Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Allgemeine Zeitung. Nr. 51. Augsburg, 20. Februar 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Gegenstand macht, wundert sich über unser Stillschweigen. Wir sind nun zur Erklärung ermächtigt, daß der russische Geschäftsträger sich beeilt hat, zu erklären, daß die kaiserliche Legation an dem ganz unrichtigen Artikel, den die Presse publicirte und dessen Quelle dieses Journal allein angeben kann, wenn es dieß für gut findet, durchaus keinen Theil genommen hat.

Die Presse antwortet hierauf: "Der Moniteur Parisien hat Unrecht, zu behaupten, daß unser Artikel ganz unrichtig war; wir sind hierdurch genöthigt zu erklären, daß, mit Ausnahme eines Worts, welches vielleicht versetzt worden, unsere Erzählung vollkommen richtig war; eben so genau wahr ist es auch, daß bei dem französischen Cabinet hinsichtlich des Votums des Ministers des öffentlichen Unterrichts zu Gunsten der polnischen Nationalität eine Anfrage gemacht worden, und daß das Ministerium nicht weiß, was es hierauf antworten soll. Das Stillschweigen des ministeriellen Blattes beweist nur zu klar, daß es hiemit seine Richtigkeit hat.

(Moniteur.) Wir haben bereits erklärt, daß die in der vor einigen Tagen in der Presse eingerückten Note ausgesprochenen Angaben, von denen sie behauptet, daß sie ihr mitgetheilt worden seyen, durchaus unrichtig sind. Wir sind ermächtigt, dieselbe Erklärung in Betreff der Details zu machen, die von diesem Journale über eine Mittheilung des russischen Geschäftsträgers in Bezug auf die von dem Conseilspräsidenten geführte Sprache, und auf das Votum des Ministers des öffentlichen Unterrichts aus Anlaß der Erörterung des Polen betreffenden § in der Pairskammer gegeben worden sind. Der Conseilpräsident, weit entfernt, mit der Antwort auf diese Mittheilung in Verlegenheit gewesen zu seyn, hat die von ihm auf der Tribune geführte Sprache, die auch den Grundsätzen gemäß ist, welche Frankreich bei jedem Anlaß über diese ernste Frage angerufen und vertheidigt hat, vollkommen avouirt und bestätigt. Wir überlassen es übrigens der Presse zu erklären, wie sie von dem Schritte des Hrn. v. Medem in dem Augenblick, wo derselbe stattgefunden, Kenntniß erhalten hat, und an welcher Quelle sie die Erkundigungen schöpft, nach welchen sie die Regierung eine ihrer so unwürdige Rolle spielen läßt.

In Straßburg war in den letzten Tagen eine Petition an die Deputirtenkammer gegen die Dotation des Herzogs von Nemours im Umlauf. Die Bittsteller verlangen, daß die Kammer 1) den betreffenden Gesetzesentwurf verwerfe und 2) ein Gesetz annehme, kraft dessen man künftig keinem Prinzen und keiner Prinzessin des k. Hauses weder eine Apanage, noch eine Ausstattung bewillige.

(Commerce.) Es ist eine schöne Sache um die constitutionelle Regierung; sie hat den Vortheil, daß jeder sie auf seine Weise versteht: constitutionell gesprochen ward Hr. Guizot durch das Ministerium vom 12 Mai zum Botschafter in London ernannt. Nun ist aber Hr. Guizot in offenem Kriege mit diesem Ministerium, er besucht kein einziges seiner Mitglieder, mit Ausnahme des Hrn. Duchatel, und sagt, jedem der es hören will, daß er seine Ernennung ganz von dem König erhalten habe, und nur dem Könige gehorchen werde. Er hatte in der That auch bisher nur mit dem Könige Conferenzen und doch glaubt Hr. Guizot die constitutionelle Regierung zu verstehen.

(Commerce.) Man sagt, dem Herzog von Broglie werde die Commission übertragen werden, die künftige Gemahlin des Herzogs von Remours abzuholen und nach Frankreich zu bringen. Bei der Vermählung des Herzogs von Orleans hatte der Herzog von Choiseul diesen Auftrag erhalten, und dieß erklärt sich daraus, daß der Herzog von Choiseul Adjutant des Königs war; man sieht aber nicht ein, unter welchem Titel Hr. v. Broglie zu dieser Mission des Hofs berufen wäre.

Man ist hier über den Ausgang der orientalischen Streitsache beruhigt und überzeugt, daß sie so ausgeglichen wird, als es die Lage der Dinge, die Macht der Umstände, mit denen man zum erstenmal seit der Juliusrevolution Lanzen brechen wollte, verlangt. Man weiß bereits, daß über diese nicht schnöde fortgegangen werden soll, sondern daß jeder sie bereits in Anschlag bringt und darauf Berechnungen formulirt, mit andern Worten, daß die Mächte, welche ihren Eingebungen gemäß über den Orient urtheilen und verfügen wollten, ohne die Gefahren zu bedenken, die dadurch hervorgerufen werden könnten, einzusehen anfangen, daß man hier recht gut wußte, was man wollte und was man durfte, und wir nicht so unbekannt mit dem Auslande sind, als gewöhnlich geglaubt wird. Der König ist es wahrhaftig nicht, und er gibt hauptsächlich der Politik den Impuls, die nach außen zu wirken hat. Sein Bestreben ging darauf hin, behutsam den Knäuel abzuwickeln, den so vielerlei Mißgriffe gesponnen hatten, und er ließ sich dabei durch nichts beirren. Gerechtigkeit ist ihm auch geworden, und nichts wird jetzt mehr ohne unser Dazuthun geschehen, da wir mit England wieder auf dem alten Fuße stehen. Vielleicht werden wir jetzt noch enger mit jener Macht verbunden, als wir es waren, denn was Peel im Parlament über die englisch-französische Allianz sagte, kann für die brittischen Minister nicht verloren gehen, und wird sie erinnern, daß es eine Frage der Existenz für sie ist, mit uns in bestem Einvernehmen zu bleiben. Es ist auch unbegreiflich, wie Lord Palmerston nur einen Augenblick daran denken konnte, auf uns zu verzichten, wenn er die mißliche Stellung erwägt, welche die Whigs einhalten, die, von Tories und Radicalen gedrängt, kaum ein anderes Hülfsmittel haben, um ihr Daseyn zu fristen, als die auswärtigen Verhältnisse auszubeuten, denn nach innen sind sie abgenützt. Lord Palmerston weiß dieß wohl, und dennoch wollte er es auf sich nehmen, eine andere Bahn zu betreten als die ist, die er bis jetzt verfolgt, und zwar zu seinem und seiner Collegen Besten verfolgt hatte. Er wollte es mit Rußland versuchen und uns den Rücken drehen. Er hat aber bald einsehen müssen, daß dieß verlorne Mühe ist, und daß von dem Tage an, wo wir uns von England trennen, das Reich der Whigs ein Ende hat, weil alsdann überall Ungewißheit und Unsicherheit herrschen würde, eben so ungewiß wie es in England aussieht, und jeder ohne Compaß zu steuern hätte. Freilich glaubte der edle Lord dem Uebel abzuhelfen, wenn er Rußland geködert zu haben, sich rühmen, und den gefürchteten Radicalen zurufen könnte, Rußland habe sich in seinen Willen gefügt, um ihren Angriffen zu entgehen und einen breiteren Sitz nach innen zu nehmen, was ihm Dauer verspreche und Zeit lasse, sich aus dem Chaos zu winden, in das er sich versetzt sah. Freilich sollte er insofern russischerseits Vorschub erhalten, denn man will wissen, daß die Zuvorkommenheit der russischen Regierung gegen Lord Palmerston hauptsächlich dadurch motivirt war, damit dieser nicht zu sehr von den Radicalen zu leiden habe, die ihn schonungslos behandelt haben würden, wenn er es gewagt hätte, Stipulationen einzugehen, wie sie anfänglich von Brunnow zu London proponirt worden sind; allein ungeachtet dessen hat der gute und gesunde Sinn, welcher die Mehrzahl der englischen Minister belebt, auf die Freundschaftsbezeugungen verzichten müssen, die ihm von Norden werden sollten. Palmerston war gehalten, schnell einzulenken, um nicht das Kind mit dem Bade auszuschütten. Dieß wird ihm nun

Gegenstand macht, wundert sich über unser Stillschweigen. Wir sind nun zur Erklärung ermächtigt, daß der russische Geschäftsträger sich beeilt hat, zu erklären, daß die kaiserliche Legation an dem ganz unrichtigen Artikel, den die Presse publicirte und dessen Quelle dieses Journal allein angeben kann, wenn es dieß für gut findet, durchaus keinen Theil genommen hat.

Die Presse antwortet hierauf: „Der Moniteur Parisien hat Unrecht, zu behaupten, daß unser Artikel ganz unrichtig war; wir sind hierdurch genöthigt zu erklären, daß, mit Ausnahme eines Worts, welches vielleicht versetzt worden, unsere Erzählung vollkommen richtig war; eben so genau wahr ist es auch, daß bei dem französischen Cabinet hinsichtlich des Votums des Ministers des öffentlichen Unterrichts zu Gunsten der polnischen Nationalität eine Anfrage gemacht worden, und daß das Ministerium nicht weiß, was es hierauf antworten soll. Das Stillschweigen des ministeriellen Blattes beweist nur zu klar, daß es hiemit seine Richtigkeit hat.

(Moniteur.) Wir haben bereits erklärt, daß die in der vor einigen Tagen in der Presse eingerückten Note ausgesprochenen Angaben, von denen sie behauptet, daß sie ihr mitgetheilt worden seyen, durchaus unrichtig sind. Wir sind ermächtigt, dieselbe Erklärung in Betreff der Details zu machen, die von diesem Journale über eine Mittheilung des russischen Geschäftsträgers in Bezug auf die von dem Conseilspräsidenten geführte Sprache, und auf das Votum des Ministers des öffentlichen Unterrichts aus Anlaß der Erörterung des Polen betreffenden § in der Pairskammer gegeben worden sind. Der Conseilpräsident, weit entfernt, mit der Antwort auf diese Mittheilung in Verlegenheit gewesen zu seyn, hat die von ihm auf der Tribune geführte Sprache, die auch den Grundsätzen gemäß ist, welche Frankreich bei jedem Anlaß über diese ernste Frage angerufen und vertheidigt hat, vollkommen avouirt und bestätigt. Wir überlassen es übrigens der Presse zu erklären, wie sie von dem Schritte des Hrn. v. Medem in dem Augenblick, wo derselbe stattgefunden, Kenntniß erhalten hat, und an welcher Quelle sie die Erkundigungen schöpft, nach welchen sie die Regierung eine ihrer so unwürdige Rolle spielen läßt.

In Straßburg war in den letzten Tagen eine Petition an die Deputirtenkammer gegen die Dotation des Herzogs von Nemours im Umlauf. Die Bittsteller verlangen, daß die Kammer 1) den betreffenden Gesetzesentwurf verwerfe und 2) ein Gesetz annehme, kraft dessen man künftig keinem Prinzen und keiner Prinzessin des k. Hauses weder eine Apanage, noch eine Ausstattung bewillige.

(Commerce.) Es ist eine schöne Sache um die constitutionelle Regierung; sie hat den Vortheil, daß jeder sie auf seine Weise versteht: constitutionell gesprochen ward Hr. Guizot durch das Ministerium vom 12 Mai zum Botschafter in London ernannt. Nun ist aber Hr. Guizot in offenem Kriege mit diesem Ministerium, er besucht kein einziges seiner Mitglieder, mit Ausnahme des Hrn. Duchàtel, und sagt, jedem der es hören will, daß er seine Ernennung ganz von dem König erhalten habe, und nur dem Könige gehorchen werde. Er hatte in der That auch bisher nur mit dem Könige Conferenzen und doch glaubt Hr. Guizot die constitutionelle Regierung zu verstehen.

(Commerce.) Man sagt, dem Herzog von Broglie werde die Commission übertragen werden, die künftige Gemahlin des Herzogs von Remours abzuholen und nach Frankreich zu bringen. Bei der Vermählung des Herzogs von Orleans hatte der Herzog von Choiseul diesen Auftrag erhalten, und dieß erklärt sich daraus, daß der Herzog von Choiseul Adjutant des Königs war; man sieht aber nicht ein, unter welchem Titel Hr. v. Broglie zu dieser Mission des Hofs berufen wäre.

Man ist hier über den Ausgang der orientalischen Streitsache beruhigt und überzeugt, daß sie so ausgeglichen wird, als es die Lage der Dinge, die Macht der Umstände, mit denen man zum erstenmal seit der Juliusrevolution Lanzen brechen wollte, verlangt. Man weiß bereits, daß über diese nicht schnöde fortgegangen werden soll, sondern daß jeder sie bereits in Anschlag bringt und darauf Berechnungen formulirt, mit andern Worten, daß die Mächte, welche ihren Eingebungen gemäß über den Orient urtheilen und verfügen wollten, ohne die Gefahren zu bedenken, die dadurch hervorgerufen werden könnten, einzusehen anfangen, daß man hier recht gut wußte, was man wollte und was man durfte, und wir nicht so unbekannt mit dem Auslande sind, als gewöhnlich geglaubt wird. Der König ist es wahrhaftig nicht, und er gibt hauptsächlich der Politik den Impuls, die nach außen zu wirken hat. Sein Bestreben ging darauf hin, behutsam den Knäuel abzuwickeln, den so vielerlei Mißgriffe gesponnen hatten, und er ließ sich dabei durch nichts beirren. Gerechtigkeit ist ihm auch geworden, und nichts wird jetzt mehr ohne unser Dazuthun geschehen, da wir mit England wieder auf dem alten Fuße stehen. Vielleicht werden wir jetzt noch enger mit jener Macht verbunden, als wir es waren, denn was Peel im Parlament über die englisch-französische Allianz sagte, kann für die brittischen Minister nicht verloren gehen, und wird sie erinnern, daß es eine Frage der Existenz für sie ist, mit uns in bestem Einvernehmen zu bleiben. Es ist auch unbegreiflich, wie Lord Palmerston nur einen Augenblick daran denken konnte, auf uns zu verzichten, wenn er die mißliche Stellung erwägt, welche die Whigs einhalten, die, von Tories und Radicalen gedrängt, kaum ein anderes Hülfsmittel haben, um ihr Daseyn zu fristen, als die auswärtigen Verhältnisse auszubeuten, denn nach innen sind sie abgenützt. Lord Palmerston weiß dieß wohl, und dennoch wollte er es auf sich nehmen, eine andere Bahn zu betreten als die ist, die er bis jetzt verfolgt, und zwar zu seinem und seiner Collegen Besten verfolgt hatte. Er wollte es mit Rußland versuchen und uns den Rücken drehen. Er hat aber bald einsehen müssen, daß dieß verlorne Mühe ist, und daß von dem Tage an, wo wir uns von England trennen, das Reich der Whigs ein Ende hat, weil alsdann überall Ungewißheit und Unsicherheit herrschen würde, eben so ungewiß wie es in England aussieht, und jeder ohne Compaß zu steuern hätte. Freilich glaubte der edle Lord dem Uebel abzuhelfen, wenn er Rußland geködert zu haben, sich rühmen, und den gefürchteten Radicalen zurufen könnte, Rußland habe sich in seinen Willen gefügt, um ihren Angriffen zu entgehen und einen breiteren Sitz nach innen zu nehmen, was ihm Dauer verspreche und Zeit lasse, sich aus dem Chaos zu winden, in das er sich versetzt sah. Freilich sollte er insofern russischerseits Vorschub erhalten, denn man will wissen, daß die Zuvorkommenheit der russischen Regierung gegen Lord Palmerston hauptsächlich dadurch motivirt war, damit dieser nicht zu sehr von den Radicalen zu leiden habe, die ihn schonungslos behandelt haben würden, wenn er es gewagt hätte, Stipulationen einzugehen, wie sie anfänglich von Brunnow zu London proponirt worden sind; allein ungeachtet dessen hat der gute und gesunde Sinn, welcher die Mehrzahl der englischen Minister belebt, auf die Freundschaftsbezeugungen verzichten müssen, die ihm von Norden werden sollten. Palmerston war gehalten, schnell einzulenken, um nicht das Kind mit dem Bade auszuschütten. Dieß wird ihm nun

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="jArticle" n="2">
          <p><pb facs="#f0005" n="0405"/>
Gegenstand macht, wundert sich über unser Stillschweigen. Wir sind nun zur Erklärung ermächtigt, daß der russische Geschäftsträger sich beeilt hat, zu erklären, daß die kaiserliche Legation an dem ganz unrichtigen Artikel, den die <hi rendition="#g">Presse</hi> publicirte und dessen Quelle dieses Journal allein angeben kann, wenn es dieß für gut findet, durchaus keinen Theil genommen hat.</p><lb/>
          <p>Die <hi rendition="#g">Presse</hi> antwortet hierauf: &#x201E;Der <hi rendition="#g">Moniteur Parisien</hi> hat Unrecht, zu behaupten, daß unser Artikel ganz unrichtig war; wir sind hierdurch genöthigt zu erklären, daß, mit Ausnahme eines Worts, welches vielleicht versetzt worden, unsere Erzählung vollkommen richtig war; eben so genau wahr ist es auch, daß bei dem französischen Cabinet hinsichtlich des Votums des Ministers des öffentlichen Unterrichts zu Gunsten der polnischen Nationalität eine Anfrage gemacht worden, und daß das Ministerium nicht weiß, was es hierauf antworten soll. Das Stillschweigen des ministeriellen Blattes beweist nur zu klar, daß es hiemit seine Richtigkeit hat.</p><lb/>
          <p>(<hi rendition="#g">Moniteur</hi>.) Wir haben bereits erklärt, daß die in der vor einigen Tagen in der <hi rendition="#g">Presse</hi> eingerückten Note ausgesprochenen Angaben, von denen sie behauptet, daß sie ihr mitgetheilt worden seyen, durchaus unrichtig sind. Wir sind ermächtigt, dieselbe Erklärung in Betreff der Details zu machen, die von diesem Journale über eine Mittheilung des russischen Geschäftsträgers in Bezug auf die von dem Conseilspräsidenten geführte Sprache, und auf das Votum des Ministers des öffentlichen Unterrichts aus Anlaß der Erörterung des Polen betreffenden § in der Pairskammer gegeben worden sind. Der Conseilpräsident, weit entfernt, mit der Antwort auf diese Mittheilung in Verlegenheit gewesen zu seyn, hat die von ihm auf der Tribune geführte Sprache, die auch den Grundsätzen gemäß ist, welche Frankreich bei jedem Anlaß über diese ernste Frage angerufen und vertheidigt hat, vollkommen avouirt und bestätigt. Wir überlassen es übrigens der <hi rendition="#g">Presse</hi> zu erklären, wie sie von dem Schritte des Hrn. v. Medem in dem Augenblick, wo derselbe stattgefunden, Kenntniß erhalten hat, und an welcher Quelle sie die Erkundigungen schöpft, nach welchen sie die Regierung eine ihrer so unwürdige Rolle spielen läßt.</p><lb/>
          <p>In Straßburg war in den letzten Tagen eine Petition an die Deputirtenkammer gegen die Dotation des Herzogs von Nemours im Umlauf. Die Bittsteller verlangen, daß die Kammer 1) den betreffenden Gesetzesentwurf verwerfe und 2) ein Gesetz annehme, kraft dessen man künftig keinem Prinzen und keiner Prinzessin des k. Hauses weder eine Apanage, noch eine Ausstattung bewillige.</p><lb/>
          <p>(<hi rendition="#g">Commerce</hi>.) Es ist eine schöne Sache um die constitutionelle Regierung; sie hat den Vortheil, daß jeder sie auf seine Weise versteht: constitutionell gesprochen ward Hr. Guizot durch das Ministerium vom 12 Mai zum Botschafter in London ernannt. Nun ist aber Hr. Guizot in offenem Kriege mit diesem Ministerium, er besucht kein einziges seiner Mitglieder, mit Ausnahme des Hrn. Duchàtel, und sagt, jedem der es hören will, daß er seine Ernennung ganz von dem König erhalten habe, und nur dem Könige gehorchen werde. Er hatte in der That auch bisher nur mit dem Könige Conferenzen und doch glaubt Hr. Guizot die constitutionelle Regierung zu verstehen.</p><lb/>
          <p>(<hi rendition="#g">Commerce</hi>.) Man sagt, dem Herzog von Broglie werde die Commission übertragen werden, die künftige Gemahlin des Herzogs von Remours abzuholen und nach Frankreich zu bringen. Bei der Vermählung des Herzogs von Orleans hatte der Herzog von Choiseul diesen Auftrag erhalten, und dieß erklärt sich daraus, daß der Herzog von Choiseul Adjutant des Königs war; man sieht aber nicht ein, unter welchem Titel Hr. v. Broglie zu dieser Mission des Hofs berufen wäre.</p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <byline>
            <docAuthor>
              <gap reason="insignificant"/>
            </docAuthor>
          </byline>
          <dateline><hi rendition="#b">Paris,</hi> 6 Febr.</dateline>
          <p> Man ist hier über den Ausgang der orientalischen Streitsache beruhigt und überzeugt, daß sie so ausgeglichen wird, als es die Lage der Dinge, die Macht der Umstände, mit denen man zum erstenmal seit der Juliusrevolution Lanzen brechen wollte, verlangt. Man weiß bereits, daß über diese nicht schnöde fortgegangen werden soll, sondern daß jeder sie bereits in Anschlag bringt und darauf Berechnungen formulirt, mit andern Worten, daß die Mächte, welche ihren Eingebungen gemäß über den Orient urtheilen und verfügen wollten, ohne die Gefahren zu bedenken, die dadurch hervorgerufen werden könnten, einzusehen anfangen, daß man hier recht gut wußte, was man wollte und was man durfte, und wir nicht so unbekannt mit dem Auslande sind, als gewöhnlich geglaubt wird. Der König ist es wahrhaftig nicht, und er gibt hauptsächlich der Politik den Impuls, die nach außen zu wirken hat. Sein Bestreben ging darauf hin, behutsam den Knäuel abzuwickeln, den so vielerlei Mißgriffe gesponnen hatten, und er ließ sich dabei durch nichts beirren. Gerechtigkeit ist ihm auch geworden, und nichts wird jetzt mehr ohne unser Dazuthun geschehen, da wir mit England wieder auf dem alten Fuße stehen. Vielleicht werden wir jetzt noch enger mit jener Macht verbunden, als wir es waren, denn was Peel im Parlament über die englisch-französische Allianz sagte, kann für die brittischen Minister nicht verloren gehen, und wird sie erinnern, daß es eine Frage der Existenz für sie ist, mit uns in bestem Einvernehmen zu bleiben. Es ist auch unbegreiflich, wie Lord Palmerston nur einen Augenblick daran denken konnte, auf uns zu verzichten, wenn er die mißliche Stellung erwägt, welche die Whigs einhalten, die, von Tories und Radicalen gedrängt, kaum ein anderes Hülfsmittel haben, um ihr Daseyn zu fristen, als die auswärtigen Verhältnisse auszubeuten, denn nach innen sind sie abgenützt. Lord Palmerston weiß dieß wohl, und dennoch wollte er es auf sich nehmen, eine andere Bahn zu betreten als die ist, die er bis jetzt verfolgt, und zwar zu seinem und seiner Collegen Besten verfolgt hatte. Er wollte es mit Rußland versuchen und uns den Rücken drehen. Er hat aber bald einsehen müssen, daß dieß verlorne Mühe ist, und daß von dem Tage an, wo wir uns von England trennen, das Reich der Whigs ein Ende hat, weil alsdann überall Ungewißheit und Unsicherheit herrschen würde, eben so ungewiß wie es in England aussieht, und jeder ohne Compaß zu steuern hätte. Freilich glaubte der edle Lord dem Uebel abzuhelfen, wenn er Rußland geködert zu haben, sich rühmen, und den gefürchteten Radicalen zurufen könnte, Rußland habe sich in seinen Willen gefügt, um ihren Angriffen zu entgehen und einen breiteren Sitz nach innen zu nehmen, was ihm Dauer verspreche und Zeit lasse, sich aus dem Chaos zu winden, in das er sich versetzt sah. Freilich sollte er insofern russischerseits Vorschub erhalten, denn man will wissen, daß die Zuvorkommenheit der russischen Regierung gegen Lord Palmerston hauptsächlich dadurch motivirt war, damit dieser nicht zu sehr von den Radicalen zu leiden habe, die ihn schonungslos behandelt haben würden, wenn er es gewagt hätte, Stipulationen einzugehen, wie sie anfänglich von Brunnow zu London proponirt worden sind; allein ungeachtet dessen hat der gute und gesunde Sinn, welcher die Mehrzahl der englischen Minister belebt, auf die Freundschaftsbezeugungen verzichten müssen, die ihm von Norden werden sollten. Palmerston war gehalten, schnell einzulenken, um nicht das Kind mit dem Bade auszuschütten. Dieß wird ihm nun<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0405/0005] Gegenstand macht, wundert sich über unser Stillschweigen. Wir sind nun zur Erklärung ermächtigt, daß der russische Geschäftsträger sich beeilt hat, zu erklären, daß die kaiserliche Legation an dem ganz unrichtigen Artikel, den die Presse publicirte und dessen Quelle dieses Journal allein angeben kann, wenn es dieß für gut findet, durchaus keinen Theil genommen hat. Die Presse antwortet hierauf: „Der Moniteur Parisien hat Unrecht, zu behaupten, daß unser Artikel ganz unrichtig war; wir sind hierdurch genöthigt zu erklären, daß, mit Ausnahme eines Worts, welches vielleicht versetzt worden, unsere Erzählung vollkommen richtig war; eben so genau wahr ist es auch, daß bei dem französischen Cabinet hinsichtlich des Votums des Ministers des öffentlichen Unterrichts zu Gunsten der polnischen Nationalität eine Anfrage gemacht worden, und daß das Ministerium nicht weiß, was es hierauf antworten soll. Das Stillschweigen des ministeriellen Blattes beweist nur zu klar, daß es hiemit seine Richtigkeit hat. (Moniteur.) Wir haben bereits erklärt, daß die in der vor einigen Tagen in der Presse eingerückten Note ausgesprochenen Angaben, von denen sie behauptet, daß sie ihr mitgetheilt worden seyen, durchaus unrichtig sind. Wir sind ermächtigt, dieselbe Erklärung in Betreff der Details zu machen, die von diesem Journale über eine Mittheilung des russischen Geschäftsträgers in Bezug auf die von dem Conseilspräsidenten geführte Sprache, und auf das Votum des Ministers des öffentlichen Unterrichts aus Anlaß der Erörterung des Polen betreffenden § in der Pairskammer gegeben worden sind. Der Conseilpräsident, weit entfernt, mit der Antwort auf diese Mittheilung in Verlegenheit gewesen zu seyn, hat die von ihm auf der Tribune geführte Sprache, die auch den Grundsätzen gemäß ist, welche Frankreich bei jedem Anlaß über diese ernste Frage angerufen und vertheidigt hat, vollkommen avouirt und bestätigt. Wir überlassen es übrigens der Presse zu erklären, wie sie von dem Schritte des Hrn. v. Medem in dem Augenblick, wo derselbe stattgefunden, Kenntniß erhalten hat, und an welcher Quelle sie die Erkundigungen schöpft, nach welchen sie die Regierung eine ihrer so unwürdige Rolle spielen läßt. In Straßburg war in den letzten Tagen eine Petition an die Deputirtenkammer gegen die Dotation des Herzogs von Nemours im Umlauf. Die Bittsteller verlangen, daß die Kammer 1) den betreffenden Gesetzesentwurf verwerfe und 2) ein Gesetz annehme, kraft dessen man künftig keinem Prinzen und keiner Prinzessin des k. Hauses weder eine Apanage, noch eine Ausstattung bewillige. (Commerce.) Es ist eine schöne Sache um die constitutionelle Regierung; sie hat den Vortheil, daß jeder sie auf seine Weise versteht: constitutionell gesprochen ward Hr. Guizot durch das Ministerium vom 12 Mai zum Botschafter in London ernannt. Nun ist aber Hr. Guizot in offenem Kriege mit diesem Ministerium, er besucht kein einziges seiner Mitglieder, mit Ausnahme des Hrn. Duchàtel, und sagt, jedem der es hören will, daß er seine Ernennung ganz von dem König erhalten habe, und nur dem Könige gehorchen werde. Er hatte in der That auch bisher nur mit dem Könige Conferenzen und doch glaubt Hr. Guizot die constitutionelle Regierung zu verstehen. (Commerce.) Man sagt, dem Herzog von Broglie werde die Commission übertragen werden, die künftige Gemahlin des Herzogs von Remours abzuholen und nach Frankreich zu bringen. Bei der Vermählung des Herzogs von Orleans hatte der Herzog von Choiseul diesen Auftrag erhalten, und dieß erklärt sich daraus, daß der Herzog von Choiseul Adjutant des Königs war; man sieht aber nicht ein, unter welchem Titel Hr. v. Broglie zu dieser Mission des Hofs berufen wäre. _ Paris, 6 Febr. Man ist hier über den Ausgang der orientalischen Streitsache beruhigt und überzeugt, daß sie so ausgeglichen wird, als es die Lage der Dinge, die Macht der Umstände, mit denen man zum erstenmal seit der Juliusrevolution Lanzen brechen wollte, verlangt. Man weiß bereits, daß über diese nicht schnöde fortgegangen werden soll, sondern daß jeder sie bereits in Anschlag bringt und darauf Berechnungen formulirt, mit andern Worten, daß die Mächte, welche ihren Eingebungen gemäß über den Orient urtheilen und verfügen wollten, ohne die Gefahren zu bedenken, die dadurch hervorgerufen werden könnten, einzusehen anfangen, daß man hier recht gut wußte, was man wollte und was man durfte, und wir nicht so unbekannt mit dem Auslande sind, als gewöhnlich geglaubt wird. Der König ist es wahrhaftig nicht, und er gibt hauptsächlich der Politik den Impuls, die nach außen zu wirken hat. Sein Bestreben ging darauf hin, behutsam den Knäuel abzuwickeln, den so vielerlei Mißgriffe gesponnen hatten, und er ließ sich dabei durch nichts beirren. Gerechtigkeit ist ihm auch geworden, und nichts wird jetzt mehr ohne unser Dazuthun geschehen, da wir mit England wieder auf dem alten Fuße stehen. Vielleicht werden wir jetzt noch enger mit jener Macht verbunden, als wir es waren, denn was Peel im Parlament über die englisch-französische Allianz sagte, kann für die brittischen Minister nicht verloren gehen, und wird sie erinnern, daß es eine Frage der Existenz für sie ist, mit uns in bestem Einvernehmen zu bleiben. Es ist auch unbegreiflich, wie Lord Palmerston nur einen Augenblick daran denken konnte, auf uns zu verzichten, wenn er die mißliche Stellung erwägt, welche die Whigs einhalten, die, von Tories und Radicalen gedrängt, kaum ein anderes Hülfsmittel haben, um ihr Daseyn zu fristen, als die auswärtigen Verhältnisse auszubeuten, denn nach innen sind sie abgenützt. Lord Palmerston weiß dieß wohl, und dennoch wollte er es auf sich nehmen, eine andere Bahn zu betreten als die ist, die er bis jetzt verfolgt, und zwar zu seinem und seiner Collegen Besten verfolgt hatte. Er wollte es mit Rußland versuchen und uns den Rücken drehen. Er hat aber bald einsehen müssen, daß dieß verlorne Mühe ist, und daß von dem Tage an, wo wir uns von England trennen, das Reich der Whigs ein Ende hat, weil alsdann überall Ungewißheit und Unsicherheit herrschen würde, eben so ungewiß wie es in England aussieht, und jeder ohne Compaß zu steuern hätte. Freilich glaubte der edle Lord dem Uebel abzuhelfen, wenn er Rußland geködert zu haben, sich rühmen, und den gefürchteten Radicalen zurufen könnte, Rußland habe sich in seinen Willen gefügt, um ihren Angriffen zu entgehen und einen breiteren Sitz nach innen zu nehmen, was ihm Dauer verspreche und Zeit lasse, sich aus dem Chaos zu winden, in das er sich versetzt sah. Freilich sollte er insofern russischerseits Vorschub erhalten, denn man will wissen, daß die Zuvorkommenheit der russischen Regierung gegen Lord Palmerston hauptsächlich dadurch motivirt war, damit dieser nicht zu sehr von den Radicalen zu leiden habe, die ihn schonungslos behandelt haben würden, wenn er es gewagt hätte, Stipulationen einzugehen, wie sie anfänglich von Brunnow zu London proponirt worden sind; allein ungeachtet dessen hat der gute und gesunde Sinn, welcher die Mehrzahl der englischen Minister belebt, auf die Freundschaftsbezeugungen verzichten müssen, die ihm von Norden werden sollten. Palmerston war gehalten, schnell einzulenken, um nicht das Kind mit dem Bade auszuschütten. Dieß wird ihm nun

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_051_18400220
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_051_18400220/5
Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 51. Augsburg, 20. Februar 1840, S. 0405. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_051_18400220/5>, abgerufen am 03.05.2024.