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Allgemeine Zeitung. Nr. 73. Augsburg, 13. März 1840.

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Fonds denjenigen Compagnien, welche die Canäle pachten, vorschießen, und diese sollten die Verpflichtung übernehmen, die Werke im Lauf von zwei Jahren in vollkommen brauchbaren Stand zu setzen.

Wie der Carneval, so sein Ende - ungezähmter Muthwillen, reges Durcheinander, greller Jubel, aber ohne Volkshumor im Großen, ohne jenen Abglanz von Seele, der das Kennzeichen ächten Frohsinns ist. Wohl spielt der Carneval hier noch stark in die Fastenzeit hinein, aber der Charakter des Lebens wird stiller und gewöhnlicher, die Feste vereinzeln, zerstreuen sich, und die Masse der Bevölkerung gewinnt ihre arbeitsame Ruhe wieder. Je näher daher Fastnacht kömmt, desto stärker wird Taumel und Getümmel, desto verzerrter bilden sich die Larven, desto mehr häufen sich die Bälle, desto ermüdeter sehen vornehme, desto zerstörter gemeine Frauen aus. Vom Sonntag an wird die Trunkenheit allgemein: ganz Paris fliegt zu müßigem Schwärmen aus; einige Stadttheile sind natürlich daher verödet, in andern wogt ohne Unterlaß der Strom; Paris, sonst bald nach Mitternacht so stumm, so einsam und unheimlich, ist von Kutschengerassel und geschwätzigem Volk fort und fort belebt, bis am Morgen das alltägliche Geräusch von neuem beginnt. Der Haupttag aber ist der mardi gras. Von der Mitte des Morgens an sind in den Straßen, durch die der gefeierte Fastnachtochs, der Löwe des Festes, ziehen soll, Gehege von wartenden Zuschauern entstanden. Masken zu Fuß, Masken zu Pferd, Banden von Masken in großen Wagen, erscheinen allenthalben; barbarische Musik, so regellos wie das Schauspiel selber, dem sie dient, belästigt da und dort das Ohr; verkleidete Kinder ahmen das Treiben der Erwachsenen nach; denn nicht genug, daß uns die Natur schon den Affen so ähnlich macht, erzieht man uns noch dazu. Der Gamin endlich, der nirgends fehlt, ist auch hier allgegenwärtig. Seine scheckige Toilette dient ihm als Maske, als Larve sein durchtriebenes Gesicht. Er mustert Alles mit geübtem Auge, und verfolgt jede Thorheit mit behendem Witz. Die Könige haben ihre Narren noch, denn König ist hier das Volk, und der Gamin ist sein Narr. Diese verschiedenen Phänomene fließen nun auf den Boulevards mit der zahllosen Menschenmenge in ein fluthendes Chaos zusammen, in dessen Mitte die hohe Welt spazieren fährt, und bald eine bleichgetanzte Schönheit, bald eine Truppe festentsprechend geputzter Kinder, den Tausenden, die da gaffen, zur Schau stellt. Von einem Höhepunkte der langen Allee betrachtet, gewährt das unübersehbare Gewühl einen eben so großartigen als beruhigenden Anblick; alle Stände, jedes Alter, Männer und Frauen, zwei- und vierbeinige Geschöpfe bewegen sich hier in dichtestem Gewirre, und Alles geht so friedlich, so in Ordnung ab, kein ungehöriger Vorfall stört die allgemeine Freude. Die Franzosen sind doch kein so unlenksames Volk! Weniger gesittet, als auf den Boulevard geht es an der Courtille her; tugendsame Seufzer wären hier jedoch am unrechten Orte; der Pöbel will Pöbel seyn, das muß man ihm nicht verargen, er hält auf Consequenz; gemein, wie seine Arbeit, will er seine Genüsse haben. Schwer läßt sich ihm befehlen, seine Tänze sollen edler seyn, als der dicke, dunkle, herbe Wein, der ihn berauscht. Die Fabrikstube ist sein Salon, die Lieder der Barriere sind seine Classiker. Wie also soll er wohlerzogen seyn in Sprache und Manieren? Er gibt ja nur das Leben wieder, das er führt, und folgt der Natur, die er ißt und trinkt. Warum daher zürnen und zettern, wenn er in seiner Begeisterung einem Stuhl das Bein bricht, und mit revolutionärer Hand den gefüllten Tisch umstößt? - Ein Vergnügen löst das andere ab: nach dem Carneval daher die Kunst. Schon stimmen allwärts die Concerte ihre Instrumente, und seit gestern steht der Salon dem neugierigen Pilger offen. Eine Musterung der ausgestellten Gemälde am Eröffnungstage, in einem Gedränge, das jedes gehörige Anschauen verhindert, kann bei der größten Achtsamkeit weder vollständig, noch im Einzelnen gewissenhaft, noch ruhig genug seyn, um ein Urtheil zu erlauben. Dem ersten, flüchtigen Eindrucke nach macht sich völlig Schlechtes eben so wenig als Ausgezeichnetes sehr bemerkbar. Vor zwei Jahren herrschte das Häßliche und Abstoßende stark vor, im vorigen Jahre bat das Uebergewicht des Vortrefflichen für das Geringere mit Erfolg um Gnade; der dießjährige Salon trägt, wenn uns die erste Uebersicht nicht trügt, das Gepräge des Mittelmäßigen. Die Zeichnungen und Stiche nehmen einen großen Raum ein; im Genrefach ward, namentlich von Deutschen und flämischen Künstlern, manches Ansprechende gebracht. Der berühmte Seemaler Isabei gab eine höchst getreue Copie des Hafens von Marseille; an lobenswerthen Landschaften fehlt es nicht, und die Annalen des Kaiserreichs wurden von Schlachtenmalern nicht sehr zum Frommen der Kunst, doch zur großen Zufriedenheit des patriotischen Publicums fleißig ausgebeutet.

Italien.

Se. Maj. der König scheint seine Reise nach Wien auf unbestimmte Zeit verschoben zu haben; es heißt jetzt, daß er vorher noch nach Sicilien gehe. Die Ursache, warum der Prinz von Capua nicht zurückkehrt, ist, weil Se. Maj. der Gemahlin des Prinzen den Zutritt bei Hofe nicht gestatten will, in welchem Punkt der Prinz nicht nachzugehen gesonnen scheint. - Die hier anwesenden sowohl zahlreichen als reichen Engländer, worunter unter Andern auch Lord Manchester, gaben neulich Sr. Maj. und der königlichen Familie in dem Palast Acton ein glänzendes Ballfest, zu welchem das diplomatische Corps so wie der hohe Adel geladen waren. Im Allgemeinen aber ist der Carneval wenig belebt; die Zahl der Masken auf dem Corso nimmt mit jedem Jahre ab, und bei der seit acht Tagen hier herrschenden, für diesen Himmelsstrich sehr kalten Witterung (der Thermometer fällt zuweilen bis auf einen Grad unter Null) haben sich auch bedeutend weniger Fußgänger, Wagen und Zuschauer auf den Balconen eingestellt. Charaktermasken sind ganz verschwunden, und selbst die Festini in San Carlo sind nichts Anderes als bals pares, auf denen Niemand tanzt; mit Ausnahme des letzten waren sie auch nur wenig besucht. Se. Maj. ging in Begleitung eines Kammerherrn mehrere Stunden lang im Saale umher, und unterhielt sich viel theils mit Fremden, theils mit Neapolitanern, für die es etwas Seltenes ist, mit ihrem Monarchen in so genaue Berührung zu kommen, da die spanische Etiquette nicht erlaubt, daß der König z. B. zu Fuß durch die Straßen geht. Die königlichen Prinzen fangen jedoch bei ihrem ohnehin sehr einfachen und leutseligen Wesen an, diese Sitte nicht mehr zu beobachten, was dem Volke sehr gefällt.

Sie wissen bereits, daß der Herzog von Bordeaux durch Vermittlung des hiesigen russischen Gesandten an den Kaiser Nikolaus die Bitte gelangen ließ, seinen künftigen Aufenthalt in den russischen Staaten nehmen zu dürfen. Die darauf erfolgte Antwort des Kaisers war in sehr gnädigen Ausdrücken abgefaßt, und dem Herzog darin die Erlaubniß ertheilt, sich jeden beliebigen Ort in dem russischen Kaiserstaat zu wählen, mit einziger Ausnahme St. Petersburgs, welches als Hauptstadt für den bleibenden Aufenthalt des Herzogs sich nicht eignen könne. Durch diese Communicationen und hauptsächlich durch die zuvorkommende Behandlung,

Fonds denjenigen Compagnien, welche die Canäle pachten, vorschießen, und diese sollten die Verpflichtung übernehmen, die Werke im Lauf von zwei Jahren in vollkommen brauchbaren Stand zu setzen.

Wie der Carneval, so sein Ende – ungezähmter Muthwillen, reges Durcheinander, greller Jubel, aber ohne Volkshumor im Großen, ohne jenen Abglanz von Seele, der das Kennzeichen ächten Frohsinns ist. Wohl spielt der Carneval hier noch stark in die Fastenzeit hinein, aber der Charakter des Lebens wird stiller und gewöhnlicher, die Feste vereinzeln, zerstreuen sich, und die Masse der Bevölkerung gewinnt ihre arbeitsame Ruhe wieder. Je näher daher Fastnacht kömmt, desto stärker wird Taumel und Getümmel, desto verzerrter bilden sich die Larven, desto mehr häufen sich die Bälle, desto ermüdeter sehen vornehme, desto zerstörter gemeine Frauen aus. Vom Sonntag an wird die Trunkenheit allgemein: ganz Paris fliegt zu müßigem Schwärmen aus; einige Stadttheile sind natürlich daher verödet, in andern wogt ohne Unterlaß der Strom; Paris, sonst bald nach Mitternacht so stumm, so einsam und unheimlich, ist von Kutschengerassel und geschwätzigem Volk fort und fort belebt, bis am Morgen das alltägliche Geräusch von neuem beginnt. Der Haupttag aber ist der mardi gras. Von der Mitte des Morgens an sind in den Straßen, durch die der gefeierte Fastnachtochs, der Löwe des Festes, ziehen soll, Gehege von wartenden Zuschauern entstanden. Masken zu Fuß, Masken zu Pferd, Banden von Masken in großen Wagen, erscheinen allenthalben; barbarische Musik, so regellos wie das Schauspiel selber, dem sie dient, belästigt da und dort das Ohr; verkleidete Kinder ahmen das Treiben der Erwachsenen nach; denn nicht genug, daß uns die Natur schon den Affen so ähnlich macht, erzieht man uns noch dazu. Der Gamin endlich, der nirgends fehlt, ist auch hier allgegenwärtig. Seine scheckige Toilette dient ihm als Maske, als Larve sein durchtriebenes Gesicht. Er mustert Alles mit geübtem Auge, und verfolgt jede Thorheit mit behendem Witz. Die Könige haben ihre Narren noch, denn König ist hier das Volk, und der Gamin ist sein Narr. Diese verschiedenen Phänomene fließen nun auf den Boulevards mit der zahllosen Menschenmenge in ein fluthendes Chaos zusammen, in dessen Mitte die hohe Welt spazieren fährt, und bald eine bleichgetanzte Schönheit, bald eine Truppe festentsprechend geputzter Kinder, den Tausenden, die da gaffen, zur Schau stellt. Von einem Höhepunkte der langen Allee betrachtet, gewährt das unübersehbare Gewühl einen eben so großartigen als beruhigenden Anblick; alle Stände, jedes Alter, Männer und Frauen, zwei- und vierbeinige Geschöpfe bewegen sich hier in dichtestem Gewirre, und Alles geht so friedlich, so in Ordnung ab, kein ungehöriger Vorfall stört die allgemeine Freude. Die Franzosen sind doch kein so unlenksames Volk! Weniger gesittet, als auf den Boulevard geht es an der Courtille her; tugendsame Seufzer wären hier jedoch am unrechten Orte; der Pöbel will Pöbel seyn, das muß man ihm nicht verargen, er hält auf Consequenz; gemein, wie seine Arbeit, will er seine Genüsse haben. Schwer läßt sich ihm befehlen, seine Tänze sollen edler seyn, als der dicke, dunkle, herbe Wein, der ihn berauscht. Die Fabrikstube ist sein Salon, die Lieder der Barrière sind seine Classiker. Wie also soll er wohlerzogen seyn in Sprache und Manieren? Er gibt ja nur das Leben wieder, das er führt, und folgt der Natur, die er ißt und trinkt. Warum daher zürnen und zettern, wenn er in seiner Begeisterung einem Stuhl das Bein bricht, und mit revolutionärer Hand den gefüllten Tisch umstößt? – Ein Vergnügen löst das andere ab: nach dem Carneval daher die Kunst. Schon stimmen allwärts die Concerte ihre Instrumente, und seit gestern steht der Salon dem neugierigen Pilger offen. Eine Musterung der ausgestellten Gemälde am Eröffnungstage, in einem Gedränge, das jedes gehörige Anschauen verhindert, kann bei der größten Achtsamkeit weder vollständig, noch im Einzelnen gewissenhaft, noch ruhig genug seyn, um ein Urtheil zu erlauben. Dem ersten, flüchtigen Eindrucke nach macht sich völlig Schlechtes eben so wenig als Ausgezeichnetes sehr bemerkbar. Vor zwei Jahren herrschte das Häßliche und Abstoßende stark vor, im vorigen Jahre bat das Uebergewicht des Vortrefflichen für das Geringere mit Erfolg um Gnade; der dießjährige Salon trägt, wenn uns die erste Uebersicht nicht trügt, das Gepräge des Mittelmäßigen. Die Zeichnungen und Stiche nehmen einen großen Raum ein; im Genrefach ward, namentlich von Deutschen und flämischen Künstlern, manches Ansprechende gebracht. Der berühmte Seemaler Isabei gab eine höchst getreue Copie des Hafens von Marseille; an lobenswerthen Landschaften fehlt es nicht, und die Annalen des Kaiserreichs wurden von Schlachtenmalern nicht sehr zum Frommen der Kunst, doch zur großen Zufriedenheit des patriotischen Publicums fleißig ausgebeutet.

Italien.

Se. Maj. der König scheint seine Reise nach Wien auf unbestimmte Zeit verschoben zu haben; es heißt jetzt, daß er vorher noch nach Sicilien gehe. Die Ursache, warum der Prinz von Capua nicht zurückkehrt, ist, weil Se. Maj. der Gemahlin des Prinzen den Zutritt bei Hofe nicht gestatten will, in welchem Punkt der Prinz nicht nachzugehen gesonnen scheint. – Die hier anwesenden sowohl zahlreichen als reichen Engländer, worunter unter Andern auch Lord Manchester, gaben neulich Sr. Maj. und der königlichen Familie in dem Palast Acton ein glänzendes Ballfest, zu welchem das diplomatische Corps so wie der hohe Adel geladen waren. Im Allgemeinen aber ist der Carneval wenig belebt; die Zahl der Masken auf dem Corso nimmt mit jedem Jahre ab, und bei der seit acht Tagen hier herrschenden, für diesen Himmelsstrich sehr kalten Witterung (der Thermometer fällt zuweilen bis auf einen Grad unter Null) haben sich auch bedeutend weniger Fußgänger, Wagen und Zuschauer auf den Balconen eingestellt. Charaktermasken sind ganz verschwunden, und selbst die Festini in San Carlo sind nichts Anderes als bals parés, auf denen Niemand tanzt; mit Ausnahme des letzten waren sie auch nur wenig besucht. Se. Maj. ging in Begleitung eines Kammerherrn mehrere Stunden lang im Saale umher, und unterhielt sich viel theils mit Fremden, theils mit Neapolitanern, für die es etwas Seltenes ist, mit ihrem Monarchen in so genaue Berührung zu kommen, da die spanische Etiquette nicht erlaubt, daß der König z. B. zu Fuß durch die Straßen geht. Die königlichen Prinzen fangen jedoch bei ihrem ohnehin sehr einfachen und leutseligen Wesen an, diese Sitte nicht mehr zu beobachten, was dem Volke sehr gefällt.

Sie wissen bereits, daß der Herzog von Bordeaux durch Vermittlung des hiesigen russischen Gesandten an den Kaiser Nikolaus die Bitte gelangen ließ, seinen künftigen Aufenthalt in den russischen Staaten nehmen zu dürfen. Die darauf erfolgte Antwort des Kaisers war in sehr gnädigen Ausdrücken abgefaßt, und dem Herzog darin die Erlaubniß ertheilt, sich jeden beliebigen Ort in dem russischen Kaiserstaat zu wählen, mit einziger Ausnahme St. Petersburgs, welches als Hauptstadt für den bleibenden Aufenthalt des Herzogs sich nicht eignen könne. Durch diese Communicationen und hauptsächlich durch die zuvorkommende Behandlung,

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[0580/0004] Fonds denjenigen Compagnien, welche die Canäle pachten, vorschießen, und diese sollten die Verpflichtung übernehmen, die Werke im Lauf von zwei Jahren in vollkommen brauchbaren Stand zu setzen. _ Paris, 7 März. Wie der Carneval, so sein Ende – ungezähmter Muthwillen, reges Durcheinander, greller Jubel, aber ohne Volkshumor im Großen, ohne jenen Abglanz von Seele, der das Kennzeichen ächten Frohsinns ist. Wohl spielt der Carneval hier noch stark in die Fastenzeit hinein, aber der Charakter des Lebens wird stiller und gewöhnlicher, die Feste vereinzeln, zerstreuen sich, und die Masse der Bevölkerung gewinnt ihre arbeitsame Ruhe wieder. Je näher daher Fastnacht kömmt, desto stärker wird Taumel und Getümmel, desto verzerrter bilden sich die Larven, desto mehr häufen sich die Bälle, desto ermüdeter sehen vornehme, desto zerstörter gemeine Frauen aus. Vom Sonntag an wird die Trunkenheit allgemein: ganz Paris fliegt zu müßigem Schwärmen aus; einige Stadttheile sind natürlich daher verödet, in andern wogt ohne Unterlaß der Strom; Paris, sonst bald nach Mitternacht so stumm, so einsam und unheimlich, ist von Kutschengerassel und geschwätzigem Volk fort und fort belebt, bis am Morgen das alltägliche Geräusch von neuem beginnt. Der Haupttag aber ist der mardi gras. Von der Mitte des Morgens an sind in den Straßen, durch die der gefeierte Fastnachtochs, der Löwe des Festes, ziehen soll, Gehege von wartenden Zuschauern entstanden. Masken zu Fuß, Masken zu Pferd, Banden von Masken in großen Wagen, erscheinen allenthalben; barbarische Musik, so regellos wie das Schauspiel selber, dem sie dient, belästigt da und dort das Ohr; verkleidete Kinder ahmen das Treiben der Erwachsenen nach; denn nicht genug, daß uns die Natur schon den Affen so ähnlich macht, erzieht man uns noch dazu. Der Gamin endlich, der nirgends fehlt, ist auch hier allgegenwärtig. Seine scheckige Toilette dient ihm als Maske, als Larve sein durchtriebenes Gesicht. Er mustert Alles mit geübtem Auge, und verfolgt jede Thorheit mit behendem Witz. Die Könige haben ihre Narren noch, denn König ist hier das Volk, und der Gamin ist sein Narr. Diese verschiedenen Phänomene fließen nun auf den Boulevards mit der zahllosen Menschenmenge in ein fluthendes Chaos zusammen, in dessen Mitte die hohe Welt spazieren fährt, und bald eine bleichgetanzte Schönheit, bald eine Truppe festentsprechend geputzter Kinder, den Tausenden, die da gaffen, zur Schau stellt. Von einem Höhepunkte der langen Allee betrachtet, gewährt das unübersehbare Gewühl einen eben so großartigen als beruhigenden Anblick; alle Stände, jedes Alter, Männer und Frauen, zwei- und vierbeinige Geschöpfe bewegen sich hier in dichtestem Gewirre, und Alles geht so friedlich, so in Ordnung ab, kein ungehöriger Vorfall stört die allgemeine Freude. Die Franzosen sind doch kein so unlenksames Volk! Weniger gesittet, als auf den Boulevard geht es an der Courtille her; tugendsame Seufzer wären hier jedoch am unrechten Orte; der Pöbel will Pöbel seyn, das muß man ihm nicht verargen, er hält auf Consequenz; gemein, wie seine Arbeit, will er seine Genüsse haben. Schwer läßt sich ihm befehlen, seine Tänze sollen edler seyn, als der dicke, dunkle, herbe Wein, der ihn berauscht. Die Fabrikstube ist sein Salon, die Lieder der Barrière sind seine Classiker. Wie also soll er wohlerzogen seyn in Sprache und Manieren? Er gibt ja nur das Leben wieder, das er führt, und folgt der Natur, die er ißt und trinkt. Warum daher zürnen und zettern, wenn er in seiner Begeisterung einem Stuhl das Bein bricht, und mit revolutionärer Hand den gefüllten Tisch umstößt? – Ein Vergnügen löst das andere ab: nach dem Carneval daher die Kunst. Schon stimmen allwärts die Concerte ihre Instrumente, und seit gestern steht der Salon dem neugierigen Pilger offen. Eine Musterung der ausgestellten Gemälde am Eröffnungstage, in einem Gedränge, das jedes gehörige Anschauen verhindert, kann bei der größten Achtsamkeit weder vollständig, noch im Einzelnen gewissenhaft, noch ruhig genug seyn, um ein Urtheil zu erlauben. Dem ersten, flüchtigen Eindrucke nach macht sich völlig Schlechtes eben so wenig als Ausgezeichnetes sehr bemerkbar. Vor zwei Jahren herrschte das Häßliche und Abstoßende stark vor, im vorigen Jahre bat das Uebergewicht des Vortrefflichen für das Geringere mit Erfolg um Gnade; der dießjährige Salon trägt, wenn uns die erste Uebersicht nicht trügt, das Gepräge des Mittelmäßigen. Die Zeichnungen und Stiche nehmen einen großen Raum ein; im Genrefach ward, namentlich von Deutschen und flämischen Künstlern, manches Ansprechende gebracht. Der berühmte Seemaler Isabei gab eine höchst getreue Copie des Hafens von Marseille; an lobenswerthen Landschaften fehlt es nicht, und die Annalen des Kaiserreichs wurden von Schlachtenmalern nicht sehr zum Frommen der Kunst, doch zur großen Zufriedenheit des patriotischen Publicums fleißig ausgebeutet. Italien. Neapel, 29 Febr. Se. Maj. der König scheint seine Reise nach Wien auf unbestimmte Zeit verschoben zu haben; es heißt jetzt, daß er vorher noch nach Sicilien gehe. Die Ursache, warum der Prinz von Capua nicht zurückkehrt, ist, weil Se. Maj. der Gemahlin des Prinzen den Zutritt bei Hofe nicht gestatten will, in welchem Punkt der Prinz nicht nachzugehen gesonnen scheint. – Die hier anwesenden sowohl zahlreichen als reichen Engländer, worunter unter Andern auch Lord Manchester, gaben neulich Sr. Maj. und der königlichen Familie in dem Palast Acton ein glänzendes Ballfest, zu welchem das diplomatische Corps so wie der hohe Adel geladen waren. Im Allgemeinen aber ist der Carneval wenig belebt; die Zahl der Masken auf dem Corso nimmt mit jedem Jahre ab, und bei der seit acht Tagen hier herrschenden, für diesen Himmelsstrich sehr kalten Witterung (der Thermometer fällt zuweilen bis auf einen Grad unter Null) haben sich auch bedeutend weniger Fußgänger, Wagen und Zuschauer auf den Balconen eingestellt. Charaktermasken sind ganz verschwunden, und selbst die Festini in San Carlo sind nichts Anderes als bals parés, auf denen Niemand tanzt; mit Ausnahme des letzten waren sie auch nur wenig besucht. Se. Maj. ging in Begleitung eines Kammerherrn mehrere Stunden lang im Saale umher, und unterhielt sich viel theils mit Fremden, theils mit Neapolitanern, für die es etwas Seltenes ist, mit ihrem Monarchen in so genaue Berührung zu kommen, da die spanische Etiquette nicht erlaubt, daß der König z. B. zu Fuß durch die Straßen geht. Die königlichen Prinzen fangen jedoch bei ihrem ohnehin sehr einfachen und leutseligen Wesen an, diese Sitte nicht mehr zu beobachten, was dem Volke sehr gefällt. _ Rom, 25 Febr. Sie wissen bereits, daß der Herzog von Bordeaux durch Vermittlung des hiesigen russischen Gesandten an den Kaiser Nikolaus die Bitte gelangen ließ, seinen künftigen Aufenthalt in den russischen Staaten nehmen zu dürfen. Die darauf erfolgte Antwort des Kaisers war in sehr gnädigen Ausdrücken abgefaßt, und dem Herzog darin die Erlaubniß ertheilt, sich jeden beliebigen Ort in dem russischen Kaiserstaat zu wählen, mit einziger Ausnahme St. Petersburgs, welches als Hauptstadt für den bleibenden Aufenthalt des Herzogs sich nicht eignen könne. Durch diese Communicationen und hauptsächlich durch die zuvorkommende Behandlung,

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 73. Augsburg, 13. März 1840, S. 0580. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_073_18400313/4>, abgerufen am 24.11.2024.