Allgemeine Zeitung. Nr. 50. Augsburg, 19. Februar 1840.In der Sitzung des Hauses der Gemeinen am 11 Febr. ward eine große Anzahl Petitionen über verschiedenartige Gegenstände eingereicht: um Abschaffung der Korngesetze, um Freilassung des wegen rückständiger Kirchenabgaben seit Jahr und Tag im Gefängniß sitzenden Dissenters Thorogood, um Ausdehnung der Staatskirche u. s. w. Hr. Sergeant Talfourd brachte seine Bill zum besseren Schutze des litterarischen Eigenthums ein, die ohne Bemerkung zum erstenmal gelesen wurde. Lord J. Russell kündigte, wie Lord Melbourne im andern Hause, den Vorschlag einer Gratulationsadresse an Ihre Maj. an. Hr. Alderman Thompson wünschte zu wissen, ob die Regierung Nachricht von großen Kriegsrüstungen des Pascha's von Aegypten habe, und ob sie deren Zweck kenne. Lord Palmerston antwortete, er könne unmöglich angeben, was Mehemed Ali's Absichten seyen, glaube jedoch, daß der Pascha 4000 Mann, die er für sein syrisches Heer hatte ausheben lassen, nach Alexandria zurückbeordert habe. Auf eine Frage von Sir E. Sugden entgegnete Lord J. Russell, er sey fürs erste nicht im Stand, einer Motion auf Freilassung der Sheriffs seine Zustimmung zu geben. (Einer derselben, Hr. Wheelton, ist indeß wegen angegriffener Gesundheit seiner Haft temporär entlassen worden. Toryblätter ermangeln nicht, in sentimentalen Worten ihn als einen Märtyrer der brittischen Freiheit darzustellen.) Hr. J. Duncombe entwickelte sofort seine angekündigte Motion auf Abschaffung der bis jetzt von den protestantischen Dissentern zu entrichtenden Steuern für die Staatskirche (church-rates), deren Bezug er als einen empörenden Mißbrauch darstellte. Lord J. Russell antwortete wie vor zwei Jahren, die Regierung sey nicht darauf vorbereitet, auf eine Maaßregel einzugehen, welche die Staatskirche schwächen könnte; zudem möchte die Aufhebung dieser von je zu Recht bestehenden Abgabe manchem weniger eifrigen Mitglied der Staatskirche eine Lockung werden, sich irgend einer Dissentergemeinde anzuschließen. Alles, was das Ministerium thun könne, sey: es wolle eine Bill einbringen, um die Wiederkehr solcher Fälle, wie der mit Thorogood, zu verhüten. Ueber diese Erklärung las Hr. Hume der Regierung scharf den Text, und rügte es als höchst inconsequent, daß man in Irland die Kirchensteuer abgeschafft habe, in England aber sie fortbestehen lassen wolle. Nachdem mehrere Redner für und wider gesprochen, wurde Hrn. Duncombe's Motion mit 117 gegen 62 Stimmen verworfen. "Gestern," schreibt der Windsor Expreß, "spazierte die Königin Arm in Arm mit ihrem königlichen Gemahl auf der Terrasse des Schloßgartens. Ihre Maj. sah äußerst gesund und heiter aus. Se. k. Hoh. hat sich von den Strapazen seiner langen Reise vollkommen erholt." - Das hohe Paar wird am 14 Febr. von Windsor wieder nach dem Buckinghampalast herein kommen. Die Herzogin von Kent hat, der M. Post zufolge, das Haus Lord Ingestrie's auf dem Belgrave-Square, das in voriger Saison der Prinz von Capua bewohnte, auf einige Zeit gemiethet, und wird binnen drei Wochen vom Buckinghampalast ausziehen. - Die sauersüßen Hochzeitartikel der Toryblätter und die Antworten der ministeriellen Journale darauf enthalten manche pikante Stellen; da jedoch die anständige deutsche Presse verbunden ist, die inneren Angelegenheiten auswärtiger Staaten delicater zu behandeln, als die Unterthanen dieser Staaten selbst, so müssen wir auf eine Mittheilung derselben verzichten. "Mum is the word." Hingegen steht nichts im Weg, noch einmal auf den bräutlichen Anzug der Königin Victoria zurückzukommen. "Der Schleier Ihrer Maj. allein, sagt die M. Post, kostete 1000 Pf. St. Der Atlaß vom reinsten Weiß war ein Fabricat von Spitalfields. Ihre Maj. trug ein Bracelet mit dem Motto des Hosenbandordens: "Honni soit qui mal y pense!" so wie auch den Stern dieses Ordens. Im Atlaßkleide waren Orangeblüthen eingewebt, und einen Kranz natürlicher Orangeblüthen (in England die Stellvertreterinnen der Myrte) trug die Königin im Haar. - Der Hosenbandorden, welchen Prinz Albert am linken Knie trug, war von köstlichster Arbeit und mit Diamanten vom reinsten Wasser buchstäblich übersäet - ein Geschenk seiner hohen Braut." Die Blätter berichten ferner mit modejournalistischer Genauigkeit über die Kleidung der Königin-Wittwe, der Herzogin von Kent und sämmtlicher Hofdamen - der jungen sowohl, wie jener von gewissen Jahren, bei welchen dann das Interesse an der Toilette an und für sich um so reiner hervortritt - und der Refrain ist jedesmal: "der Anzug bestand ganz aus Artikeln von brittischer Manufactur." - Die Times bemerkt: "Der Herzog von Wellington wurde zwar zu der Trauungsfeier eingeladen, blieb aber sowohl von dem Hochzeitfrühstück im Buckinghampalast wie von dem Banket in St. James ausgeschlossen, obgleich alle übrigen Personen, die der Trauung beigewohnt, zu dem einen oder dem andern eingeladen wurden, nur der Herzog nicht! So viel wir wissen, waren vier conservative Pairs bei der Cerimonie anwesend, davon einer (Lord Cholmondeley) nicht durch Vergünstigung, sondern vermöge seines Rechts als erblicher Großkämmerer. Die Herzogin v. Northumberland, der Königin vormalige Hofmeisterin, ward am 7 eingeladen; da sie sich aber zu Almwick in Northumberland befand, so konnte sie - und das hatten Lord Melbourne und Comp. schlau berechnet - erst am Tage nach der Hochzeit in London eintreffen." Frankreich. Paris, 14 Febr. (Moniteur.) Mehrere Journale bemühen sich seit einiger Zeit die öffentliche Meinung in Betreff vorgeblicher Nachsuchungen der Justiz nach Schriften, die sich auf die Didier'sche Angelegenheit beziehen, irre zu leiten. Wir sind ermächtigt, diesen Einflüsterungen aufs förmlichste zu widersprechen und zu erklären, daß alle sowohl in Paris, als zu Grenoble stattgefundenen Nachforschungen auf Dinge bezüglich sind, deren die HH. Crouy-Chanel, Barginet und andere, gegenwärtig wegen Complots vor dem Tribunal der Seine in Untersuchung stehende Individuen bezichtigt sind. (Moniteur.) Marschall Maison ist heute (13) Mittag nach einer nur zehntägigen Krankheit gestorben. Dieser unerwartete Verlust wird von dem König und dem Lande tief gefühlt werden, die seine langen und ehrenvollen Dienste geschätzt hatten. Marschall Maison war geboren zu Epinay am 19. Dec. 1770. Er trat am 22 Jul. 1792 in eines der Bataillone, die man in Paris organisirte und hatte fast alle Feldzüge der Revolution und des Kaiserreichs mitgemacht. Unter der Restauration ward ihm das Commando der Expedition von Griechenland übertragen, und er erhielt nach seiner Rückkehr den Marschallsstab. Er war seit der Juliusrevolution Botschafter in Rußland und in Wien, und Kriegsminister gewesen. (La Presse.) Der unerwartete Tod des Marschalls Maison setzt den Conseilpräsidenten in die größte Verlegenheit, da dieser weit entfernt war, ihn vorauszusehen, als er vor einigen Tagen dem General Sebastiani schrieb und ihm versprach, ihn bei einer eintretenden Erledigung zum französischen Marschall zu befördern. (Courrier francais.) Hr. Teste hat das Gesetzgebungscomite im Staatsrath hergestellt. Dieß ist die einzige Schöpfung von einiger Wichtigkeit, welche sein Gesetzesentwurf In der Sitzung des Hauses der Gemeinen am 11 Febr. ward eine große Anzahl Petitionen über verschiedenartige Gegenstände eingereicht: um Abschaffung der Korngesetze, um Freilassung des wegen rückständiger Kirchenabgaben seit Jahr und Tag im Gefängniß sitzenden Dissenters Thorogood, um Ausdehnung der Staatskirche u. s. w. Hr. Sergeant Talfourd brachte seine Bill zum besseren Schutze des litterarischen Eigenthums ein, die ohne Bemerkung zum erstenmal gelesen wurde. Lord J. Russell kündigte, wie Lord Melbourne im andern Hause, den Vorschlag einer Gratulationsadresse an Ihre Maj. an. Hr. Alderman Thompson wünschte zu wissen, ob die Regierung Nachricht von großen Kriegsrüstungen des Pascha's von Aegypten habe, und ob sie deren Zweck kenne. Lord Palmerston antwortete, er könne unmöglich angeben, was Mehemed Ali's Absichten seyen, glaube jedoch, daß der Pascha 4000 Mann, die er für sein syrisches Heer hatte ausheben lassen, nach Alexandria zurückbeordert habe. Auf eine Frage von Sir E. Sugden entgegnete Lord J. Russell, er sey fürs erste nicht im Stand, einer Motion auf Freilassung der Sheriffs seine Zustimmung zu geben. (Einer derselben, Hr. Wheelton, ist indeß wegen angegriffener Gesundheit seiner Haft temporär entlassen worden. Toryblätter ermangeln nicht, in sentimentalen Worten ihn als einen Märtyrer der brittischen Freiheit darzustellen.) Hr. J. Duncombe entwickelte sofort seine angekündigte Motion auf Abschaffung der bis jetzt von den protestantischen Dissentern zu entrichtenden Steuern für die Staatskirche (church-rates), deren Bezug er als einen empörenden Mißbrauch darstellte. Lord J. Russell antwortete wie vor zwei Jahren, die Regierung sey nicht darauf vorbereitet, auf eine Maaßregel einzugehen, welche die Staatskirche schwächen könnte; zudem möchte die Aufhebung dieser von je zu Recht bestehenden Abgabe manchem weniger eifrigen Mitglied der Staatskirche eine Lockung werden, sich irgend einer Dissentergemeinde anzuschließen. Alles, was das Ministerium thun könne, sey: es wolle eine Bill einbringen, um die Wiederkehr solcher Fälle, wie der mit Thorogood, zu verhüten. Ueber diese Erklärung las Hr. Hume der Regierung scharf den Text, und rügte es als höchst inconsequent, daß man in Irland die Kirchensteuer abgeschafft habe, in England aber sie fortbestehen lassen wolle. Nachdem mehrere Redner für und wider gesprochen, wurde Hrn. Duncombe's Motion mit 117 gegen 62 Stimmen verworfen. „Gestern,“ schreibt der Windsor Expreß, „spazierte die Königin Arm in Arm mit ihrem königlichen Gemahl auf der Terrasse des Schloßgartens. Ihre Maj. sah äußerst gesund und heiter aus. Se. k. Hoh. hat sich von den Strapazen seiner langen Reise vollkommen erholt.“ – Das hohe Paar wird am 14 Febr. von Windsor wieder nach dem Buckinghampalast herein kommen. Die Herzogin von Kent hat, der M. Post zufolge, das Haus Lord Ingestrie's auf dem Belgrave-Square, das in voriger Saison der Prinz von Capua bewohnte, auf einige Zeit gemiethet, und wird binnen drei Wochen vom Buckinghampalast ausziehen. – Die sauersüßen Hochzeitartikel der Toryblätter und die Antworten der ministeriellen Journale darauf enthalten manche pikante Stellen; da jedoch die anständige deutsche Presse verbunden ist, die inneren Angelegenheiten auswärtiger Staaten delicater zu behandeln, als die Unterthanen dieser Staaten selbst, so müssen wir auf eine Mittheilung derselben verzichten. „Mum is the word.“ Hingegen steht nichts im Weg, noch einmal auf den bräutlichen Anzug der Königin Victoria zurückzukommen. „Der Schleier Ihrer Maj. allein, sagt die M. Post, kostete 1000 Pf. St. Der Atlaß vom reinsten Weiß war ein Fabricat von Spitalfields. Ihre Maj. trug ein Bracelet mit dem Motto des Hosenbandordens: „Honni soit qui mal y pense!“ so wie auch den Stern dieses Ordens. Im Atlaßkleide waren Orangeblüthen eingewebt, und einen Kranz natürlicher Orangeblüthen (in England die Stellvertreterinnen der Myrte) trug die Königin im Haar. – Der Hosenbandorden, welchen Prinz Albert am linken Knie trug, war von köstlichster Arbeit und mit Diamanten vom reinsten Wasser buchstäblich übersäet – ein Geschenk seiner hohen Braut.“ Die Blätter berichten ferner mit modejournalistischer Genauigkeit über die Kleidung der Königin-Wittwe, der Herzogin von Kent und sämmtlicher Hofdamen – der jungen sowohl, wie jener von gewissen Jahren, bei welchen dann das Interesse an der Toilette an und für sich um so reiner hervortritt – und der Refrain ist jedesmal: „der Anzug bestand ganz aus Artikeln von brittischer Manufactur.“ – Die Times bemerkt: „Der Herzog von Wellington wurde zwar zu der Trauungsfeier eingeladen, blieb aber sowohl von dem Hochzeitfrühstück im Buckinghampalast wie von dem Banket in St. James ausgeschlossen, obgleich alle übrigen Personen, die der Trauung beigewohnt, zu dem einen oder dem andern eingeladen wurden, nur der Herzog nicht! So viel wir wissen, waren vier conservative Pairs bei der Cerimonie anwesend, davon einer (Lord Cholmondeley) nicht durch Vergünstigung, sondern vermöge seines Rechts als erblicher Großkämmerer. Die Herzogin v. Northumberland, der Königin vormalige Hofmeisterin, ward am 7 eingeladen; da sie sich aber zu Almwick in Northumberland befand, so konnte sie – und das hatten Lord Melbourne und Comp. schlau berechnet – erst am Tage nach der Hochzeit in London eintreffen.“ Frankreich. Paris, 14 Febr. (Moniteur.) Mehrere Journale bemühen sich seit einiger Zeit die öffentliche Meinung in Betreff vorgeblicher Nachsuchungen der Justiz nach Schriften, die sich auf die Didier'sche Angelegenheit beziehen, irre zu leiten. Wir sind ermächtigt, diesen Einflüsterungen aufs förmlichste zu widersprechen und zu erklären, daß alle sowohl in Paris, als zu Grenoble stattgefundenen Nachforschungen auf Dinge bezüglich sind, deren die HH. Crouy-Chanel, Barginet und andere, gegenwärtig wegen Complots vor dem Tribunal der Seine in Untersuchung stehende Individuen bezichtigt sind. (Moniteur.) Marschall Maison ist heute (13) Mittag nach einer nur zehntägigen Krankheit gestorben. Dieser unerwartete Verlust wird von dem König und dem Lande tief gefühlt werden, die seine langen und ehrenvollen Dienste geschätzt hatten. Marschall Maison war geboren zu Epinay am 19. Dec. 1770. Er trat am 22 Jul. 1792 in eines der Bataillone, die man in Paris organisirte und hatte fast alle Feldzüge der Revolution und des Kaiserreichs mitgemacht. Unter der Restauration ward ihm das Commando der Expedition von Griechenland übertragen, und er erhielt nach seiner Rückkehr den Marschallsstab. Er war seit der Juliusrevolution Botschafter in Rußland und in Wien, und Kriegsminister gewesen. (La Presse.) Der unerwartete Tod des Marschalls Maison setzt den Conseilpräsidenten in die größte Verlegenheit, da dieser weit entfernt war, ihn vorauszusehen, als er vor einigen Tagen dem General Sebastiani schrieb und ihm versprach, ihn bei einer eintretenden Erledigung zum französischen Marschall zu befördern. (Courrier français.) Hr. Teste hat das Gesetzgebungscomité im Staatsrath hergestellt. Dieß ist die einzige Schöpfung von einiger Wichtigkeit, welche sein Gesetzesentwurf <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <pb facs="#f0002" n="0394"/> <p>In der Sitzung des <hi rendition="#g">Hauses der Gemeinen</hi> am 11 Febr. ward eine große Anzahl Petitionen über verschiedenartige Gegenstände eingereicht: um Abschaffung der Korngesetze, um Freilassung des wegen rückständiger Kirchenabgaben seit Jahr und Tag im Gefängniß sitzenden Dissenters Thorogood, um Ausdehnung der Staatskirche u. s. w. Hr. 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Alles, was das Ministerium thun könne, sey: es wolle eine Bill einbringen, um die Wiederkehr solcher Fälle, wie der mit Thorogood, zu verhüten. Ueber diese Erklärung las Hr. <hi rendition="#g">Hume</hi> der Regierung scharf den Text, und rügte es als höchst inconsequent, daß man in Irland die Kirchensteuer abgeschafft habe, in England aber sie fortbestehen lassen wolle. Nachdem mehrere Redner für und wider gesprochen, wurde Hrn. Duncombe's Motion mit 117 gegen 62 Stimmen <hi rendition="#g">verworfen</hi>.</p><lb/> <p>„Gestern,“ schreibt der <hi rendition="#g">Windsor Expreß</hi>, „spazierte die Königin Arm in Arm mit ihrem königlichen Gemahl auf der Terrasse des Schloßgartens. Ihre Maj. sah äußerst gesund und heiter aus. Se. k. Hoh. hat sich von den Strapazen seiner langen Reise vollkommen erholt.“ – Das hohe Paar wird am 14 Febr. von Windsor wieder nach dem Buckinghampalast herein kommen. Die Herzogin von Kent hat, der M. <hi rendition="#g">Post</hi> zufolge, das Haus Lord Ingestrie's auf dem Belgrave-Square, das in voriger Saison der Prinz von Capua bewohnte, auf einige Zeit gemiethet, und wird binnen drei Wochen vom Buckinghampalast ausziehen. – Die sauersüßen Hochzeitartikel der Toryblätter und die Antworten der ministeriellen Journale darauf enthalten manche pikante Stellen; da jedoch die anständige deutsche Presse verbunden ist, die inneren Angelegenheiten auswärtiger Staaten delicater zu behandeln, als die Unterthanen dieser Staaten selbst, so müssen wir auf eine Mittheilung derselben verzichten. „Mum is the word.“ Hingegen steht nichts im Weg, noch einmal auf den bräutlichen Anzug der Königin Victoria zurückzukommen. „Der Schleier Ihrer Maj. allein, sagt die M. <hi rendition="#g">Post</hi>, kostete 1000 Pf. St. Der Atlaß vom reinsten Weiß war ein Fabricat von Spitalfields. Ihre Maj. trug ein Bracelet mit dem Motto des Hosenbandordens: „Honni soit qui mal y pense!“ so wie auch den Stern dieses Ordens. Im Atlaßkleide waren Orangeblüthen eingewebt, und einen Kranz natürlicher Orangeblüthen (in England die Stellvertreterinnen der Myrte) trug die Königin im Haar. – Der Hosenbandorden, welchen Prinz Albert am linken Knie trug, war von köstlichster Arbeit und mit Diamanten vom reinsten Wasser buchstäblich übersäet – ein Geschenk seiner hohen Braut.“ Die Blätter berichten ferner mit modejournalistischer Genauigkeit über die Kleidung der Königin-Wittwe, der Herzogin von Kent und sämmtlicher Hofdamen – der jungen sowohl, wie jener von gewissen Jahren, bei welchen dann das Interesse an der Toilette an und für sich um so reiner hervortritt – und der Refrain ist jedesmal: „der Anzug bestand ganz aus Artikeln von brittischer Manufactur.“ – Die <hi rendition="#g">Times</hi> bemerkt: „Der Herzog von Wellington wurde zwar zu der Trauungsfeier eingeladen, blieb aber sowohl von dem Hochzeitfrühstück im Buckinghampalast wie von dem Banket in St. James ausgeschlossen, obgleich alle übrigen Personen, die der Trauung beigewohnt, zu dem einen oder dem andern eingeladen wurden, <hi rendition="#g">nur</hi> der Herzog nicht! 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„Gestern,“ schreibt der Windsor Expreß, „spazierte die Königin Arm in Arm mit ihrem königlichen Gemahl auf der Terrasse des Schloßgartens. Ihre Maj. sah äußerst gesund und heiter aus. Se. k. Hoh. hat sich von den Strapazen seiner langen Reise vollkommen erholt.“ – Das hohe Paar wird am 14 Febr. von Windsor wieder nach dem Buckinghampalast herein kommen. Die Herzogin von Kent hat, der M. Post zufolge, das Haus Lord Ingestrie's auf dem Belgrave-Square, das in voriger Saison der Prinz von Capua bewohnte, auf einige Zeit gemiethet, und wird binnen drei Wochen vom Buckinghampalast ausziehen. – Die sauersüßen Hochzeitartikel der Toryblätter und die Antworten der ministeriellen Journale darauf enthalten manche pikante Stellen; da jedoch die anständige deutsche Presse verbunden ist, die inneren Angelegenheiten auswärtiger Staaten delicater zu behandeln, als die Unterthanen dieser Staaten selbst, so müssen wir auf eine Mittheilung derselben verzichten. „Mum is the word.“ Hingegen steht nichts im Weg, noch einmal auf den bräutlichen Anzug der Königin Victoria zurückzukommen. „Der Schleier Ihrer Maj. allein, sagt die M. Post, kostete 1000 Pf. St. Der Atlaß vom reinsten Weiß war ein Fabricat von Spitalfields. Ihre Maj. trug ein Bracelet mit dem Motto des Hosenbandordens: „Honni soit qui mal y pense!“ so wie auch den Stern dieses Ordens. Im Atlaßkleide waren Orangeblüthen eingewebt, und einen Kranz natürlicher Orangeblüthen (in England die Stellvertreterinnen der Myrte) trug die Königin im Haar. – Der Hosenbandorden, welchen Prinz Albert am linken Knie trug, war von köstlichster Arbeit und mit Diamanten vom reinsten Wasser buchstäblich übersäet – ein Geschenk seiner hohen Braut.“ Die Blätter berichten ferner mit modejournalistischer Genauigkeit über die Kleidung der Königin-Wittwe, der Herzogin von Kent und sämmtlicher Hofdamen – der jungen sowohl, wie jener von gewissen Jahren, bei welchen dann das Interesse an der Toilette an und für sich um so reiner hervortritt – und der Refrain ist jedesmal: „der Anzug bestand ganz aus Artikeln von brittischer Manufactur.“ – Die Times bemerkt: „Der Herzog von Wellington wurde zwar zu der Trauungsfeier eingeladen, blieb aber sowohl von dem Hochzeitfrühstück im Buckinghampalast wie von dem Banket in St. James ausgeschlossen, obgleich alle übrigen Personen, die der Trauung beigewohnt, zu dem einen oder dem andern eingeladen wurden, nur der Herzog nicht! So viel wir wissen, waren vier conservative Pairs bei der Cerimonie anwesend, davon einer (Lord Cholmondeley) nicht durch Vergünstigung, sondern vermöge seines Rechts als erblicher Großkämmerer. Die Herzogin v. Northumberland, der Königin vormalige Hofmeisterin, ward am 7 eingeladen; da sie sich aber zu Almwick in Northumberland befand, so konnte sie – und das hatten Lord Melbourne und Comp. schlau berechnet – erst am Tage nach der Hochzeit in London eintreffen.“
Frankreich.
_ Paris, 14 Febr.
(Moniteur.) Mehrere Journale bemühen sich seit einiger Zeit die öffentliche Meinung in Betreff vorgeblicher Nachsuchungen der Justiz nach Schriften, die sich auf die Didier'sche Angelegenheit beziehen, irre zu leiten. Wir sind ermächtigt, diesen Einflüsterungen aufs förmlichste zu widersprechen und zu erklären, daß alle sowohl in Paris, als zu Grenoble stattgefundenen Nachforschungen auf Dinge bezüglich sind, deren die HH. Crouy-Chanel, Barginet und andere, gegenwärtig wegen Complots vor dem Tribunal der Seine in Untersuchung stehende Individuen bezichtigt sind.
(Moniteur.) Marschall Maison ist heute (13) Mittag nach einer nur zehntägigen Krankheit gestorben. Dieser unerwartete Verlust wird von dem König und dem Lande tief gefühlt werden, die seine langen und ehrenvollen Dienste geschätzt hatten.
Marschall Maison war geboren zu Epinay am 19. Dec. 1770. Er trat am 22 Jul. 1792 in eines der Bataillone, die man in Paris organisirte und hatte fast alle Feldzüge der Revolution und des Kaiserreichs mitgemacht. Unter der Restauration ward ihm das Commando der Expedition von Griechenland übertragen, und er erhielt nach seiner Rückkehr den Marschallsstab. Er war seit der Juliusrevolution Botschafter in Rußland und in Wien, und Kriegsminister gewesen.
(La Presse.) Der unerwartete Tod des Marschalls Maison setzt den Conseilpräsidenten in die größte Verlegenheit, da dieser weit entfernt war, ihn vorauszusehen, als er vor einigen Tagen dem General Sebastiani schrieb und ihm versprach, ihn bei einer eintretenden Erledigung zum französischen Marschall zu befördern.
(Courrier français.) Hr. Teste hat das Gesetzgebungscomité im Staatsrath hergestellt. Dieß ist die einzige Schöpfung von einiger Wichtigkeit, welche sein Gesetzesentwurf
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(2016-06-28T11:37:15Z)
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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-06-28T11:37:15Z)
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