischten Paare von den stets bereitwilligen griechischen Geistlichen auf den jonischen Inseln und namentlich auf Cephalonia trauen ließen. Deßhalb scheint der Patriarch veranlaßt worden zu seyn, den jonischen Geistlichen die Einsegnung der gemischten Ehen durch einen Hirtenbrief zu untersagen. Im Julius 1838, wo ich dem Patriarchen Gregorios meine Aufwartung zu machen Gelegenheit hatte, und mit dessen Grammatikos (Secretär) öfters zusammenkam, war man gerade mit dieser Angelegenheit beschäftigt. Der Patriarch war entschieden gegen die Zulassung der gemischten Ehen, weil sie das Recht der griechischen Kirche bestimmt für nichtig erkläre. Der 72ste Kanon der sechsten ökumenischen Synode verordnet: „daß es einem orthodoxen Manne nicht gestattet seyn solle, eine ketzerische Frau zu nehmen, noch einer orthodoxen Frau, einen Ketzer zu heirathen: und wenn ein Fall der Art vorgekommen sey, so solle die Ehe als nichtig angesehen werden, und die ungesetzliche *) Von einem Serben.

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 88. Augsburg, 28. März 1840, S. 0700. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_088_18400328/12>, abgerufen am 27.11.2024.