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Allgemeine Zeitung. Nr. 57. Augsburg, 26. Februar 1840.

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Art von Apologie seiner Lehren und seines ganzen Lebens in den Zeitungen veröffentlicht, worin er selbst die dringende Forderung ausspricht, daß man ihn vor die Schranken beider Parlamentshäuser stellen möge, damit er sich gegen die wider ihn erhobenen falschen Beschuldigungen vertheidigen könne. In diesem "socialistischen Manifest", wie die Zeitungen es nennen, erörtert Owen die Plane, die er zur Verbesserung des Zustands der menschlichen Gesellschaft auszuführen gesucht habe. Er erzählt, wie er durch Lord Castlereagh bei den verbündeten Monarchen eingeführt wurde, wie auch bei dem Könige der Franzosen, damaligem Herzog von Orleans. Auch sah er Sir Robert Peel im Hause seines Vaters, und begab sich 1828 mit Empfehlungsbriefen des Herzogs v. Wellington an die brittischen Gesandten in Mexico und Washington nach Amerika. Nach seiner Ankunft in Mexico hatte er eine Unterredung mit dem Präsidenten der Republik, wobei der brittische Gesandte, Hr. Pakenham, Neffe des Herzogs v. Wellington, die Verhandlungen leitete, und "nach den Weisungen seines Hofs" das günstigste Zeugniß von Owens Charakter und Aufführung gab. Auf diese Empfehlung hin machte die mexicanische Regierung ihm das Anerbieten, die Gründung einer socialistischen Anstalt in Texas zu versuchen. Zehn Jahre früher hatte Owen, wie er in seiner Denkschrift sagt, in mehreren öffentlichen Versammlungen kein Geheimniß aus den Meinungen gemacht, welche die Grundlagen seines neuen moralischen Systems sind. Ungeachtet die Geistlichkeit seit seinem Angriff auf das Christenthum sich von ihm zurückgezogen hatte, so hielt dieß doch den Herzog v. Wellington nicht ab, ihm Empfehlungsbriefe zu geben. Nach diesem muß die neuliche Erklärung des edlen Herzogs im Oberhaus, daß er bis ganz vor kurzem gar nichts von den Lehren der Socialisten gewußt habe, einigermaßen als ein sonderbares "non mi ricordo" erscheinen, man müßte denn annehmen, jene Empfehlungen, deren sich Owen in seinem Manifest rühmt, wären von dem Wellington'schen Ministerium ihm gegeben worden, ohne daß man sich näher um seine Grundsätze gekümmert. Vermuthlich beachtete man in jener Zeit die religionsphilosophischen Theorien des Socialismus nicht so sehr, da sie noch mehr gegen die praktische, industrielle Seite des Owen'schen Systems zurücktraten.

(Beschluß folgt.)

Großbritannien.

(Ueber Ostende adressirt, und so um 4 1/2 Tage zu spät eingetroffen.) In einem Lande wie England, wo zwei Parteien entgegengesetzte Tendenzen verfolgen, und wo deren politische Abweichungen so entschieden ausgesprochen sind, kann es nicht Wunder nehmen, wenn ein öffentliches, von beiden Theilen unabhängiges Ereigniß, das gleichwohl die ganze Nation berührt, die verschiedensten Urtheile und Stimmen von Seite derjenigen Organe anregt, welche den verschiedenen Parteien dienen, je nachdem das Ereigniß ihren Zwecken und Tendenzen förderlich oder hinderlich erscheint. Um so erfreulicher ist, aus diesem Gesichtspunkt betrachtet, der allgemeine Enthusiasmus zu bemerken gewesen, den das große Publicum beim Eintritt des Prinzen Albert in das Land, und bei der königlichen Vermählung bezeigte. Bei jeder Gelegenheit suchte dasselbe dem Bräutigam Ihrer Maj. seine persönliche Achtung und Zuneigung auszudrücken und ihm den, vielleicht möglichen, Irrthum zu benehmen, als ob die Wahl seiner Person oder der Klang seines Namens nicht seine volle Zustimmung habe. Dem Prinzen in seiner liebenswürdigen Natürlichkeit, dem sich ein gewisser männlicher Ernst beigesellt, das Resultat eines früh- und tiefgebildeten Geistes, die Achtung und Liebe zu versagen, die er in Anspruch nimmt, indem er den Boden von England betritt, ist fast unmöglich, denn alle seine Eigenschaften sind gemacht, die Herzen zu gewinnen, sich anzunähern, und selbst solche, deren Politik ihm entgegen war, zu versöhnen. Es läßt sich daher hoffen, daß er mit der Zeit bedeutend dazu beitragen werde, daß letztere ihm gegenüber weniger ihre feindliche Stellung behaupten. Wie bereits gemeldet, hatte das königliche Paar gleich nach der Trauung London verlassen, begleitet von Hunderten von Wagen auf der Straße nach Windsor, welche in ihrer ganzen Ausdehnung von 25 engl. Meilen prächtig erleuchtet und dicht mit freudig begrüßenden Menschen bedeckt war; in der Hauptstadt aber versammelte sich Abends 8 Uhr ein glänzender Kreis im St. James-Palast zum Banket. In der That war alle Kunst der Kutscher erforderlich, dahin zu gelangen, denn die Straßen wogten der Illumination wegen, die in bunter Herrlichkeit flammte, von solcher Masse sich drängender Menschen und Wagen, daß es äußerst schwer hielt, vorwärts zu kommen, und zuweilen viertelstundenlange Stemmungen eintraten. Die Versammlung bestand aus JJ. HH. der Frau Herzogin von Kent, dem regierenden Herzog von Sachsen-Coburg-Gotha, dem Erbprinzen Ernst, und außerdem nur aus solchen Personen, die zum Hofhalt der Königin gehören, oder in irgend einer Beziehung zu demselben stehen. Ich nenne darunter die Herzoge v. Suffolk, Norfolk, Bedford, Sutherland mit ihren Gemahlinnen. Aus dem Saal, wo die Gesellschaft sich versammelt hatte, verfügte man sich in den Banketsaal unter dem Klang von Musik in den Corridors. Prachtvoll war der Anblick des geöffneten Banketsaales, ein Meer von Licht und Gold strömte daraus hervor und die Tafeln waren wörtlich mit dem letztern bedeckt. Vorzüglich herrlich aber strahlte das an der Hinterwand befindliche Buffet in pyramidalischer Form von tausend Kerzen erleuchtet und mit Goldgeschirren von historischer Bedeutung, indem mehrere aus den amerikanischen Kriegen und von den Admiralschiffen der spanischen Armada Philipps II darunter befindlich sind. An drei Tafeln nahmen die Gäste Platz, und an dem Mahl, welches nun folgte, hatte die englische Kochkunst ihr gewürztes Meisterstück geliefert. Dem Toast auf das erhabne Brautpaar folgte der der Herzogin von Kent, der Königin Adelheid, des Herzogs und des Erbprinzen von Sachsen-Coburg-Gotha. Gegen halb 11 Uhr ward das Mahl aufgehoben, und die Gesellschaft fand sich bald darauf in dem nahen Palast des Herzogs und der Herzogin von Sutherland wieder, wo eine größere Abendversammlung statt hatte. Staffordhouse, so heißt dieser Palast, ist einer der schönsten von London, und sein Besitzer der Inhaber eines immensen Reichthums. In der That ist nicht leicht etwas Grandioseres und Prachtvolleres in seiner Art zu sehen, als die Treppenhalle in Staffordhouse, welche zugleich zum Salon diente. Diese Halle von Marmor trägt eine erhabene Kuppel auf korinthischen Säulen, und die Arme einer breiten, sanft emporführenden Treppe, mit Absätzen, die ungeheure Spiegel und Gemälde schmücken, boten den anmuthigsten Wandelplatz dar, indem sie mit jeder Stufe höher aufwärts eine reichere Aussicht auf die untern Räume gewährte. Ganz emporgestiegen sah man sich in einer von vergoldetem Geländer eingefaßten Galerie, welche die Halle umlief, und in der riesenhafte Candelaber mit hundert und aber hundert Kerzen leuchteten. Zugleich befand man sich am Eingang eines Buffets und einer doppelten Reihe von Prachtgemächern. Musik ertönte von dieser Galerie. Nichts gleicht in der That der Eigenthümlichkeit und Herrlichkeit dieses Gesellschaftsraumes, in welchem sich ein sehr großer Kreis bewegte. Die Prinzen des

Art von Apologie seiner Lehren und seines ganzen Lebens in den Zeitungen veröffentlicht, worin er selbst die dringende Forderung ausspricht, daß man ihn vor die Schranken beider Parlamentshäuser stellen möge, damit er sich gegen die wider ihn erhobenen falschen Beschuldigungen vertheidigen könne. In diesem „socialistischen Manifest“, wie die Zeitungen es nennen, erörtert Owen die Plane, die er zur Verbesserung des Zustands der menschlichen Gesellschaft auszuführen gesucht habe. Er erzählt, wie er durch Lord Castlereagh bei den verbündeten Monarchen eingeführt wurde, wie auch bei dem Könige der Franzosen, damaligem Herzog von Orleans. Auch sah er Sir Robert Peel im Hause seines Vaters, und begab sich 1828 mit Empfehlungsbriefen des Herzogs v. Wellington an die brittischen Gesandten in Mexico und Washington nach Amerika. Nach seiner Ankunft in Mexico hatte er eine Unterredung mit dem Präsidenten der Republik, wobei der brittische Gesandte, Hr. Pakenham, Neffe des Herzogs v. Wellington, die Verhandlungen leitete, und „nach den Weisungen seines Hofs“ das günstigste Zeugniß von Owens Charakter und Aufführung gab. Auf diese Empfehlung hin machte die mexicanische Regierung ihm das Anerbieten, die Gründung einer socialistischen Anstalt in Texas zu versuchen. Zehn Jahre früher hatte Owen, wie er in seiner Denkschrift sagt, in mehreren öffentlichen Versammlungen kein Geheimniß aus den Meinungen gemacht, welche die Grundlagen seines neuen moralischen Systems sind. Ungeachtet die Geistlichkeit seit seinem Angriff auf das Christenthum sich von ihm zurückgezogen hatte, so hielt dieß doch den Herzog v. Wellington nicht ab, ihm Empfehlungsbriefe zu geben. Nach diesem muß die neuliche Erklärung des edlen Herzogs im Oberhaus, daß er bis ganz vor kurzem gar nichts von den Lehren der Socialisten gewußt habe, einigermaßen als ein sonderbares „non mi ricordo“ erscheinen, man müßte denn annehmen, jene Empfehlungen, deren sich Owen in seinem Manifest rühmt, wären von dem Wellington'schen Ministerium ihm gegeben worden, ohne daß man sich näher um seine Grundsätze gekümmert. Vermuthlich beachtete man in jener Zeit die religionsphilosophischen Theorien des Socialismus nicht so sehr, da sie noch mehr gegen die praktische, industrielle Seite des Owen'schen Systems zurücktraten.

(Beschluß folgt.)

Großbritannien.

(Ueber Ostende adressirt, und so um 4 1/2 Tage zu spät eingetroffen.) In einem Lande wie England, wo zwei Parteien entgegengesetzte Tendenzen verfolgen, und wo deren politische Abweichungen so entschieden ausgesprochen sind, kann es nicht Wunder nehmen, wenn ein öffentliches, von beiden Theilen unabhängiges Ereigniß, das gleichwohl die ganze Nation berührt, die verschiedensten Urtheile und Stimmen von Seite derjenigen Organe anregt, welche den verschiedenen Parteien dienen, je nachdem das Ereigniß ihren Zwecken und Tendenzen förderlich oder hinderlich erscheint. Um so erfreulicher ist, aus diesem Gesichtspunkt betrachtet, der allgemeine Enthusiasmus zu bemerken gewesen, den das große Publicum beim Eintritt des Prinzen Albert in das Land, und bei der königlichen Vermählung bezeigte. Bei jeder Gelegenheit suchte dasselbe dem Bräutigam Ihrer Maj. seine persönliche Achtung und Zuneigung auszudrücken und ihm den, vielleicht möglichen, Irrthum zu benehmen, als ob die Wahl seiner Person oder der Klang seines Namens nicht seine volle Zustimmung habe. Dem Prinzen in seiner liebenswürdigen Natürlichkeit, dem sich ein gewisser männlicher Ernst beigesellt, das Resultat eines früh- und tiefgebildeten Geistes, die Achtung und Liebe zu versagen, die er in Anspruch nimmt, indem er den Boden von England betritt, ist fast unmöglich, denn alle seine Eigenschaften sind gemacht, die Herzen zu gewinnen, sich anzunähern, und selbst solche, deren Politik ihm entgegen war, zu versöhnen. Es läßt sich daher hoffen, daß er mit der Zeit bedeutend dazu beitragen werde, daß letztere ihm gegenüber weniger ihre feindliche Stellung behaupten. Wie bereits gemeldet, hatte das königliche Paar gleich nach der Trauung London verlassen, begleitet von Hunderten von Wagen auf der Straße nach Windsor, welche in ihrer ganzen Ausdehnung von 25 engl. Meilen prächtig erleuchtet und dicht mit freudig begrüßenden Menschen bedeckt war; in der Hauptstadt aber versammelte sich Abends 8 Uhr ein glänzender Kreis im St. James-Palast zum Banket. In der That war alle Kunst der Kutscher erforderlich, dahin zu gelangen, denn die Straßen wogten der Illumination wegen, die in bunter Herrlichkeit flammte, von solcher Masse sich drängender Menschen und Wagen, daß es äußerst schwer hielt, vorwärts zu kommen, und zuweilen viertelstundenlange Stemmungen eintraten. Die Versammlung bestand aus JJ. HH. der Frau Herzogin von Kent, dem regierenden Herzog von Sachsen-Coburg-Gotha, dem Erbprinzen Ernst, und außerdem nur aus solchen Personen, die zum Hofhalt der Königin gehören, oder in irgend einer Beziehung zu demselben stehen. Ich nenne darunter die Herzoge v. Suffolk, Norfolk, Bedford, Sutherland mit ihren Gemahlinnen. Aus dem Saal, wo die Gesellschaft sich versammelt hatte, verfügte man sich in den Banketsaal unter dem Klang von Musik in den Corridors. Prachtvoll war der Anblick des geöffneten Banketsaales, ein Meer von Licht und Gold strömte daraus hervor und die Tafeln waren wörtlich mit dem letztern bedeckt. Vorzüglich herrlich aber strahlte das an der Hinterwand befindliche Buffet in pyramidalischer Form von tausend Kerzen erleuchtet und mit Goldgeschirren von historischer Bedeutung, indem mehrere aus den amerikanischen Kriegen und von den Admiralschiffen der spanischen Armada Philipps II darunter befindlich sind. An drei Tafeln nahmen die Gäste Platz, und an dem Mahl, welches nun folgte, hatte die englische Kochkunst ihr gewürztes Meisterstück geliefert. Dem Toast auf das erhabne Brautpaar folgte der der Herzogin von Kent, der Königin Adelheid, des Herzogs und des Erbprinzen von Sachsen-Coburg-Gotha. Gegen halb 11 Uhr ward das Mahl aufgehoben, und die Gesellschaft fand sich bald darauf in dem nahen Palast des Herzogs und der Herzogin von Sutherland wieder, wo eine größere Abendversammlung statt hatte. Staffordhouse, so heißt dieser Palast, ist einer der schönsten von London, und sein Besitzer der Inhaber eines immensen Reichthums. In der That ist nicht leicht etwas Grandioseres und Prachtvolleres in seiner Art zu sehen, als die Treppenhalle in Staffordhouse, welche zugleich zum Salon diente. Diese Halle von Marmor trägt eine erhabene Kuppel auf korinthischen Säulen, und die Arme einer breiten, sanft emporführenden Treppe, mit Absätzen, die ungeheure Spiegel und Gemälde schmücken, boten den anmuthigsten Wandelplatz dar, indem sie mit jeder Stufe höher aufwärts eine reichere Aussicht auf die untern Räume gewährte. Ganz emporgestiegen sah man sich in einer von vergoldetem Geländer eingefaßten Galerie, welche die Halle umlief, und in der riesenhafte Candelaber mit hundert und aber hundert Kerzen leuchteten. Zugleich befand man sich am Eingang eines Buffets und einer doppelten Reihe von Prachtgemächern. Musik ertönte von dieser Galerie. Nichts gleicht in der That der Eigenthümlichkeit und Herrlichkeit dieses Gesellschaftsraumes, in welchem sich ein sehr großer Kreis bewegte. Die Prinzen des

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[0452/0012] Art von Apologie seiner Lehren und seines ganzen Lebens in den Zeitungen veröffentlicht, worin er selbst die dringende Forderung ausspricht, daß man ihn vor die Schranken beider Parlamentshäuser stellen möge, damit er sich gegen die wider ihn erhobenen falschen Beschuldigungen vertheidigen könne. In diesem „socialistischen Manifest“, wie die Zeitungen es nennen, erörtert Owen die Plane, die er zur Verbesserung des Zustands der menschlichen Gesellschaft auszuführen gesucht habe. Er erzählt, wie er durch Lord Castlereagh bei den verbündeten Monarchen eingeführt wurde, wie auch bei dem Könige der Franzosen, damaligem Herzog von Orleans. Auch sah er Sir Robert Peel im Hause seines Vaters, und begab sich 1828 mit Empfehlungsbriefen des Herzogs v. Wellington an die brittischen Gesandten in Mexico und Washington nach Amerika. Nach seiner Ankunft in Mexico hatte er eine Unterredung mit dem Präsidenten der Republik, wobei der brittische Gesandte, Hr. Pakenham, Neffe des Herzogs v. Wellington, die Verhandlungen leitete, und „nach den Weisungen seines Hofs“ das günstigste Zeugniß von Owens Charakter und Aufführung gab. Auf diese Empfehlung hin machte die mexicanische Regierung ihm das Anerbieten, die Gründung einer socialistischen Anstalt in Texas zu versuchen. Zehn Jahre früher hatte Owen, wie er in seiner Denkschrift sagt, in mehreren öffentlichen Versammlungen kein Geheimniß aus den Meinungen gemacht, welche die Grundlagen seines neuen moralischen Systems sind. Ungeachtet die Geistlichkeit seit seinem Angriff auf das Christenthum sich von ihm zurückgezogen hatte, so hielt dieß doch den Herzog v. Wellington nicht ab, ihm Empfehlungsbriefe zu geben. Nach diesem muß die neuliche Erklärung des edlen Herzogs im Oberhaus, daß er bis ganz vor kurzem gar nichts von den Lehren der Socialisten gewußt habe, einigermaßen als ein sonderbares „non mi ricordo“ erscheinen, man müßte denn annehmen, jene Empfehlungen, deren sich Owen in seinem Manifest rühmt, wären von dem Wellington'schen Ministerium ihm gegeben worden, ohne daß man sich näher um seine Grundsätze gekümmert. Vermuthlich beachtete man in jener Zeit die religionsphilosophischen Theorien des Socialismus nicht so sehr, da sie noch mehr gegen die praktische, industrielle Seite des Owen'schen Systems zurücktraten. (Beschluß folgt.) Großbritannien. _ London, 14 Febr. (Ueber Ostende adressirt, und so um 4 1/2 Tage zu spät eingetroffen.) In einem Lande wie England, wo zwei Parteien entgegengesetzte Tendenzen verfolgen, und wo deren politische Abweichungen so entschieden ausgesprochen sind, kann es nicht Wunder nehmen, wenn ein öffentliches, von beiden Theilen unabhängiges Ereigniß, das gleichwohl die ganze Nation berührt, die verschiedensten Urtheile und Stimmen von Seite derjenigen Organe anregt, welche den verschiedenen Parteien dienen, je nachdem das Ereigniß ihren Zwecken und Tendenzen förderlich oder hinderlich erscheint. Um so erfreulicher ist, aus diesem Gesichtspunkt betrachtet, der allgemeine Enthusiasmus zu bemerken gewesen, den das große Publicum beim Eintritt des Prinzen Albert in das Land, und bei der königlichen Vermählung bezeigte. Bei jeder Gelegenheit suchte dasselbe dem Bräutigam Ihrer Maj. seine persönliche Achtung und Zuneigung auszudrücken und ihm den, vielleicht möglichen, Irrthum zu benehmen, als ob die Wahl seiner Person oder der Klang seines Namens nicht seine volle Zustimmung habe. Dem Prinzen in seiner liebenswürdigen Natürlichkeit, dem sich ein gewisser männlicher Ernst beigesellt, das Resultat eines früh- und tiefgebildeten Geistes, die Achtung und Liebe zu versagen, die er in Anspruch nimmt, indem er den Boden von England betritt, ist fast unmöglich, denn alle seine Eigenschaften sind gemacht, die Herzen zu gewinnen, sich anzunähern, und selbst solche, deren Politik ihm entgegen war, zu versöhnen. Es läßt sich daher hoffen, daß er mit der Zeit bedeutend dazu beitragen werde, daß letztere ihm gegenüber weniger ihre feindliche Stellung behaupten. Wie bereits gemeldet, hatte das königliche Paar gleich nach der Trauung London verlassen, begleitet von Hunderten von Wagen auf der Straße nach Windsor, welche in ihrer ganzen Ausdehnung von 25 engl. Meilen prächtig erleuchtet und dicht mit freudig begrüßenden Menschen bedeckt war; in der Hauptstadt aber versammelte sich Abends 8 Uhr ein glänzender Kreis im St. James-Palast zum Banket. In der That war alle Kunst der Kutscher erforderlich, dahin zu gelangen, denn die Straßen wogten der Illumination wegen, die in bunter Herrlichkeit flammte, von solcher Masse sich drängender Menschen und Wagen, daß es äußerst schwer hielt, vorwärts zu kommen, und zuweilen viertelstundenlange Stemmungen eintraten. Die Versammlung bestand aus JJ. HH. der Frau Herzogin von Kent, dem regierenden Herzog von Sachsen-Coburg-Gotha, dem Erbprinzen Ernst, und außerdem nur aus solchen Personen, die zum Hofhalt der Königin gehören, oder in irgend einer Beziehung zu demselben stehen. Ich nenne darunter die Herzoge v. Suffolk, Norfolk, Bedford, Sutherland mit ihren Gemahlinnen. Aus dem Saal, wo die Gesellschaft sich versammelt hatte, verfügte man sich in den Banketsaal unter dem Klang von Musik in den Corridors. Prachtvoll war der Anblick des geöffneten Banketsaales, ein Meer von Licht und Gold strömte daraus hervor und die Tafeln waren wörtlich mit dem letztern bedeckt. Vorzüglich herrlich aber strahlte das an der Hinterwand befindliche Buffet in pyramidalischer Form von tausend Kerzen erleuchtet und mit Goldgeschirren von historischer Bedeutung, indem mehrere aus den amerikanischen Kriegen und von den Admiralschiffen der spanischen Armada Philipps II darunter befindlich sind. An drei Tafeln nahmen die Gäste Platz, und an dem Mahl, welches nun folgte, hatte die englische Kochkunst ihr gewürztes Meisterstück geliefert. Dem Toast auf das erhabne Brautpaar folgte der der Herzogin von Kent, der Königin Adelheid, des Herzogs und des Erbprinzen von Sachsen-Coburg-Gotha. Gegen halb 11 Uhr ward das Mahl aufgehoben, und die Gesellschaft fand sich bald darauf in dem nahen Palast des Herzogs und der Herzogin von Sutherland wieder, wo eine größere Abendversammlung statt hatte. Staffordhouse, so heißt dieser Palast, ist einer der schönsten von London, und sein Besitzer der Inhaber eines immensen Reichthums. In der That ist nicht leicht etwas Grandioseres und Prachtvolleres in seiner Art zu sehen, als die Treppenhalle in Staffordhouse, welche zugleich zum Salon diente. Diese Halle von Marmor trägt eine erhabene Kuppel auf korinthischen Säulen, und die Arme einer breiten, sanft emporführenden Treppe, mit Absätzen, die ungeheure Spiegel und Gemälde schmücken, boten den anmuthigsten Wandelplatz dar, indem sie mit jeder Stufe höher aufwärts eine reichere Aussicht auf die untern Räume gewährte. Ganz emporgestiegen sah man sich in einer von vergoldetem Geländer eingefaßten Galerie, welche die Halle umlief, und in der riesenhafte Candelaber mit hundert und aber hundert Kerzen leuchteten. Zugleich befand man sich am Eingang eines Buffets und einer doppelten Reihe von Prachtgemächern. Musik ertönte von dieser Galerie. Nichts gleicht in der That der Eigenthümlichkeit und Herrlichkeit dieses Gesellschaftsraumes, in welchem sich ein sehr großer Kreis bewegte. Die Prinzen des

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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 57. Augsburg, 26. Februar 1840, S. 0452. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_057_18400226/12>, abgerufen am 29.03.2024.