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Allgemeine Zeitung. Nr. 72. Augsburg, 12. März 1840.

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Nächte ohne das wärmende Element zubringen. Die Verpflegung und Bekleidung der Truppen kann unter diesen Umständen vortrefflich genannt werden. Des Morgens und des Abends bekommt der Soldat seine Fleischsuppe und an kalten Tagen eine Art Thee, welcher aus Honig, Pfeffer und Gewürze bereitet wird. Auch an Branntwein fehlt es nicht. Außer der Uniform und dem Mantel ist jeder mit einer gesteppten Jacke, einem kurzen Schafpelz, warmen Stiefeln und Ueberschuhen versehen. Eine warme Mütze schützt den Kopf nebst Zubehör. Ferner hat die väterliche Sorge der Chefs die Soldaten mit Tuchlarven, um das Gesicht gegen die unerträglich scharfen Winde zu schützen, und mit netzförmigen Haarbrillen versehen, um die Augen vor den schädlichen Eindrücken der Blendung zu wahren. - Außer der genannten Ruhezeit wird kein Halt gemacht; die Soldaten aber reiten abwechselnd auf den Kamelen, was freilich einen höchst sonderbaren Anblick gewährt. Nichtsdestoweniger sind die Müheseligkeiten, welche unsere Truppen zu überwinden haben, ungeheuer. Man bedenke das schwierige Marschiren in einer lästigen Bekleidung und auf einer ungebahnten, mit tiefem Schnee bedeckten Ebene Dazu kommt noch das Frühaufstehen (gewöhnlich in jeder Nacht um 2 Uhr, um die üblichen Kriegsplackereien, als Wachen, Patrouillen etc. zu verrichten) und das bei der strengen Kälte unerträgliche Auf- und Abpacken der Kamele. Man bedenke ferner die furchtbare Strenge der Kälte, welche während der letzten zwanzig Tage bis auf 34 Grad Reaumur stieg, und nicht unter 12 Grad fiel; die mittlere Temperatur betrug demgemäß 23 Grad, und selbst im Zelte mußten wir eine Kälte von 26 Grad erdulden. Vor Allem aber sind uns die Schneestürme, Buran, furchtbar, welche hier eine Wuth besitzen, die man in Europa nicht kennt; sie wehen mit einer solchen Heftigkeit, als wollten sie die unbekannten Fremdlinge hinwegblasen, um ihre alleinige unumschränkte Herrschaft in diesem Todtenreiche zu behaupten, und wenn auch das Wetterglas während derselben bis auf 10 Grad sinkt, so ziehen wir dennoch eine Kälte von 30 Grad ohne dieselben vor. Bedenkt man endlich den schon zwei Monate dauernden, trostlosen Anblick einer unbewohnten, einförmigen Steppe, so muß man in der That die moralische und physische Ausdauer unserer Truppen bewundern. Die Zahl der Kranken ist nicht nur unbedeutend (erfroren ist bis jetzt kein einziger), sondern man hört sogar Abends, nachdem das Lager aufgeschlagen ist, die gewohnten Nationallieder fröhlich erschallen. Mag das Resultat dieses Zuges seyn, welches es wolle, so muß er dennoch wegen der ungeheuern Schwierigkeiten, die sich ihm auf einer Strecke von 200 Meilen durch eine öde, nackte Gegend entgegenstellen, unter die rühmlichsten Unternehmungen der ältern und neuern Kriegsgeschichte gezählt werden. - Am 6 Dec. haben wir bei den Bergen Bisch-Tamak den Namenstag unsers Kaisers mit einem feierlichen Gottesdienste im Freien bei einer Kälte von 32 Grad Reaumur gefeiert. Der Kanonendonner rollte dabei siegverkündend über die todte, stille Ebene. Da wir in der hiesigen Befestigung die Mundvorräthe ergänzen mußten, so hat uns dieses Geschäft gegen 14 Tage aufgehalten. Uebermorgen wird eine Colonne sich in Bewegung setzen. - Vor Weihnachten wurde ein Detaschement von 100 Mann Infanterie mit einigen Kosaken in der Gegend von Ak-Bolak ganz unerwartet angegriffen. Der Feind aber, welcher über 2000 Reiter zählte, mußte nach vielem Geschrei und mehrfach wiederholten Angriffen unverrichteter Sache wieder abziehen, und hat sich seit der Zeit nicht wieder sehen lassen. Einige Todte blieben zur Ansicht auf der Walstatt. Unser Verlust ist unbedeutend. - Dieser Tage hat sich Sultan Bey Mahammed, der Oberst in russischen Diensten ist, mit einer Reiterschaar von 150 Kirgisen an uns angeschlossen. Auch einige andere Häuptlinge kamen aus verschiedenen Gegenden der Wüste, um ihre Ergebenheit zu bezeugen. Ein großes Gastmahl von Thee und Pferdefleisch wurde für sie angerichtet, und ihnen der staunenerregende Anblick einiger, durch eine galvanische Batterie gesprengten Minen bereitet. - Unsere Postverbindung mit Orenburg wird durch Kirgisen besorgt, welche, paarweise oder auch allein auf zwei bis drei Pferden abwechselnd reitend, täglich 15 bis 20 Meilen zurücklegen. Sie durchschneiden die Wüste unter den fürchterlichsten Schneestürmen und einer Kälte von 25 bis 30 Grad, und trotzen den sie umschwärmenden Wölfen und Räubern. Meist ohne Mittel zur Feuerung, wählen sie den tiefen Schnee zu ihrem Obdach, und besitzen als einziges Nahrungsmittel nur steinharten Schafkäse, den sie Krut nennen. - Der Anblick der uns umgebenden Steppe ist höchst einförmig und traurig. Nur an einigen Stellen, gewöhnlich in der Nähe von Flüssen, erheben sich kahle Berge oder wird die Gegend durch den Anblick einiger Erlen und Weiden belebt. - Hier sind die ersten Keiler erlegt worden, welche wir im Schilfe fanden, und die den unsrigen bis auf die kleinern Hauer ganz ähnlich sind. Sonst wird die Steppe von Wölfen, Füchsen, Kursaks (auch eine kleine Fuchsart), zuweilen auch von Bibern, vielen Dachsen, Murmelthieren und einer Anzahl von Mäusen bewohnt. Weiße Rebhühner, eine unbekannte Lerchenart und Elstern sind die einzigen Vögel, die ich gesehen habe. - Dieser Tage habe ich mit Ural'schen Kosaken nach der Scheibe geschossen. Die Entfernung betrug nicht mehr als ungefähr 100 Schritte; auf größere Weiten tragen ihre Büchsen nicht.

Oesterreich.

Die Ministerialkrisis in Frankreich erhält hier Alles in Spannung. Das Schwanken der Chancen für Thiers und Mole erregt Theilnahme, indem man die Ueberzeugung hegt, daß nur die Gewalt der Umstände Ludwig Philipp zu der Wahl des Hrn. Thiers nöthigen könnte, da der Widerwille des Königs gegen diesen Staatsmann bekannt ist, auch ein Ministerium Thiers' keinen Beistand zu versprechen scheint. Mit Freude würde man hingegen Mole als Conseilpräsidenten begrüßen, weil dieser in seinen Berührungen mit den auswärtigen Mächten immer ernste Collisionen zu vermeiden wußte, und seine Ernennung daher als eine stärkere Bürgschaft für die Erhaltung und Befestigung des Weltfriedens angesehen würde. - Der hier anwesende König von Sachsen beobachtet das strengste Incognito, und ertheilt daher keine Audienzen. Im kaiserlichen Thiergarten sollen dem sächsischen Monarchen zu Ehren zwei Jagden veranstaltet werden. Dann gedenkt Se. Maj. am 12 Wien zu verlassen und mit der Königin Maj. die Rückreise nach Dresden anzutreten. - Der brasilische Abgesandte Hr. v. Hoste befindet sich noch in Wien. Die von ihm im Namen seiner Regierung angesuchte Bewilligung zur Werbung von 500 Mann für Brasilien in den österreichischen Staaten wurde nicht ertheilt. Hr. del Hoste wird daher binnen wenigen Tagen von hier abreisen, um sich nach der Schweiz zu begeben. Se. Maj. der Kaiser Ferdinand haben den Freiherrn v. Daiser-Sylbach, österreichischen Geschäftsträger zu Rio de Janeiro, autorisirt, in Allerhöchstihrem Namen bei der Confirmation Sr. Maj. des Kaisers von Brasilien die Pathenstelle zu vertreten. - Die Verwerfung des Dotationsentwurfes in der französischen Deputirtenkammer hat hier viel Aufsehen erregt. Die Verbindung des Herzogs v. Nemours mit der Prinzessin Victoria von Sachsen-Coburg ist bis nach den Osterfeiertagen verschoben worden, und die herzogliche Familie wird in der Zwischenzeit nach Wien zurückkehren. - Der neu ernannte

Nächte ohne das wärmende Element zubringen. Die Verpflegung und Bekleidung der Truppen kann unter diesen Umständen vortrefflich genannt werden. Des Morgens und des Abends bekommt der Soldat seine Fleischsuppe und an kalten Tagen eine Art Thee, welcher aus Honig, Pfeffer und Gewürze bereitet wird. Auch an Branntwein fehlt es nicht. Außer der Uniform und dem Mantel ist jeder mit einer gesteppten Jacke, einem kurzen Schafpelz, warmen Stiefeln und Ueberschuhen versehen. Eine warme Mütze schützt den Kopf nebst Zubehör. Ferner hat die väterliche Sorge der Chefs die Soldaten mit Tuchlarven, um das Gesicht gegen die unerträglich scharfen Winde zu schützen, und mit netzförmigen Haarbrillen versehen, um die Augen vor den schädlichen Eindrücken der Blendung zu wahren. – Außer der genannten Ruhezeit wird kein Halt gemacht; die Soldaten aber reiten abwechselnd auf den Kamelen, was freilich einen höchst sonderbaren Anblick gewährt. Nichtsdestoweniger sind die Müheseligkeiten, welche unsere Truppen zu überwinden haben, ungeheuer. Man bedenke das schwierige Marschiren in einer lästigen Bekleidung und auf einer ungebahnten, mit tiefem Schnee bedeckten Ebene Dazu kommt noch das Frühaufstehen (gewöhnlich in jeder Nacht um 2 Uhr, um die üblichen Kriegsplackereien, als Wachen, Patrouillen etc. zu verrichten) und das bei der strengen Kälte unerträgliche Auf- und Abpacken der Kamele. Man bedenke ferner die furchtbare Strenge der Kälte, welche während der letzten zwanzig Tage bis auf 34 Grad Réaumur stieg, und nicht unter 12 Grad fiel; die mittlere Temperatur betrug demgemäß 23 Grad, und selbst im Zelte mußten wir eine Kälte von 26 Grad erdulden. Vor Allem aber sind uns die Schneestürme, Buran, furchtbar, welche hier eine Wuth besitzen, die man in Europa nicht kennt; sie wehen mit einer solchen Heftigkeit, als wollten sie die unbekannten Fremdlinge hinwegblasen, um ihre alleinige unumschränkte Herrschaft in diesem Todtenreiche zu behaupten, und wenn auch das Wetterglas während derselben bis auf 10 Grad sinkt, so ziehen wir dennoch eine Kälte von 30 Grad ohne dieselben vor. Bedenkt man endlich den schon zwei Monate dauernden, trostlosen Anblick einer unbewohnten, einförmigen Steppe, so muß man in der That die moralische und physische Ausdauer unserer Truppen bewundern. Die Zahl der Kranken ist nicht nur unbedeutend (erfroren ist bis jetzt kein einziger), sondern man hört sogar Abends, nachdem das Lager aufgeschlagen ist, die gewohnten Nationallieder fröhlich erschallen. Mag das Resultat dieses Zuges seyn, welches es wolle, so muß er dennoch wegen der ungeheuern Schwierigkeiten, die sich ihm auf einer Strecke von 200 Meilen durch eine öde, nackte Gegend entgegenstellen, unter die rühmlichsten Unternehmungen der ältern und neuern Kriegsgeschichte gezählt werden. – Am 6 Dec. haben wir bei den Bergen Bisch-Tamak den Namenstag unsers Kaisers mit einem feierlichen Gottesdienste im Freien bei einer Kälte von 32 Grad Réaumur gefeiert. Der Kanonendonner rollte dabei siegverkündend über die todte, stille Ebene. Da wir in der hiesigen Befestigung die Mundvorräthe ergänzen mußten, so hat uns dieses Geschäft gegen 14 Tage aufgehalten. Uebermorgen wird eine Colonne sich in Bewegung setzen. – Vor Weihnachten wurde ein Detaschement von 100 Mann Infanterie mit einigen Kosaken in der Gegend von Ak-Bolak ganz unerwartet angegriffen. Der Feind aber, welcher über 2000 Reiter zählte, mußte nach vielem Geschrei und mehrfach wiederholten Angriffen unverrichteter Sache wieder abziehen, und hat sich seit der Zeit nicht wieder sehen lassen. Einige Todte blieben zur Ansicht auf der Walstatt. Unser Verlust ist unbedeutend. – Dieser Tage hat sich Sultan Bey Mahammed, der Oberst in russischen Diensten ist, mit einer Reiterschaar von 150 Kirgisen an uns angeschlossen. Auch einige andere Häuptlinge kamen aus verschiedenen Gegenden der Wüste, um ihre Ergebenheit zu bezeugen. Ein großes Gastmahl von Thee und Pferdefleisch wurde für sie angerichtet, und ihnen der staunenerregende Anblick einiger, durch eine galvanische Batterie gesprengten Minen bereitet. – Unsere Postverbindung mit Orenburg wird durch Kirgisen besorgt, welche, paarweise oder auch allein auf zwei bis drei Pferden abwechselnd reitend, täglich 15 bis 20 Meilen zurücklegen. Sie durchschneiden die Wüste unter den fürchterlichsten Schneestürmen und einer Kälte von 25 bis 30 Grad, und trotzen den sie umschwärmenden Wölfen und Räubern. Meist ohne Mittel zur Feuerung, wählen sie den tiefen Schnee zu ihrem Obdach, und besitzen als einziges Nahrungsmittel nur steinharten Schafkäse, den sie Krut nennen. – Der Anblick der uns umgebenden Steppe ist höchst einförmig und traurig. Nur an einigen Stellen, gewöhnlich in der Nähe von Flüssen, erheben sich kahle Berge oder wird die Gegend durch den Anblick einiger Erlen und Weiden belebt. – Hier sind die ersten Keiler erlegt worden, welche wir im Schilfe fanden, und die den unsrigen bis auf die kleinern Hauer ganz ähnlich sind. Sonst wird die Steppe von Wölfen, Füchsen, Kursaks (auch eine kleine Fuchsart), zuweilen auch von Bibern, vielen Dachsen, Murmelthieren und einer Anzahl von Mäusen bewohnt. Weiße Rebhühner, eine unbekannte Lerchenart und Elstern sind die einzigen Vögel, die ich gesehen habe. – Dieser Tage habe ich mit Ural'schen Kosaken nach der Scheibe geschossen. Die Entfernung betrug nicht mehr als ungefähr 100 Schritte; auf größere Weiten tragen ihre Büchsen nicht.

Oesterreich.

Die Ministerialkrisis in Frankreich erhält hier Alles in Spannung. Das Schwanken der Chancen für Thiers und Molé erregt Theilnahme, indem man die Ueberzeugung hegt, daß nur die Gewalt der Umstände Ludwig Philipp zu der Wahl des Hrn. Thiers nöthigen könnte, da der Widerwille des Königs gegen diesen Staatsmann bekannt ist, auch ein Ministerium Thiers' keinen Beistand zu versprechen scheint. Mit Freude würde man hingegen Molé als Conseilpräsidenten begrüßen, weil dieser in seinen Berührungen mit den auswärtigen Mächten immer ernste Collisionen zu vermeiden wußte, und seine Ernennung daher als eine stärkere Bürgschaft für die Erhaltung und Befestigung des Weltfriedens angesehen würde. – Der hier anwesende König von Sachsen beobachtet das strengste Incognito, und ertheilt daher keine Audienzen. Im kaiserlichen Thiergarten sollen dem sächsischen Monarchen zu Ehren zwei Jagden veranstaltet werden. Dann gedenkt Se. Maj. am 12 Wien zu verlassen und mit der Königin Maj. die Rückreise nach Dresden anzutreten. – Der brasilische Abgesandte Hr. v. Hoste befindet sich noch in Wien. Die von ihm im Namen seiner Regierung angesuchte Bewilligung zur Werbung von 500 Mann für Brasilien in den österreichischen Staaten wurde nicht ertheilt. Hr. del Hoste wird daher binnen wenigen Tagen von hier abreisen, um sich nach der Schweiz zu begeben. Se. Maj. der Kaiser Ferdinand haben den Freiherrn v. Daiser-Sylbach, österreichischen Geschäftsträger zu Rio de Janeiro, autorisirt, in Allerhöchstihrem Namen bei der Confirmation Sr. Maj. des Kaisers von Brasilien die Pathenstelle zu vertreten. – Die Verwerfung des Dotationsentwurfes in der französischen Deputirtenkammer hat hier viel Aufsehen erregt. Die Verbindung des Herzogs v. Nemours mit der Prinzessin Victoria von Sachsen-Coburg ist bis nach den Osterfeiertagen verschoben worden, und die herzogliche Familie wird in der Zwischenzeit nach Wien zurückkehren. – Der neu ernannte

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Nächte ohne das wärmende Element zubringen. Die Verpflegung und Bekleidung der Truppen kann unter diesen Umständen vortrefflich genannt werden. Des Morgens und des Abends bekommt der Soldat seine Fleischsuppe und an kalten Tagen eine Art Thee, welcher aus Honig, Pfeffer und Gewürze bereitet wird. Auch an Branntwein fehlt es nicht. Außer der Uniform und dem Mantel ist jeder mit einer gesteppten Jacke, einem kurzen Schafpelz, warmen Stiefeln und Ueberschuhen versehen. Eine warme Mütze schützt den Kopf nebst Zubehör. Ferner hat die väterliche Sorge der Chefs die Soldaten mit Tuchlarven, um das Gesicht gegen die unerträglich scharfen Winde zu schützen, und mit netzförmigen Haarbrillen versehen, um die Augen vor den schädlichen Eindrücken der Blendung zu wahren. &#x2013; Außer der genannten Ruhezeit wird kein Halt gemacht; die Soldaten aber reiten abwechselnd auf den Kamelen, was freilich einen höchst sonderbaren Anblick gewährt. Nichtsdestoweniger sind die Müheseligkeiten, welche unsere Truppen zu überwinden haben, ungeheuer. Man bedenke das schwierige Marschiren in einer lästigen Bekleidung und auf einer ungebahnten, mit tiefem Schnee bedeckten Ebene Dazu kommt noch das Frühaufstehen (gewöhnlich in jeder Nacht um 2 Uhr, um die üblichen Kriegsplackereien, als Wachen, Patrouillen etc. zu verrichten) und das bei der strengen Kälte unerträgliche Auf- und Abpacken der Kamele. Man bedenke ferner die furchtbare Strenge der Kälte, welche während der letzten zwanzig Tage bis auf 34 Grad Réaumur stieg, und nicht unter 12 Grad fiel; die mittlere Temperatur betrug demgemäß 23 Grad, und selbst im Zelte mußten wir eine Kälte von 26 Grad erdulden. Vor Allem aber sind uns die Schneestürme, Buran, furchtbar, welche hier eine Wuth besitzen, die man in Europa nicht kennt; sie wehen mit einer solchen Heftigkeit, als wollten sie die unbekannten Fremdlinge hinwegblasen, um ihre alleinige unumschränkte Herrschaft in diesem Todtenreiche zu behaupten, und wenn auch das Wetterglas während derselben bis auf 10 Grad sinkt, so ziehen wir dennoch eine Kälte von 30 Grad ohne dieselben vor. Bedenkt man endlich den schon zwei Monate dauernden, trostlosen Anblick einer unbewohnten, einförmigen Steppe, so muß man in der That die moralische und physische Ausdauer unserer Truppen bewundern. Die Zahl der Kranken ist nicht nur unbedeutend (erfroren ist bis jetzt kein einziger), sondern man hört sogar Abends, nachdem das Lager aufgeschlagen ist, die gewohnten Nationallieder fröhlich erschallen. Mag das Resultat dieses Zuges seyn, welches es wolle, so muß er dennoch wegen der ungeheuern Schwierigkeiten, die sich ihm auf einer Strecke von 200 Meilen durch eine öde, nackte Gegend entgegenstellen, unter die rühmlichsten Unternehmungen der ältern und neuern Kriegsgeschichte gezählt werden. &#x2013; Am 6 Dec. haben wir bei den Bergen Bisch-Tamak den Namenstag unsers Kaisers mit einem feierlichen Gottesdienste im Freien bei einer Kälte von 32 Grad Réaumur gefeiert. Der Kanonendonner rollte dabei siegverkündend über die todte, stille Ebene. Da wir in der hiesigen Befestigung die Mundvorräthe ergänzen mußten, so hat uns dieses Geschäft gegen 14 Tage aufgehalten. Uebermorgen wird eine Colonne sich in Bewegung setzen. &#x2013; Vor Weihnachten wurde ein Detaschement von 100 Mann Infanterie mit einigen Kosaken in der Gegend von Ak-Bolak ganz unerwartet angegriffen. Der Feind aber, welcher über 2000 Reiter zählte, mußte nach vielem Geschrei und mehrfach wiederholten Angriffen unverrichteter Sache wieder abziehen, und hat sich seit der Zeit nicht wieder sehen lassen. Einige Todte blieben zur Ansicht auf der Walstatt. Unser Verlust ist unbedeutend. &#x2013; Dieser Tage hat sich Sultan Bey Mahammed, der Oberst in russischen Diensten ist, mit einer Reiterschaar von 150 Kirgisen an uns angeschlossen. Auch einige andere Häuptlinge kamen aus verschiedenen Gegenden der Wüste, um ihre Ergebenheit zu bezeugen. Ein großes Gastmahl von Thee und Pferdefleisch wurde für sie angerichtet, und ihnen der staunenerregende Anblick einiger, durch eine galvanische Batterie gesprengten Minen bereitet. &#x2013; Unsere Postverbindung mit Orenburg wird durch Kirgisen besorgt, welche, paarweise oder auch allein auf zwei bis drei Pferden abwechselnd reitend, täglich 15 bis 20 Meilen zurücklegen. Sie durchschneiden die Wüste unter den fürchterlichsten Schneestürmen und einer Kälte von 25 bis 30 Grad, und trotzen den sie umschwärmenden Wölfen und Räubern. Meist ohne Mittel zur Feuerung, wählen sie den tiefen Schnee zu ihrem Obdach, und besitzen als einziges Nahrungsmittel nur steinharten Schafkäse, den sie Krut nennen. &#x2013; Der Anblick der uns umgebenden Steppe ist höchst einförmig und traurig. Nur an einigen Stellen, gewöhnlich in der Nähe von Flüssen, erheben sich kahle Berge oder wird die Gegend durch den Anblick einiger Erlen und Weiden belebt. &#x2013; Hier sind die ersten Keiler erlegt worden, welche wir im Schilfe fanden, und die den unsrigen bis auf die kleinern Hauer ganz ähnlich sind. Sonst wird die Steppe von Wölfen, Füchsen, Kursaks (auch eine kleine Fuchsart), zuweilen auch von Bibern, vielen Dachsen, Murmelthieren und einer Anzahl von Mäusen bewohnt. Weiße Rebhühner, eine unbekannte Lerchenart und Elstern sind die einzigen Vögel, die ich gesehen habe. &#x2013; Dieser Tage habe ich mit Ural'schen Kosaken nach der Scheibe geschossen. Die Entfernung betrug nicht mehr als ungefähr 100 Schritte; auf größere Weiten tragen ihre Büchsen nicht.</p><lb/>
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[0575/0007] Nächte ohne das wärmende Element zubringen. Die Verpflegung und Bekleidung der Truppen kann unter diesen Umständen vortrefflich genannt werden. Des Morgens und des Abends bekommt der Soldat seine Fleischsuppe und an kalten Tagen eine Art Thee, welcher aus Honig, Pfeffer und Gewürze bereitet wird. Auch an Branntwein fehlt es nicht. Außer der Uniform und dem Mantel ist jeder mit einer gesteppten Jacke, einem kurzen Schafpelz, warmen Stiefeln und Ueberschuhen versehen. Eine warme Mütze schützt den Kopf nebst Zubehör. Ferner hat die väterliche Sorge der Chefs die Soldaten mit Tuchlarven, um das Gesicht gegen die unerträglich scharfen Winde zu schützen, und mit netzförmigen Haarbrillen versehen, um die Augen vor den schädlichen Eindrücken der Blendung zu wahren. – Außer der genannten Ruhezeit wird kein Halt gemacht; die Soldaten aber reiten abwechselnd auf den Kamelen, was freilich einen höchst sonderbaren Anblick gewährt. Nichtsdestoweniger sind die Müheseligkeiten, welche unsere Truppen zu überwinden haben, ungeheuer. Man bedenke das schwierige Marschiren in einer lästigen Bekleidung und auf einer ungebahnten, mit tiefem Schnee bedeckten Ebene Dazu kommt noch das Frühaufstehen (gewöhnlich in jeder Nacht um 2 Uhr, um die üblichen Kriegsplackereien, als Wachen, Patrouillen etc. zu verrichten) und das bei der strengen Kälte unerträgliche Auf- und Abpacken der Kamele. Man bedenke ferner die furchtbare Strenge der Kälte, welche während der letzten zwanzig Tage bis auf 34 Grad Réaumur stieg, und nicht unter 12 Grad fiel; die mittlere Temperatur betrug demgemäß 23 Grad, und selbst im Zelte mußten wir eine Kälte von 26 Grad erdulden. Vor Allem aber sind uns die Schneestürme, Buran, furchtbar, welche hier eine Wuth besitzen, die man in Europa nicht kennt; sie wehen mit einer solchen Heftigkeit, als wollten sie die unbekannten Fremdlinge hinwegblasen, um ihre alleinige unumschränkte Herrschaft in diesem Todtenreiche zu behaupten, und wenn auch das Wetterglas während derselben bis auf 10 Grad sinkt, so ziehen wir dennoch eine Kälte von 30 Grad ohne dieselben vor. Bedenkt man endlich den schon zwei Monate dauernden, trostlosen Anblick einer unbewohnten, einförmigen Steppe, so muß man in der That die moralische und physische Ausdauer unserer Truppen bewundern. Die Zahl der Kranken ist nicht nur unbedeutend (erfroren ist bis jetzt kein einziger), sondern man hört sogar Abends, nachdem das Lager aufgeschlagen ist, die gewohnten Nationallieder fröhlich erschallen. Mag das Resultat dieses Zuges seyn, welches es wolle, so muß er dennoch wegen der ungeheuern Schwierigkeiten, die sich ihm auf einer Strecke von 200 Meilen durch eine öde, nackte Gegend entgegenstellen, unter die rühmlichsten Unternehmungen der ältern und neuern Kriegsgeschichte gezählt werden. – Am 6 Dec. haben wir bei den Bergen Bisch-Tamak den Namenstag unsers Kaisers mit einem feierlichen Gottesdienste im Freien bei einer Kälte von 32 Grad Réaumur gefeiert. Der Kanonendonner rollte dabei siegverkündend über die todte, stille Ebene. Da wir in der hiesigen Befestigung die Mundvorräthe ergänzen mußten, so hat uns dieses Geschäft gegen 14 Tage aufgehalten. Uebermorgen wird eine Colonne sich in Bewegung setzen. – Vor Weihnachten wurde ein Detaschement von 100 Mann Infanterie mit einigen Kosaken in der Gegend von Ak-Bolak ganz unerwartet angegriffen. Der Feind aber, welcher über 2000 Reiter zählte, mußte nach vielem Geschrei und mehrfach wiederholten Angriffen unverrichteter Sache wieder abziehen, und hat sich seit der Zeit nicht wieder sehen lassen. Einige Todte blieben zur Ansicht auf der Walstatt. Unser Verlust ist unbedeutend. – Dieser Tage hat sich Sultan Bey Mahammed, der Oberst in russischen Diensten ist, mit einer Reiterschaar von 150 Kirgisen an uns angeschlossen. Auch einige andere Häuptlinge kamen aus verschiedenen Gegenden der Wüste, um ihre Ergebenheit zu bezeugen. Ein großes Gastmahl von Thee und Pferdefleisch wurde für sie angerichtet, und ihnen der staunenerregende Anblick einiger, durch eine galvanische Batterie gesprengten Minen bereitet. – Unsere Postverbindung mit Orenburg wird durch Kirgisen besorgt, welche, paarweise oder auch allein auf zwei bis drei Pferden abwechselnd reitend, täglich 15 bis 20 Meilen zurücklegen. Sie durchschneiden die Wüste unter den fürchterlichsten Schneestürmen und einer Kälte von 25 bis 30 Grad, und trotzen den sie umschwärmenden Wölfen und Räubern. Meist ohne Mittel zur Feuerung, wählen sie den tiefen Schnee zu ihrem Obdach, und besitzen als einziges Nahrungsmittel nur steinharten Schafkäse, den sie Krut nennen. – Der Anblick der uns umgebenden Steppe ist höchst einförmig und traurig. Nur an einigen Stellen, gewöhnlich in der Nähe von Flüssen, erheben sich kahle Berge oder wird die Gegend durch den Anblick einiger Erlen und Weiden belebt. – Hier sind die ersten Keiler erlegt worden, welche wir im Schilfe fanden, und die den unsrigen bis auf die kleinern Hauer ganz ähnlich sind. Sonst wird die Steppe von Wölfen, Füchsen, Kursaks (auch eine kleine Fuchsart), zuweilen auch von Bibern, vielen Dachsen, Murmelthieren und einer Anzahl von Mäusen bewohnt. Weiße Rebhühner, eine unbekannte Lerchenart und Elstern sind die einzigen Vögel, die ich gesehen habe. – Dieser Tage habe ich mit Ural'schen Kosaken nach der Scheibe geschossen. Die Entfernung betrug nicht mehr als ungefähr 100 Schritte; auf größere Weiten tragen ihre Büchsen nicht. Oesterreich. _ Wien, 7 März. Die Ministerialkrisis in Frankreich erhält hier Alles in Spannung. Das Schwanken der Chancen für Thiers und Molé erregt Theilnahme, indem man die Ueberzeugung hegt, daß nur die Gewalt der Umstände Ludwig Philipp zu der Wahl des Hrn. Thiers nöthigen könnte, da der Widerwille des Königs gegen diesen Staatsmann bekannt ist, auch ein Ministerium Thiers' keinen Beistand zu versprechen scheint. Mit Freude würde man hingegen Molé als Conseilpräsidenten begrüßen, weil dieser in seinen Berührungen mit den auswärtigen Mächten immer ernste Collisionen zu vermeiden wußte, und seine Ernennung daher als eine stärkere Bürgschaft für die Erhaltung und Befestigung des Weltfriedens angesehen würde. – Der hier anwesende König von Sachsen beobachtet das strengste Incognito, und ertheilt daher keine Audienzen. Im kaiserlichen Thiergarten sollen dem sächsischen Monarchen zu Ehren zwei Jagden veranstaltet werden. Dann gedenkt Se. Maj. am 12 Wien zu verlassen und mit der Königin Maj. die Rückreise nach Dresden anzutreten. – Der brasilische Abgesandte Hr. v. Hoste befindet sich noch in Wien. Die von ihm im Namen seiner Regierung angesuchte Bewilligung zur Werbung von 500 Mann für Brasilien in den österreichischen Staaten wurde nicht ertheilt. Hr. del Hoste wird daher binnen wenigen Tagen von hier abreisen, um sich nach der Schweiz zu begeben. Se. Maj. der Kaiser Ferdinand haben den Freiherrn v. Daiser-Sylbach, österreichischen Geschäftsträger zu Rio de Janeiro, autorisirt, in Allerhöchstihrem Namen bei der Confirmation Sr. Maj. des Kaisers von Brasilien die Pathenstelle zu vertreten. – Die Verwerfung des Dotationsentwurfes in der französischen Deputirtenkammer hat hier viel Aufsehen erregt. Die Verbindung des Herzogs v. Nemours mit der Prinzessin Victoria von Sachsen-Coburg ist bis nach den Osterfeiertagen verschoben worden, und die herzogliche Familie wird in der Zwischenzeit nach Wien zurückkehren. – Der neu ernannte

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Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 72. Augsburg, 12. März 1840, S. 0575. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_072_18400312/7>, abgerufen am 27.11.2024.