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Allgemeine Zeitung. Nr. 53. Augsburg, 22. Februar 1840.

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Die Unternehmer und Leiter dieses Festes, denen alle Theilnehmer so wie das ganze Publicum wahrhaft verpflichtet sind - was jeder, der irgend einmal einem ähnlichen Geschäft sich unterzogen, zu würdigen wissen wird - sind die Maler Jos. Petzl, D. Monten, Ph. Foltz, C. Braun, Bernhard, Tröndlin, Seibertz und Wyttenbach. Das vollkommene Gelingen, die allgemeine Freude, die herzliche Theilnahme, so wie der überraschende und ergreifende Eindruck des Ganzen wird sie die Mühe, die sie gehabt haben mögen, vergessen lassen.

Wiener Briefe.

Die Allg. Zeitung hat in letzter Zeit einige kurze Umrisse über geistiges und materielles Leben in Wien mitgetheilt, je nach dem Interesse des Gegenstandes mehr oder minder ausführlich. Es sollte dabei mehr um einen Beitrag zur allgemeinen Charakteristik hiesiger socialer Zustände zu thun seyn, als einzelne Materien besonders herauszuheben. Ich will diese Notizen fortsetzen und von Zeit zu Zeit ein Resume des Erlebten, ein kurzes Review geistiger Leistungen, wie materieller Beziehungen mittheilen. Ich werde lediglich constatiren, was wirklich existirt und vorliegt, und es den Lesern überlassen sich das Facit selbst zu ziehen. Auf diese Weise wird wenigstens der Gesichtspunkt festgehalten werden und sich ein richtigeres Bild gestalten, als es sonst, bei der Unkenntniß möglich ist, die über hiesige Verhältnisse unbegreiflicherweise noch so sehr obwaltet - eine Unkenntniß, die weder durch die vielen seichten Tractätchen über Oesterreich, noch durch Artikel wie die des National, auch nur entfernt gehoben wird. Es bedarf auch in der That nicht, Schwarz weiß, und Weiß schwarz zu nennen, um ein höchst freundliches Bild unserer Zustände zu entwerfen. Auch ist es gar nicht nöthig, zu diesem Ende unsere Mängel, insofern sie wirklich vorhanden sind, in Abrede zu stellen: solche fehlen bei uns so wenig als anderwärts; dennoch dürften wir bei genauer Würdigung der Verhältnisse nicht versucht seyn, die unsrigen gegen die gepriesensten fremden en bloc zu vertauschen, wie Manches im Einzelnen wir dort auch viel besser als bei uns finden möchten. Betrachten wir zuerst den Stoff, d. h. das Volk, so müssen wir diesen vortrefflich nennen, und die besonnene Verwaltung überwacht ihn mit Klugheit und Milde, und sorgt nur dafür, daß sein Gehalt sich nicht vermindere. Uebrigens überläßt sie ihn der freien Entwickelung, die den Umschwung der Geister hier nicht minder wie anderwärts, in manchen Dinger schneller, in manchen langsamer bewirkt. Sie wacht, daß der Fortschritt ein ruhiger, wohlthätiger, nachhaltiger sey; sie treibt weder, noch hemmt sie zur Ungebühr. Dieß wenigstens sind die Principien. Was aus individueller Ansicht auf einer oder der andern Seite zu viel oder zu wenig gethan scheint, oder ob diese Principien in der Praxis in den untergeordneten Sphären immer gehörig festgehalten werden, darüber wollen wir nicht rechten, es weder vertreten noch tadeln, eben weil es individueller Ansicht und individueller Praxis anheim fällt, und wir es hier nur mit den Maximen im Großen zu thun haben, auch von einem Centralpunkt ausgehend nur diese allein Geltung finden können. Was indeß unläugbar als Thatsache heraustritt, ist jedenfalls der Fortschritt selbst, den wir später auch auf statistischem Wege constatiren wollen. Da nun der Effect nicht ohne wirkende Ursache seyn kann, so wird die Verwaltung im Großen und Ganzen darin ihre Bewährung und Rechtfertigung finden, so wie sie was im Einzelnen gerechter Rüge unterliegt, fortwährend in den Kreis ihrer Verbesserungen zieht.

Daß das Volk der Gegenwart froh ist und die Zukunft unter diesen Umständen mit gutem Vertrauen erwartet, zeigt sich im bewegten Leben des Faschings, wohin man nur immer blickt. Wie der Fall des Tropfens im Wasserspiegel ringt sich die Bewegung von dem engsten bis in die weitesten Kreise; man kann kaum wahrnehmen, wo sie aufhört. Vom Palast bis zur Guinguette, von den Säulen der Hofburg bis in die niedere Tanzstube fordert und erhält die Zeit der Lust ihr angestammtes Recht, tönt der Reigen; und wahrlich, in Wien weniger als irgendwo leben Menschen, denen nicht eine Pforte offen stände, wo auch sie ihr angemessen Theil an der gemeinsamen Fröhlichkeit finden könnten. Dabei geht der Erwerb und die Betriebsamkeit in gleich rascher Bewegung und erzeugt hier neue Bedürfnisse, dort neue Quellen. Die zahlreichen Fabriken im Lande haben seit längerer Zeit bedeutend auf die Theuerung des Holzes gewirkt, und nachgerade fing man an, für den künftigen Bedarf besorgt zu seyn. Der Betrieb der Eisenbahnen und Dampfschiffe hat indessen die Steinkohlen, ein - seltsam genug - in Wien fast gar nicht gebrauchtes Material, herbeigezogen, und schon diesen Winter fängt man viel damit zu heizen an, und im nächsten dürfte dieß in erweitertem Maaßstabe geschehen. So hängt die Industrie einen Ring an den andern, und der Aufschwung eines Zweiges, einer Erfindung treibt neue Schößlinge oft in weiter Entfernung hervor. Wie sehr man hier von dieser Ueberzeugung durchdrungen ist, beweist die Errichtung des Gewerbvereins, der, höchsten Orts sanctionirt, sich nun vollkommen constituirt hat und seine Wirksamkeit beginnt. Seine Statuten sind ziemlich dieselben, wie bei andern Instituten dieser Art, ebenso sein Zweck und seine Organisation. Der Erzherzog Franz ist Protector, Graf Kolowrat Curator; der Erzherzog Johann, Fürst Metternich und Graf Mittrowsky sind bis jetzt die einzigen Ehrenmitglieder des Instituts, an die sich noch zwei Gelehrte des Auslandes anschließen sollen. Kaum errichtet, gebietet es schon über ein jährliches Einkommen von mehr als 15,000 fl. C. M. und die Zahl seiner Theilnehmer, mithin seine Mittel, wachsen täglich. Der offenliegende Nutzen der Anstalt braucht nicht berührt zu werden, wohl aber muß angedeutet werden, daß nebstbei dem Staate daraus ein Institut erwächst, ganz geeignet, wie die Handelskammer an andern Orten, der Verwaltung alle ihr nöthigen Aufklärungen auf jede, den Handel und die Gewerbe betreffende Anfrage zu geben, und alle speciellen Enqueten in diesem Bereiche nach ihrem Auftrag zu übernehmen. Die Masse neuer Daten und noch nicht gekannter Resultate, die dadurch den Behörden zur Kenntniß gebracht wird, muß diesen bei allen zu nehmenden Entschlüssen von ungeheuerm Vortheil seyn; denn zum Glück ist die gute Zeit vorüber, wo die Amtsehre es bedenklich gefunden hätte, nicht Alles selbst und am besten zu wissen, und anderwärtig Erkundigungen einziehen zu sollen.

Der Tod des Freiherrn v. Jaquin hat eine bedeutende Lücke, sowohl in den Lehrkörper der Universität, als auch in den Kreis aller Freunde der Wissenschaft gebracht. In beiden Beziehungen, als anregender Geist und als ein Vereinigungspunkt litterarischer Interessen, wie als Mann vom Fache, wird er tief bedauert. In letzterer Beziehung hat die Universität indeß einen vollen Ersatz in der Ernennung des gelehrten Custos des Naturaliencabinets, Dr. Endlicher, gefunden. Endlicher hat einen, in der Botanik wie in der Philologie, mit Recht berühmten Namen. Seine zahlreichen Werke in beiden Fächern, fast sämmtlich in lateinischer Sprache, und unter diesen, die: Ceratotheca, die Genera plantarum, die Enumeratio plantarum quas in nova Hollandia collegit L. B. Ca.

Die Unternehmer und Leiter dieses Festes, denen alle Theilnehmer so wie das ganze Publicum wahrhaft verpflichtet sind – was jeder, der irgend einmal einem ähnlichen Geschäft sich unterzogen, zu würdigen wissen wird – sind die Maler Jos. Petzl, D. Monten, Ph. Foltz, C. Braun, Bernhard, Tröndlin, Seibertz und Wyttenbach. Das vollkommene Gelingen, die allgemeine Freude, die herzliche Theilnahme, so wie der überraschende und ergreifende Eindruck des Ganzen wird sie die Mühe, die sie gehabt haben mögen, vergessen lassen.

Wiener Briefe.

Die Allg. Zeitung hat in letzter Zeit einige kurze Umrisse über geistiges und materielles Leben in Wien mitgetheilt, je nach dem Interesse des Gegenstandes mehr oder minder ausführlich. Es sollte dabei mehr um einen Beitrag zur allgemeinen Charakteristik hiesiger socialer Zustände zu thun seyn, als einzelne Materien besonders herauszuheben. Ich will diese Notizen fortsetzen und von Zeit zu Zeit ein Resumé des Erlebten, ein kurzes Review geistiger Leistungen, wie materieller Beziehungen mittheilen. Ich werde lediglich constatiren, was wirklich existirt und vorliegt, und es den Lesern überlassen sich das Facit selbst zu ziehen. Auf diese Weise wird wenigstens der Gesichtspunkt festgehalten werden und sich ein richtigeres Bild gestalten, als es sonst, bei der Unkenntniß möglich ist, die über hiesige Verhältnisse unbegreiflicherweise noch so sehr obwaltet – eine Unkenntniß, die weder durch die vielen seichten Tractätchen über Oesterreich, noch durch Artikel wie die des National, auch nur entfernt gehoben wird. Es bedarf auch in der That nicht, Schwarz weiß, und Weiß schwarz zu nennen, um ein höchst freundliches Bild unserer Zustände zu entwerfen. Auch ist es gar nicht nöthig, zu diesem Ende unsere Mängel, insofern sie wirklich vorhanden sind, in Abrede zu stellen: solche fehlen bei uns so wenig als anderwärts; dennoch dürften wir bei genauer Würdigung der Verhältnisse nicht versucht seyn, die unsrigen gegen die gepriesensten fremden en bloc zu vertauschen, wie Manches im Einzelnen wir dort auch viel besser als bei uns finden möchten. Betrachten wir zuerst den Stoff, d. h. das Volk, so müssen wir diesen vortrefflich nennen, und die besonnene Verwaltung überwacht ihn mit Klugheit und Milde, und sorgt nur dafür, daß sein Gehalt sich nicht vermindere. Uebrigens überläßt sie ihn der freien Entwickelung, die den Umschwung der Geister hier nicht minder wie anderwärts, in manchen Dinger schneller, in manchen langsamer bewirkt. Sie wacht, daß der Fortschritt ein ruhiger, wohlthätiger, nachhaltiger sey; sie treibt weder, noch hemmt sie zur Ungebühr. Dieß wenigstens sind die Principien. Was aus individueller Ansicht auf einer oder der andern Seite zu viel oder zu wenig gethan scheint, oder ob diese Principien in der Praxis in den untergeordneten Sphären immer gehörig festgehalten werden, darüber wollen wir nicht rechten, es weder vertreten noch tadeln, eben weil es individueller Ansicht und individueller Praxis anheim fällt, und wir es hier nur mit den Maximen im Großen zu thun haben, auch von einem Centralpunkt ausgehend nur diese allein Geltung finden können. Was indeß unläugbar als Thatsache heraustritt, ist jedenfalls der Fortschritt selbst, den wir später auch auf statistischem Wege constatiren wollen. Da nun der Effect nicht ohne wirkende Ursache seyn kann, so wird die Verwaltung im Großen und Ganzen darin ihre Bewährung und Rechtfertigung finden, so wie sie was im Einzelnen gerechter Rüge unterliegt, fortwährend in den Kreis ihrer Verbesserungen zieht.

Daß das Volk der Gegenwart froh ist und die Zukunft unter diesen Umständen mit gutem Vertrauen erwartet, zeigt sich im bewegten Leben des Faschings, wohin man nur immer blickt. Wie der Fall des Tropfens im Wasserspiegel ringt sich die Bewegung von dem engsten bis in die weitesten Kreise; man kann kaum wahrnehmen, wo sie aufhört. Vom Palast bis zur Guinguette, von den Säulen der Hofburg bis in die niedere Tanzstube fordert und erhält die Zeit der Lust ihr angestammtes Recht, tönt der Reigen; und wahrlich, in Wien weniger als irgendwo leben Menschen, denen nicht eine Pforte offen stände, wo auch sie ihr angemessen Theil an der gemeinsamen Fröhlichkeit finden könnten. Dabei geht der Erwerb und die Betriebsamkeit in gleich rascher Bewegung und erzeugt hier neue Bedürfnisse, dort neue Quellen. Die zahlreichen Fabriken im Lande haben seit längerer Zeit bedeutend auf die Theuerung des Holzes gewirkt, und nachgerade fing man an, für den künftigen Bedarf besorgt zu seyn. Der Betrieb der Eisenbahnen und Dampfschiffe hat indessen die Steinkohlen, ein – seltsam genug – in Wien fast gar nicht gebrauchtes Material, herbeigezogen, und schon diesen Winter fängt man viel damit zu heizen an, und im nächsten dürfte dieß in erweitertem Maaßstabe geschehen. So hängt die Industrie einen Ring an den andern, und der Aufschwung eines Zweiges, einer Erfindung treibt neue Schößlinge oft in weiter Entfernung hervor. Wie sehr man hier von dieser Ueberzeugung durchdrungen ist, beweist die Errichtung des Gewerbvereins, der, höchsten Orts sanctionirt, sich nun vollkommen constituirt hat und seine Wirksamkeit beginnt. Seine Statuten sind ziemlich dieselben, wie bei andern Instituten dieser Art, ebenso sein Zweck und seine Organisation. Der Erzherzog Franz ist Protector, Graf Kolowrat Curator; der Erzherzog Johann, Fürst Metternich und Graf Mittrowsky sind bis jetzt die einzigen Ehrenmitglieder des Instituts, an die sich noch zwei Gelehrte des Auslandes anschließen sollen. Kaum errichtet, gebietet es schon über ein jährliches Einkommen von mehr als 15,000 fl. C. M. und die Zahl seiner Theilnehmer, mithin seine Mittel, wachsen täglich. Der offenliegende Nutzen der Anstalt braucht nicht berührt zu werden, wohl aber muß angedeutet werden, daß nebstbei dem Staate daraus ein Institut erwächst, ganz geeignet, wie die Handelskammer an andern Orten, der Verwaltung alle ihr nöthigen Aufklärungen auf jede, den Handel und die Gewerbe betreffende Anfrage zu geben, und alle speciellen Enquêten in diesem Bereiche nach ihrem Auftrag zu übernehmen. Die Masse neuer Daten und noch nicht gekannter Resultate, die dadurch den Behörden zur Kenntniß gebracht wird, muß diesen bei allen zu nehmenden Entschlüssen von ungeheuerm Vortheil seyn; denn zum Glück ist die gute Zeit vorüber, wo die Amtsehre es bedenklich gefunden hätte, nicht Alles selbst und am besten zu wissen, und anderwärtig Erkundigungen einziehen zu sollen.

Der Tod des Freiherrn v. Jaquin hat eine bedeutende Lücke, sowohl in den Lehrkörper der Universität, als auch in den Kreis aller Freunde der Wissenschaft gebracht. In beiden Beziehungen, als anregender Geist und als ein Vereinigungspunkt litterarischer Interessen, wie als Mann vom Fache, wird er tief bedauert. In letzterer Beziehung hat die Universität indeß einen vollen Ersatz in der Ernennung des gelehrten Custos des Naturaliencabinets, Dr. Endlicher, gefunden. Endlicher hat einen, in der Botanik wie in der Philologie, mit Recht berühmten Namen. Seine zahlreichen Werke in beiden Fächern, fast sämmtlich in lateinischer Sprache, und unter diesen, die: Ceratotheca, die Genera plantarum, die Enumeratio plantarum quas in nova Hollandia collegit L. B. Ca.

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[0420/0012] Die Unternehmer und Leiter dieses Festes, denen alle Theilnehmer so wie das ganze Publicum wahrhaft verpflichtet sind – was jeder, der irgend einmal einem ähnlichen Geschäft sich unterzogen, zu würdigen wissen wird – sind die Maler Jos. Petzl, D. Monten, Ph. Foltz, C. Braun, Bernhard, Tröndlin, Seibertz und Wyttenbach. Das vollkommene Gelingen, die allgemeine Freude, die herzliche Theilnahme, so wie der überraschende und ergreifende Eindruck des Ganzen wird sie die Mühe, die sie gehabt haben mögen, vergessen lassen. Wiener Briefe. _ Wien. Die Allg. Zeitung hat in letzter Zeit einige kurze Umrisse über geistiges und materielles Leben in Wien mitgetheilt, je nach dem Interesse des Gegenstandes mehr oder minder ausführlich. Es sollte dabei mehr um einen Beitrag zur allgemeinen Charakteristik hiesiger socialer Zustände zu thun seyn, als einzelne Materien besonders herauszuheben. Ich will diese Notizen fortsetzen und von Zeit zu Zeit ein Resumé des Erlebten, ein kurzes Review geistiger Leistungen, wie materieller Beziehungen mittheilen. Ich werde lediglich constatiren, was wirklich existirt und vorliegt, und es den Lesern überlassen sich das Facit selbst zu ziehen. Auf diese Weise wird wenigstens der Gesichtspunkt festgehalten werden und sich ein richtigeres Bild gestalten, als es sonst, bei der Unkenntniß möglich ist, die über hiesige Verhältnisse unbegreiflicherweise noch so sehr obwaltet – eine Unkenntniß, die weder durch die vielen seichten Tractätchen über Oesterreich, noch durch Artikel wie die des National, auch nur entfernt gehoben wird. Es bedarf auch in der That nicht, Schwarz weiß, und Weiß schwarz zu nennen, um ein höchst freundliches Bild unserer Zustände zu entwerfen. Auch ist es gar nicht nöthig, zu diesem Ende unsere Mängel, insofern sie wirklich vorhanden sind, in Abrede zu stellen: solche fehlen bei uns so wenig als anderwärts; dennoch dürften wir bei genauer Würdigung der Verhältnisse nicht versucht seyn, die unsrigen gegen die gepriesensten fremden en bloc zu vertauschen, wie Manches im Einzelnen wir dort auch viel besser als bei uns finden möchten. Betrachten wir zuerst den Stoff, d. h. das Volk, so müssen wir diesen vortrefflich nennen, und die besonnene Verwaltung überwacht ihn mit Klugheit und Milde, und sorgt nur dafür, daß sein Gehalt sich nicht vermindere. Uebrigens überläßt sie ihn der freien Entwickelung, die den Umschwung der Geister hier nicht minder wie anderwärts, in manchen Dinger schneller, in manchen langsamer bewirkt. Sie wacht, daß der Fortschritt ein ruhiger, wohlthätiger, nachhaltiger sey; sie treibt weder, noch hemmt sie zur Ungebühr. Dieß wenigstens sind die Principien. Was aus individueller Ansicht auf einer oder der andern Seite zu viel oder zu wenig gethan scheint, oder ob diese Principien in der Praxis in den untergeordneten Sphären immer gehörig festgehalten werden, darüber wollen wir nicht rechten, es weder vertreten noch tadeln, eben weil es individueller Ansicht und individueller Praxis anheim fällt, und wir es hier nur mit den Maximen im Großen zu thun haben, auch von einem Centralpunkt ausgehend nur diese allein Geltung finden können. Was indeß unläugbar als Thatsache heraustritt, ist jedenfalls der Fortschritt selbst, den wir später auch auf statistischem Wege constatiren wollen. Da nun der Effect nicht ohne wirkende Ursache seyn kann, so wird die Verwaltung im Großen und Ganzen darin ihre Bewährung und Rechtfertigung finden, so wie sie was im Einzelnen gerechter Rüge unterliegt, fortwährend in den Kreis ihrer Verbesserungen zieht. Daß das Volk der Gegenwart froh ist und die Zukunft unter diesen Umständen mit gutem Vertrauen erwartet, zeigt sich im bewegten Leben des Faschings, wohin man nur immer blickt. Wie der Fall des Tropfens im Wasserspiegel ringt sich die Bewegung von dem engsten bis in die weitesten Kreise; man kann kaum wahrnehmen, wo sie aufhört. Vom Palast bis zur Guinguette, von den Säulen der Hofburg bis in die niedere Tanzstube fordert und erhält die Zeit der Lust ihr angestammtes Recht, tönt der Reigen; und wahrlich, in Wien weniger als irgendwo leben Menschen, denen nicht eine Pforte offen stände, wo auch sie ihr angemessen Theil an der gemeinsamen Fröhlichkeit finden könnten. Dabei geht der Erwerb und die Betriebsamkeit in gleich rascher Bewegung und erzeugt hier neue Bedürfnisse, dort neue Quellen. Die zahlreichen Fabriken im Lande haben seit längerer Zeit bedeutend auf die Theuerung des Holzes gewirkt, und nachgerade fing man an, für den künftigen Bedarf besorgt zu seyn. Der Betrieb der Eisenbahnen und Dampfschiffe hat indessen die Steinkohlen, ein – seltsam genug – in Wien fast gar nicht gebrauchtes Material, herbeigezogen, und schon diesen Winter fängt man viel damit zu heizen an, und im nächsten dürfte dieß in erweitertem Maaßstabe geschehen. So hängt die Industrie einen Ring an den andern, und der Aufschwung eines Zweiges, einer Erfindung treibt neue Schößlinge oft in weiter Entfernung hervor. Wie sehr man hier von dieser Ueberzeugung durchdrungen ist, beweist die Errichtung des Gewerbvereins, der, höchsten Orts sanctionirt, sich nun vollkommen constituirt hat und seine Wirksamkeit beginnt. Seine Statuten sind ziemlich dieselben, wie bei andern Instituten dieser Art, ebenso sein Zweck und seine Organisation. Der Erzherzog Franz ist Protector, Graf Kolowrat Curator; der Erzherzog Johann, Fürst Metternich und Graf Mittrowsky sind bis jetzt die einzigen Ehrenmitglieder des Instituts, an die sich noch zwei Gelehrte des Auslandes anschließen sollen. Kaum errichtet, gebietet es schon über ein jährliches Einkommen von mehr als 15,000 fl. C. M. und die Zahl seiner Theilnehmer, mithin seine Mittel, wachsen täglich. Der offenliegende Nutzen der Anstalt braucht nicht berührt zu werden, wohl aber muß angedeutet werden, daß nebstbei dem Staate daraus ein Institut erwächst, ganz geeignet, wie die Handelskammer an andern Orten, der Verwaltung alle ihr nöthigen Aufklärungen auf jede, den Handel und die Gewerbe betreffende Anfrage zu geben, und alle speciellen Enquêten in diesem Bereiche nach ihrem Auftrag zu übernehmen. Die Masse neuer Daten und noch nicht gekannter Resultate, die dadurch den Behörden zur Kenntniß gebracht wird, muß diesen bei allen zu nehmenden Entschlüssen von ungeheuerm Vortheil seyn; denn zum Glück ist die gute Zeit vorüber, wo die Amtsehre es bedenklich gefunden hätte, nicht Alles selbst und am besten zu wissen, und anderwärtig Erkundigungen einziehen zu sollen. Der Tod des Freiherrn v. Jaquin hat eine bedeutende Lücke, sowohl in den Lehrkörper der Universität, als auch in den Kreis aller Freunde der Wissenschaft gebracht. In beiden Beziehungen, als anregender Geist und als ein Vereinigungspunkt litterarischer Interessen, wie als Mann vom Fache, wird er tief bedauert. In letzterer Beziehung hat die Universität indeß einen vollen Ersatz in der Ernennung des gelehrten Custos des Naturaliencabinets, Dr. Endlicher, gefunden. Endlicher hat einen, in der Botanik wie in der Philologie, mit Recht berühmten Namen. Seine zahlreichen Werke in beiden Fächern, fast sämmtlich in lateinischer Sprache, und unter diesen, die: Ceratotheca, die Genera plantarum, die Enumeratio plantarum quas in nova Hollandia collegit L. B. Ca.

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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 53. Augsburg, 22. Februar 1840, S. 0420. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_053_18400222/12>, abgerufen am 27.04.2024.