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Allgemeine Zeitung. Nr. 71. Augsburg, 11. März 1840.

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Großbritannien.

Am 3 März Nachmittags hielt die Königin im Buckinghampalast Cour, um Glückwunschadressen entgegenzunehmen. Die erste war die der Universität Oxford, die es darauf angelegt zu haben schien, ihre Rivalin Cambridge an Glanz zu überbieten. An der Spitze der Deputation, die aus mehreren hundert Universitätsmitgliedern in den verschiedenen Trachten ihrer akademischen Aemter oder Würden bestand, erschien der Herzog v. Wellington, als Kanzler der Universität in der Staatsrobe, mit dem Hosenbandorden. Er las die Adresse, welche die Königin auf dem Throne sitzend vernahm, während Prinz Albert ihr zur Seite stand, und die hohen Staats- und Hofbeamten sich zu beiden Seiten reihten. Ihre Maj. ertheilte eine sehr huldvolle Antwort, worauf die akademischen Herren einzeln vorgestellt wurden, und jeder die Ehre hatte, seiner Fürstin die Hand zu küssen. Hierauf erschien der Lordmayor mit der aus 190 Mitgliedern des Gemeinderaths bestehenden Deputation der City; jeder der Herren trug das weiße Hochzeitabzeichen an seiner Amtsrobe. Der Recorder las die Adresse, worauf der Handkuß folgte. Den Beschluß machten die Deputationen der verschiedenen protestantischen Dissentergemeinden in und um London, ihre Geistlichen an der Spitze. - Am 3 März Abends besuchten die Königin und Prinz Albert, dießmal jedoch privatim, in Gesellschaft des Erbprinzen von Coburg, das Coventgarden-Theater wieder. Man gab Leigh Hunts neues, in den litterarischen Blättern vielbesprochenes Drama: "Eine Legende von Florenz," worauf, um der heitern Laune der Königin zu willfahren, wieder eine Posse folgte: "Er möchte Schauspieler seyn." Das Publicum fing in einem Zwischenact auf einmal an, laut nach dem Prinzen Albert zu rufen; ehe er sich jedoch in der Fronte der Loge zeigen konnte, ging der Vorhang wieder auf. - Am 2 März, dem St. Davids-Tage, feierte die "Gesellschaft alter und loyaler Britten" - ein Verein zur Förderung der Musik und zu Wohlthätigkeitszwecken - seinen Jahrestag durch ein Diner von 350 Gedecken. Der Herzog von Cambridge, als Vorsitzender, brachte den Toast aus: "Die Fürstlichkeit! und mögen wir bald einen Prinzen von Wales sehen!"

Am 3 März war die Oberhaussitzung nur ganz kurz und unerheblich. Der Herzog v. Richmond und andere Pairs übergaben Petitionen aus Agriculturbezirken zu Gunsten der Korngesetze. Lord Aberdeen erhielt von Lord Duncannon, als vormaligem Obercommissär der Forsten und Wälder, die Versicherung, daß die Regierung nie daran gedacht habe, den botanischen Garten in Kew eingehen zu lassen. Der Herzog v. Richmond wurde zur Einbringung einer Bill ermächtigt, wodurch ein altes, die Pferderennen belästigendes abgeschmacktes Gesetz aufgehoben werden soll. - Im Hause der Gemeinen wurden unter andern Petitionen einige gegen den Opiumhandel eingereicht. Für den Wahlflecken Lewes ward ein neuer Wahlbefehl erlassen, da der bisherige (whiggische) Vertreter desselben, Sir Ch. Blunt, in diesen Tagen mit Tod abgegangen ist. Lord Mahon bemerkte, der annoch gefangen sitzende Sheriff, Hr. Evans, befinde sich so unwohl, daß Rücksichten der Menschlichkeit dessen Freilassung dringend erheischten. Er trug sofort darauf an, den Arzt des Hrn. Evans an den Schranken des Hauses zu vernehmen. Hr. Warburton warnte, das Haus solle sich in dieser Sache nicht überrumpeln lassen, wie neulich bei dem andern Sheriff, und Hr. O'Connell fügte bei, durch Unterwerfung unter die Autorität des Hauses könne ja der Gefangene sich jeden Augenblick die Freiheit verschaffen. Das Privelegium des Hauses würde ein bares Possenspiel seyn, wenn eine wegen Verletzung desselben verhängte Strafe um eines Kopf- oder Zahnwehs willen aufhören solle. Spaßhaft sey es zumal, daß ein Dritter, nicht Hr. Evans selbst, für des letztern Gesundheit plaidire. Lord Mahon entgegnete hitzig, nur das ehrenwerthe und gelehrte Mitglied für Dublin könne in der Krankheit eines Menschen etwas Spaßhaftes finden. Hr. O'Connell appellirte gegen diese "Unhöflichkeit" an den Sprecher; da dieser aber nicht zu hören schien, schaffte er sich selbst Revanche, indem er zuerst bemerkte, der hitzige junge Edle habe ihn mißverstanden, übrigens sey es wohl bekannt, daß ein spaßhafteres Individuum als der junge Edle nicht im Hause sitze. (Lachen, Beifall und Ruf zur Ordnung. Zwischen dem Agitator und Lord Stanhope's Sohn besteht ein alter Groll, indem letzterer seine parlamentarischen Sporen an O'Connell verdient hat.) Schlüßlich wurde der Arzt des Hrn. Evans an den Schranken vernommen, und der Druck seiner Aussagen angeordnet. - Auf Lord Ashley's Vorschlag ward ein besonderer Ausschuß ernannt, um die Wirksamkeit der Factorei-Bill (d. h. des Gesetzes über die Beschäftigung der Kinder in den Fabriken) zu prüfen. Hr. Baines wurde, trotz des Widerspruchs Lord J. Russells, zur Einbringung einer Bill ermächtigt, wornach die Verabreichung der ersten Frucht an den hochkirchlichen Klerus abgeschafft und die Art der Zehnteneinsammlung verbessert werden soll, beides zur Aufbesserung der Lage der großentheils so schlecht besoldeten Unterpfarrer. Der Antrag wurde mit 38 gegen 17 Stimmen angenommen.

Das M. Chronicle erzählt über den weitern Verlauf der gestern erwähnten Duellgeschichte: Bald nach der Eröffnung des Polizeiamtes in Bowstreet am 3 März wurden Prinz Louis Napoleon und Graf v. Leon, der für einen Sohn Napoleons gilt (in der That sieht er den Porträts des Kaisers auffallend ähnlich), vor die Schranken dieser Behörde gestellt, auf die Anzeige des Polizei-Inspectors Pierce, daß diese Herren auf der Markung von Wimbledon einen Friedensbruch versucht durch einen Zweikampf auf Degen und Pistolen. Obristlieutenant Radcliffe vom 6ten brittischen Dragonerregiment und Obrist Parquin, als Secundanten, deßgleichen Graf d'Orsay und ein Diener, Namens Kien, wurden als Theilnehmer des Attentats vorgeführt. Zugleich wurden zwei Paar Pistolen, nebst Pulverhörnern, und ein Paar Stoßdegen als corpus delicti übergeben. Inspector Pierce deponirte nach vorgängiger Beeidigung, wie er zuerst vom Polizei-Oberaufseher Baker einen Wink erhalten, daß gewisse Personen, deren einige (Graf Leon mit den Seinigen) von Fentons Hotel, die andern von den Carlton-Gardens ausgehen würden, ein Rencontre auf Wimbledon Common beabsichtigten; wie er sofort (der Polizeibeamte bezeichnete die Bahn seiner Verfolgung topographisch von Straße zu Straße) mit einem Gehülfen eine von jenem Hotel wegfahrende Postchaise verfolgt, und die ganze Gesellschaft wirklich an dem angegebenen Ort neben der Windmühle, in einer Vertiefung des Terrains, und mitten in den Anstalten zum Gefecht angetroffen habe. Graf d'Orsay hatte den Inspector wiederholt gefragt, wer die Anzeige gemacht habe, "Klaue und Schlinge" aber gaben keine Antwort, und die feindlichen Napoleoniden ließen sich von den Männern mit dem kurzen Stabe ruhig vor ein ganz ordinäres englisches Polizeigericht führen. Der Magistrat, Hr. Jardine, fragte, ob die Pistolen geladen seyen. Polizei-Inspector: "Ja es sind Kugeln drin, und Propfen darauf." Obristlieutenant Radcliffe fügte bei, das Pulver sey nicht das seinige, er habe nur von einem Kampfe auf Degen gewußt. Prinz Louis und Graf Leon waren auf Befragen geständig, daß ein Duell in ihrer Absicht gelegen habe. Sofort gab Hr. Jardine diesen beiden Herren auf, dafür, "daß sie in den nächsten

Großbritannien.

Am 3 März Nachmittags hielt die Königin im Buckinghampalast Cour, um Glückwunschadressen entgegenzunehmen. Die erste war die der Universität Oxford, die es darauf angelegt zu haben schien, ihre Rivalin Cambridge an Glanz zu überbieten. An der Spitze der Deputation, die aus mehreren hundert Universitätsmitgliedern in den verschiedenen Trachten ihrer akademischen Aemter oder Würden bestand, erschien der Herzog v. Wellington, als Kanzler der Universität in der Staatsrobe, mit dem Hosenbandorden. Er las die Adresse, welche die Königin auf dem Throne sitzend vernahm, während Prinz Albert ihr zur Seite stand, und die hohen Staats- und Hofbeamten sich zu beiden Seiten reihten. Ihre Maj. ertheilte eine sehr huldvolle Antwort, worauf die akademischen Herren einzeln vorgestellt wurden, und jeder die Ehre hatte, seiner Fürstin die Hand zu küssen. Hierauf erschien der Lordmayor mit der aus 190 Mitgliedern des Gemeinderaths bestehenden Deputation der City; jeder der Herren trug das weiße Hochzeitabzeichen an seiner Amtsrobe. Der Recorder las die Adresse, worauf der Handkuß folgte. Den Beschluß machten die Deputationen der verschiedenen protestantischen Dissentergemeinden in und um London, ihre Geistlichen an der Spitze. – Am 3 März Abends besuchten die Königin und Prinz Albert, dießmal jedoch privatim, in Gesellschaft des Erbprinzen von Coburg, das Coventgarden-Theater wieder. Man gab Leigh Hunts neues, in den litterarischen Blättern vielbesprochenes Drama: „Eine Legende von Florenz,“ worauf, um der heitern Laune der Königin zu willfahren, wieder eine Posse folgte: „Er möchte Schauspieler seyn.“ Das Publicum fing in einem Zwischenact auf einmal an, laut nach dem Prinzen Albert zu rufen; ehe er sich jedoch in der Fronte der Loge zeigen konnte, ging der Vorhang wieder auf. – Am 2 März, dem St. Davids-Tage, feierte die „Gesellschaft alter und loyaler Britten“ – ein Verein zur Förderung der Musik und zu Wohlthätigkeitszwecken – seinen Jahrestag durch ein Diner von 350 Gedecken. Der Herzog von Cambridge, als Vorsitzender, brachte den Toast aus: „Die Fürstlichkeit! und mögen wir bald einen Prinzen von Wales sehen!“

Am 3 März war die Oberhaussitzung nur ganz kurz und unerheblich. Der Herzog v. Richmond und andere Pairs übergaben Petitionen aus Agriculturbezirken zu Gunsten der Korngesetze. Lord Aberdeen erhielt von Lord Duncannon, als vormaligem Obercommissär der Forsten und Wälder, die Versicherung, daß die Regierung nie daran gedacht habe, den botanischen Garten in Kew eingehen zu lassen. Der Herzog v. Richmond wurde zur Einbringung einer Bill ermächtigt, wodurch ein altes, die Pferderennen belästigendes abgeschmacktes Gesetz aufgehoben werden soll. – Im Hause der Gemeinen wurden unter andern Petitionen einige gegen den Opiumhandel eingereicht. Für den Wahlflecken Lewes ward ein neuer Wahlbefehl erlassen, da der bisherige (whiggische) Vertreter desselben, Sir Ch. Blunt, in diesen Tagen mit Tod abgegangen ist. Lord Mahon bemerkte, der annoch gefangen sitzende Sheriff, Hr. Evans, befinde sich so unwohl, daß Rücksichten der Menschlichkeit dessen Freilassung dringend erheischten. Er trug sofort darauf an, den Arzt des Hrn. Evans an den Schranken des Hauses zu vernehmen. Hr. Warburton warnte, das Haus solle sich in dieser Sache nicht überrumpeln lassen, wie neulich bei dem andern Sheriff, und Hr. O'Connell fügte bei, durch Unterwerfung unter die Autorität des Hauses könne ja der Gefangene sich jeden Augenblick die Freiheit verschaffen. Das Privelegium des Hauses würde ein bares Possenspiel seyn, wenn eine wegen Verletzung desselben verhängte Strafe um eines Kopf- oder Zahnwehs willen aufhören solle. Spaßhaft sey es zumal, daß ein Dritter, nicht Hr. Evans selbst, für des letztern Gesundheit plaidire. Lord Mahon entgegnete hitzig, nur das ehrenwerthe und gelehrte Mitglied für Dublin könne in der Krankheit eines Menschen etwas Spaßhaftes finden. Hr. O'Connell appellirte gegen diese „Unhöflichkeit“ an den Sprecher; da dieser aber nicht zu hören schien, schaffte er sich selbst Revanche, indem er zuerst bemerkte, der hitzige junge Edle habe ihn mißverstanden, übrigens sey es wohl bekannt, daß ein spaßhafteres Individuum als der junge Edle nicht im Hause sitze. (Lachen, Beifall und Ruf zur Ordnung. Zwischen dem Agitator und Lord Stanhope's Sohn besteht ein alter Groll, indem letzterer seine parlamentarischen Sporen an O'Connell verdient hat.) Schlüßlich wurde der Arzt des Hrn. Evans an den Schranken vernommen, und der Druck seiner Aussagen angeordnet. – Auf Lord Ashley's Vorschlag ward ein besonderer Ausschuß ernannt, um die Wirksamkeit der Factorei-Bill (d. h. des Gesetzes über die Beschäftigung der Kinder in den Fabriken) zu prüfen. Hr. Baines wurde, trotz des Widerspruchs Lord J. Russells, zur Einbringung einer Bill ermächtigt, wornach die Verabreichung der ersten Frucht an den hochkirchlichen Klerus abgeschafft und die Art der Zehnteneinsammlung verbessert werden soll, beides zur Aufbesserung der Lage der großentheils so schlecht besoldeten Unterpfarrer. Der Antrag wurde mit 38 gegen 17 Stimmen angenommen.

Das M. Chronicle erzählt über den weitern Verlauf der gestern erwähnten Duellgeschichte: Bald nach der Eröffnung des Polizeiamtes in Bowstreet am 3 März wurden Prinz Louis Napoleon und Graf v. Leon, der für einen Sohn Napoleons gilt (in der That sieht er den Porträts des Kaisers auffallend ähnlich), vor die Schranken dieser Behörde gestellt, auf die Anzeige des Polizei-Inspectors Pierce, daß diese Herren auf der Markung von Wimbledon einen Friedensbruch versucht durch einen Zweikampf auf Degen und Pistolen. Obristlieutenant Radcliffe vom 6ten brittischen Dragonerregiment und Obrist Parquin, als Secundanten, deßgleichen Graf d'Orsay und ein Diener, Namens Kien, wurden als Theilnehmer des Attentats vorgeführt. Zugleich wurden zwei Paar Pistolen, nebst Pulverhörnern, und ein Paar Stoßdegen als corpus delicti übergeben. Inspector Pierce deponirte nach vorgängiger Beeidigung, wie er zuerst vom Polizei-Oberaufseher Baker einen Wink erhalten, daß gewisse Personen, deren einige (Graf Leon mit den Seinigen) von Fentons Hotel, die andern von den Carlton-Gardens ausgehen würden, ein Rencontre auf Wimbledon Common beabsichtigten; wie er sofort (der Polizeibeamte bezeichnete die Bahn seiner Verfolgung topographisch von Straße zu Straße) mit einem Gehülfen eine von jenem Hotel wegfahrende Postchaise verfolgt, und die ganze Gesellschaft wirklich an dem angegebenen Ort neben der Windmühle, in einer Vertiefung des Terrains, und mitten in den Anstalten zum Gefecht angetroffen habe. Graf d'Orsay hatte den Inspector wiederholt gefragt, wer die Anzeige gemacht habe, „Klaue und Schlinge“ aber gaben keine Antwort, und die feindlichen Napoleoniden ließen sich von den Männern mit dem kurzen Stabe ruhig vor ein ganz ordinäres englisches Polizeigericht führen. Der Magistrat, Hr. Jardine, fragte, ob die Pistolen geladen seyen. Polizei-Inspector: „Ja es sind Kugeln drin, und Propfen darauf.“ Obristlieutenant Radcliffe fügte bei, das Pulver sey nicht das seinige, er habe nur von einem Kampfe auf Degen gewußt. Prinz Louis und Graf Leon waren auf Befragen geständig, daß ein Duell in ihrer Absicht gelegen habe. Sofort gab Hr. Jardine diesen beiden Herren auf, dafür, „daß sie in den nächsten

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[0562/0002] Großbritannien. _ London, 4 März. Am 3 März Nachmittags hielt die Königin im Buckinghampalast Cour, um Glückwunschadressen entgegenzunehmen. Die erste war die der Universität Oxford, die es darauf angelegt zu haben schien, ihre Rivalin Cambridge an Glanz zu überbieten. An der Spitze der Deputation, die aus mehreren hundert Universitätsmitgliedern in den verschiedenen Trachten ihrer akademischen Aemter oder Würden bestand, erschien der Herzog v. Wellington, als Kanzler der Universität in der Staatsrobe, mit dem Hosenbandorden. Er las die Adresse, welche die Königin auf dem Throne sitzend vernahm, während Prinz Albert ihr zur Seite stand, und die hohen Staats- und Hofbeamten sich zu beiden Seiten reihten. Ihre Maj. ertheilte eine sehr huldvolle Antwort, worauf die akademischen Herren einzeln vorgestellt wurden, und jeder die Ehre hatte, seiner Fürstin die Hand zu küssen. Hierauf erschien der Lordmayor mit der aus 190 Mitgliedern des Gemeinderaths bestehenden Deputation der City; jeder der Herren trug das weiße Hochzeitabzeichen an seiner Amtsrobe. Der Recorder las die Adresse, worauf der Handkuß folgte. Den Beschluß machten die Deputationen der verschiedenen protestantischen Dissentergemeinden in und um London, ihre Geistlichen an der Spitze. – Am 3 März Abends besuchten die Königin und Prinz Albert, dießmal jedoch privatim, in Gesellschaft des Erbprinzen von Coburg, das Coventgarden-Theater wieder. Man gab Leigh Hunts neues, in den litterarischen Blättern vielbesprochenes Drama: „Eine Legende von Florenz,“ worauf, um der heitern Laune der Königin zu willfahren, wieder eine Posse folgte: „Er möchte Schauspieler seyn.“ Das Publicum fing in einem Zwischenact auf einmal an, laut nach dem Prinzen Albert zu rufen; ehe er sich jedoch in der Fronte der Loge zeigen konnte, ging der Vorhang wieder auf. – Am 2 März, dem St. Davids-Tage, feierte die „Gesellschaft alter und loyaler Britten“ – ein Verein zur Förderung der Musik und zu Wohlthätigkeitszwecken – seinen Jahrestag durch ein Diner von 350 Gedecken. Der Herzog von Cambridge, als Vorsitzender, brachte den Toast aus: „Die Fürstlichkeit! und mögen wir bald einen Prinzen von Wales sehen!“ Am 3 März war die Oberhaussitzung nur ganz kurz und unerheblich. Der Herzog v. Richmond und andere Pairs übergaben Petitionen aus Agriculturbezirken zu Gunsten der Korngesetze. Lord Aberdeen erhielt von Lord Duncannon, als vormaligem Obercommissär der Forsten und Wälder, die Versicherung, daß die Regierung nie daran gedacht habe, den botanischen Garten in Kew eingehen zu lassen. Der Herzog v. Richmond wurde zur Einbringung einer Bill ermächtigt, wodurch ein altes, die Pferderennen belästigendes abgeschmacktes Gesetz aufgehoben werden soll. – Im Hause der Gemeinen wurden unter andern Petitionen einige gegen den Opiumhandel eingereicht. Für den Wahlflecken Lewes ward ein neuer Wahlbefehl erlassen, da der bisherige (whiggische) Vertreter desselben, Sir Ch. Blunt, in diesen Tagen mit Tod abgegangen ist. Lord Mahon bemerkte, der annoch gefangen sitzende Sheriff, Hr. Evans, befinde sich so unwohl, daß Rücksichten der Menschlichkeit dessen Freilassung dringend erheischten. Er trug sofort darauf an, den Arzt des Hrn. Evans an den Schranken des Hauses zu vernehmen. Hr. Warburton warnte, das Haus solle sich in dieser Sache nicht überrumpeln lassen, wie neulich bei dem andern Sheriff, und Hr. O'Connell fügte bei, durch Unterwerfung unter die Autorität des Hauses könne ja der Gefangene sich jeden Augenblick die Freiheit verschaffen. Das Privelegium des Hauses würde ein bares Possenspiel seyn, wenn eine wegen Verletzung desselben verhängte Strafe um eines Kopf- oder Zahnwehs willen aufhören solle. Spaßhaft sey es zumal, daß ein Dritter, nicht Hr. Evans selbst, für des letztern Gesundheit plaidire. Lord Mahon entgegnete hitzig, nur das ehrenwerthe und gelehrte Mitglied für Dublin könne in der Krankheit eines Menschen etwas Spaßhaftes finden. Hr. O'Connell appellirte gegen diese „Unhöflichkeit“ an den Sprecher; da dieser aber nicht zu hören schien, schaffte er sich selbst Revanche, indem er zuerst bemerkte, der hitzige junge Edle habe ihn mißverstanden, übrigens sey es wohl bekannt, daß ein spaßhafteres Individuum als der junge Edle nicht im Hause sitze. (Lachen, Beifall und Ruf zur Ordnung. Zwischen dem Agitator und Lord Stanhope's Sohn besteht ein alter Groll, indem letzterer seine parlamentarischen Sporen an O'Connell verdient hat.) Schlüßlich wurde der Arzt des Hrn. Evans an den Schranken vernommen, und der Druck seiner Aussagen angeordnet. – Auf Lord Ashley's Vorschlag ward ein besonderer Ausschuß ernannt, um die Wirksamkeit der Factorei-Bill (d. h. des Gesetzes über die Beschäftigung der Kinder in den Fabriken) zu prüfen. Hr. Baines wurde, trotz des Widerspruchs Lord J. Russells, zur Einbringung einer Bill ermächtigt, wornach die Verabreichung der ersten Frucht an den hochkirchlichen Klerus abgeschafft und die Art der Zehnteneinsammlung verbessert werden soll, beides zur Aufbesserung der Lage der großentheils so schlecht besoldeten Unterpfarrer. Der Antrag wurde mit 38 gegen 17 Stimmen angenommen. Das M. Chronicle erzählt über den weitern Verlauf der gestern erwähnten Duellgeschichte: Bald nach der Eröffnung des Polizeiamtes in Bowstreet am 3 März wurden Prinz Louis Napoleon und Graf v. Leon, der für einen Sohn Napoleons gilt (in der That sieht er den Porträts des Kaisers auffallend ähnlich), vor die Schranken dieser Behörde gestellt, auf die Anzeige des Polizei-Inspectors Pierce, daß diese Herren auf der Markung von Wimbledon einen Friedensbruch versucht durch einen Zweikampf auf Degen und Pistolen. Obristlieutenant Radcliffe vom 6ten brittischen Dragonerregiment und Obrist Parquin, als Secundanten, deßgleichen Graf d'Orsay und ein Diener, Namens Kien, wurden als Theilnehmer des Attentats vorgeführt. Zugleich wurden zwei Paar Pistolen, nebst Pulverhörnern, und ein Paar Stoßdegen als corpus delicti übergeben. Inspector Pierce deponirte nach vorgängiger Beeidigung, wie er zuerst vom Polizei-Oberaufseher Baker einen Wink erhalten, daß gewisse Personen, deren einige (Graf Leon mit den Seinigen) von Fentons Hotel, die andern von den Carlton-Gardens ausgehen würden, ein Rencontre auf Wimbledon Common beabsichtigten; wie er sofort (der Polizeibeamte bezeichnete die Bahn seiner Verfolgung topographisch von Straße zu Straße) mit einem Gehülfen eine von jenem Hotel wegfahrende Postchaise verfolgt, und die ganze Gesellschaft wirklich an dem angegebenen Ort neben der Windmühle, in einer Vertiefung des Terrains, und mitten in den Anstalten zum Gefecht angetroffen habe. Graf d'Orsay hatte den Inspector wiederholt gefragt, wer die Anzeige gemacht habe, „Klaue und Schlinge“ aber gaben keine Antwort, und die feindlichen Napoleoniden ließen sich von den Männern mit dem kurzen Stabe ruhig vor ein ganz ordinäres englisches Polizeigericht führen. Der Magistrat, Hr. Jardine, fragte, ob die Pistolen geladen seyen. Polizei-Inspector: „Ja es sind Kugeln drin, und Propfen darauf.“ Obristlieutenant Radcliffe fügte bei, das Pulver sey nicht das seinige, er habe nur von einem Kampfe auf Degen gewußt. Prinz Louis und Graf Leon waren auf Befragen geständig, daß ein Duell in ihrer Absicht gelegen habe. Sofort gab Hr. Jardine diesen beiden Herren auf, dafür, „daß sie in den nächsten

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 71. Augsburg, 11. März 1840, S. 0562. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_071_18400311/2>, abgerufen am 23.11.2024.